von Thomas Ax
Für Zuschlagskriterien nach § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV wird der nach § 127 Abs. 3 GWB grundsätzlich nötige Auftragsbezug um das Erfordernis verschärft, dass die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann. Ein Zuschlagskriterium, mit dem die Qualität des eingesetzten Personals anhand der Strukturierung und Verständlichkeit des Vortrags bei einer Bieterpräsentation bewertet werden soll, hat regelmäßig nur dann den nötigen Auftragsbezug nach § 127 Abs. 3 GWB, wenn die Tätigkeit der referierenden Personen im zu vergebenden Auftrag gerade auch das Präsentieren bzw. Vortragen beinhaltet. Wird anhand einer Präsentation die Struktur und Verständlichkeit des Vortrags eines Projektleiterteams bewertet, müssen die Vor- und Nachteile des jeweiligen Vortrags aus der Dokumentation nachvollzogen werden können. Dazu kann es erforderlich sein, dass auch der Vortrag selbst auf geeignete Weise dokumentiert wird. Die Dokumentation ist in einem solchen Fall jedenfalls unzureichend, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Struktur und Verständlichkeit des Vortrags anderer – nicht zu bewertender – Personen in die Wertung eingeflossen ist.
Verschiedene Niederlassungen eines Einzelunternehmens können sich uneingeschränkt auf Unternehmensreferenzen dieses Unternehmens berufen, auch wenn die entsprechende Niederlassung diese nicht erarbeitet hat. Daran ändert auch die apothekenrechtliche Verantwortung des Apothekers einer Filialapotheke gem. § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 ApoG nichts.
VK Südbayern, Beschluss vom 28.10.2021, 3194 . Z 3 – 3 – 01 – 21 – 27
Gründe:
I.
Mit Auftragsbekanntmachung vom 15.12.2020, veröffentlicht im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union am 18.12.2020 unter Nr. 2020/S XXX, schrieb der Antragsgegner einen Dienstleistungsauftrag über die Vergabe eines Versorgungsvertrages gemäß § 14 Abs. 4 ApoG zur externen Versorgung des Klinikums Landkreis EXX mit den beiden Standorten in EXX und DXX im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb aus. Der Vertrag sollte eine Laufzeit vom 01.05.2021 bis 31.05.2023 haben mit zweimaliger Verlängerungsoption um jeweils 12 Monate.
Abschnitt III.1.3) der Bekanntmachung enthielt in Bezug auf die technische und berufliche Leistungsfähigkeit folgende Festlegung:
„Folgende Angaben, Nachweise und Erklärungen sind vom Bewerber bzw. der Bewerbergemeinschaft mit dem Teilnahmeantrag einzureichen:
1. Nachweis einer Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke gemäß § 1 Abs. 1 ApoG durch Vorlage der Kopie der Betriebserlaubnisurkunde (Mindestanforderung);
[…]
3. Nachweis der Gewährleistung einer unverzüglichen und bedarfsgerechten akut medizinischen Versorgung und einer unverzüglichen persönlichen und bedarfsgerechten Notfallberatung gemäß § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und 4 ApoG (Mindestanforderungen). Zum Nachweis der Gewährleistung der Notfallbereitstellung von Arzneimitteln und der Notfallberatung hat der Bewerber nachfolgend Angaben zu Entfernungen in Kilometern und Rüst- und Fahrzeiten in Minuten zu machen:
(a) Standort der Lieferapotheke bzw. der Niederlassung, von der die Lieferung der Arzneimittel erfolgt;
[…]
4. Angabe von mindestens zwei Referenzprojekten, die mit den zu vergebenden Leistungen nach der Aufgabenstellung, also Art, Größe, Umfang und Komplexität des Auftrags vergleichbar sind. Anzugeben ist der Auftraggeber nebst Ansprechpartner mit Kontaktdaten (Anschrift, Name, Telefon, Telefax und E-Mail), der Projektleiter beim Auftragnehmer (Name, Vorname), Kurzbeschreibung des Projekts und Umfang der Leistungen nebst betreutem jährlichen Umsatz auf Grundlage des Versorgungsvertrages in EUR (brutto). Die anzugebenden Referenzen müssen aktuell sein, d. h. die vergleichbaren Leistungen im Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis einschließlich 31. Dezember 2020 erbracht worden sein (Mindestanforderung).
Folgende Anforderungen müssen durch die Referenzen auf Grundlage eines Versorgungsvertrages gemäß § 14 Abs. 4 ApoG mit einem Krankenhaus bzw. Klinikum erfüllt werden (Mindestanforderungen):
(a) Externe Versorgung mit Arzneimitteln, sonstigen apothekenpflichtigen Medizinprodukten und apothekenüblichen Waren;
(b) Herstellung von Arzneimitteln;
(c) Erbringung von Logistik- und Controllingaufgaben sowie
(d) Erbringung von (persönlichen) (Notfall-) Beratungsleistungen.“
Bezüglich der Zuschlagskriterien wurde in Abschnitt II.2.5) der Bekanntmachung auf die Beschaffungsunterlagen verwiesen. Gemäß Abschnitt I.3) der Bekanntmachung standen die Auftragsunterlagen für einen uneingeschränkten und vollständigen direkten Zugang gebührenfrei unter der dort genannten Internetadresse zur Verfügung. Bestandteil der Vergabeunterlagen war ein Dokument namens „Unterlagen zur Angebots- und Verhandlungsphase – Teil E: Vergabebedingungen“. In Abschnitt VI.1. dieser Vergabebedingungen war festgelegt, dass das wirtschaftlichste Angebot nach der sog. einfachen Richtwertmethode bestimmt werde, nämlich über das Verhältnis eines gewichteten Gesamtpunktwerts für leistungsbezogene Kriterien zu einem Vergleichsgesamtpreis auf Grundlage eines Warenkorbs an Artikeln mit den Abnahmemengen des Jahres 2019 zzgl. einer einmaligen Pauschale für Aufwendungen in der Transitionsphase und weiterer jährlicher Versorgungspauschalen. Im Rahmen des zu ermittelnden Vergleichsgesamtpreises nahm der Warenkorb eine Gewichtung von 30% ein, die Versorgungspauschalen jeweils 20% und die Aufwendungen für die Transitionsphase 10%. Die leistungsbezogenen Zuschlagskriterien beinhalteten unter anderem die folgenden Kriterien und Gewichtungen:
Nr. |
Zuschlagskriterium |
Punkte |
Gewichtung |
1 |
Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams aus der Bieterpräsentation Struktur und Verständlichkeit des Vortrags, Darstellung der persönlichen Arbeitsweise, Eingehen auf Rückfragen, Eindruck bei der fachlichen Erläuterung sowie Team- und Kommunikationsfähigkeit.
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1 bis 6 |
10% |
2 |
Konzept zur Vorbereitung und Durchführung der Leistungsübernahme In dem Konzept sind die Schritte und Maßnahmen darzustellen und zu beschreiben, die erforderlich sind, um eine unterbrechungsfreie Erbringung der Leistungen sicherzustellen. Hierbei hat der Bieter bzw. die Bietergerneinschaft Ausführungen insbesondere zu folgenden Problemstellungen zu machen: – Bestandsaufnahme zur Leistungsübernahme; – Kommunikation und Projektsteuerung in der Phase der Leistungsübernahme sowie Zeitlicher Ablaufplan bis zum Zeitpunkt der Leistungsübernahme.
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1 bis 6 |
25% |
3 |
Konzept zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit In dem Konzept sind die Maßnahmen darzustellen und zu beschreiben, die erforderlich sind, um ein hinreichendes Maß an Versorgungssicherheit (Arzneimittelbevorratung der Krankenhausstationen, §§ 14 Abs_ 6 des Gesetzes über das Apothekenwesen (ApoG) i.V.m 32 der Verordnung über den Betrieb von Apotheken (ApBetrO)) sicherzustellen. Hierbei hat der Bieter bzw. die Bietergemeinschaft Ausführungen insbesondere zu folgenden Problemstellungen zu machen: Überprüfung der Arzneimittelvorräte unter Berücksichtigung der einwandfreien Beschaffenheit und ordnungsgemäßen Aufbewahrung der Arzneimittel; Vorbeugung gegen Lieferengpässe sowie Information und Kommunikation bei drohenden Versorgungsengpässen.
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1 bis 6 |
30% |
In Abschnitt IV. 1. Vergabebedingungen war festgelegt, dass die Verhandlungsgespräche unter anderem der Präsentation des Unternehmens und der Angebote der einzelnen Bieter dienen. Hinsichtlich der Präsentation der Bieter beinhaltete Abschnitt IV. 5. der Vergabebedingungen zudem folgende Festlegungen:
„Es ist vorgesehen, vor dem Gremium mündlich zu präsentieren und eine Kurzvorstellung des/der Unternehmen(s) vorzunehmen. Sofern aus Sicht der Bieter Verhandlungspunkte bestehen – die im Vorfeld schriftlich mit dem Angebot einzureichen sind –, sind diese ebenfalls in der Präsentation darzustellen Für die Präsentation wird vom Auftraggeber ein Beamer mit HDMI- und VGA-Schnittstelle zur Verfügung gestellt. Die Präsentation ist vom Bieter als POWERPOINT-Datei auf einem eigenen Laptop mitzubringen. Die projektspezifische Präsentation des Bieters im POWERPOINT-Format darf eine Seitenanzahl von maximal 30 Seiten (im Sinne von Folienseiten) nicht überschreiten. Neben der elektronischen Form der Präsentation auf einem USB-Stick oder CD-/DVD- ROM werden die Bieter gebeten, zur besseren Nachvollziehbarkeit der mündlichen Ausführungen ein inhaltsgleiches Handout in 6-facher Ausfertigung in Farbe ausgedruckt zum Verhandlungstermin mitzubringen. Im Falle einer virtuellen Verhandlung im Wege einer Telefon- bzw. Videokonferenz werden die Bieter gesondert über die technischen Einwahlmöglichkeiten sowie die Präsentationsmöglichkeiten informiert.“
Als Maßstab für die Punktevergabe des Kriteriums „Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams aus der Bieterpräsentation“ enthielten die Vergabebedingungen unter anderem folgende Vorgaben:
„Die Punkte werden nach folgenden Leitlinien ermittelt:
[…]
5 Punkte: Gut strukturierter und fachlich weitestgehend überzeugender Vortrag, nachvollziehbare Ausdrucksweise, hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit, gutes Zusammenwirken der Einzelvorträge zu einer weitestgehend schlüssigen Bieterpräsentation insgesamt, Eindruck eines hohen Maßes an Teamfähigkeit vermittelt.
