Ax Vergaberecht

VertragsMan ® Bau: Entscheidungen im Volltext

VertragsMan ® Bau: Entscheidungen im Volltext

“Durchgereichter” Stundenaufwand kann nicht pauschal bestritten werden

vorgestellt von Thomas Ax

1. Zur schlüssigen Darlegung seines Vergütungsanspruchs muss der Unternehmer im Fall der Abrechnung nach Stundenlohn lediglich die Anzahl der geleisteten Stunden darlegen. Nachweise wie etwa Rapportzettel sind keine Voraussetzung der schlüssigen Darlegung, auch ist keine Differenzierung erforderlich, welche Arbeitsstunden für welche Tätigkeiten an welchen Tagen angefallen sind.

2. Der Besteller darf im Regelfall ohne nähere Darlegung bestreiten, dass die abgerechneten Stunden tatsächlich angefallen sind und muss nicht zu den aus seiner Sicht geleisteten Stunden vortragen. Etwas anderes gilt, wenn der Besteller Kenntnis darüber hat, welche Stunden angefallen sind.

3. Für den Einwand, dass in Relation zu dem vereinbarten Werkerfolg ein überhöhter zeitlicher Aufwand betrieben worden ist, ist der Besteller darlegungs- und beweispflichtig.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.09.2022 – 22 U 304/21

Gründe:

Auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 02.08.2022 wird Bezug genommen. Die Stellungnahmen der Beklagten und der Streithelferin führen nicht zu einer günstigeren Beurteilung der Erfolgsaussicht.

Der Senat hält an der Würdigung fest, dass die Beklagte, die sich des Klägers als Nachunternehmers bedient hat und selbst Stundenaufwand gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat, den abgerechneten Zeitaufwand nicht pauschal – gleichsam mit Nichtwissen – bestreiten kann. Mit dem weiteren Hinweis des Senats, dass die Beklagte fachkundig ist und daher angeben könnte und müsste, welcher Zeitaufwand für die durchgeführten Arbeiten als angemessen erscheint, befassen sich die Beklagte und die Streithelferin nicht. Der Senat hat auf das Urteil des OLG Celle verwiesen, um zu belegen, dass abhängig von den Umständen des Einzelfalls ein einfaches Bestreiten des Zeitaufwands nicht stets ausreichend ist. Dass das Urteil nicht “einschlägig” ist, ändert an dieser Bewertung nichts. Nicht richtig ist die Ansicht der Beklagten, es sei unstreitig, dass der Kläger auch Mängelbeseitigungsaufwand abrechne. Aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils, an den der Senat gebunden ist (§ 314 ZPO), ergibt sich das Gegenteil. Dort ist als streitiger Vortrag der Beklagten wiedergegeben, dass die Stundenzettel deshalb unrichtig seien, weil sie auch Stunden enthielten, die der Kläger zur Mängelbeseitigung aufgewendet habe.

Die als N2 bis N5 vorgelegten Schreiben sind an die Beklagte gerichtet und betreffen den Ausführungszeitraum. Welche Mängel derzeit noch vorliegen und daher ein Leistungsverweigerungsrecht rechtfertigen könnten, ergibt sich aus den Schreiben nicht. Die Schreiben erlauben auch keine Lokalisation der von der Beklagten behaupteten Mängel, weil es an einer Verknüpfung der Schreiben mit dem Vortrag der Beklagten fehlt. Zu den weiteren Hinweisen des Senats betreffend die Mängel nimmt die Streithelferin nicht Stellung.

Der Verweis der Streithelferin auf die Vereinbarung vom 25.11.2019 (Anlage N1) ist nicht geeignet, um ein Mißverhältnis zwischen dem abgerechneten Stundenaufwand und dem Werkerfolg darzutun. Aus dem Schreiben ergibt sich lediglich, dass sich die Beklagte und die Streithelferin auf eine Abrechnung der Fliesenarbeiten zum Einheitspreis von 25,00 EUR/qm “im Mittel” geeinigt haben. Warum daraus folgen sollte, dass der Stundenaufwand der Klägerin überhöht ist, erschließt sich nicht. So werden sich häufig unterschiedlich hohe Werklohnansprüche ergeben, je nachdem, ob der Unternehmer eine nach Einheitspreisen oder Stundenlohn berechnete Vergütung erhalten soll. Für die Darlegung eines überhöhten Stundenaufwand genügt es gerade nicht, dass lediglich vorgetragen wird, der Werklohn sei unangemessen hoch oder entspreche nicht der Üblichkeit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10 S. 2, 713 ZPO.

Berufungsstreitwert: 19.133,14 EUR.

Hochbaurecht: Aktuelle Rechtsprechung – kurz belichtet

Hochbaurecht: Aktuelle Rechtsprechung - kurz belichtet

vorgestellt von Thomas Ax

HOAI-Mindestsätze sind verbindlich: Unterschreitung nur im Ausnahmefall!

OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.01.2023 – 23 U 24/20

1. Die Mindestsätze der HOAI 2009 sind zwischen Privaten verbindlich und können durch schriftliche Vereinbarung nur in Ausnahmefällen unterschritten werden.

2. Die gemeinsame Realisierung mehrerer, auch großer Bauvorhaben kann keinen Ausnahmefall begründen, wenn der Auftraggeber an diesen Projekten überwiegend nicht selbst, sondern in unterschiedlichen Konstellationen in Person seiner Gesellschafter, Rechtsvorgänger oder assoziierter Unternehmen beteiligt war.

Privatgutachterkosten sind auch im selbständigen Beweisverfahren erstattungsfähig

OLG Brandenburg, Beschluss vom 03.02.2023 – 6 W 14/23

Ist eine Partei eines selbständigen Beweisverfahrens aus eigener Sachkunde nicht in der Lage, sich sachgerecht mit einem gerichtlich eingeholten oder von der Gegenseite vorgelegten Gutachten auseinanderzusetzen, insbesondere weil ihr aufgrund einer komplizierten und fremden Materie das erforderliche Spezialwissen fehlt, sind die Kosten für ein verfahrensbegleitendes Privatgutachten in aller Regel zur Ermöglichung eines substantiierten Sachvortrags notwendig (Anschluss an BGH, IBR 2013, 252).

Bauhandwerkersicherheit auch für Nachträge

OLG München, Beschluss vom 04.02.2022 – 9 U 5469/21 Bau

1. Der Auftragnehmer eines Bauvertrags kann vom Auftraggeber die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit verlangen, auch wenn der Auftraggeber Verbraucher ist, solange kein Verbraucherbauvertrag vorliegt.

2. Der Anspruch Stellung einer Bauhandwerkersicherheit umfasst auch streitige Zusatzaufträge/Nachträge, wenn die Auftragserteilung und die Höhe des Vergütungsanspruch einschließlich Nachträgen vom Auftragnehmer schlüssig dargelegt werden.

3. Die Anforderung einer Bauhandwerkersicherheit ist nicht treuwidrig bzw. rechtsmissbräuchlich, wenn nicht zugleich der Werklohn klageweise geltend gemacht wird. Es steht dem Auftragnehmer frei, ob er den Werklohn gleichzeitig mit der Sicherheit oder gesondert oder überhaupt nicht einklagt.

Baustromklausel mit Abrechnungsoption ist wirksam

OLG Hamm, Urteil vom 22.09.2022 – 24 U 65/21

1. Eine sog. Baustromklausel, wonach der Auftraggeber von der Schlussrechnung des Auftragnehmers 0,3 % der Schlussrechnungssumme in Abzug bringen darf, benachteiligt den Auftragnehmer jedenfalls dann nicht unangemessen, wenn die Klausel die Option einer Abrechnung nach tatsächlichem Verbrauch enthält (Abgrenzung zu OLG Hamburg, IBR 2017, 183).

2. Die Leistung des Auftragnehmers ist auch dann mangelhaft, wenn sie die vereinbarte Funktion nur deshalb nicht erfüllt, weil die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellte Vorunternehmerleistung unzureichend sind.

3. Der Verantwortlichkeit für den Mangel kann der Auftragnehmer im Fall einer unzureichenden Vorunternehmerleistung nur durch eine ausreichende Prüfung des Vorgewerks und einen sich daran anschließenden Bedenkenhinweis gegenüber dem Auftraggeber entgehen.

4. Übernimmt der Auftragnehmer die Ausführung in Kenntnis, dass eine Planung nicht zur Verfügung steht, kann er sich – jedenfalls ohne entsprechenden Bedenkenhinweis – nicht auf ein Mitverschulden des Auftraggebers berufen.

5. Das Verschulden eines Vorunternehmers ist dem Auftraggeber nicht zuzurechnen, da der Vorunternehmer regelmäßig nicht – anders als der Architekt bei der Planung – Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers im Verhältnis zum (Nachfolge-)Auftragnehmer ist.

6. Es gehört auch zur Mangelbeseitigung, die Gewerke, die notwendigerweise bei der Nachbesserung zerstört werden, wieder herzustellen.

Vertragsman ® Bau: Die Hervorzuhebende Entscheidung

Vertragsman ® Bau: Die Hervorzuhebende Entscheidung

BGH: Kündigungsregelung in § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und ist daher unwirksam

vorgestellt von Thomas Ax

Ist die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart worden, hält § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B (2002) ebenso wie die hierauf rückbezogene Bestimmung in § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) bei Verwendung durch den Auftraggeber der Inhaltskontrolle nicht stand. Die Kündigungsregelung in § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und ist daher unwirksam.

Tatbestand

Die Beklagte war Hauptauftragnehmerin hinsichtlich eines Teils des Ausbaus der Stadtbahnlinie der S. GmbH. Mit den entlang der Stadtbahntrasse durchzuführenden Straßen- und Tiefbauarbeiten beauftragte die Beklagte im Jahr 2004 die Klägerin als Nachunternehmerin. Die Parteien unterzeichneten hierzu im Oktober 2004 ein Verhandlungsprotokoll, durch das unter anderem auch die VOB/B in der jeweils geltenden Fassung in den Vertrag einbezogen wurde. Die Auftragssumme belief sich auf 3.031.527,96 € netto.

In dem Leistungsverzeichnis, das von der S. GmbH stammte und von der Beklagten an die Klägerin weitergereicht wurde, heißt es in Bezug auf den Straßenbord unter anderem “Rückenstütze aus Beton B 25 nach Zeichnung herstellen” und “Unterbeton B 25 liefern und nach Zeichnung herstellen”. Zwischen den Parteien ist streitig, ob sich die geschuldete Betonfestigkeitsklasse B 25 (entspricht der neuen Bezeichnung C 20/25) auf den Beton im angelieferten (Auffassung der Klägerin) oder im verbauten Zustand (Auffassung der Beklagten) bezieht.

Während der Bauausführung rügte die Beklagte am 3. August 2006 die Qualität des verbauten Betons an einem bestimmten Straßenabschnitt und verlangte von der Klägerin unter Fristsetzung bis zum 11. August 2006 Mangelbeseitigung. Mit weiteren Schreiben vom 4., 8., 10. und 11. August 2006 wiederholte und konkretisierte die Beklagte die Mängelrügen, setzte der Klägerin Fristen zur Mangelbeseitigung bis zum 16. beziehungsweise 18. August 2006 (jeweils 10 Uhr) und drohte für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs die außerordentliche Kündigung des ganzen oder eines Teils des Auftrags sowie die Mangelbeseitigung auf Kosten der Klägerin an. Am 14. August 2006 übersandte die Klägerin der Beklagten ein Gutachten, aus dem hervorging, dass mit dem gelieferten Beton der Festigkeitsklasse C 20/25 eine Endfestigkeit von B 15 beziehungsweise C 12/15 erreicht werden könne. Die Beklagte übersandte ihrerseits der Klägerin am 17. August 2006 ein Gutachten, wonach der Beton in sieben Fällen nur die Festigkeitsklasse C 12/15 und in vier Fällen die Festigkeitsklasse C 8/10 erreichte, somit die Endfestigkeit der Klasse C 20/25 nicht entspreche.

