Ax Vergaberecht

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EuGH: Zulässigkeit nachträglicher Vertragsverlängerungen und Preisänderungen zu Gunsten des Auftraggebers möglich

Es kommt in der Praxis immer wieder vor: Der Auftraggeber verlängert einen Vertrag auf Basis einer Verlängerungsoption. Diese wird allerdings nur gezogen, weil der Auftragnehmer preislich nachbessert. Der EuGH 02.09.2021, C-721/19 hat sich mit einer solchen Konstellation nachträglicher Vertragsänderungen auseinandergesetzt und „grünes Licht“ gegeben. Die vom EuGH entwickelten und in den EU-VergabeRL kodifizierten Grundsätze zu nachträglichen Vertragsänderungen sind in nationales Recht umgesetzt.

Die Grundregel lautet: Wesentliche Vertragsänderungen sind nur nach Durchführung einer Neuausschreibung zulässig; unwesentliche Vertragsänderungen dürfen ohne Neuausschreibung erfolgen. Unter unwesentliche Vertragsänderungen fallen insb Vertragsänderungen, die unabhängig von ihrem Wert in den ursprünglichen Ausschreibungsunterlagen in klar, präzise und eindeutig formulierten Vertragsänderungsklauseln vorgesehen sind. Führen Vertragsänderungen zu einem wirtschaftlichen Vorteil des Auftraggebers, liegt eine unwesentliche Vertragsänderung vor. Nur Verschiebungen des wirtschaftlichen Gleichgewichts zugunsten des Auftragnehmers sind wesentliche Vertragsänderungen und führen zu einer Neuausschreibung.

Der EuGH kam unter Heranziehung der Vorgaben der Vergaberichtlinien zusammenfassend zu folgendem Ergebnis: Die Verlängerung der Konzession stelle keine wesentliche Vertragsänderung, weil (i) die Verlängerung der Konzession im ursprünglichen Konzessionsvertrag in Form einer (klar, präzise und eindeutig formulierten) Vertragsänderungsklausel (Verlängerungsoption) vorgesehen war und (ii) mit der Erneuerung die Zahlungsmodalitäten so geändert wurden, dass höhere Einnahmen für den Staatshaushalt gewährleistet sind und somit das wirtschaftliche Gleichgewicht nicht zugunsten des Konzessionärs verschoben wurde.

Interessant auch: Zudem stelle eine vorgezogene Verlängerung (hier zwei Jahre vor dem Vertragsende) für sich genommen keine Änderung der Bestimmungen des Vertrags dar, weil der Vertrag nicht vorsah, zu welchem Zeitpunkt die Verlängerung zu erfolgen habe. Die Verlängerung der Konzession war somit zulässig und es musste keine Neuausschreibung durchgeführt werden. Verlängerungen von Verträgen können je nach ihrer Intensität und Ausgestaltung wesentliche oder unwesentliche Vertragsänderungen darstellen.

Eine Neuausschreibung ist nicht durchzuführen, wenn die Vertragsverlängerung etwa im Rahmen einer klar, präzise und eindeutig formulierten Vertragsänderungsklausel (zB Verlängerungsoption) vorgesehen ist. Verschiebt sich auch noch das wirtschaftliche Gleichgewicht zugunsten des Auftraggebers, ist eine Verlängerung – selbst bei Nichtvorliegen einer Vertragsänderungsklausel – ohne Neuausschreibung möglich.