[…]“
Als Maßstab für die Punktevergabe des Kriteriums „Konzept zur Vorbereitung und Durchführung der Leistungsübernahme“ sowie „Konzept zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit“ enthielten die Vergabebedingungen unter anderem folgende Vorgaben:
„Die Punkte werden nach folgenden Leitlinien ermittelt:
[…]
5 Punkte: Erhält ein Bieter, wenn seine Darstellungen im Konzept aus Sicht des Auftraggebers im Wesentlichen plausibel und nachvollziehbar erscheinen und auf eine nahezu vollumfängliche Umsetzung des jeweiligen Ziels schließen lassen.
[…]“
Die vom Auftragnehmer mit dem Angebot einzureichenden Konzepte sowie das zur Preisermittlung auszufüllende Formblatt nebst Anhang (Anlage 6) waren in § 2 Abs. 1 des den Vergabeunterlagen beigefügten Versorgungsvertrags zu Vertragsbestandteilen erklärt. In § 19 des Versorgungsvertrages war zudem festgelegt, dass der Auftragnehmer darauf hinzuwirken hat, dass die für die Projektleitung benannten Personen über die gesamte Vertragsdauer eingesetzt werden. Die Projektleitung für die Leistungserbringung, bestehend aus einem Projektleiter sowie einem stellvertretenden Projektleiter war bereits mit dem Bewerbungsformular für den Teilnahmewettbewerb (Teil D der Vergabeunterlagen) anzugeben.
Sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene reichten innerhalb der auf den 29.01.2021 festgesetzten Teilnahmefrist ihre Teilnahmeanträge ein. Die Beigeladene, deren Betrieb als Filialapotheke des Inhabers der Hauptapotheke mit Bescheid des Landratsamtes DXX vom 20.10.2018 genehmigt wurde, gab im Rahmen ihres Teilnahmeantrags unter anderem vier Referenzen mit einem Erbringungszeitraum von 01/2016 bis 12/2020 an.
Auf Grundlage der Prüfung der eingegangenen Teilnahmeanträge gelangte der Antragsgegner zu der Einschätzung, dass sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene als geeignet anzusehen seien und die vorab bekanntgemachten Anforderungen erfüllt hätten. Mit jeweiligen Schreiben vom 08.02.2021 forderte der Antragsgegner Antragstellerin und Beigeladene zur Abgabe eines Erstangebots und zur Teilnahme an Verhandlungen auf.
Nachdem Antragstellerin und Beigeladene innerhalb der auf den 12.03.2021, 15:00 Uhr, festgesetzten Angebotsfrist ihre Erstangebote eingereicht hatten, fanden am 16.03.2021 die jeweiligen Verhandlungsgespräche mit den Bieterpräsentationen statt. Im Anschluss hieran forderte der Antragsgegner die Bieter mit Schreiben vom 26.03.2021 zur Abgabe finaler Angebote auf. Dem kamen sowohl Antragstellerin als auch Beigeladene innerhalb der auf den 08.04.2021, 15:00 Uhr, festgesetzten Angebotsfrist nach.
Mit Informationsschreiben gem. § 134 GWB vom 19.04.2021 setzte der Antragsgegner die Antragstellerin davon in Kenntnis, dass beabsichtigt sei, die Leistungen frühestens am 30.04.2021 an das Unternehmen „A… Apotheke“ zu vergeben. Zur Begründung verwies der Antragsgegner darauf, dass das vorgenannte Unternehmen gemäß den vorab bekanntgemachten Kriterien und dem festgelegten Vorgehen zur Wertung den höchsten Zuschlagswert (Z) erreicht habe und damit auf dem 1. Rang in der Wertung liege. Demgegenüber habe die Antragstellerin einen geringeren Zuschlagswert (Z) erreicht und liege auf dem 2. Rang in der Wertung. Als Anlage des Informationsschreibens übermittelte der Antragsgegner zudem eine Übersicht, der die Antragstellerin die Punktevergabe zu den einzelnen leistungsbezogenen Kriterien entnehmen konnte.
Mit Schreiben vom 26.04.2021 beanstandete die Antragstellerin, vertreten durch ihren Verfahrensbevollmächtigten, die Vergabeentscheidung und das zugrundeliegende Vergabeverfahren als vergaberechtswidrig. Das Bieterinformationsschreiben gemäß § 134 GWB sei bereits fehlerhaft, da die Zuschlagsprätendentin mangels Angaben zur Firmierung oder des Firmensitzes nicht identifizierbar sei, und die Gründe für die Nichtberücksichtigung der Antragstellerin hinsichtlich der qualitativen Kriterien lediglich die Endpunktzahlen, nicht aber die maßgeblichen Erwägungen für die Bewertung erkennen ließen. Zudem sei die Angebotswertung fehlerhaft zugunsten der Beigeladenen und zulasten der Antragstellerin erfolgt. Die Antragstellerin habe in den Kriterien „Konzept zur Vorbereitung und Durchführung der Leistungsübernahme“ sowie „Konzept zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit“ nicht die volle Punktzahl erhalten, obwohl bei ihr als Bestandsdienstleisterin eine umfassende und komplexe Übergabe bzw. Übernahmekonzeption nicht zum Tragen komme und sie im Rahmen ihres Konzepts zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit alle relevanten Aspekte vollumfassend dargestellt habe. Weiter sei davon auszugehen, dass die qualitativen Aspekte des Angebots der Beigeladenen im Vergleich zum ausführlichen und vollständigen Angebot der Antragstellerin zu vorteilhaft bewertet wurden. Auch sei davon auszugehen, dass das Angebot der Beigeladenen schon wegen Nichterfüllung der apothekenrechtlichen Voraussetzungen oder anderer formaler Anforderungen ausschlussbedürftig sei. Insbesondere sei davon auszugehen, dass bei der Zweigniederlassung der Beigeladenen in L… die Voraussetzungen für eine Klinikversorgung nicht gegeben seien. Die Antragstellerin, die aufgrund ihrer Größe und ihrem Einkaufsverbund eher über günstigere Einkaufspreise verfüge als die Beigeladene, müsse davon ausgehen, dass die Beigeladene ein unauskömmliches „Kampfpreisangebot“ abgegeben habe. Auch sei die Antragstellerin im Rahmen des Verhandlungs- und Präsentationsgesprächs unfair behandelt worden. Entgegen der Vorgaben in den Vergabeunterlagen habe es keine Gelegenheit zur Verhandlung gegeben und auch keine Hinweise bzw. ein Austausch dazu, inwieweit das Angebot inhaltlich oder preislich verbessert werden könne. Eine Optimierung ihres Angebots sei der Antragstellerin so nicht möglich gewesen. Vielmehr habe sie davon ausgehen müssen, dass das Angebot den Vorstellungen des Auftraggebers entsprach. Möglicherweise habe der Antragsgegner sogar der Beigeladenen gleichheitswidrig deutlich klarere Hinweise gegeben. Ein Verhandlungsprotokoll habe die Antragstellerin nicht erhalten. Weiter sei die mangelnde Eigenverantwortlichkeit des Antragsgegners bei der Führung des Vergabeverfahrens und der Vergabeentscheidungen zu bemängeln, da dies an eine Anwaltskanzlei delegiert worden sei. Es sei noch nicht einmal erkennbar, wer die bei dem Klinikum verantwortlich handelnden Personen seien, was die Verfahrensführung, die Angebotswertung und die einzelnen Vergabeentscheidungen betreffe. Hilfsweise sei zu beanstanden, dass die verwendeten Zuschlagskriterien und das Wertungssystem als solches vergaberechtswidrig seien. Dies betreffe insbesondere den Präsentationstermin mit hierzu gebildeten vagen, der rein subjektiven Beurteilung des Antragsgegners unterliegenden Unterkriterien sowie eine sachwidrige und verzerrende Gewichtung der Kategorien unterhalb des Preiskriteriums. Der Warenkorb spiegle bereits wertmäßig einen Millionenbetrag wider, die anderen Nebenleistungen jedoch wesentlich geringere Beträge. Vor diesem Hintergrund sei eine weitere Gewichtung der Unterkriterien ersichtlich sachwidrig, weil hierdurch nicht der tatsächlich anfallende Kostenaufwand abgebildet werde und die Bieter angesichts des hohen Gewichts des Warenkorbs zu spekulativen Angeboten verleitet würden. Höchst hilfsweise sei zu beanstanden, dass mit dem Verhandlungsverfahren schon eine vergaberechtlich nicht eröffnete Verfahrensart gewählt wurde, da die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 VgV nicht gegeben seien.