Die Klägerin kam dem Verlangen nach Beseitigung der behaupteten Mängel, welche mit einem Aufwand von ca. 6.000 € bei laufendem Baubetrieb in zwei bis drei Arbeitstagen hätte erledigt werden können, nicht nach. Die Beklagte kündigte nach Fristablauf am 18. August 2006 den Bauvertrag hinsichtlich aller zu diesem Zeitpunkt noch nicht erbrachten Arbeiten.

Die Klägerin begehrt in dem Rechtsstreit Restwerklohn in Höhe von 2.465.744,23 €. Die Beklagte verlangt widerklagend die Zahlung von 4.152.902,75 € als Kosten der Ersatzvornahme, ferner die teilweise Rückzahlung von Abschlagszahlungen (387.332,31 €), Schadensersatz (90.729,80 €), Ersatz von Avalgebühren (40.500 €) und – bezogen auf weitere von ihr behauptete Mängel – Ausgleich von Mängelbeseitigungskosten (209.382,83 €) sowie die Feststellung, dass die von ihr behaupteten Mängel vorliegen. Weiter haben die Parteien wechselseitig beantragt, durch Zwischenfeststellungsurteil festzustellen, dass die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung eine freie Kündigung nach § 8 Nr. 1 VOB/B (2002) (Antrag der Klägerin) beziehungsweise eine “berechtigte Kündigung aus wichtigem Grund (Entziehung des Auftrags gemäß § 8 Nr. 3 VOB/B a.F.)” (Antrag der Beklagten) gewesen sei.

Das Landgericht hat durch Teilurteil festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten eine freie Kündigung nach § 8 Nr. 1 VOB/B (2002) gewesen sei. Die Widerklage der Beklagten hinsichtlich der kündigungsbedingten Ersatzvornahmekosten sowie ihre Zwischenfeststellungswiderklage hat es abgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Teilurteil des Landgerichts abgeändert. Es hat die Zwischenfeststellungsklage der Klägerin abgewiesen und auf die Zwischenfeststellungswiderklage der Beklagten festgestellt, dass es sich bei der Kündigung um eine “Kündigung gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B handelt”. Des Weiteren hat es festgestellt, dass die Widerklage bezogen auf die Ersatzvornahmekosten in Höhe von 4.152.902,75 € dem Grunde nach begründet ist. Im Übrigen hat es das Teilurteil des Landgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Teilurteils.

Gründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Auf das Schuldverhältnis zwischen den Parteien ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung anzuwenden, die für ab dem 1. Januar 2002 und bis zum 31. Dezember 2017 geschlossene Verträge gilt, Art. 229 § 5 Satz 1, § 39 EGBGB.

I.

Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die Klägerin als vertragliches Leistungssoll Beton der Festigkeitsklasse B 25 (C 20/25) im eingebauten Zustand geschuldet, aber nicht erreicht habe, weshalb die Beklagte den Bauvertrag nach Ablauf der unter Kündigungsandrohung gesetzten und angemessenen Frist zur Mangelbeseitigung mit Schreiben vom 18. August 2006 gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Nr. 7 VOB/B (2002) wirksam habe kündigen können.

Eine von der Klägerin angeführte Unwirksamkeit von § 4 Nr. 7 VOB/B (2002) wegen Verstoßes gegen AGB-Recht stehe der Kündigung nicht entgegen. Im Grundsatz gelte, dass dann, wenn die VOB/B als Ganzes vereinbart worden sei, eine isolierte Inhaltskontrolle einzelner VOB/B-Bestimmungen auf der Grundlage der §§ 305 ff. BGB nicht in Betracht komme. Diesen Grundsatz habe der Bundesgerichtshof dahingehend eingeschränkt, dass jede vertragliche Abweichung von der VOB/B dazu führe, dass diese nicht als Ganzes vereinbart sei und eine Inhaltskontrolle möglich werde. Werde die VOB/B gegenüber einem Unternehmer verwendet, stelle sich seit dem Inkrafttreten des Forderungssicherungsgesetzes zum 1. Januar 2009 im Hinblick auf § 310 Abs. 1 Satz 3 BGB die Frage, wann von einer substanziellen Änderung der VOB/B auszugehen sei, nicht mehr. Der streitgegenständliche Bauvertrag datiere allerdings aus der Zeit vor dem 1. Januar 2009.

Es sei nicht zu erkennen, dass die VOB/B in Bezug auf den streitgegenständlichen Vertrag substanziell abgeändert worden sei. Die Klägerin verweise zwar auf die Regelung der Verjährungsfrist der Gewährleistungsansprüche in Nr. 19 der Zusätzlichen Vertragsbedingungen. Eine solche Änderung der Frist unterstellt, stünde dies der Annahme nicht entgegen, dass die VOB/B als Ganzes vereinbart worden sei. Nehme man das an, dann gelte auch vor dem 1. Januar 2009 der allgemeine Grundsatz, dass eine Inhaltskontrolle einzelner Klauseln nicht stattfinde, ohne dass es auf die Frage ankommen würde, ob die Beklagte überhaupt Verwenderin der VOB/B (2002) gewesen sei. Soweit in der Literatur der Standpunkt vertreten werde, dass gerade die § 4 Abs. 7, § 8 Abs. 3 VOB/B einer AGB-Inhaltskontrolle nicht standhielten, sei eine schlüssige Begründung für diese Annahme nicht erkennbar. Lasse sich nicht erkennen, dass durch den streitgegenständlichen Vertrag die VOB/B auch nur in Einzelpunkten substanziell habe geändert werden sollen, bestünden gegen die Wirksamkeit von § 8 Nr. 3, § 4 Nr. 7 VOB/B (2002) keine Bedenken.

II.

Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine wirksame Kündigung des Vertrags durch die Beklagte nach § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) nicht angenommen werden. Deshalb können weder die Entscheidung über die wechselseitigen Zwischenfeststellungsklagen noch das Grundurteil betreffend die Ersatzvornahmekosten Bestand haben.

1. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Beklagte Verwenderin der VOB/B ist. Die Verwendereigenschaft der Beklagten ist daher revisionsrechtlich zu unterstellen.

2. Danach hat das Berufungsgericht die Eröffnung der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB rechtsfehlerhaft abgelehnt.

a) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht für die Eröffnung der Inhaltskontrolle eine substanzielle Änderung der VOB/B durch zwischen den Parteien vereinbarte vertragliche Regelungen verlangt.

aa) Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 1982 (VII ZR 92/82, BGHZ 86, 135) unterlagen die Klauseln der VOB/B, die als vorformulierte Vertragsbedingungen Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 1 Satz 1 BGB sind (vgl. nur BGH, Urteil vom 24. Juli 2008 – VII ZR 55/07 Rn. 10 m.w.N., BGHZ 178, 1), keiner Inhaltskontrolle, wenn der Verwender die VOB/B ohne ins Gewicht fallende Einschränkung übernommen hatte. Begründet wurde das damit, dass die VOB/B im Gegensatz zu anderen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nur die Interessen einer Vertragspartei verfolge, sondern im Ganzen einen einigermaßen ausgewogenen Ausgleich der beteiligten Interessen enthalte (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1982 – VII ZR 92/82, BGHZ 86, 135, juris Rn. 27 ff.). Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 22. Januar 2004 dahingehend modifiziert, dass jede vertragliche Abweichung von der VOB/B dazu führt, dass diese nicht als Ganzes vereinbart ist, unabhängig davon, welches Gewicht der Eingriff hat. Damit ist die Inhaltskontrolle auch dann eröffnet, wenn nur geringfügige inhaltliche Abweichungen von der VOB/B vorliegen. Ob eventuell benachteiligende Regelungen im vorrangigen Vertragswerk möglicherweise durch andere Regelungen “ausgeglichen” werden, ist unerheblich (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 – VII ZR 419/02, BGHZ 157, 346, juris Rn. 11).

bb) Danach ist – anders als vom Berufungsgericht angenommen – für die Eröffnung der Inhaltskontrolle eine substanzielle Abänderung der VOB/B nicht erforderlich. Dies gilt auf Grund der vorgenannten Rechtsprechung ungeachtet des Umstands, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag aus der Zeit vor dem 1. Januar 2009 und damit vor Einführung von § 310 1 Satz 3 BGB datiert.

b) Die Inhaltskontrolle nach § 307 1 Satz 1 BGB ist eröffnet, weil nach dem zugunsten der Revision zu unterstellenden Sachverhalt die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart war. Das Berufungsgericht hat – wie die Revision zu Recht rügt – entscheidungserheblichen Vortrag der Klägerin unberücksichtigt gelassen, obwohl er für die Beurteilung, ob die VOB/B (2002) als Ganzes zwischen den Parteien vereinbart worden ist, erheblich war. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2019 vorgetragen, dass in den ursprünglich zwischen der S. GmbH und der Beklagten vereinbarten Besonderen Vertragsbedingungen, die auch in das Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten einbezogen worden seien, mehrere im einzelnen benannte Regelungen von denen der VOB/B (2002) abweichen. So weicht, was die Klägerin zutreffend aufgezeigt hat, Ziffer II. 2. Abs. 3, wonach die Einheitspreise fest und unveränderbar sind, von § 2 Nr. 3 VOB/B (2002) ab. Die Regelung in Ziffer II. 11. Abs. 1, der zufolge der Auftraggeber Abschlagszahlungen bis zu 90 % der nachgewiesenen Leistungen zu leisten hat, modifiziert § 16 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOB/B (2002), da hiernach Abschlagszahlungen in Höhe von 100 % des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen einschließlich des ausgewiesenen, darauf entfallenden Umsatzsteuerbetrages zu gewähren sind.

Unter Berücksichtigung dieses Vortrags ist die VOB/B nicht mehr als Ganzes zwischen den Parteien vereinbart, ohne dass es auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage ankommt, welche Bedeutung der Regelung der Verjährungsfrist in Ziffer Nr. 19 der Zusätzlichen Vertragsbedingungen zukommt.

III.

Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO) dar.