Mit Schreiben vom 28.04.2021 antwortete der Antragsgegner der Antragstellerin, dass er ihrer Rüge nicht abhelfe. Die gerügten Aspekte seien als verspätetes Vorbringen zurückzuweisen. Insbesondere habe die Antragstellerin die vorgebrachten Aspekte als fachkundiges Unternehmen ohne weiteres gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB aus den veröffentlichten Vergabeunterlagen erkennen können und jedenfalls spätestens zum Ablauf der Frist zur Abgabe eines Erstangebots rügen müssen. Darüber hinaus drohe der Antragstellerin auch kein Schaden, da sie selbst bei einer rechnerischen Aufwertung beim Konzept zur Vorbereitung und Durchführung der Leistungsübernahme den Zuschlag nicht erhalten würde. Ungeachtet dessen sei das Vergabeverfahren auch ordnungsgemäß durchgeführt worden. Das Bieterinformationsschreiben entspreche den Anforderungen des § 134 Abs. 1 GWB und die qualitativen Aspekte des Angebots der Antragstellerin seien sachgerecht bewertet worden. Die konzeptionellen Ausführungen der Antragstellerin im Konzept zur Vorbereitung und Durchführung der Leistungsübernahme blieben nicht nur im Umfang, sondern auch in ihrer Detailtiefe hinter den Ausführungen im Konzept des Bestbieters zurück. Daher sei Letzteres durch das Wertungsgremium mit einer höheren Punktzahl bewertet worden. Bezüglich des Konzepts zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit habe die Antragstellerin aus Sicht des Gremiums keine anforderungsspezifischen Ausführungen zu den Pflichten nach der Verordnung zur Erhöhung der Bevorratung mit Arzneimitteln zur intensivmedizinischen Versorgung vom 07.07.2021 dargestellt, weshalb ein Punktabzug erfolgt sei. Der Vorwurf, dass das Angebot der Beigeladenen in unangemessener Weise zu vorteilhaft bewertet worden sei, sei spekulativ. Das Angebot der Beigeladenen entspreche den regulatorischen Vorgaben des § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und 4 ApoG. Ein Anhaltspunkt, dass das Angebot der Beigeladenen nicht auskömmlich wäre, sei nicht gegeben und der Antragsgegner deshalb auch nicht zur Preisaufklärung nach Maßgabe von § 60 Abs. 1 VgV verpflichtet. Die Verhandlungsgespräche seien unter Wahrung des Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatzes mit allen Bietern in der in den Vergabeunterlagen festgehaltenen Art und Weise durchgeführt worden. Insbesondere sei die Antragstellerin nicht bei der Durchführung der Präsentations- und Verhandlungsgespräche benachteiligt worden. Dieser sei es während des gesamten Verhandlungsgesprächs möglich gewesen, Fragen an die Vergabestelle zu richten. Der von der Antragstellerin mit dem Erstangebot angemeldete Verhandlungsbedarf sei Gegenstand des Verhandlungsgesprächs und Anlass für die Prüfung der geforderten Angebotsinhalte durch den Antragsgegner gewesen. Das Vergabeverfahren einschließlich der Verhandlungen wurde nach Maßgabe von § 8 VgV vollumfänglich und fortlaufend dokumentiert. Aus § 8 VgV ließe sich jedoch kein Recht der am Verfahren beteiligten Bieter ableiten, dass die Protokollierung von Verhandlungen zu übermitteln sei. Die eigenverantwortliche Führung des Vergabeverfahrens sowie die Entscheidungsfindung lagen stets beim Antragsgegner – auch ohne Benennung der auf Seiten des Klinikums eingebundenen Personen in den Vergabeunterlagen. Die Einbindung von rechtlichen Beratern bei komplexen Ausschreibungen stünde dem nicht entgegen und sei in der Rechtsprechung als zulässig anerkannt. Die bekannt gemachten Zuschlagskriterien und das zugrundeliegende Bewertungssystem entsprächen den vergaberechtlichen Anforderungen. Das Abhalten von Präsentationen, mit denen ein Bieter sein Angebot vorstellt, sei grundsätzlich zulässig. Dies gelte umso mehr, wenn die Bieter wie vorliegend bereits Angebote in Textform eingereicht haben, und die Präsentation als Teil der Verhandlungen der Erläuterung der eingereichten Angebote diene. Der Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams könne zulässigerweise Gegenstand von Zuschlagskriterien sein, da § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV ausdrücklich die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals als Zuschlagskriterium erlaube. Eine Disproportionalität der Wertungssystematik sei vorliegend nicht gegeben; insbesondere sei der Warenkorb mit einer Gewichtung von 30% lediglich untergeordnet in die Wertung eingegangen. Zudem bestehe bei den Produkten im Warenkorb aufgrund von Preisvorgaben der Hersteller bzw. Lieferanten eine eingeschränkte Preisspanne, so dass keine signifikanten Preisunterschiede zu erwarten gewesen seien. Nicht nachvollziehbar sei schließlich die Beanstandung, dass mit dem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb in der gegebenen Konstellation keine zulässige Verfahrensart gewählt worden sei. Aufgrund der sehr hohen regulatorischen Anforderungen aus § 14 Abs. 4 und 5 ApoG zur externen Versorgung von Krankenhäusern sei es für den Antragsgegner unverzichtbar gewesen, sich Verhandlungen über die Leistungsinhalte sowie kommerzielle Kriterien nach Maßgabe von § 17 Abs. 10 VgV offenzuhalten. Die geforderten Leistungen seien von einer solchen Komplexität, dass für die Erstellung eines finalen Angebots eine Auseinandersetzung mit der geforderten Leistung unumgänglich gewesen sei. Dies hätte die Intensität der geführten Verhandlungen bestätigt.
Nachdem den Rügen der Antragstellerin nicht abgeholfen wurde, stellte die Antragstellerin mit Schreiben vom 29.04.2021 einen Nachprüfungsantrag gem. § 160 Abs. 1 GWB.
Die Antragstellerin trägt vor, dass der Nachprüfungsantrag zulässig und begründet sei.
Bei der Antragstellerin handle es sich um eine auf den Auftragsgegenstand der Klinikversorgung spezialisierte Apotheke, die ihr Auftragsinteresse mit ihrem Teilnahmeantrag und ihrem Angebot konkret unter Beweis gestellt habe. Durch die Zulassung der Antragstellerin für das Angebotsverfahren sei die grundsätzliche Eignung der Antragstellerin für den ausgeschriebenen Auftrag seitens des Auftraggebers bestätigt worden. Die Antragstellerin mache die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften unter anderem betreffend die Angebotswertung geltend. Ihr drohe ein Schaden i.S.d. § 160 Abs. 2 Satz 2 GWB, da sie bei zutreffender Angebotswertung den Auftrag erhalten würde oder sich ihr bei der hilfsweise geltend gemachten Rückversetzung des Verfahrens zumindest eine erneute Beteiligungschance auf Grundlage vergaberechtskonformer Vergabeunterlagen eröffne. Die Antragstellerin habe ihrer Rügeobliegenheit gemäß § 160 Abs. 3 GWB genügt, da ihr Rügeschreiben vom 26.04.2021 sieben Tage nach Erhalt des Bieterinformationsschreibens ergangen sei. Die kritisierte Thematik der unzulässigen Bewertung des Präsentationstermins als auch der unzulässigen Gewichtung der Preiskriterien sei mangels Erkennbarkeit nicht vorab zu rügen gewesen. Die Antragstellerin sei über das gesamte Vergabeverfahren hinweg nicht anwaltlich beraten gewesen und verfüge über keine juristische oder gar vergaberechtliche Fachkompetenz.
Zur Begründetheit des Nachprüfungsantrags trägt die Antragstellerin die bereits in ihrem Rügeschreiben vorgebrachten Beanstandungen vor. Ergänzend führt sie aus, dass es verfehlt sei, die Bewertung des Konzepts zur Vorbereitung und Durchführung der Leistungsübernahme an dem Maßstab auszurichten, dass auch der Bestandsauftragsnehmer ein detailliertes Übernahmekonzept vorlegen müsse. Auch die Abwertung ihres Konzepts zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit wegen vermeintlich fehlender Ausführungen zur Bevorratung für die intensivmedizinische Behandlung sei unzutreffend, da hierzu die Antragstellerin durchaus und entgegen der Rügeerwiderung hinreichende Ausführungen in ihrem Angebot getätigt habe. Der Antragsgegner habe in seiner Rügezurückweisung ferner nicht bestätigt, dass eine Belieferung durch die Beigeladene vom Nebenstandort L… aus erfolge sowie fachlich und apothekenrechtlich erfolgen könne und dürfe. Aus Sicht der Antragstellerin sei somit nicht auszuschließen, dass eine Belieferung vom Standort DXX der Beigeladenen aus erfolge und somit die Anforderung an die Notfallversorgung (Belieferung innerhalb einer Stunde, vgl. BVerwG, Urteil vom 30.08.2012 – 3 C 24/11) nicht eingehalten werde. Im Hinblick auf die beanstandete Disproportionalität des Wertungssystems im Preiskriterium sei zu ergänzen, dass die Preise, so wie sie sind und wie sie sich in der Beschaffungs- und Abrechnungspraxis auswirken, zu bewerten seien, solle dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz ordnungsgemäß Rechnung getragen werden. Dies könne aber nur bei einer proportionalen Widerspiegelung des Preises in der Wertungsformel gewährleistet werden.
Die Beigeladene habe schriftsätzlich erklärt, dass die Versorgung des Auftraggebers von ihrem Standort in L… aus erfolgen soll. Es bestünden jedoch erhebliche rechtliche Zweifel an der grundsätzlichen Eignung der Apotheke in L… als krankenhausversorgende Apotheke i.S.d § 14 Abs. 4 und 5 ApoG. Diese sei weder als Zweigapotheke noch als Filialapotheke und auch nicht bei einer Einbeziehung der Stammapotheke in DXX dazu befähigt und geeignet, die Anforderungen des Vergaberechts, des Apothekenrechts und die konkret vorgegebenen Ausschreibungsanforderungen zu erfüllen. Insbesondere sei zweifelhaft, dass die Beigeladene die geforderten zwei Referenzen, die Gesamtumsätze sowie die Nettoumsätze der letzten drei Jahre, welche aus mit dem Auftragsgegenstand vergleichbaren Leistungen erzielt worden sein müssten, habe nachweisen können, da die Apotheke in L… erst im November 2018 eröffnet worden sei. Ein Rückgriff auf die Apotheke in DXX sei, ganz gleich in welcher Weise, grundsätzlich ausgeschlossen, da vorliegend die apothekenrechtliche Besonderheit der Versorgung aus einer Hand gemäß § 14 Abs. 5 S. 2 ApoG greife und im Rahmen der Klinikversorgung der Einsatz von Nachunternehmern, die Leistungserbringung durch Bietergemeinschaften sowie die Eignungsleihe unzulässig seien. Dies sei auch in den Vergabeunterlagen so geregelt.
Die Akteneinsicht habe ergeben, dass die Beigeladene in Bezug auf alle Referenzen angegeben habe, dass diese im Zeitraum Januar 2016 bis Dezember 2020 erbracht worden seien. Da aber die Apotheke in L… die apothekenrechtliche Betriebserlaubnis erst am 22.10.2018 erhalten habe, könne die Beigeladene Referenzen in dem Zeitraum Januar 2016 bis Oktober 2018 überhaupt nicht erbracht haben. Folglich handle es sich insoweit offenbar um Referenzen, die durch eine andere Apotheke, möglicherweise die Stammapotheke in DXX, erbracht worden seien. Die Beigeladene habe sich also zum Nachweis der Eignung hinsichtlich der Referenzanforderungen dem Instrument der Eignungsleihe gemäß § 47 VgV bedient. Dabei käme es nicht darauf an, ob insoweit ausdrücklich der Begriff der Eignungsleihe gebraucht worden sei oder aber – zur Verschleierung des Auseinanderfallens von leistungserbringender Apotheke einerseits und eignungsnachweisender Apotheke andererseits – eine standortbezogene Ausweisung unterblieben sei. Anders als hinsichtlich der Eignungsaspekte der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit, bei denen es letztlich auf den Apothekeninhaber ankäme, käme es bei den Referenzen auf die konkrete, für die Auftragsausführung vorgesehene Apotheke und nicht auf die Person des Bewerbers an. Zwar werde der Krankenhausversorgungsvertrag mit dem Inhaber der Betriebserlaubnis geschlossen; mit Blick auf die Genehmigungsfähigkeit des Vertrags käme es aber auf die konkrete Apotheke an, also die Funktionseinheit, die das Krankenhaus versorgt. Aufgrund des konkreten Auftragsbezugs, den Eignungsnachweise aufweisen müssen, müssten sich selbstverständlich auch die Referenzen auf diese Apotheke beziehen. Hierfür sprächen auch Sinn und Zweck der Referenzen, mit denen belegt werden solle, dass es sich bei dem sich um den Auftrag bewerbenden Unternehmen um eine Betriebseinheit handelt, die sich hinsichtlich der abgefragten Leistungen bereits bewährt hat. Wenn Referenzen der Apotheke DXX vorgelegt würden, sei damit mitnichten belegt, dass auch die Apotheke in L… eine solche bewährte Einheit darstelle, zumal sämtliche zugrundeliegenden Betriebseinheiten (Gebäude, Personal und Sachmittel) völlig unterschiedliche seien und die Apotheke in DXX auch eine ganz andere Apothekenleitung habe. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Beigeladene versucht habe, offenbar mittels Übertragung der Referenzleistungen von DXX auf L… die Referenzanforderungen der Ausschreibung zu erfüllen, sei auch dies offenkundig unzureichend. Der Antragsgegner habe die betreffenden Vorgänge schon nicht richtig geprüft und jedenfalls nicht vollständig und in transparenter Form dokumentiert. Daneben ließen die von der Beigeladenen im Teilnahmeantrag angegebenen Zeiträume der Referenzaufträge eine Übertragung der Referenzen und deren Zeiträume nicht erkennen.
Hilfsweise machte die Antragstellerin erneut geltend, dass sowohl im Rahmen des Konzeptes zur Vorbereitung und Durchführung der Leistungsübernahme als auch des Konzeptes zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit der Punktabzug bei der Antragstellerin nicht berechtigt sei. Als Bestandsauftragnehmerin könne die Antragstellerin kein umfangreiches Konzept für eine Übernahmephase vorlegen, die es bei Zuschlagserteilung nicht geben werde. Sie könne nur einen Ist-Zustand beschreiben und lediglich eine reine Negativanzeige vornehmen, da hier kein Umstellungsaufwand bestehe. Beim Konzept zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit erwarte der Antragsgegner umfangreiche Erläuterungen zu rechtlichen Vorgaben, die er so in keiner Weise in den Vergabeunterlagen abgefordert oder auch nur erwähnt habe. Er missachte hier sein eigens aufgestelltes Anforderungsprofil und quittiere die Nichterfüllung der von ihm nicht kommunizierten Erwartungen mit Punktabzügen und das, obwohl die Antragstellerin sogar auf diese Anforderung eingegangen sei. Die Vergabeunterlagen enthielten ausschließlich Verweise auf die regulatorischen Anforderungen nach dem ApoG und der ApBetrO.
Auch die Auskömmlichkeit des Angebots der Beigeladenen sei weiterhin in Abrede zu stellen. Die Antragstellerin habe als Mitglied in der größten Einkaufsgemeinschaft klinikversorgender Apotheken einen entscheidenden Vorteil bei der Arzneimittelbeschaffung gegenüber der Beigeladenen, die nicht Mitglied eines solchen Verbundes sei. An die sogenannte Aufgreifschwelle seien wesentlich strengere Maßstäbe als die allgemein als Aufgreifschwelle für eine Preisprüfung herangezogene Abweichung von 10-20% zum nächsthöheren Angebot zu richten, da die Gewinnmargen bei Apothekenlieferaufträgen traditionell sehr gering seien.
Weiterhin bestünden nach Durchsicht der Vergabedokumentation erhebliche Zweifel an der eigenverantwortlichen Führung des Vergabeverfahrens durch den Antragsgegner, da dieser so gut wie alle relevanten Aufgaben auf seine externen Berater delegiert habe und diese im gesamten Verfahren eine überdurchschnittlich dominante Rolle einnähmen. Die Mitwirkung externer Berater dürfe die Grenze der bloßen Unterstützung nicht überschreiten. Die Entscheidungen im Vergabeverfahren, insbesondere diejenigen Entscheidungen, bei denen die Ausfüllung eines Beurteilungsspielraums notwendig ist, seien von der Vergabestelle selbst zu treffen. Die Aufgabe des Antragsgegners im Rahmen des Verfahrens habe sich auf ein bloßes Abnicken beschränkt, indem er die Verfahrensführung durch seine externen Berater durch Setzen seiner Unterschrift auf das Vergabeprotokoll lediglich billigte. Vom Vorliegen einer Letztentscheidungskompetenz könne hier keine Rede sein. Indem alle Submissionstermine, sowohl die Öffnung der Teilnahmeanträge als auch der Erst- und der endgültigen Angebote, durch die externen Berater des Antragsgegners allein durchgeführt worden seien, läge auch ein Verstoß gegen die bieterschützende Vorschrift des § 55 Abs. 2 VgV vor.
Die erfolgte Angebotswertung aufgrund einer ausschließlich mündlich vorgetragenen Präsentation ohne Basis in Textform sei als unzulässige mündliche Kommunikation über das Angebot nach §§ 9 Abs. 2 VgV, 53 VgV anzusehen. Der Auftraggeber müsse sicherstellen, dass die maßgeblichen Inhalte von den Bietern bereits zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe formgerecht (d.h. mindestens in Textform) eingereicht werden. Diese Anforderungen seien hier umgangen worden, da keine schriftliche Grundlage für den Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams im Rahmen der Abgabe des Erstangebote gefordert worden sei. Zudem eröffne dieses qualitative Zuschlagskriterium dem Antragsgegner eine unzulässige, uneingeschränkte Wahlfreiheit, indem lediglich der formelle Aufbau der Präsentation und der nur mündlich übermittelte Gesamteindruck des Projektleiterteams, also das „Wie” des Präsentierens, und nicht die Inhalte des Vortrags selbst bewertet werden könnten. Die Wertung entziehe sich damit jeder Überprüfbarkeit.
Daneben sei der Warenkorb als unzulässiges Preiskriterium anzusehen. Da der Warenkorb eine Bestellung nur simuliere und die dort aufgeführten Preise keine Verbindlichkeit besäßen, könne der Gesamt-Nettobetrag des Korbes weder den Gesamtpreis noch einen Teilpreis der zu erbringenden Leistungen abbilden. Die grundsätzliche Eignung des Warenkorbes als Zuschlagskriteriums sei daher in Frage zu stellen. Zudem bringe die Binnengewichtung der Preiskriterien eine erhebliche Verzerrungswirkung mit sich. Nach der vergaberechtlichen Rechtsprechung sei es unzulässig, wenn preisliche Aspekte des Angebots – so wie sie sich im Rahmen der Ausführung und Vergütung des Vertrags auswirken – in der Wertungsmatrix mittels verzerrender Gewichtungen verfälscht werden. Überdies sei es sachwidrig, linear zum Tragen kommende Wertungsaspekte wie vorliegend die Preise einerseits für den – mit Jahresmengen versehenen – Warenkorb und andererseits für begleitende Dienstleistungen anders zu gewichten als es der ökonomischen Realität entspricht. Weder aus der Vergabedokumentation noch aus den Erwiderungen des Antragsgegners ergebe sich ferner, was den Antragsgegner zur Wahl der verzerrenden Gewichtung veranlasst habe. Die Wertungsweise der preislichen Wertungskomponenten sei somit schlicht willkürlich.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners wäre ein offenes Verfahren durchaus der ausgeschriebenen Leistung gerecht geworden, was zudem den Wettbewerbsgrundsatz gewahrt hätte. Fehler und Manipulationsmöglichkeiten im Vergabeverfahren würden sich gerade im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens ergeben, was sich vorliegend etwa in der fehlerhaften Bewertung des Präsentationstermins konkret manifestiert habe. Das gesamte Verfahren sei intransparent abgelaufen.