1. Ist die Beklagte Verwenderin der VOB/B und ist diese nicht als Ganzes vereinbart, kann die Beklagte die von ihr am 18. Juni 2006 ausgesprochene Kündigung nicht auf § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) stützen. § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B (2002) hält ebenso wie die hierauf rückbezogene Bestimmung in § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) bei Verwendung durch den Auftraggeber der Inhaltskontrolle nicht stand. Die Kündigungsregelung in § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002), die inhaltlich den derzeit geltenden § 4 Abs. 7 Satz 3, § 8 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2016) entspricht, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und ist daher unwirksam.

a) Nach § 8 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) kann der Auftraggeber den Vertrag kündigen, wenn im Falle des § 4 Nr. 7 VOB/B (2002) die dem Auftragnehmer gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist (Entziehung des Auftrags). Die Klausel in § 4 Nr. 7 VOB/B (2002), auf die sich dieses Kündigungsrecht bezieht, sieht in Satz 1 vor, dass der Auftragnehmer Leistungen, die schon während der Ausführung als mangelhaft oder vertragswidrig erkannt werden, auf eigene Kosten durch mangelfreie zu ersetzen hat. Kommt der Auftragnehmer der Pflicht zur Beseitigung des Mangels nicht nach, kann ihm gemäß Satz 3 der Auftraggeber eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels setzen und erklären, dass er ihm nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehe (§ 8 Nr. 3). § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) enthält mithin nicht selbst einen Kündigungsgrund, sondern greift rückbeziehend das in § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B (2002) tatbestandlich geregelte Kündigungsrecht unter den dort niedergelegten Voraussetzungen auf. Die derart wechselbezüglich miteinander verknüpften Regelungen stellen allgemeiner Auffassung zufolge einen Anwendungsfall des Kündigungsrechts aus wichtigem Grund dar (vgl. Kapellmann/Messerschmidt/Lederer, 8. Aufl. 2023, VOB/B § 8 Rn. 93).

b) In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob § 4 7 Satz 3 VOB/B (2002) wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist (für die Unwirksamkeit Ingenstau/Korbion/Sienz, VOB Teile A und B, 22. Aufl., Anh. 3 Rn. 72; Kniffka/Jurgeleit/Schmitz, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand: 15. November 2021, § 648a Rn. 89 ff.; Bolz/Jurgeleit/Karczewski, ibr-online Kommentar VOB/B, Stand: 24. August 2022, § 4 Rn. 368, 372; Bedenken an der Wirksamkeit äußernd Gartz in Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 5. Aufl., § 4 Rn. 209 f.; Messerschmidt/Voit/Voit, Privates Baurecht, 4. Aufl., § 4 VOB/B Rn. 38; Glöckner/v. Berg/Vogelheim, Bau- und Architektenrecht, 2. Aufl., Teil III, § 4 Rn. 28; Leinemann/Kues/Geheeb, BGB-Bauvertragsrecht, 1. Aufl., § 648a Rn. 92; Graf von Westphalen/Thüsing/Pamp/Schmidt, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 48. EL. März 2022, “Bauvertrag”, Rn. 22; Schenke, BauR 2008, 1972, 1977; für die Wirksamkeit OLG Koblenz, Urteil vom 28. Juli 2020 – 4 U 1282/17, juris Rn. 87 ff.; LG Bremen, Zwischenurteil vom 20. Juni 2019 – 2 O 2021/10, juris Rn. 122 ff.; OLG Bamberg, Beschluss vom 4. Juni 2007 – 3 U 31/07, juris Rn. 15 ff.; Schrader, jurisPR-PrivBauR 5/2020 Anm. 3).

c) Der Senat entscheidet die Frage dahingehend, dass § 4 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung der Voraussetzungen einer Kündigung eines Werkvertrags aus wichtigem Grund, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Die Klauseln benachteiligen den Auftragnehmer unangemessen und sind deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

aa) Nach § 307 1 Satz 1 BGB ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Letzteres ist der Fall, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2017 – VII ZR 170/16 Rn. 17, BauR 2017, 1202). Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders wird nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vermutet, wenn eine klauselmäßige Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung gegeben ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und damit für die Bestimmung der für die Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung heranzuziehenden wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist der Vertragsschluss (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 344/13 Rn. 31 m.w.N., BGHZ 201, 363). Entscheidend sind die durch die Klausel konkret verdrängten gesetzlichen Vorschriften, die im Streitfall auf das vertraglich begründete Rechtsverhältnis anwendbar wären (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1987 – VII ZR 185/86, BGHZ 102, 41, juris Rn. 20). Die “gesetzlichen Regelungen” im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB erfassen dabei nicht nur Gesetze im materiellen Sinn, sondern auch ungeschriebenes Recht, wozu auch das Richterrecht sowie die von der Rechtsprechung und Rechtslehre durch Auslegung, Analogie oder Rechtsfortbildung aus den allgemeinen Grundgedanken eines Rechtsgebiets oder im Wege ergänzender Vertragsauslegung aus der Natur eines Schuldverhältnisses erarbeiteten und anerkannten Rechtssätze gehören (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2002 – XI ZR 245/01, BGHZ 150, 269, juris Rn. 23). Die Vermutung ist widerlegt, wenn die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild auf Grundlage einer umfassenden Interessensabwägung sachlich gerechtfertigt und der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt ist (BGH, Urteil vom 27. April 2021 – XI ZR 26/20 Rn. 24 m.w.N., BGHZ 229, 344).

bb) Die Regelung in § 4 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) unterliegt uneingeschränkter revisionsrechtlicher Nachprüfung. Zwar sind Allgemeine Geschäftsbedingungen keine Rechtsnormen, so dass ihre Auslegung grundsätzlich Sache des Tatrichters ist. Sie sind aber wie revisible Rechtsnormen zu behandeln und infolgedessen vom Revisionsgericht frei auszulegen, da bei ihnen ungeachtet der Frage, ob sie über den räumlichen Bezirk eines Berufungsgerichts hinaus Verwendung finden, ein Bedürfnis nach einheitlicher Handhabung besteht (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – VII ZR 171/15 Rn. 41, BGHZ 210, 206; Urteil vom 9. April 2014 – VIII ZR 404/12 Rn. 25, BGHZ 200, 362; Urteil vom 13. November 2012 – XI ZR 500/11 Rn. 15, BGHZ 195, 298).

cc) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei ist in erster Linie der Wortlaut der auszulegenden Klausel maßgeblich. Diese Auslegungsgrundsätze gelten auch für die VOB/B (BGH, Urteil vom 9. Juli 2015 – VII ZR 5/15 26 m.w.N., BGHZ 206, 203).

Ist der Wortlaut nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie die Klausel aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. September 2021 – VIII ZR 97/19 Rn. 22, RdE 2022, 23). Dabei sind auch der Sinn und Zweck einer Klausel sowie systematische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Eine Formularklausel ist vor dem Hintergrund des gesamten Formularvertrags zu interpretieren (vgl. BGH, Urteil vom 8. September 2021 – VIII ZR 97/19 Rn. 23, RdE 2022, 23; Urteil vom 10. Juni 2020 – VIII ZR 289/19 Rn. 30, MDR 2020, 1047, jeweils m.w.N.). Sind nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsregeln mehrere Auslegungen rechtlich vertretbar, gehen Zweifel bei der Auslegung gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Außer Betracht bleiben Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und nicht ernstlich in Erwägung zu ziehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2022 – VII ZR 176/20 Rn. 30, NJW 2022, 2467; Urteil vom 20. Juli 2017 – VII ZR 259/16 Rn. 19, BauR 2017, 1995; Urteil vom 5. November 2015 – VII ZR 59/14 Rn. 21 m.w.N., NJW 2016, 242). Nach diesen Grundsätzen ist auch im Individualprozess gemäß § 305c Abs. 2 BGB die kundenfeindlichste Auslegung zugrunde zu legen, wenn diese im Rahmen einer vorzunehmenden Inhaltskontrolle zur Unwirksamkeit der Klausel führt und dadurch den Vertragspartner des Verwenders begünstigt (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – VII ZR 171/15 Rn. 42, BGHZ 210, 206, jeweils m.w.N.).

dd) Nach diesen Grundsätzen ist für § 4 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) von einem Klauselverständnis auszugehen, wonach bei ganz geringfügigen und unbedeutenden Vertragswidrigkeiten oder Mängeln die Kündigung aus wichtigem Grund eröffnet ist.

(1) Nach dem Wortlaut von § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) kann der Auftraggeber dem Auftragnehmer den Auftrag entziehen, wenn eine mangelhafte oder vertragswidrige Leistung in der Ausführungsphase aufgetreten ist, die der Auftragnehmer trotz Fristsetzung und Kündigungsandrohung nicht beseitigt hat. Weitere Voraussetzungen im Hinblick darauf, dass die Kündigung nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) eine solche aus wichtigem Grund ist, enthalten weder § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B (2002) noch § 8 Nr. 3 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002).

Die Sanktion der Kündigung aus wichtigem Grund kann danach einschränkungslos in jedem denkbaren Fall festgestellter Vertragswidrigkeit oder Mangelhaftigkeit ausgesprochen werden. Diese Möglichkeit besteht losgelöst davon, welches Gewicht der Vertragswidrigkeit oder dem Mangel im Hinblick auf die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zukommt. § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B (2002) differenziert nicht nach der Ursache, der Art, dem Umfang, der Schwere oder den Auswirkungen der Vertragswidrigkeit oder des Mangels, so dass selbst unwesentliche Mängel, die den Auftraggeber nach § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zur Verweigerung der Abnahme berechtigen würden, zur Kündigung aus wichtigem Grund führen können.

Die Fristsetzung und die Auftragsentziehungsandrohung sind lediglich als einzuhaltende Förmlichkeiten formuliert, so dass der Auftraggeber den Vertrag auch dann aus wichtigem Grund kündigen kann, wenn der Fristsetzung kein anerkennenswertes eigenes Interesse an der fristgerechten Beseitigung der vertragswidrigen oder mangelhaften Leistung zugrunde liegt oder die Auftragsentziehung angedroht wird, ohne dass ein berechtigtes Interesse an der vorzeitigen Vertragsbeendigung besteht.

(2) Aus der systematischen Stellung und dem Regelungszusammenhang der Klauseln ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass ganz geringfügige und unbedeutende Vertragswidrigkeiten oder Mängel kein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund begründen könnten. § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B (2002) knüpft an das dem Auftraggeber in § 4 Nr. 7 Satz 1 VOB/B (2002) ausbedungene Recht an, bereits während der Ausführung die Beseitigung als vertragswidrig oder mangelhaft erkannter Leistungen fordern zu können. § 4 Nr. 7 Satz 1 VOB/B (2002) differenziert seinerseits ebenfalls nicht nach der Ursache, der Art, dem Umfang, der Schwere oder den Auswirkungen der Vertragswidrigkeit oder des Mangels.

(3) Bei anderem Klauselverständnis (vgl. zur Mehrdeutigkeit der Regelung von Kiedrowski, Festschrift für Leupertz (2021), S. 333, 350 f.), wonach ein Auftraggeber dem Auftragnehmer den Auftrag nur bei Vertragswidrigkeiten oder Mängeln entziehen darf, welche so gewichtig sind, dass dem Auftraggeber die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann, wäre aufgrund der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB der Angemessenheitsprüfung nach § 307 Abs. 1, 2 BGB gleichwohl die Auslegung zugrunde zu legen, wonach die Kündigung als Reaktion auch auf eine nur geringfügige, unbedeutende oder unwesentliche Vertragswidrigkeit oder Mangelhaftigkeit in der Ausführungsphase möglich ist.

ee) Ausgehend von dem hiernach maßgeblichen Klauselverständnis widerspricht § 4 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) dem gesetzlichen Leitbild im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB und ist deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

(1) Die Kündigungsregelung nach § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) ist anhand der richterrechtlich entwickelten Grund-sätze zu messen, nach denen der Auftraggeber einen Werkvertrag aus wichtigem Grund kündigen kann.

Das Recht eines Auftraggebers, einen Werkvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen, ist für ab dem 1. Januar 2002, aber vor Einführung von § 648a BGB geschlossene Verträge – wie dem streitgegenständlichen – richterrechtlich anerkannt und folgt aus dem Rechtsgedanken des § 314 BGB (BGH, Urteil vom 7. April 2016 – VII ZR 56/15 Rn. 40 m.w.N., BGHZ 210, 1).

(2) Voraussetzung einer Kündigung aus wichtigem Grund ist, dass der Auftragnehmer durch ein den Vertragszweck gefährdendes Verhalten die vertragliche Vertrauensgrundlage zum Auftraggeber derart erschüttert hat, dass diesem unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2019 – VII ZR 1/19 Rn. 23, 31, BGHZ 223, 260; Urteil vom 8. März 2012 – VII ZR 118/10 Rn. 22, BauR 2012, 949 = NZBau 2012, 357).