Die Antragstellerin beantragt
- die Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens gemäß §§ 160 ff. GWB,
- dem Antragsgegner zu untersagen, wie im Bieterinformationsschreiben vom 21.04.2021 angekündigt den Zuschlag der A… Apotheke zu erteilen, und dem Auftraggeber aufzugeben, die Angebotswertung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer und der Rechtsposition der Antragstellerin zu wiederholen, hilfsweise das Vergabeverfahren in die Phase der Angebotsaufforderung auf Basis vergaberechtskonformer Vergabeunterlagen und Zuschlagskriterien zurückzuversetzen, höchst hilfsweise das Vergabeverfahren aufzuheben und bei fortbestehendem Beschaffungsbedarf die Leistung vergaberechtskonform neu auszuschreiben,
- der Antragstellerin Akteneinsicht gemäß § 165 GWB zu gewähren;
- die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragstellerin für notwendig zu erklären;
- dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen dem Antragsgegner aufzuerlegen.
Der Antragsgegner beantragt
- Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 29. April 2021 wird zurückgewiesen.
- Unter Aufhebung des vorläufigen Verbots der Zuschlagserteilung wird dem Antragsgegner gemäß § 169 Abs. 2 GWB gestattet, den Zuschlag im Vergabeverfahren bezüglich der externen Arzneimittelversorgung des Klinikums Landkreis EXX (Bekanntmachungs-Nr. im elektronischen Amtsblatt der EU: 2020/S …) nach Ablauf von zwei Wochen seit Bekanntgabe dieser Entscheidung zugunsten der Beizuladenden zur Sicherstellung der Patientenversorgung erteilen zu dürfen.
- Der Antragstellerin ist der Anspruch auf Akteneinsicht gemäß § 165 Abs. 2 GWB hinsichtlich bestehender Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von Dritten zu versagen.
- Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung aufgewendeten Kosten des Antragsgegners.
- Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten durch den Antragsgegner wird für notwendig erklärt.
Zur Begründung trägt der Antragsgegner vor, dass die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen präkludiert sei, da diese erstmals mit Rügeschreiben vom 26.04.2021 verschiedene Aspekte gerügt habe, die allesamt für einen fachkundigen Marktteilnehmer seit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung sämtlicher Vergabeunterlagen im Dezember 2020 erkennbar gewesen seien. Dies betreffe insbesondere die beanstandete Verfahrensart sowie das vermeintlich vergaberechtswidrige Wertungssystem nebst Zuschlagskriterien. Die angeblichen Verstöße hinsichtlich der Angebotswertung zugunsten der Beigeladenen und zulasten der Antragstellerin seien reine Vermutungen ins Blaue hinein ohne jegliche Grundlage. Darüber hinaus drohe kein Schadenseintritt i.S.d. § 160 Abs. 2 Satz 2 GWB, da selbst bei Zuweisung eines höheren Punktwerts zugunsten der Antragstellerin in dem qualitativen Leistungskriterium, in welchem die Antragstellerin weniger Punkte als der Bestbieter erhalten hat, keine Chance auf den Zuschlag bestünde. Der Antragsgegner sei auch der Informationspflicht im Rahmen des § 134 Abs. 1 GWB vollumfänglich nachgekommen. Unabhängig hiervon sei die Geltendmachung eines Verstoßes gegen § 134 Abs. 1 GWB im Rahmen des Nachprüfungsantrags unzulässig. Denn ein solcher Verstoß allein sei nicht geeignet, einen etwaigen Schaden im Sinne des § 160 Abs. 2 Satz 2 GWB zu begründen.
Die Zuschlagskriterien und das zugrundeliegende Wertungssystem entsprächen den vergaberechtlichen Anforderungen. Dies gelte insbesondere für die Festlegung des leistungsbezogenen Kriteriums „Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiters aus der Bieterpräsentation“ und die Maßstäbe, die an die Bewertung des Präsentationstermins angelegt worden seien. Die Wertung einer Präsentation sei dann zulässig, wenn im Rahmen der Präsentation Bestandteile des Angebots, namentlich Konzepte, lediglich vorgestellt werden. Im Rahmen von Verhandlungen sei nach § 17 Abs. 10 VgV eine mündliche Kommunikation gerade nicht ausgeschlossen. Aus den Vergabebedingungen für die Angebots- und Verhandlungsphase, dort Ziffer IV. sowie Ziffer VI.2 ergebe sich, dass im Rahmen der Verhandlungsgespräche eine Präsentation des Unternehmens und der Angebote der einzelnen Bieter vorgesehen sei. Die Präsentation ergänze damit das bereits mit dem Erstangebot abgegebene Angebot und diene der Erläuterung. Die diesbezüglichen Maßstäbe seien auch umgesetzt worden und ließen sich dem Vermerk über die Öffnung und Prüfung der eingegangenen Erstangebote sowie Protokollierung der Verhandlungsgespräche entnehmen. Dass die Antragstellerin die zur Bewertung der Bieterpräsentation herangezogenen Kriterien als „höchst unscharf und keiner verlässlichen und nachvollziehbaren Bewertung zugänglich“ erachte, sei nicht nachvollziehbar. Im Rahmen der Bewertung des leistungsbezogenen Zuschlagskriteriums „Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiters aus der Bieterpräsentation“ seien vorab bekanntgemachte Maßstäbe gebildet worden, wie der Gesamteindruck zu bewerten sei. Darüber hinaus sei festgelegt worden, wie die einzelnen Punkte zu verteilen seien, und welche Maßstäbe für eine bessere Punktbewertung gelten würden. Der Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams könne Gegenstand von Zuschlagskriterien sein. § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV erlaube ausdrücklich, die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals als Zuschlagskriterium, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann. Dies sei vorliegend der Fall, da das Leitungspersonal an strenge regulatorische Vorgaben gebunden sei und es in sehr hohem Maße auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in dem hochsensiblen Bereich der Arzneimittelversorgung zur Sicherstellung einer optimalen Patientenbehandlung ankäme. Letztlich sei die Kompetenz der betreffenden Personen anhand der vorgegebenen Kriterien bewertet worden und nicht die Präsentation der Bieter.
Die Gewichtung des Preiskriteriums „Warenkorb“ mit 30 Prozent stelle keinen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot dar. Durch den anzugebenden Warenkorbpreis werde nicht nur eine fiktive Bestellung simuliert, sondern gerade ein verbindliches Preisangebot durch die Bieter abgegeben. Der ausgeschriebene Versorgungsvertrag sehe unter § 26 ausdrücklich eine Preisbindung für die Vertragslaufzeit vor, wobei Preisanpassungen – sowohl nach oben als auch nach unten – lediglich in ganz engen Grenzen zulässig seien. Das Produktportfolio beruhe zudem auf dem tatsächlichen Bedarf des Antragsgegners, der anhand historischer Verbrauchswerte sorgfältig und im Detail ermittelt worden sei. Aufgrund von Preisfestlegung der Hersteller bzw. Lieferanten bestehe eine eingeschränkte Preisspanne von Produkten im Apothekenbereich. Dies rechtfertige eine Gewichtung des Warenkorbs von 30 Prozent und damit entgegen der Auffassung der Antragstellerin eine lediglich untergeordnete Bewertung. Gleichzeitig müsse die Gewichtung im Verhältnis zum Kostenaufwand stehen, so dass eine niedrigere Gewichtung als sachfremd anzusehen wäre.
Das Angebot der Antragstellerin sei sachgerecht anhand der in Teil E der Vergabeunterlagen ordnungsgemäß bekannt gemachten Zuschlagskriterien und dazugehöriger Unterkriterien nebst Zielerreichungsgrade für die einzelnen Punktwerte bewertet worden. Sowohl bei der Wahl der konkreten Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung als auch bei der Bewertung der einzelnen Kriterien stehe dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu. Die höhere Punktzahl der Beigeladenen mit Blick auf das Konzept zur Vorbereitung und Durchführung der Leistungsübernahme sei anhand der vorab bekanntgemachten Kriterien und Erwartungshorizonte objektiv zustande gekommen. Die Behauptung der Antragstellerin „alles bleibt wie es ist“ sei unzutreffend. Der bestehende Versorgungsvertrag werde nicht lediglich fortgeführt. Vielmehr sei unter anderem anhand der Erfahrungswerte des Antragsgegners ein neues Vertragswerk entwickelt worden, das gerade an der Schnittstelle zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer verschiedene Neuregelungen enthalte. Aufgrund des neuen Vertragswerks sowie der konkreten Vorgaben der einzelnen Kriterien zur Bewertung des Konzepts habe die Antragstellerin ohne Weiteres entsprechende, über den eingereichten Inhalt hinausgehende Ausführungen machen können. Der Punktabzug in der gegebenen Konstellation sei damit gerechtfertigt und zur Gleichbehandlung des übrigen Bieterkreises auch zwingend geboten. Auch das Konzept zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit sei vom Antragsgegner zutreffend bewertet worden. Aus den Vergabeunterlagen ergebe sich, dass die Aufzählung der aufgeführten Aspekte nicht abschließend gewesen sei. Insbesondere von einem Bieter, der maßgeblich im Bereich der Klinikversorgung tätig ist, hätten Ausführungen zu den aktuell sehr relevanten Aspekten der Verordnung zur Erhöhung der Bevorratung mit Arzneimitteln zur intensivmedizinischen Versorgung im Konzept erwartet werden können.
Das Angebot der Beigeladenen entspreche auch den regulatorischen Vorgaben des § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und 4 ApoG unter Berücksichtigung der einschlägigen gerichtlichen Entscheidungen. Dabei sei festzuhalten, dass die Beigeladene mit Einreichung des Teilnahmeantrags sämtliche erforderlichen Nachweise vollumfänglich erbracht habe, insbesondere hinsichtlich der Lieferzeit nach § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und 4 ApoG sowohl bezogen auf den Standort EXX als auch den Standort DXX. Die angegebenen Zeiten seitens der Beigeladenen lägen sogar deutlich unter den von der Rechtsprechung als Orientierungswert anerkannten 60 Minuten. Die von den Bietern angegebenen Zeiten seien außerdem nach dem in den Vergabeunterlagen festgelegten Verfahren vom Antragsgegner überprüft und bestätigt worden. Die Beigeladene sei entgegen der Darstellung der Antragstellerin als Filialapotheke nach § 1 Abs. 2 ApoG eine vollwertige Apotheke und vollständig leistungsfähig, um die Versorgung des Antragsgegners mit Arzneimitteln zu erfüllen. Sie erfülle die regulatorischen Anforderungen, die an eine krankenhausversorgende Apotheke gestellt würden. Die Versorgung eines Krankenhauses mit Arzneimitteln könne durch eine krankenhausversorgende Apotheke i.S.d. § 1a Abs. 1 ApoBetrO übernommen werden. Dafür bedürfe es eines schriftlichen Versorgungsvertrages mit dem Inhaber der Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke nach § 1 Abs. 2 ApoG und der Genehmigung der zuständigen Behörde, § 14 Abs. 4, 5 ApoG. Die Verantwortung obliege dem Betreiber der Apotheke, § 7 ApoG. Im Bereich der Filialapotheke werde die Apotheke von einem weiteren Apotheker geführt. Dieser übernehme die Apothekenleitung und sei Verantwortlicher i.S.d. § 2 Abs. 5 Nr. 2 ApoG. Allerdings blieben die Verpflichtungen des Betreibers davon unberührt, § 7 S. 2 Hs. 2 ApoG. Da die maßgeblichen Vorschriften des Apothekenrechts auf eine natürliche Person bezogen seien, sei daher auch die Anknüpfung der Eignungsprüfung an den Bieter als natürliche Person vergaberechtlich logisch und zwingend notwendig. Dem Inhaber der A…-Apotheke sei mit Bescheid vom 22.10.2018 die Erlaubnis zum Betrieb der Hauptapotheke in DXX und der Filialapotheke in L… erteilt worden. Ebenso sei die Versorgung „aus einer Hand“ gewährleistet. Im Rahmen der Versorgung eines Krankenhauses mit Arzneimitteln durch eine Apotheke gemäß § 14 Abs. 4, 5 ApoG müsse die Apotheke, mit der der Versorgungsvertrag geschlossen wird, alle Anforderungen selbst erfüllen. Ein Aufspalten der Leistung auf verschiedene Apotheken finde jedoch gerade nicht statt. Vielmehr werde die Versorgung der Klinikstandorte vollständig durch die Apotheke in L… übernommen. Der Antragsgegner habe die Eignung der Beigeladenen umfassend und abschließend geprüft. An der Eignung derselben bestünden keine Zweifel. Selbst wenn man einen streng formalen Maßstab anlegte und neben der Anknüpfung an die Person des Bewerbers zusätzlich auch auf den konkreten Standort abstellte, seien die Voraussetzungen erfüllt. Denn ab Anfang 2019 seien die Referenzprojekte der Beigeladenen vollständig und eigenständig vom Standort in L… erfüllt worden. Dass der Versorgungsvertrag während des gesamten Zeitraums vom 1. Januar 2016 bis einschließlich 31. Dezember 2020 bestanden haben müsste, sei nicht erforderlich und hätte einer ausdrücklichen Regelung bedurft. Ausreichend sei, dass in dem angegebenen Zeitraum ein wirksamer Vertrag bestanden hat und tatsächlich Leistungen erbracht wurden.
Eine Preisaufklärung des Angebots des berücksichtigten Bieters sei – anders als von der Antragstellerin vermutet – nicht notwendig gewesen, da der preisliche Unterschied beider Angebote die seitens der Rechtsprechung angenommene unterste Schwelle von 10 Prozent deutlich unterschreite. Die in der Sache seitens der Antragstellerin eigenständig entwickelte „Aufgreifschwelle“ von 1 bis 2 Prozent entspreche nicht den Vorgaben der einschlägigen Rechtsprechung und berücksichtige zudem nicht, dass neben den Preisen für (teilweise preisgebundene) Produkte im Warenkorb weitere, weitestgehend frei kalkulierbare Preisbestandteile anzubieten gewesen seien.
Die Komplexität des Leistungsgegenstandes und die umfangreichen regulatorischen Vorgaben gemäß § 14 Abs. 4 und 5 ApoG, welche zu einer sehr hohen Regelungsdichte sowohl im Vertragswerk als auch der mitgeltenden Leistungsbeschreibung führten, hätten aus Sicht des Antragsgegners die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb erfordert. Nach § 14 Abs. 3 Nr. 3 VgV handle es sich um eine gesetzlich vorgesehene Verfahrensart, so dass die Behauptung der Antragstellerin unzutreffend sei, dass im Verhandlungsverfahren per se Manipulationsmöglichkeiten gegeben seien und die Verfahrensart schon aus diesem Grund unzulässig sei. Die Verhandlungsgespräche seien unter der Wahrung des Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß § 97 Abs. 1 GWB mit allen Bietern in der in den Vergabeunterlagen festgehaltenen Art und Weise durchgeführt worden. Insbesondere seien keine Hinweise an einen der Bieter erfolgt, die nicht ebenfalls dem anderen Bieter zur Verfügung gestellt worden seien. Unzutreffend sei, dass mit der Antragstellerin kein Verhandlungsgespräch geführt worden sei. Diese habe selbst von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihren Verhandlungsbedarf vorab bei Einreichung des indikativen Angebots anzumelden. Dieser sei dann auch Gegenstand des Verhandlungsgesprächs gewesen. Aufgrund der Erkenntnisse und Ergebnisse aus den geführten Verhandlungen habe es ferner eine Anpassung der Vergabeunterlagen gegeben. Weiter sei eine vollumfängliche und fortlaufende Dokumentation des Verfahrens einschließlich der Verhandlungen unter Einhaltung der Vorgaben gemäß § 8 VgV erfolgt. Aus der Dokumentationsverpflichtung des § 8VgV ließe sich jedoch kein Recht der am Verfahren beteiligten Bieter ableiten, dass die Protokollierung von Verhandlungen zu übermitteln sei.
Nach der neueren Rechtsprechung des OLG Düsseldorf sei die Öffnung von Angeboten durch anwaltliche Vertreter mit § 55 Abs. 2 VgV vereinbar. Diese seien aufgrund berufsrechtlicher Anordnung nach § 43a Abs. 2 BRAO bzw. § 2 Abs. 1 BORA zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die eigenverantwortliche Führung des Vergabeverfahrens habe stets beim Antragsgegner als ausschreibende Stelle gelegen. Im Rahmen der Vorbereitung als auch der Durchführung des Vergabeverfahrens hätten zahlreiche Abstimmungstermine zwischen dem Antragsgegner und den anwaltlichen Vertretern stattgefunden, in denen der Antragsgegner gegenüber den anwaltlichen Vertretern entsprechende Anordnungen getroffen habe. Die Entscheidungen seien durch den Antragsgegner eigenverantwortlich getroffen worden. Die externen Berater hätten in enger Abstimmung zur Seite gestanden, jedoch lediglich unterstützend zu rechtlichen Fragestellungen. Die Verhandlungsgespräche seien maßgeblich insbesondere durch die Gremiumsmitglieder des Antragsgegners, die der Antragstellerin im Rahmen der Verhandlungen persönlich vorgestellt worden seien, geführt worden. Zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes habe es am 13.04.2021 eine interne Besprechung des Wertungsgremiums des Antragsgegners gegeben, an dem die externen Berater nicht teilgenommen hätten. Von einem bloßen „Abnicken“ delegierter Entscheidungen könne nicht die Rede sein.
Unter Einbeziehung der vorstehenden rechtlichen Erwägungen zur Zulässigkeit und Begründetheit des Nachprüfungsantrages sei eine vorzeitige Gestattung des Zuschlags nach § 169 Abs. 2 GWB zu gewähren. Ein besonderes Beschleunigungsinteresse sei insbesondere bei der Wahrnehmung von Aufgaben im allgemeinen Interesse anzunehmen. Die Versorgung mit Arzneimitteln sei gemäß § 1 Abs. 1 ApoG Bestandteil der öffentlichen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung und damit eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Eine Verfahrensverzögerung sei aufgrund der arbeitsbedingten Auslastung der Vergabekammer zu erwarten. Gleichzeitig ende der derzeitige Versorgungsvertrag zum 31.05.2021, wobei die unterbrechungsfreie Versorgung mit Arzneimitteln für den Antragsgegner auch darüber hinaus stets aufrecht zu erhalten sei. Die Möglichkeit einer interimistischen Vertragsfortführung bestehe zwar grundsätzlich. Allerdings sei diese nur für eine gewisse Übergangszeit zulässig und entsprechend zeitlich zu begrenzen. Eine frühzeitige Entscheidung sei auch unter dem Gesichtspunkt der Genehmigungsbedürftigkeit des Versorgungsvertrags nach § 14 Abs. 5 ApoG wesentlich.
Mit Schreiben vom 19.05.2021 erteilte die Vergabekammer dem Antragsgegner den rechtlichen Hinweis, dass eine Gestattung des Zuschlags nach § 169 Abs. 2 Satz 1 GWB – wenn Sie überhaupt mit der Rechtsmittelrichtlinie vereinbar sei – nur in Ausnahmefällen in Betracht käme und mögliche Interimsmaßnahmen regelmäßig Vorrang vor der vorzeitigen Zuschlagsgestattung hätten. Denkbar sei eine Zuschlagsgestattung insbesondere bei einer Gefährdung gewichtiger öffentlicher Interessen, die nicht durch mögliche Interimsmaßnahmen abzuwenden seien. Diese Voraussetzungen seien vom Auftraggeber darzulegen. Der pauschale Hinweis auf die zeitliche Begrenzung einer interimistischen Vertragsfortführung genüge dem hohen Begründungserfordernis eines Antrags nach § 169 Abs. 2 Satz 1 GWB nicht. Daraufhin nahm der Antragsgegner den Antrag nach § 169 Abs. 2 Satz 1 GWB mit Schriftsatz vom 26.05.2021 zurück.