Eine vertragswidrige oder mangelhafte Werkleistung in der Ausführungsphase kann im Hinblick auf die zu berücksichtigende Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers nur dann ein wichtiger Grund sein, wenn weitere Umstände hinzutreten, die die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung für den Auftraggeber begründen. Solche können sich im Einzelfall aus Umständen ergeben, die einen Bezug zu der potenziell mangelhaften oder vertragswidrigen Leistung aufweisen, sofern diese in der Gesamtabwägung so schwer wiegen, dass sie zu einer tiefgehenden Störung der für die Fortsetzung des Vertrags notwendigen Vertrauensbeziehung geführt haben. Ein berechtigtes Interesse des Auftraggebers, die Fertigstellung durch den Auftragnehmer nicht mehr abwarten zu müssen, kann etwa aus der Ursache, der Art, dem Umfang, der Schwere oder den Auswirkungen der Vertragswidrigkeit oder des Mangels folgen.

(3) Die Kündigungsregelung in § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) weicht nach dem maßgeblichen Klauselverständnis von diesen wesentlichen Grundgedanken ab. Hiernach kann der Auftraggeber die Kündigung losgelöst von diesen Kriterien und – bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs – selbst bei Geringfügigkeit der Vertragswidrigkeiten oder Mängel während der Ausführungsphase aussprechen.

(4) Diese Abweichung von dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, denn die Vermutung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist nicht widerlegt. Weder wird die unangemessene Benachteiligung durch andere der Klägerin von der Beklagten gewährte Vorteile kompensiert noch rechtfertigen besondere Umstände bezogen auf die Durchführung und Abwicklung von Bauleistungen diese.

ff) § 8 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B (2002) behält im Übrigen – soweit die Bestimmung nicht auf § 4 Nr. 7 VOB/B (2002) rückbezogen ist – seine Wirksamkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch dann Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein, wenn sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang mit anderen – unwirksamen – Regelungen stehen. Nur wenn der als wirksam anzusehende Teil im Gesamtgefüge des Vertrags nicht mehr sinnvoll, insbesondere der als unwirksam beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss, ergreift die Unwirksamkeit der Teilklausel die Gesamtklausel. Die inhaltliche Trennbarkeit einer Klausel und damit ihre Zerlegung in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil ist immer dann gegeben, wenn der unwirksame Teil der Klausel gestrichen werden kann, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet (sog. blue-pencil-test); ob beide Bestimmungen den gleichen Regelungsgegenstand betreffen, ist dabei unerheblich (vgl. nur BGH, Urteil vom 6. April 2022 – VIII ZR 295/20 Rn. 45 m.w.N., NJW 2022, 1944).

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs erstreckt sich die Unwirksamkeit der ersten in § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B (2002) geregelten Variante nicht auf die übrigen Kündigungstatbestände. Der Passus in § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B (2002), der die Bezugnahme auf den Kündigungsgrund des § 4 Nr. 7 VOB/B (2002) enthält, kann gestrichen werden, ohne dass die Klausel des § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B (2002) insgesamt ihren Sinn einbüßt.

2. Der Senat kann nicht entscheiden, ob die Beklagte außerhalb des Anwendungsbereichs von § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B (2002) nach dem gemäß § 306 Abs. 1 BGB zu prüfenden dispositiven Recht ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund hatte. Dazu, ob die Beklagte den Vertrag nach den richterrechtlich entwickelten Grundsätzen zur Kündigung aus wichtigem Grund kündigen konnte, hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.

IV.

Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Kurz belichtet: Achtung Hochbau-Planer: Bei Mitwirkung an Vergabeverfahren haftet der Planer bei Rückforderung von Fördermitteln

Kurz belichtet: Achtung Hochbau-Planer: Bei Mitwirkung an Vergabeverfahren haftet der Planer bei Rückforderung von Fördermitteln

Im Ergebnis einer Prüfung über die Fördermittelverwendung widerrief der Zuwendungsgeber den zu Gunsten der Stadt erteilten Zuwendungsbescheid für die Erneuerung des Dachs des Dorfgemeinschaftshauses unter Inanspruchnahme von Fördermitteln aus dem EU-Programm Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) mit Wirkung für die Vergangenheit vollständig. Der Widerruf wurde mit verschiedenen vergaberechtlichen Verstöße bei der Vergabe aller drei Lose begründet (u. a. unzureichend bereitgestellte Formblätter, Verstoß gegen das Nachverhandlungsverbot, unzureichende Dokumentation von Nachforderungen, Ignorieren einer unzulässigen Abänderung der Vergabeunterlagen). Zur Unterstützung der Maßnahme band die Stadt ein Architektenbüro ein. Konkret wurde das Büro im Leistungsbild „Objektplanung für Gebäude“ im Sinne von § 34 HOAI 2013 mit den Grundleistungen entsprechend der LPh 1 bis 3 (Grundlagenermittlung, Vor- und Entwurfsplanung) und 5 bis 9 (Ausführungsplanung, Vorbereitung der und Mitwirkung bei der (Bau-) Vergabe, Objektüberwachung, Objektbetreuung) beauftragt. Das Architektenbüro erstellte die Leistungsverzeichnisse sowie die weitere Vergabeunterlagen, bereitete die Veröffentlichung über eine Vergabeplattform vor, prüfte die eingegangenen Angebote und erstellte schließlich einen „Wertungsbericht“, in dem es auf der Grundlage einer von ihm vorgenommenen förmlichen, rechnerischen und inhaltlichen Prüfung der Angebote eine Vergabeempfehlung aussprach. Entsprechend dieser Vergabeempfehlung erteilte die Stadt jeweils losweise die Zuschläge.

Hierzu das OLG Naumburg, Urteil vom 16.12.2022 – 7 U 40/22: Schuldet ein Planer einem öffentlichen Auftraggeber sämtliche Grundleistungen der Leistungsphasen 6 “Vorbereitung der Vergabe” und 7 “Mitwirkung bei der Vergabe” des Leistungsbildes des § 34 HOAI können sich aus dem Ingenieurvertrag Regressansprüche ergeben, wenn die Auftragsvergabe fehlerhaft war. Die Übernahme der Organisation und Abwicklung des Vergabeverfahrens ist grundsätzlich eine zulässige rechtsberatende Nebenleistung des Planers.

Architekten- und natürlich auch Ingenieurbüros sollten im Zusammenhang des öffentlichen Beschaffungswesens wie bisher, so auch fortgesetzt äußerst vorsichtig sein und die Grenzen ihrer fachlichen Qualifikation gut kennen. Nicht selten zeigt die Praxis, dass – oft mit „guter Absicht“ – Auftraggebern „geholfen“ wird. Wie z. B. Das Urteil des OLG Naumburg zeigt, geht das schnell schief. Für vergaberechtliche Fragen gibt es Spezialisten. Denn schon die Frage, inwieweit Architekten und Ingenieure überhaupt berechtigt sind, im Rahmen von Vergabeverfahren Rechtsberatungsleistungen zu erbringen, bildet immer wieder Anlass zu Streitigkeiten. Denn zulässig sind für Angehörige dieser Berufsgruppen lediglich „rechtsberatende Nebenleistungen“. „Echte“ Rechtsberatung dürfen dagegen nur solche Personen erbringen, die über eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verfügen. Und die Grenzen zwischen „rechtsberatender Nebenleistung“ und „echter Rechtsberatung“ sind fließend. Ungeachtet schon dieses sehr problematischen Streitpunkts zeigt das vorliegende Urteil des OLG Naumburg einmal mehr deutlich, wie wichtig es für Planer, die (Bau-) Vergabeverfahren „begleiten“, ist, ihre eigenen Fähigkeiten und Kapazitäten im Bereich des zunehmend komplexen, für Laien nicht selten unüberschaubaren Vergaberechts realistisch einzuschätzen. Bestehen Zweifel darüber, ob das Vergaberecht in all seinen Ausprägungen und Auswirkungen vollumfassend beherrscht wird, müssen im Planervertrag unbedingt klare Regelungen zur Reichweite und zu den Grenzen der vom Planer übernommenen Rechtsdienstleistungen und Verantwortlichkeiten getroffen werden. Außerdem sollte das Planungsbüro unbedingt den Auftraggeber/ Bauherren klar und unmißverständlich auf etwaige Kompetenzgrenzen im Bereich des Vergaberechts hinweisen. Und unter Umständen empfiehlt es sich auch, Bedenken mitzuteilen bzw. auch Behinderung anzuzeigen oder auch auf die Inanspruchnahme zusätzlicher (interner oder externer) vergaberechtlicher Expertise in Form kompetenter Rechtsberatung hinwirken. Andernfalls droht den Planungsbüros eine Haftung für finanzielle Schäden, die der Auftraggeber durch etwaige Vergabefehler erleidet. Dies kann nicht nur Schäden durch Rückforderungen von Fördermitteln betreffen, sondern z. B. auch Schäden durch Verzögerungen bei der Auftragserteilung. Und bei allem sollten die Architekten und Ingenieure nicht übersehen, dass durch fehlerhafte Anwendung vergaberechtlicher „Spielregeln“ verursachte Schäden durch die eigene Haftpflichtversicherung regelmäßig nicht gedeckt sind, der betroffene Planer also den Schaden selbst regulieren muss.

Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag?

Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag?

von Thomas Ax

Gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB muss, um die VOB/B, bei denen es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, in den Vertrag einzubeziehen, die Möglichkeit verschafft werden, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen, wobei einem Verbraucher im Regelfall die tatsächliche Einsichtsmöglichkeit verschafft oder der Text der VOB/B übergeben werden muss (vgl. Wieseler in BeckOK VOB/B, Stand: 31.07.2021, § 1 Abs. 1 Rn. 14; Sacher in Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Aufl., Einleitung Rn. 87 ff.). Bereits daran scheitert die Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag.

Geringere Anforderungen an die Kenntnisnahmemöglichkeit können zwar dann bestehen, wenn der Verbraucher beim Vertragsschluss durch einen Architekten oder einer anderen im Baugewerbe tätigen Person vertreten wird (vgl. Senat, Urteil vom 19.08.2014 – 24 U 41/14, NJW 2015, 960; OLG Stuttgart, Urteil vom 24.07.2012 – 10 U 56/12, BeckRS 2014, 8715; Wieseler in BeckOK VOB/B, Stand: 31.07.2021, § 1 Abs. 1 Rn. 15); auch dafür ist jedoch nichts vorgetragen oder ersichtlich.

Gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist darüber hinaus ein ausdrücklicher Hinweis auf die Verwendungsabsicht erforderlich. Ein solcher Hinweis darf dabei insbesondere nicht an versteckter oder unvermuteter Stelle erfolgen, sondern muss so erfolgen, dass er von einem Durchschnittskunden auch bei flüchtiger Betrachtung nicht übersehen werden kann, also unmissverständlich und für den Kunden klar erkennbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.1986 – VIII ZR 137/85, NJW-RR 1987, 112; Sacher in Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Aufl., Einleitung Rn. 86; Lehmann-Richter in BeckOGK, Stand: 01.09.2021, § 305 BGB Rn. 214; Becker in BeckOK BGB, Stand: 01.05.2021, § 305 Rn. 48; Basedow in MünchKommBGB, 8. Aufl., § 305 Rn. 64).

Lieferung und Montage von Fenstern und Türen als Werkvertrag?

Lieferung und Montage von Fenstern und Türen als Werkvertrag?

von Thomas Ax

Handelt es sich um einen Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff. BGB oder um einen Kaufvertrag resp. einen Werklieferungsvertrag mit Montageverpflichtung? Das kommt drauf an!