Mit Beschluss vom 01.06.2021 wurde das für den Zuschlag vorgesehene Unternehmen zum Verfahren beigeladen.
Die Beigeladene beantragt
– den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen und der Antragstellerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Belgeladenen aufzuerlegen.
Die Beigeladene trägt vor, dass unklar sei, welchen Rechtsnachteil die Antragstellerin aus der angeblich falschen Wahl der Verfahrensart geltend mache. Entscheidend sei, ob der Bieter konzeptionellen Spielraum hat, dessen Ausfüllung der Auftraggeber verlangt. Dies sei vorliegend der Fall. Die Rügen der Gewichtung der preislichen Kriterien und der Bewertung des Präsentationstermins in Gestalt eines Zuschlagskriteriums seien präkludiert. Die Antragstellerin habe nach Kenntnissen der Beigeladenen Nachprüfungserfahrung, was bei der Beurteilung der Frage der Präklusion nicht vollkommen außer Betracht gelassen werden könne. Die das Informationsschreiben gemäß § 134 GWB betreffende Rüge habe sich inzwischen erledigt. In Bezug auf die Öffnung der Angebote durch zwei Vertreter der die Vergabe begleitenden Anwaltskanzlei lege die Antragstellerin nicht dar, ob und inwieweit sie durch diesen vermeintlichen Verstoß in eigenen Rechten verletzt sei.
Sowohl in L… als auch in DXX werde eine abgenommene, laufend überwachte krankenhausversorgende Apotheke gemäß § 1 Abs. 1 ApBetrO betrieben. Anders als die Antragstellerin behaupte, läge keine „Leistungserbringung durch mehrere Apotheken” vor. Es gäbe nur das Angebot einer einzigen natürlichen Person, des Herrn Apotheker A… F…, der seine Eignung in beruflich-technischer und wirtschaftlich-finanzieller Hinsicht lückenlos nachgewiesen habe und die ausgeschriebenen Leistungen durch eine einzige Apotheke, und zwar die A… Apotheke in L… als benannte Versorgungsapotheke, erbringen werde. Ebenso käme der Versorgungsvertrag mit der natürlichen Person A… F… und nicht mit „der Apotheke“ zustande. Eine Apotheke sei Objekt und nicht Zurechnungsendsubjekt von Rechten und Pflichten. Dies sei in den Vergabeunterlagen entsprechend korrekt umgesetzt worden, wo auf den „Bewerber“, „Auftragnehmer“ oder „Inhaber“ Bezug genommen werde. Dass es auf den Rechtsträger, vorliegend die natürliche Person, also den lnhaber und Betreiber, ankäme und nicht auf „die Apotheke”, ergebe sich ferner aus den gesetzlichen Bestimmungen gem. § 122 Abs. 1 GWB sowie §§ 42 ff. VgV. Die natürliche Person A… F… sei weder sein eigener Nachunternehmer, noch leihe er sich selbst die Eignung, noch bilde er eine Bietergemeinschaft mit sich selbst. Seine Referenzen seien ausnahmslos eigene Referenzen; keine fremden. Der apothekenrechtliche Grundsatz der Versorgung aus einer Hand besage auch nichts für die ausschließlich vergaberechtlich zu beurteilende Frage der beruflich-technischen sowie wirtschaftlich-finanziellen Leistungsfähigkeit eines Bieters; insbesondere nicht, dass vorliegend die DXXer Apotheke außer Betracht zu bleiben habe. Soweit die Antragstellerin die erforderliche Größe und Ausstattung oder andere apothekenrechtliche Anforderungen der abgenommenen krankenhausversorgenden Filialapotheke in L… infrage stelle, sei dies nicht nachvollziehbar. Ungeachtet dessen beurteile die Vergabekammer ausschließlich die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen.
Auch ein Bestandsleistungserbringer müsse ein Übernahmekonzept vorlegen, wenn dies im Vergabeverfahren verlangt ist. Dieses müsse aus Gleichbehandlungsgründen am selben Bewertungsmaßstab gemessen werden wie die Konzepte aller anderen Bieter. Auch der Bestandsleistungserbringer sei aufgefordert zu erläutern, wie er sich den Übergang von dem einen in das andere Vertragsverhältnis vorstellt. Dabei werde sein Konzept selbstverständlich andere Inhalte aufweisen müssen als dasjenige der Beigeladenen. Rechtlich besehen werde ein neuer Vertrag über die Arzneimittelversorgung gemäß § 14 Abs. 5 ApoG abgeschlossen, der sogar noch stellenweise andere Bedingungen enthält als der endende Versorgungsvertrag.
Die Rüge der qualitativen Bewertung des Angebots der Beigeladenen erfolge ins Blaue hinein und würde den Anforderungen des OLG München nicht gerecht. Eine übermäßige Anerkennung von Dokumentations- und Dokumentationszeitpunkt-Rügen bevorzuge vor allem Bestandsleistungserbringer, die das Vergabeverfahren durch die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens verschleppten, um eine Interimsbeauftragung zu erhalten. Die Rüge der angeblich fehlenden Auskömmlichkeit sei ebenso wenig einlassungsfähig. Ob die Aufgreifschwelle erreicht sei, sei der Beigeladenen nicht bekannt. Zur Sache könne die Beigeladene jedoch mitteilen, dass sie ebenso Mitglied einer Einkaufsgemeinschaft wie die Antragstellerin sei und ihr Inhaber Kliniken seit mehr als zwei Jahrzehnten versorge. Der Preis entspreche den Üblichkeiten, die Mitarbeiter seien äußerst erfahren in der Klinikversorgung und der Auftraggeber sei nur einer von mehreren Häusern der L…er Apotheke. Die Beigeladene habe selbstverständlich auskömmlich kalkuliert.
Die rechtlichen Angriffe gegen die Bewertung des Präsentationstermins seien nicht überzeugend. Es sei deutschlandweite Praxis, Präsentationen z.B. anhand der im hiesigen Verfahren bekannt gemachten Unterkriterien zu bewerten. Diese – vernünftige – Praxis könne nicht mittels einer eher extensiven Auslegung einer Formvorschrift beendet werden. Das Vergaberecht kenne kein ausschließliches Schriftlichkeitsgebot; es dürfe auch kein sinnfreier Formalismus betrieben werden.
Soweit die Antragstellerin die preislichen Kriterien angreife, sei diese Rüge präkludiert. Hierbei handle es sich um Kostenkriterien, gewichtet unter Nutzung des allein dem Auftraggeber zustehenden Prognosespielraums hinsichtlich des künftigen tatsächlichen Aufkommens. Dass sich die Antragstellerin mit diesen äußerst kalkulationserheblichen Vorgaben nicht während des Laufs der Angebotsfrist auseinandergesetzt haben will, sei unglaubhaft. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin seien die angegebenen Preise gem. § 27 Abs. 1 des Versorgungsvertragsentwurfs verbindlich.
Am 30.09.2021 fand in den Räumen der Regierung von Oberbayern die mündliche Verhandlung statt. Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert. Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit zum Vortrag. Die Vergabekammer wies die Beteiligten darauf hin, dass die Wertung des Kriteriums „Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams“ sowohl hinsichtlich des notwendigen Auftragsbezugs im Unteraspekt „Struktur und Verständlichkeit des Vortrags“ als auch unter dem Gesichtspunkt einer vollständigen und nachvollziehbaren Dokumentation problematisch erscheine. Dem Antragsgegner wurde Frist bis 04.10.2021, 15:00 Uhr, gegeben, die handschriftlichen Wertungsunterlagen zum Kriterium „Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams“ im Original vorzulegen, um diese bei der Entscheidung der Vergabekammer berücksichtigen zu können.
Mit Schriftsatz vom 04.10.2021 legte der Antragsgegner den Auszug der handschriftlichen Notizen der Gremiumsmitglieder des Antragsgegners bezogen auf die Verhandlungen mit der Antragstellerin und der Beigeladenen vor sowie eine Aktennotiz des Antragsgegners vom 01.10.2021, mit der im Nachgang zur mündlichen Verhandlung weitergehende Erwägungen des Antragsgegners schriftlich niedergelegt worden seien. Der Antragsgegner wies darauf hin, dass in der Rechtsprechung anerkannt sei, dass etwaige Dokumentationsmängel grundsätzlich heilbar seien, wenn bereits im Vergabevermerk enthaltene Begründungen ergänzt oder erläutert würden, wenn die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers inhaltlich richtig sei und eine Verzögerung des Vergabeverfahrens durch die Wiederholung von Verfahrensschritten unangemessen wäre.