Die Abgrenzung des Kaufvertrags mit Montageverpflichtung, der vom Gesetz in § 434 Abs. 2 BGB a.F. bzw. § 434 Abs. 4 BGB n.F. anerkannt ist, von dem Werkvertrag erfolgt danach, wo der Schwerpunkt der vertraglichen Pflichten liegt – in der Übergabe und Übereignung von (herzustellenden) Sachen oder in der Herbeiführung des jeweiligen Gesamterfolgs durch Lieferung und Montage von Einzelteilen oder in eine andere Sache einzupassenden Gegenständen – bzw. welche Leistungspflichten dem Vertrag sein Gepräge geben (vgl. BGH, Urteil vom 10.04.2019 – VIII ZR 244/16, NJW-RR 2019, 1069 Rn. 17; Urteil vom 30.08.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380 Rn. 25; Urteil vom 13.07.2016 – VIII ZR 49/15, NJW 2016, 3654 Rn. 22; Urteil vom 02.06.2016 – VII ZR 348/13 NJW 2016, 2876 Rn. 11; Urteil vom 07.03.2013 – VII ZR 162/12, NJW 2013, 1431 Rn. 18; Urteil vom 22.12.2005 – VII ZR 183/04, NJW 2006, 904 Rn. 12; Urteil vom 22.07.1998 – VIII ZR 220/97, NJW 1998, 3197; OLG Dresden, Urteil vom 02.02.2016 – 6 U 1271/15, NJW-RR 2016, 724 Rn. 25; Merkle in BeckOGK, Stand: 01.07.2022, § 631 BGB Rn. 157; ders. a.a.O., § 650 BGB Rn. 21; Faust in BeckOK BGB, Stand: 01.08.2022, § 433 Rn. 17; ders. a.a.O., § 434 Rn. 135; Westermann in MünchKommBGB, 8. Aufl., Vor § 433 Rn. 16; Busche a.a.O., § 650 Rn. 9; ders. a.a.O., § 631 Rn. 156; Weidenkaff in Grüneberg, 81. Aufl., Einf v § 433 Rn. 18 f.; Retzlaff a.a.O., Einf v § 631 Rn. 8; ders. a.a.O., § 650 Rn. 5 und 8).

Verschiedentlich wird bei der Beurteilung, wo der Schwerpunkt des Vertrags liegt, darauf abgestellt, welcher Vergütungsteil auf die Montageverpflichtung entfällt (vgl. etwa BGH, Urteil vom 10.04.2019 – VIII ZR 244/16, NJW-RR 2019, 1069 Rn. 17: „Verkaufspreis“ mehr als 75 % des Gesamtpreises), oder darauf, ob die Montageverpflichtungen von untergeordneter Bedeutung sind (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2016 – VIII ZR 49/15, NJW 2016, 3654 Rn. 22 bei einem „Montagepreis“ von etwa 5,5 %).

Nach zutreffender Auffassung kommt es für die Abgrenzung allerdings in erster Linie auf eine qualitative Gesamtbewertung an (vgl. BGH, Urteil vom 21.02.2019 – I ZR 98/17, NJW 2019, 2322 Rn. 75; Urteil vom 30.08.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380 Rn. 25; Urteil vom 19.07.2018 – VII ZR 19/18, BeckRS 2018, 17582 Rn. 19; Urteil vom 02.06.2016 – VII ZR 348/13, NJW 2016, 2876 Rn. 11; OLG Frankfurt, Urteil vom 25.02.2019 – 29 U 81/18, NJW 2019, 2332 Rn. 6; Retzlaff in Grüneberg, 81. Aufl., § 650 Rn. 7).

Entscheidend ist mithin, ob aufgrund der gebotenen Gesamtbetrachtung davon gesprochen werden kann, dass der Schwerpunkt des Vertrags nicht auf dem Warenumsatz, sondern in der Herstellung eines funktionstauglichen Werks zu sehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.08.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380 Rn. 25). Die Rechtsprechung geht danach bei Verträgen, bei denen die passgenaue Herstellung und der passgenaue Einbau von Treppen, Fenstern, Türen, Aufzügen etc. in ein Gebäude im Vordergrund steht, regelmäßig von dem Vorliegen eines Werkvertrags aus (vgl. BGH, Urteil vom 30.08.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380 Rn. 25; Urteil vom 02.06.2016 – VII ZR 348/13, NJW 2016, 2876 Rn. 11; OLG Frankfurt, Urteil vom 25.02.2019 – 29 U 81/18, NJW 2019, 2332 Rn. 6; Retzlaff in Grüneberg, 81. Aufl., § 650 Rn. 7).

Demgegenüber ist etwa die Lieferung von Bauteilen ohne Einbau bzw. die Lieferung von Türen oder Fenstern nach Maß ohne Einbau als Kaufvertrag qualifiziert worden (vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2009 – VII ZR 151/08, NJW 2009, 2877 Rn. 13 f.; OLG Nürnberg, Schlussurteil vom 11.10.2005 – 9 U 804/05, BeckRS 2011, 18331), wohingegen die Lieferung von Fenstern, Türen und Markisen, die einzubauen sind, als Werkvertrag angesehen worden ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.06.2012 – 22 U 159/11, NJW 2013, 618), wie auch die Lieferung und der Einbau eines Ofens oder einer Schließanlage (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 02.02.2016 – 6 U 1271/15, NJW-RR 2016, 724 Rn. 25; OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 30.07.2012 – 5 U 492/12, NJW 2012, 3380).

Es wird in der Kommentarliteratur auch allgemein davon gesprochen, dass Leistungen, die an einem Grundstück oder einem Gebäude ausgeführt werden und diesem zu Gute kommen, grundsätzlich als werkvertragliche Leistungen anzusehen seien (Busche in MünchKommBGB, 8. Aufl., § 650 Rn. 10).

Entscheidend ist:

Geht es den Parteien in erster Linie um die Übergabe und Übereignung der Fenster?

Sondern gerade auch und vorrangig um die fachgerechte Herstellung des Gebäudes, zu dem maßgeblich auch Fenster und Türen gehören?

Für die Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehrmengen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B sind nach Auffassung des BGH die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich

Für die Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehrmengen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B sind nach Auffassung des BGH die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich

von Thomas Ax

Wie die Vergütungsanpassung bei Mengenmehrungen vorzunehmen ist, wenn eine Einigung über den neuen Einheitspreis nicht zustande kommt, ist in § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B nicht geregelt. Die Bestimmung gibt nur vor, dass bei der von den Parteien zu treffenden Vereinbarung über den neuen Preis Mehr- oder Minderkosten zu berücksichtigen sind. Die VOB/B legt die Verantwortung für die neue Preisbestimmung, durch die etwaigen Störungen des Äquivalenzverhältnisses entgegengewirkt werden soll, damit in die Hände der Vertragsparteien, die unter Berücksichtigung der geänderten Umstände einen neuen Preis aushandeln sollen. Abgesehen von der in § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B vorgesehenen Einigung auf einen neuen Einheitspreis können die Vertragsparteien sowohl bei Vertragsschluss für den ungewissen Fall, dass Mengenmehrungen im Sinne dieser Bestimmung eintreten, als auch nachträglich, sobald aufgrund konkret eingetretener Mehrmengen ein neuer Einheitspreis verlangt wird, sich über einzelne Teilelemente der Preisbildung verständigen. Sie können etwa einen bestimmten Maßstab beziehungsweise einzelne Kriterien oder Faktoren festlegen, nach denen im konkreten Fall der neue Einheitspreis nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B bestimmt werden soll.

Haben sich die Parteien nicht insgesamt oder im Hinblick auf einzelne Elemente der Preisbildung geeinigt, enthält der Vertrag eine Lücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu schließen ist. Dabei entspricht es der Redlichkeit und dem bestmöglichen Ausgleich der wechselseitigen Interessen, dass durch die unvorhergesehene Veränderung der auszuführenden Leistungen im von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B bestimmten Umfang keine der Vertragsparteien eine Besser- oder Schlechterstellung erfahren soll. Die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien nach Treu und Glauben ergibt, dass – wenn nichts anderes vereinbart ist – für die Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehrmengen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich sind.

BGH, Urteil vom 8. August 2019 – VII ZR 34/18

Intransparente Grundstücksgeschäfte – Überlegungen zur Geltendmachung eines Informationsanspruchs nach IFG NRW

Intransparente Grundstücksgeschäfte - Überlegungen zur Geltendmachung eines Informationsanspruchs nach IFG NRW

vorgestellt von Thomas Ax

Amt für Liegenschaften, Vermessung und Kataster

Sehr geehrter …,
sehr geehrte Damen und Herren,

anwaltlich Vollmacht versichernd zeigen wir an, dass wir … vertreten.

Namens und in Auftrag unseres Mandanten stellen wir den folgenden Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen – IFG NRW.

Wir beantragen die Beantwortung der folgenden Fragen:

Trifft es zu: Die Stadt … hat die Liegenschaft … an die Firma … veräußert.

Trifft es zu: Die Stadt … hat … den Besitz übertragen. Miete zahlt er nicht.

Trifft es zu: Allein die Stadt und ihr Wohnungsunternehmen … haben den vollen Zugriff auf Planung und Entwicklung des Areals zur „…“.

Trifft es zu: Die Stadt duldet, dass sich die Firma … Stück für Stück Flächen des … einverleibt und sich ins Gelände fräst.

Trifft es zu: Ist der Stadtrat dem Vorschlag der Stadtverwaltung gefolgt, der Firma, die bereits ein Nachbargrundstück neben ihrem Firmensitz bebaut, auch das so genannte „Erstandienungsrecht“ für das gegenüberliegende städtische Areal zu gewähren?

Trifft es zu: Unterzeichnete der … eine Dringlichkeitsentscheidung, damit der Investor schnell „mit der komplexen und kostenintensiven Planung“ beginnen kann?

Trifft es zu: Firma … bekam bis Ende Mai 2021 Zeit, Ideen zu entwickeln, um danach in direkte Verkaufsverhandlungen einzusteigen.

Trifft es zu: Ohne politischen Beschluss wurde Firma … auch der Besitz der Liegenschaften übertragen.

Trifft es zu: So wurde sie zum Besitzer der ….

Trifft es zu: Auch ein städtisches Grundstück, auf dem ein Gebäude der Firma … steht, gehört zum übertragenen Gelände.

Trifft es zu: Die Frist für das Erstandienungsrecht ist seit Monaten abgelaufen.

Trifft es zu: Eigentlich hätte die Verwaltung den Stadtrat über den Stand der Dinge informieren müssen.

Trifft es zu: Das geschah nicht.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Mit der Verabschiedung des IFG NRW wurde dem wachsenden Bedürfnis nach Informationen und Transparenz der öffentlichen Verwaltung Rechnung getragen.

Der freie Zugang zu Informationen erhöht nicht nur die Nachvollziehbarkeit, sondern auch die Akzeptanz behördlicher Entscheidungen. Er dokumentiert das Prinzip einer offenen Verwaltung, die im Dienst der Bürgerinnen und Bürger steht.

Ziel der Einführung eines Informationszugangsrechtes ist es darüber hinaus, die Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf das Handeln staatlicher Organe dadurch zu optimieren, dass ihnen eine verbesserte Argumentationsgrundlage an die Hand gegeben wird. Transparenz staatlichen Handelns und das Ziel einer bürgerschaftlichen Gestaltung des Gemeinwesens setzen voraus, dass die zur Verfügung gestellten Informationen möglichst originär, direkt und unverfälscht sind.

Das Informationsfreiheitsrecht steht jeder natürlichen Person zu, das heißt, jede Bürgerin und jeder Bürger hat einen Anspruch auf Zugang zu den bei öffentlichen Stellen vorhandenen amtlichen Informationen.

Das Recht auf freien Zugang zu amtlichen Informationen ist an keine speziellen Voraussetzungen geknüpft.

Der Antrag ist hinreichend bestimmt und lässt insbesondere erkennen, auf welche Informationen er gerichtet ist.

Ein rechtliches oder berechtigtes Interesse ist nicht nachzuweisen: die Informationsfreiheit wird als Bürgerrecht allein um ihrer selbst Willen gewährt.

Der Zugang zu amtlichen Informationen wird auf Antrag gewährt. Das Informationsfreiheitsgesetz sieht vor, dass die Informationen unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Antragstellung zugänglich gemacht werden sollen.

Wird das Auskunftsersuchen zurückgewiesen, so sind wir schon jetzt beauftragt, gegen die Ablehnung mit einer Klage vorzugehen.

Wir beantragen weiter die Gewährung von Einsicht in die

Unterlagen zur Entwicklung des Grundstücks,
das Exposé,
Anfragen von Interessenten, die nicht mit der Abgabe eines Angebots verbunden sind,
den Kaufvertrag,
Namen und Adressen von Interessenten, Bietern und Erwerbern

nicht aber

in die internen Vermerke,
die Angebote der Bieter,
den auf die Verkaufsverhandlungen bezogenen Schriftverkehr mit den Bietern,
sämtliche Vertragsentwürfe,
die Unterlagen zum Vollzug des Kaufvertrags.
Der Antrag ist zulässig und begründet.

Mit der Verabschiedung des IFG NRW wurde dem wachsenden Bedürfnis nach Informationen und Transparenz der öffentlichen Verwaltung Rechnung getragen.

Der freie Zugang zu Informationen erhöht nicht nur die Nachvollziehbarkeit, sondern auch die Akzeptanz behördlicher Entscheidungen. Er dokumentiert das Prinzip einer offenen Verwaltung, die im Dienst der Bürgerinnen und Bürger steht.

Ziel der Einführung eines Informationszugangsrechtes ist es darüber hinaus, die Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf das Handeln staatlicher Organe dadurch zu optimieren, dass ihnen eine verbesserte Argumentationsgrundlage an die Hand gegeben wird. Transparenz staatlichen Handelns und das Ziel einer bürgerschaftlichen Gestaltung des Gemeinwesens setzen voraus, dass die zur Verfügung gestellten Informationen möglichst originär, direkt und unverfälscht sind.

Das Informationsfreiheitsrecht steht jeder natürlichen Person zu, das heißt, jede Bürgerin und jeder Bürger hat einen Anspruch auf Zugang zu den bei öffentlichen Stellen vorhandenen amtlichen Informationen.

Das Recht auf freien Zugang zu amtlichen Informationen ist an keine speziellen Voraussetzungen geknüpft.

Der Antrag ist hinreichend bestimmt und lässt insbesondere erkennen, auf welche Informationen er gerichtet ist.

Ein rechtliches oder berechtigtes Interesse ist nicht nachzuweisen: die Informationsfreiheit wird als Bürgerrecht allein um ihrer selbst Willen gewährt.

Der Zugang zu amtlichen Informationen wird auf Antrag gewährt. Das Informationsfreiheitsgesetz sieht vor, dass die Informationen unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Antragstellung zugänglich gemacht werden sollen.

Bei der Veräußerung von Liegenschaften ist das fiskalische Interesse der Stadt … dadurch gekennzeichnet, dass die Stadt wie ein Dritter als Marktteilnehmer am Privatrechtsverkehr und am Wirtschaftsleben teilnimmt und ihre wirtschaftlichen Informationen ebenso schutzwürdig sind wie die Privater; da sich Käufer und Verkäufer auf der Ebene der Gleichordnung gegenüberstehen, wäre eine Pflicht zur Offenbarung von Informationen nicht gerechtfertigt (BTDrucks 15/4493 S. 11). Diese Ausführungen erläutern lediglich den Schutzzweck des IFG; damit soll der Informationszugang nicht unabhängig von Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung fiskalischer Interessen schon dann ausgeschlossen sein, wenn die Stadt erwerbswirtschaftlich tätig wird. Auch wenn sich beim Abschluss eines Grundstückskaufvertrags die Stadt und der Käufer auf der Ebene der Gleichordnung gegenüberstehen, unterliegt die Stadt als Behörde öffentlich-rechtlichen Bindungen und damit auch dem IFG. Insoweit besteht von vornherein ein wesentlicher Unterschied zwischen der Stadt und einem Privaten. Es ist auch nicht ersichtlich, warum das Kontrollbedürfnis gegenüber der Stadt bei der Teilnahme am Wirtschaftsverkehr geringer als bei hoheitlichem Handeln sein sollte. Durch die Offenlegung von Informationen über die Veräußerung von Liegenschaften können fiskalische Interessen der Stadt beeinträchtigt werden. Die Stadt soll aber nicht als Marktteilnehmer generell vor Informationsansprüchen geschützt werden, sondern nur u.a. davor, eigene Geschäftsgeheimnisse offenbaren zu müssen. Es geht darum, dass wenn die Stadt als Marktteilnehmer am Privatrechtsverkehr teilnimmt, nicht Transparenz verhindert, sondern ein fairer Wettbewerb gewährleistet werden soll (Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 2009, § 3 Rn. 169; Roth, in: Berger/Partsch/Roth/Scheel, Informationsfreiheitsgesetz, 2013, § 3 Rn. 140). Die Stadt muss zwar nicht nur während laufender Veräußerungsverfahren vor Ausforschung durch Kaufinteressenten und konkurrierende Grundstücksanbieter geschützt werden; nach Abschluss und Vollzug des Kaufvertrags darf aber nicht im Wege einer generalisierenden Sichtweise entgegen der gesetzgeberischen Konzeption der Sache nach eine Bereichsausnahme für die gesamte Tätigkeit der Stadt geschaffen werden. Eine etwaige allgemeine Befürchtung, die Attraktivität der Stadt als Geschäftspartner könne leiden, wenn potentielle Vertragspartner nicht von vornherein ausschließen könnten, dass aufgrund von Ansprüchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz geschäftliche Informationen gegen ihren Willen bekannt würden, kann hiernach für die Bejahung eines Ausschlussgrundes nicht genügen. Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ihrer Geschäftspartner darf die Stadt nur gewähren, wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen. Der Schutz ist auch verfahrensrechtlich gesichert. Das IFG schützt das öffentliche Interesse an der Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Vertragspartner der Stadt jedoch nicht weitergehend als das IFG deren eigenes Geheimhaltungsinteresse. Nichts anderes gilt für eine etwaige allgemeine Befürchtung, die Vertraulichkeit der Verhandlungssituation und damit die Attraktivität der Stadt als Geschäftspartnerin werde beeinträchtigt, wenn ihre Verhandlungspartner damit rechnen müssten, dass Verhandlungsunterlagen mit den Mitteln des Informationsfreiheitsgesetzes in die Hände der Konkurrenz gelangen könnten. Wenn die Verhandlungsunterlagen zugunsten der betroffenen Dritten weder als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse noch als personenbezogene Daten noch aus einem sonstigen Grund geschützt sind, kann auch die Stadt über das IFG keinen weitergehenden Vertraulichkeitsschutz geltend machen. Die Stadt beruft sich möglicherweise auf den abschreckenden Effekt, den bereits die Möglichkeit des Bekanntwerdens des Vertragsinhalts auf potentielle Erwerber entfalte. Sie befürchtet möglicherweise außerdem, dass im Fall des Bekanntwerdens des Vertragsinhalts bei künftigen Verkäufen eine günstige Vertragsgestaltung auch von zukünftigen Erwerbern eingefordert und vorausgesetzt werde. Hiergegen ist einzuwenden, dass derartige Vertragsgestaltungen in einer engen Relation zum Preis und damit zur jeweiligen Grundstücks- und Marktsituation stehen. Die in der Verkaufsakte enthaltenen internen Vermerke sind aus unserer Sicht auszunehmen, weil dort das Vorgehen der Stadt insbesondere mit kaufmännischen Kalkulationen und rechtlichen Standpunkten begründet wird und sich so insbesondere bei Einsicht in eine Vielzahl von Verkaufsakten die Vorgehensweise der Stadt in bestimmten Situationen unmittelbar ersehen lässt. Mit derselben Begründung sind auszunehmen die Angebote von Bietern, der Schriftverkehr mit ihnen, die Vertragsentwürfe sowie die Unterlagen zum Vollzug des Kaufvertrags. Einen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 29 VwVfG behalten wir uns vor. Der Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ist eröffnet, obwohl der Verkauf eines Grundstücks auf der Grundlage eines Bieterverfahrens durch die Stadt grundsätzlich keine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit darstellt, sondern ein privatrechtlicher Vorgang ist (so auch OVG Greifswald, Beschluss vom 30. Mai 2007 – 3 O 58/07 – juris; Geulen, LKV 2011, 63). Vorliegend kommt aber die Aufspaltung des Verkaufsvorgangs in eine vorgelagerte öffentlich-rechtliche Entscheidung, mit wem der Kaufvertrag geschlossen wird, und eine nachgelagerte privatrechtliche Abwicklung in Betracht, weil die Stadt bei einer solchen Grundstücksveräußerung spezifisch verwaltungsrechtlichen Bindungen unterliegt. Allein die Bindung der Stadt an das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigt es nicht, das Verhältnis zwischen ihr und den Bietern als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren. Angesichts der umfassenden Bindung der öffentlichen Verwaltung an Art. 3 Abs. 1 GG wäre andernfalls nahezu jedes Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem Bürger als öffentlich-rechtlich anzusehen; für die Annahme privatrechtlichen Handelns der öffentlichen Hand bliebe letztlich kein Raum (Beschluss vom 2. Mai 2007 – BVerwG 6 B 10.07 – BVerwGE 129, 9 <Rn. 10> = Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 298 Rn. 10).

Wir beantragen die Beantwortung der folgenden Fragen:

Trifft es zu: Die Stadt … hat kein transparentes und diskriminierungsfreies Auswahl- bzw. Bieterverfahren zur Auswahl der Käufer durchgeführt?

Trifft es zu: Die Stadt … hat die Durchführung des Bieterverfahrens und die Bedingungen für die Auswahlentscheidung nicht hinreichend publik gemacht?

Trifft es zu: Die Stadt … hat sich nicht während des Bieterverfahrens nicht an die von ihr selbst aufgestellten Bedingungen gehalten und nicht die Gleichbehandlung der Kaufinteressenten gewährleistet?

Nach den Vorgaben des kommunalen Haushaltsrechts können Kommunen Vermögensgegenstände veräußern, soweit sie sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben in absehbarer Zeit nicht benötigen. Das kommunale Haushaltsrecht verpflichtet die Gemeinde zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung und zur Veräußerung von Vermögensgegenständen zum vollen Wert. Der Wert von Grundstücken wird in der Regel durch ein Verkehrswertgutachten ermittelt. Beschränkt sich die Rolle der Gemeinde ausschließlich auf die Rolle eines Grundstücksverkäufers, wird sie jedenfalls wenn die Initiative zur Grundstücksveräußerung von ihr selbst ausgeht aufgrund ihrer Bindung an den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ein transparentes und diskriminierungsfreies Auswahl- bzw. Bieterverfahren zur Auswahl der Käufer durchführen müssen. Insbesondere müssen die Durchführung des Bieterverfahrens und die Bedingungen für die Auswahlentscheidung hinreichend publik gemacht werden. Während des Bieterverfahrens muss sich die Kommune an die von ihr selbst aufgestellten Bedingungen halten und die Gleichbehandlung der Kaufinteressenten gewährleisten.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Mit der Verabschiedung des IFG NRW wurde dem wachsenden Bedürfnis nach Informationen und Transparenz der öffentlichen Verwaltung Rechnung getragen.

Der freie Zugang zu Informationen erhöht nicht nur die Nachvollziehbarkeit, sondern auch die Akzeptanz behördlicher Entscheidungen. Er dokumentiert das Prinzip einer offenen Verwaltung, die im Dienst der Bürgerinnen und Bürger steht.

Ziel der Einführung eines Informationszugangsrechtes ist es darüber hinaus, die Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf das Handeln staatlicher Organe dadurch zu optimieren, dass ihnen eine verbesserte Argumentationsgrundlage an die Hand gegeben wird. Transparenz staatlichen Handelns und das Ziel einer bürgerschaftlichen Gestaltung des Gemeinwesens setzen voraus, dass die zur Verfügung gestellten Informationen möglichst originär, direkt und unverfälscht sind.

Das Informationsfreiheitsrecht steht jeder natürlichen Person zu, das heißt, jede Bürgerin und jeder Bürger hat einen Anspruch auf Zugang zu den bei öffentlichen Stellen vorhandenen amtlichen Informationen.

Das Recht auf freien Zugang zu amtlichen Informationen ist an keine speziellen Voraussetzungen geknüpft.

Der Antrag ist hinreichend bestimmt und lässt insbesondere erkennen, auf welche Informationen er gerichtet ist.

Ein rechtliches oder berechtigtes Interesse ist nicht nachzuweisen: die Informationsfreiheit wird als Bürgerrecht allein um ihrer selbst Willen gewährt.

Der Zugang zu amtlichen Informationen wird auf Antrag gewährt. Das Informationsfreiheitsgesetz sieht vor, dass die Informationen unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Antragstellung zugänglich gemacht werden sollen.

Wird das Auskunftsersuchen zurückgewiesen, so sind wir schon jetzt beauftragt, gegen die Ablehnung mit einer Klage vorzugehen.

Wir beantragen die Beantwortung der folgenden Fragen:

Trifft es zu: Liegt in der Grundstücksveräußerung quasi eine eingekapselte Beschaffung von Leistungen durch die Stadt?

Ist dies der Fall, weil mit der Grundstücksveräußerung eine Bauleistung verbunden ist, die der Stadt unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt und bei der die Stadt einen entscheidenden Einfluss auf Art und Planung der Bauleistung hat (§ 103 Abs. 3 Satz 2 GWB).?

Ist von einem unmittelbaren wirtschaftlichen Interesse der Stadt an der Bauleistung gemäß der Grundsatzentscheidung des EuGH in der Rechtssache Helmut Müller (Urt. v. 25.3.2010 C-451/08) auszugehen, weil die Stadt

– Eigentümer der Bauleistung oder des zu errichtenden Bauwerks werden soll,

– über einen Rechtstitel verfügen soll, der ihm die Verfügbarkeit der Bauwerke, die Gegenstand des Auftrags sind, im Hinblick auf die öffentliche Zweckbestimmung sicherstellt,

– wirtschaftliche Vorteile aus der zukünftigen Nutzung oder Veräußerung des Bauwerks ziehen kann,

– an der Erstellung des Bauwerks finanziell beteiligt ist (etwa in Form eines Baukostenzuschusses) oder

– Risiken im Fall eines wirtschaftlichen Fehlschlags des Bauwerks trägt?

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Mit der Verabschiedung des IFG NRW wurde dem wachsenden Bedürfnis nach Informationen und Transparenz der öffentlichen Verwaltung Rechnung getragen.

Der freie Zugang zu Informationen erhöht nicht nur die Nachvollziehbarkeit, sondern auch die Akzeptanz behördlicher Entscheidungen. Er dokumentiert das Prinzip einer offenen Verwaltung, die im Dienst der Bürgerinnen und Bürger steht.

Ziel der Einführung eines Informationszugangsrechtes ist es darüber hinaus, die Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf das Handeln staatlicher Organe dadurch zu optimieren, dass ihnen eine verbesserte Argumentationsgrundlage an die Hand gegeben wird. Transparenz staatlichen Handelns und das Ziel einer bürgerschaftlichen Gestaltung des Gemeinwesens setzen voraus, dass die zur Verfügung gestellten Informationen möglichst originär, direkt und unverfälscht sind.

Das Informationsfreiheitsrecht steht jeder natürlichen Person zu, das heißt, jede Bürgerin und jeder Bürger hat einen Anspruch auf Zugang zu den bei öffentlichen Stellen vorhandenen amtlichen Informationen.

Das Recht auf freien Zugang zu amtlichen Informationen ist an keine speziellen Voraussetzungen geknüpft.

Der Antrag ist hinreichend bestimmt und lässt insbesondere erkennen, auf welche Informationen er gerichtet ist.

Ein rechtliches oder berechtigtes Interesse ist nicht nachzuweisen: die Informationsfreiheit wird als Bürgerrecht allein um ihrer selbst Willen gewährt.

Der Zugang zu amtlichen Informationen wird auf Antrag gewährt. Das Informationsfreiheitsgesetz sieht vor, dass die Informationen unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Antragstellung zugänglich gemacht werden sollen.

Wird das Auskunftsersuchen zurückgewiesen, so sind wir schon jetzt beauftragt, gegen die Ablehnung mit einer Klage vorzugehen.

Wir beantragen die Beantwortung der folgenden Frage:

Trifft es zu: Stellt die Veräußerung dieser kommunalen Liegenschaft unter ihrem Marktwert eine rechtswidrige Beihilfe zugunsten des kaufenden Unternehmens dar?

Ausschließen lässt sich der Beihilfetatbestand grundsätzlich durch die Durchführung eines wettbewerblichen, transparenten, diskriminierungs- und bedingungsfrei ausgestalteten Bieterverfahrens. Bedingungsfrei in diesem Sinne ist eine Ausschreibung nach Auffassung der EU-Kommission allerdings nur dann, wenn grundsätzlich jeder potenzielle Bieter teilnehmen und den zum Verkauf stehenden Vermögenswerte für eigene Zwecke zu nutzen kann. Verknüpft die öffentliche Hand die Grundstücksveräußerungen mit bestimmten Bedingungen, kann das potenzielle Bieter abschrecken oder sich negativ auf die Höhe des Angebots auswirken. Ein Höchstgebot in einem solchen Ausschreibungsverfahren würde dann nicht notwendigerweise den Marktpreis widerspiegeln. Allerdings kann der Marktwert eines Grundstücks u.U. auch anders nachgewiesen werden. Ein vor Abschluss des Kaufvertrags eingeholtes Wertgutachten kann dafür ein geeignetes Mittel sein.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Mit der Verabschiedung des IFG NRW wurde dem wachsenden Bedürfnis nach Informationen und Transparenz der öffentlichen Verwaltung Rechnung getragen.

Der freie Zugang zu Informationen erhöht nicht nur die Nachvollziehbarkeit, sondern auch die Akzeptanz behördlicher Entscheidungen. Er dokumentiert das Prinzip einer offenen Verwaltung, die im Dienst der Bürgerinnen und Bürger steht.

Ziel der Einführung eines Informationszugangsrechtes ist es darüber hinaus, die Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf das Handeln staatlicher Organe dadurch zu optimieren, dass ihnen eine verbesserte Argumentationsgrundlage an die Hand gegeben wird. Transparenz staatlichen Handelns und das Ziel einer bürgerschaftlichen Gestaltung des Gemeinwesens setzen voraus, dass die zur Verfügung gestellten Informationen möglichst originär, direkt und unverfälscht sind.

Das Informationsfreiheitsrecht steht jeder natürlichen Person zu, das heißt, jede Bürgerin und jeder Bürger hat einen Anspruch auf Zugang zu den bei öffentlichen Stellen vorhandenen amtlichen Informationen.

Das Recht auf freien Zugang zu amtlichen Informationen ist an keine speziellen Voraussetzungen geknüpft.

Der Antrag ist hinreichend bestimmt und lässt insbesondere erkennen, auf welche Informationen er gerichtet ist.

Ein rechtliches oder berechtigtes Interesse ist nicht nachzuweisen: die Informationsfreiheit wird als Bürgerrecht allein um ihrer selbst Willen gewährt.

Der Zugang zu amtlichen Informationen wird auf Antrag gewährt. Das Informationsfreiheitsgesetz sieht vor, dass die Informationen unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Antragstellung zugänglich gemacht werden sollen.

Wird das Auskunftsersuchen zurückgewiesen, so sind wir schon jetzt beauftragt, gegen die Ablehnung mit einer Klage vorzugehen.

Wir beantragen die Beantwortung der folgenden Frage:

Trifft es zu: Hat die Veräußerung eine Binnenmarktrelevanz?

Ist die Stadt verpflichtet zur Durchführung eines transparenten Bieterverfahrens mit sachgerechten Vergabekriterien und verfahrensmäßigen Mindeststandards?

Von einer Binnenmarktrelevanz ist dann auszugehen, wenn an dem Erwerb ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse seitens Unternehmen aus anderen EU-Staaten besteht. Dabei spielen grundsätzlich Faktoren wie der Wert oder der Ausführungsort (Grenznähe) eine Rolle. Ist danach ein Bieterverfahren erforderlich, so muss die Kommune ihre Veräußerungsabsicht ausreichend publik machen (z.B. in der überregionalen Presse, Immobilienanzeigern, u.U. auch als freiwillige Bekanntmachung im Amtsblatt der EU). Die Auswahl des Investors bzw. des Angebots hat anhand transparenter Anforderungen an die Eignung des Unternehmens und die Auswahl des Angebots (Preis, zweckmäßigerweise aber auch anhand von Konzepten, z.B. zu Aspekten der Nachhaltigkeit oder der Architektur) zu erfolgen.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Mit der Verabschiedung des IFG NRW wurde dem wachsenden Bedürfnis nach Informationen und Transparenz der öffentlichen Verwaltung Rechnung getragen.

Der freie Zugang zu Informationen erhöht nicht nur die Nachvollziehbarkeit, sondern auch die Akzeptanz behördlicher Entscheidungen. Er dokumentiert das Prinzip einer offenen Verwaltung, die im Dienst der Bürgerinnen und Bürger steht.

Ziel der Einführung eines Informationszugangsrechtes ist es darüber hinaus, die Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf das Handeln staatlicher Organe dadurch zu optimieren, dass ihnen eine verbesserte Argumentationsgrundlage an die Hand gegeben wird. Transparenz staatlichen Handelns und das Ziel einer bürgerschaftlichen Gestaltung des Gemeinwesens setzen voraus, dass die zur Verfügung gestellten Informationen möglichst originär, direkt und unverfälscht sind.

Das Informationsfreiheitsrecht steht jeder natürlichen Person zu, das heißt, jede Bürgerin und jeder Bürger hat einen Anspruch auf Zugang zu den bei öffentlichen Stellen vorhandenen amtlichen Informationen.

Das Recht auf freien Zugang zu amtlichen Informationen ist an keine speziellen Voraussetzungen geknüpft.

Der Antrag ist hinreichend bestimmt und lässt insbesondere erkennen, auf welche Informationen er gerichtet ist.

Ein rechtliches oder berechtigtes Interesse ist nicht nachzuweisen: die Informationsfreiheit wird als Bürgerrecht allein um ihrer selbst Willen gewährt.

Der Zugang zu amtlichen Informationen wird auf Antrag gewährt. Das Informationsfreiheitsgesetz sieht vor, dass die Informationen unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Antragstellung zugänglich gemacht werden sollen.

Wird das Auskunftsersuchen zurückgewiesen, so sind wir schon jetzt beauftragt, gegen die Ablehnung mit einer Klage vorzugehen.

MfG

Anspruch auf Ersatz von Schaden in Gestalt eines merkantilen Minderwertes nach Beseitigung eines Schimmelbefalles

Anspruch auf Ersatz von Schaden in Gestalt eines merkantilen Minderwertes nach Beseitigung eines Schimmelbefalles

von Thomas Ax

Der merkantile Minderwert bezeichnet die Minderung des Verkaufswerts einer Immobilie, die besteht, obwohl das Schadensereignis vollständig und sachgemäß behoben wurde. Der Schaden oder Mangel haftet weiterhin an dem Objekt trotz ordnungsgemäßer und vollständiger Instandsetzung. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH-Urteil vom 08.12.1977, Az.: VII ZR 60/76) beruht die Annahme des merkantilen Minderwerts auf dem Verdacht verborgen gebliebener Schäden. Dadurch entsteht bei möglichen Kaufinteressenten eine Abneigung gegenüber der Immobilie. Es entsteht ein Schaden (Wertverlust) ohne einen tatsächlichen Mangel am Objekt.

Typische Ereignisse, die Unwohlsein bei einem potenziellen Käufer auslösen, sind Schimmelpilzbefall oder Wasserschaden am Haus. Der Käufer der Immobilie hegt Unbehagen, da der Schimmel zwar entfernt wurde beziehungsweise die Schäden des Wasserschadens beseitigt wurden, er aber nie sicher sein kann, dass der Schaden zu einem späteren Zeitpunkt nicht erneut auftritt.

Hierbei handelt es sich um denjenigen Schaden, der darin bestehen kann, dass unabhängig von Substanzschaden, Nutzungsbeeinträchtigungen oder Schadensbeseitigungsaufwendungen auch nach vollständiger Sanierung ein Minderwert verbleibt. Es entspricht auch bei Immobilien ständiger Rechtsprechung, dass trotz vollständiger Instandsetzung eine Minderung des Verkaufswertes verbleiben kann, weil bei einem erheblichen Teil der potenziellen Käufer vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb bestehen kann (BGH, Urteil vom 19.9.1985, VII ZR 158/84 = NJW 1986,428,429; BGH, Urteil vom 10.7.1991, XII ZR 109/90, zitiert nach juris, Rn. 26 = NJW 1991,3036,3038).

Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob ein solcher Minderwert gegeben ist, ist der Zeitpunkt der vollständigen Instandsetzung (BGH Urteil vom 2. Dezember 1966, VI ZR 72/65 = NJW 1967, 552; BGH, Urteil vom 10.7.1991, XII ZR 109/90, Rn. 26 = NJW 1991, 3036, 3038; BGH, Urteil vom 06. Dezember 2012, VII ZR 84/10, Rn. 19). Dies bedeutet dagegen nicht, dass für die Geltendmachung eines solchen Anspruchs bis zum Zeitpunkt der vollständigen Fertigstellung abgewartet werden müsste.

Ferner ist auch klarzustellen, dass es eines tatsächlichen Verkaufs des Grundstücks für die Geltendmachung eines diesbezüglichen Schadensersatzanspruchs ebenso wenig bedarf wie einer Verkaufsabsicht.

Es ist allerdings dem Kläger für die Geltendmachung eines bezifferten Leistungsantrages abzuverlangen, die Grundlagen für die Wertermittlung bezogen auf den nach Abschluss der Instandsetzung anzunehmenden Zustand darzulegen (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 28. August 2008, 5 U 28/07, zitiert nach juris, Rn. 61-64), wobei er den diesbezüglich bestehenden Unsicherheiten insbesondere dadurch Rechnung tragen kann, dass er zunächst auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz eines merkantilen Minderwertes anträgt (BGH, Urteil vom 10. Juli 1991, XII ZR 109/90, Rn. 26 = NJW 1991, 3036, 3038).

Benötigt werden nachvollziehbare Ausführungen zum anzunehmenden realen Grundstückswert nach vollständiger Sanierung verglichen mit dem hypothetischen Grundstückswert bei Nichteintritt des Schadensfalles, ebenfalls bezogen auf den Zeitpunkt der vollständigen Sanierung.

Neben der bereits erwähnten Möglichkeit, Ihre Rechtsposition über eine Feststellungsklage abzusichern, stand und steht es Ihnen frei, wegen jedweder aus der Kontamination oder den Sanierungsarbeiten sich ergebenden Nutzungsbeeinträchtigung Ansprüche geltend zu machen. Festzustellen ist demgegenüber, dass es unbillig benachteiligen würde, wenn man für den allein streitgegenständlichen merkantilen Minderwert auf einen früheren Zeitpunkt als denjenigen vollständiger Sanierung abstellen wollte.

Unterstellt, dass seitens der Sachverständigen eine vollständige Instandsetzung attestiert wird: Es ist davon auszugehen, dass selbst für den Fall, dass seitens der Sachverständigen eine vollständige Instandsetzung attestiert wird, die Möglichkeit, dass die vorangegangene Kontaminierung bei den betroffenen Interessentenkreisen eine Einbuße der Wertschätzung des Objektes bewirkt und eine merkantile Wertminderung verbleibt, naheliegend erscheint. Zu ermitteln ist die aktuelle Differenz zwischen dem hypothetischen derzeitigen Wert des Grundstücks im unbelasteten Zustand gegenüber dem Wert, den das Grundstück im tatsächlichen Zustand derzeit hat.

Die Höhe des merkantilen Minderwerts einer Immobilie zu ermitteln, ist schwierig. Es handelt sich um einen fiktiven Wert und gibt es keine allgemeingültigen Parameter zur Berechnung eines Schadens.

Um den merkantilen Minderwert einer Immobilie zu ermitteln, genügt das Gutachten eines rein auf die (bau-)technischen Aspekte spezialisierten Sachverständigen nicht aus. Es muss ein Sachverständiger, der sich mit dem gemeinen Wert auskennt, hinzugezogen werden. (BGH 25.02.1953, Az.: II ZR 172/52)

Bei einem merkantilen Minderwert von maximal einem Prozent schätzt das Gericht einen Mindestschaden durchaus selbst, ohne einen Sachverständigen hinzuzuziehen. (vgl. OLG München, Urteil vom 17.12.2013 – 9 U 960/13)

Reine Bausachverständige sehen nach ordnungsgemäßer Behebung von Schäden an Gebäuden oft keinen merkantilen Minderwert, der über die objektiv hergeleiteten Kosten der Mangelbeseitigung hinausgehen. Der merkantile Minderwert orientiert sich jedoch nicht an harten Baufakten, sondern am subjektiven Empfinden potenzieller Käufer, an Verdachtsmomenten, an verlorenem Vertrauen durch Marktteilnehmer, an deren Bauchgefühl.

Der merkantile Minderwert an einer Immobilie kann die Mangelbeseitigungskosten deutlich übersteigen, ist allerdings sehr schwierig zu berechnen. Es gibt keine allgemein gültige mathematische Formel zur Berechnung des merkantilen Minderwerts von Immobilien. Sie benötigen einen erfahrenen Gutachter, der folgende Expertise in sich vereint:

  • Sehr gute regionale Marktkenntnisse
  • Zugang zu den Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse
  • Fundiertes fachliches Wissen rund um Bauthemen und Gebäudetechnik

Sollen wir uns kümmern?

HochbauRecht – wenn es nicht anders geht: Prozessverfahren

HochbauRecht – wenn es nicht anders geht: Prozessverfahren

Können sich streitende Parteien nicht außergerichtlich einigen, kommt es zur gerichtlichen Auseinandersetzung. Spätestens jetzt benötigen die beteiligten Parteien den fachkundigen Rat spezialisierter Anwälte. Sie vertreten Kläger oder Beklagte und begleiten den gesamten Prozess bis zu einem endgültigen Urteil.

Der Weg durch die Instanzen

Nur bei geringen Streitsummen bis zu 5.000 Euro sind die Amtsgerichte zuständig. Streiten sich Bauherren und Bauunternehmen, Projektentwickler und bauoberleitende Ingenieure, wird die Wertgrenze jedoch meistens überschritten. Somit beginnen solche Verfahren beim Landesgericht und können über die Oberlandesgerichte schließlich bis zum Bundesgerichtshof führen. Dieser urteilt letztinstanzlich.

Aufgrund der häufig sehr komplexen Sachlage können Gerichtsverfahren rund um baurechtliche Fragen über Jahre andauern und entsprechend teuer sein. Die Experten der ARGE Baurecht empfehlen daher vor diesem Schritt genau zu prüfen, ob eine Schlichtung oder ein Schiedsgerichtsverfahren zielführender sind.

Vor Beginn eines typischen Zivilprozesses steht die Abfassung der Klageschrift: Darin werden die Forderungen an die Gegenseite dargestellt und juristisch begründet, sowie Beweise, z. B. durch die Einvernahme von Zeugen angeboten. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt ist es auch ratsam, über ein selbstständiges Beweisverfahren (s. unten) zu entscheiden und dieses gegebenenfalls einzuleiten.

Mit der Einreichung der Klageschrift bei Gericht beginnt dann das eigentliche Gerichtsverfahren. Das Gericht leitet die Klageschrift an die gegnerische Partei weiter und fordert diese zu einer Klageerwiderung auf.

Nach schriftsätzlicher Erörterung des Sach- und Streitstandes folgt die mündliche Verhandlung. Im Zivilprozess geht dieser unmittelbar eine Güteverhandlung voran, in der das Gericht die Möglichkeiten einer gütlichen Einigung auslotet.

Kommt es zu keiner Einigung schließt sich die mündliche Verhandlung an. Angesichts der Komplexität der baurechtlichen Fallgestaltungen folgen regelmäßig weitere Schriftsätze und weitere Verhandlungen einschließlich umfassender Beweisaufnahmen durch die Anhörung von Zeugen oder die Einholung gerichtlicher Gutachten.

Das Urteil erfolgt nach Abschluss der Gerichtsverhandlung – in der Regel in einem gesonderten Termin. Meist vergeht dann erneut einige Zeit, bis die Urteilsbegründung vorliegt. Nach der Urteilsverkündung entscheiden die beteiligten Parteien über eine mögliche Berufung zur nächsthöheren Instanz oder nach Ablauf des Berufungsverfahrens über eine Revision zum Bundesgerichtshof (BGH).

Bei allen Schritten sind die Anwälte in der Pflicht, alle Aspekte genau zu prüfen, zu bewerten und über die Rechtslage wie auch das weitere Vorgehen, vollständig zu beraten.

Selbstständiges Beweisverfahren

Das Selbstständige Beweisverfahren ist ein gerichtliches Verfahren, das dem eigentlichen Zivilprozess, dem Hauptsacheverfahren, vorgeschaltet werden oder im Falle der Einigung auf der Basis des Beweisverfahren das Hauptsacheverfahren entbehrlich machen kann.

Ziel des Beweisverfahrens ist die zeitnahe Sicherung von Beweisen, die in einem zukünftigen Prozess, etwa weil zwischenzeitlich der streitige Baumangel beseitigt wurde, nicht mehr greifbar sind. Andererseits eröffnet es die Möglichkeit, einen Stillstand zu vermeiden – wenn etwa Baumängel behauptet werden, das Bauvorhaben aber trotzdem zeitnah fertiggestellt werden soll.

Das Selbstständige Beweisverfahren dient somit im besten Fall sogar der Prozessvermeidung, durch die rasche Beweissicherung aber mindestens der Prozessbeschleunigung.

Das zentrale Beweismittel des Selbstständigen Beweisverfahrens ist das Sachverständigengutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, aber auch der „richterliche Augenschein“ oder die Zeugenvernehmung.

Die Praxis zeigt immer wieder, dass mit einem selbstständigen Beweisverfahren ein teureres und zeitintensives Hauptsacheverfahren vermieden werden kann, da das Ergebnis des selbstständigen Beweisverfahrens die Parteien an einen Tisch zwingt.

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