In Bezug auf das Kriterium „Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams“ machte der Antragsgegner geltend, dass zweifelsohne ein Auftragsbezug im Sinne des § 127 Abs. 3 Satz 1 GWB des festgelegten leistungsbezogenen Kriteriums gegeben sei. Die zahlreichen personenbezogenen Beratungsleistungen seien im Versorgungsvertrag unter § 14 im Einzelnen geregelt und machten in Zusammenschau mit der mitgeltenden Leistungsbeschreibung deutlich, dass es ganz wesentlich auf die Fähigkeiten des eingesetzten Projektleiterteams ankäme, um eine vertrauensvolle, professionelle und fachlich ausgezeichnete Zusammenarbeit in dem äußerst sensiblen Bereich der Klinikversorgung sicherzustellen. Das Projektleitungsteam habe dabei mit ganz unterschiedlichen Personengruppen wie z.B. die Klinikleitung, die Ärzteschaft sowie das Pflegepersonal, aber auch teilweise mit Verwaltungsmitarbeitern in Kontakt zu treten. Dabei müsse einerseits sichergestellt sein, dass eine rollenspezifische Kommunikation und eine strukturell sowie fachlich einwandfreie Auf- bzw. Nachbereitung von Informationen durch das betreffende Projektleiterteam erfolgen könne. Zudem sei davon auszugehen, dass die Kommunikation in verschiedenen Konstellationen auch nicht ganz konfliktfrei erfolgen werde und in einem Spannungsverhältnis stehe, so z.B. zwischen Wirtschaftlichkeit und medizinischen Erfordernissen einerseits oder Dokumentationserfordernissen und Praxisumsetzung auf den Stationen andererseits. Es käme also ganz erheblich auf das Projektleitungsteam als diejenigen Personen auf Seiten des Auftragnehmers an, die die maßgebliche Schnittstelle zum Personal des Antragsgegners darstellten. Aufgrund der unterschiedlichen Kontaktpersonen, des Stresslevels bei der Aufgabenwahrnehmung sowie den daraus möglicherweise resultierenden Konfliktsituationen seien verschiedene „Soft Skills” im Sinne einer sozialen Kompetenz erforderlich. Dazu zählten im Bereich des Personalwesens z.B. Teamfähigkeit, Kritikfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Stressbewältigung, Selbstbewusstsein sowie Zeitmanagement und Körpersprache. Der Antragsgegner habe die für ihn wesentlichen Aspekte bei der Beurteilung des Gesamteindrucks in Teil E der Vergabeunterlagen festgeschrieben, darunter die Struktur und Verständlichkeit des Vortrags. Das OLG Düsseldorf habe in einer aktuellen Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass der Gesamteindruck der Qualität eines Projektteams zulässigerweise in die Wertung einfließen dürfe und das hierzu auch mündliche Ausführungen der Bieter im Verhandlungs- oder Bietergespräch berücksichtigt werden könnten, sofern die einzelnen wertungsrelevanten Kriterien im Vorfeld eindeutig benannt worden seien. Dies sei vorliegend nachweislich der Fall. Die Verfahrensdokumentation entspreche den Vorgaben des § 8 VgV. Im Vermerk über die Öffnung und Prüfung der eingegangenen Erstangebote sowie Protokollierung der Verhandlungsgespräche vom 29.03.2021 werde auf den Seiten 7 bis 18 der Ablauf der Vorbesprechung, der Verhandlungen mit den Bietern sowie die Nachbesprechung detailliert protokolliert. Bezüglich der Verhandlungen mit den Bietern lasse sich anhand dieser Verfahrensdokumentation im Detail nachvollziehen, welche Personen auf Seiten der Bieter welche Inhalte vorgetragen haben, wie das Zusammenspiel zwischen den vortragenden Personen war, wer Rückfragen gestellt und wie diese inhaltlich beantwortet wurden. Damit sei auch für Dritte in hohem Maße nachvollziehbar, welche Inhalte die Verhandlungen hatten und was sowie wie zwischen den Bietern und dem Antragsgegner kommuniziert wurde.
Mit Schriftsatz vom 08.10.2021 nahm die Antragstellerin zu den nachgereichten Unterlagen des Antragsgegners Stellung. Die Vergabekammer habe dem Antragsgegner lediglich gestattet, die die Notizblätter der Mitglieder der Bewertungskommission als integrale Bestandteile der Vergabeakte nachzureichen. Der Antragsgegner habe daneben jedoch einen umfassenden Schriftsatz eingereicht. Dieses nicht nachgelassene schriftsätzliche Vorbringen habe außer Betracht zu bleiben. Aus den nachgereichten Notizblättern ergebe sich erst recht die widersprüchliche und fehlerhafte Dokumentation und Bewertungsweise der Präsentationstermine. Gemessen an den Vorgaben der vergaberechtlichen Rechtsprechung, insbesondere des BGH und jüngst des OLG Düsseldorf, erwiesen sich sowohl die nachgereichten Notizzettel als solche als auch die Dokumentation in Gänze betrachtet als vergaberechtlich unzulänglich. Bei den Bewertungsbögen handle es sich nur um eine Ansammlung sehr allgemein gehaltener Stichpunkte. Der Präsentationstermin, seine Inhalte und die ohnehin höchst subjektiven Elemente der Vortragsweise seien damit nicht ansatzweise nachvollziehbar. Zudem ließen sich die von den Bewertungsmitgliedern gemachten Notizen nicht mit der späteren „offiziellen“ Bewertungsweise in der Dokumentation des Vergabeverfahrens in Einklang bringen. So sei für die Antragstellerin beispielsweise für die vermeintlich nicht ausreichende Vermittlung der persönlichen Arbeitsweise der Projektleitung ein Punktabzug vorgenommen worden. Den Notizen der Gremiumsmitglieder ließe sich nicht ansatzweise entnehmen, dass gerade dieser Punkt negativ beurteilt wurde und Anlass für einen Punktabzug geben könnte. Ebenso wenig seien der Ablauf und die Inhalte des nachgelagerten internen Bewertungstermins des Bewertungskomitees dokumentiert. Die Unzulänglichkeiten der Dokumentation belegten zudem, dass sowohl das Hauptkriterium als auch die (nicht gewichteten) Unterkriterien nicht geeignet seien, eine rationale und belastbare Prüfung, Bewertung und Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Angebote zu gewährleisten. Die zu erbringende Tätigkeit in der Arzneimittelkommission sei eine auf eine fachliche Unterrichtung ausgerichtete Beratungstätigkeit und setze zwar ausgeprägte Fachlichkeit, Erfahrung und eine gewisse Seniorität voraus, jedoch keine rhetorischen Meisterleistungen. Im Ergebnis sei daher die komplette Aufgabe des Kriteriums der Bewertung des Präsentationstermins erforderlich, mindestens aber eine konkretere Fassung und Gewichtung des Kriteriums und seiner Unterkriterien zwecks besserer Handhabbarkeit und Überprüfbarkeit des Wertungsprozesses.
Mit Schriftsatz vom 12.10.2021 bezog letztmalig die Beigeladene Stellung. Die handschriftlichen Notizen der Mitglieder des Wertungsgremiums hätten noch nicht einmal Entwurfscharakter, weil sie nicht vom Gremium selbst stammten. Die Antragstellerin mache nicht geltend, dass die Bewertung des Gesamteindrucks ihres Projektteams im Ergebnis fehlerhaft erfolgt sei. Sie äußere sich stattdessen ausschließlich zum angeblich gebotenen Dokumentationsumfang, ohne jedoch darzulegen, dass bei gehöriger Dokumentation der Zuschlag auf ihr Angebot hätte erteilt werden müssen. So erschließe sich nicht, in welchem Recht die Antragstellerin meine verletzt zu sein. Es werde schlicht auf ein formales Recht gepocht. Ein Dokumentationsfehler begründe nur dann eine Verletzung des Bieters in eigenen Rechten, wenn er eine Handlung betreffe, durch die der Bieter materiell benachteiligt wurde. Der Gehalt der Notizzettel sei den Umständen der Bewertung einer Präsentation geschuldet. Üblicherweise fände im Nachgang zu Präsentationen eine Wertungssitzung statt, deren Ergebnisse – wie vorliegend – dokumentiert würden. Diese Dokumentation erlaube den Rückschluss auf den Hergang der Präsentation. Das Wertungsergebnis eines Gremiums schließe Konsensformulierungen ein und sei gerade dem Bemühen um Richtigkeit und Gerechtigkeit geschuldet, so dass ein wirklichkeitsgerechtes Bild der Gremienüberzeugung entstehe. Die Wertungsdokumentation müsse erkennen lassen, dass der Auftraggeber seinen Beurteilungsspielraum erkannt und davon Gebrauch gemacht hat, die bekannt gemachten Kriterien angewendet hat und nicht sachfremde Erwägungen angestellt oder einen falschen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Die nachgereichten Unterlagen enthielten diejenigen Sachverhaltselemente, welche die Beurteilung des Auftraggebers stützten, allerdings in der bisherigen Dokumentation möglicherweise etwas zu kurz gekommen seien. Es lägen keine Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der geheilten Dokumentation vor und die Antragstellerin mache dies auch nicht geltend. Eine weitergehende Aufgliederung des Präsentationskriteriums sei nicht geboten; die Kriterien seien sachlich-inhaltlich gerechtfertigt. Die Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen erfordere eine strukturierte und verständliche Darstellungsweise, das Beantworten auch komplexer Rückfragen, z.B. während oder im Nachgang zu Stationsbegehungen und Arzneimittelkommissionssitzungen, und eine hohe Team- und Kommunikationsfähigkeit. Lösungen müssten erläutert und beworben werden, um Aussicht auf Akzeptanz zu haben. Soweit beanstandet werde, die Struktur und Verständlichkeit des Vortrags sage nichts über die Qualität des Projektteams aus und sei im Übrigen auch zu unbestimmt, sei dieser Einwand präkludiert.
Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer, die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 30.09.2021 sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus §§ 155, 156 Abs. 1, 158 Abs. 2 GWB i. V. m. §§ 1 und 2 BayNpV.
Gegenstand der Vergabe ist ein Dienstleistungsauftrag i. S. d. § 103 Abs. 3 GWB. Der Antragsgegner ist Auftraggeber gemäß §§ 98, 99 Nr. 1 GWB. Der geschätzte Gesamtauftragswert überschreitet den gemäß § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert in Höhe von 214.000 Euro erheblich.
Eine Ausnahmebestimmung der §§ 107 – 109 GWB liegt nicht vor.
- Der Nachprüfungsantrag ist weitgehend zulässig.
1.1. Gemäß § 160 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn es sein Interesse am Auftrag, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB und zumindest einen drohenden Schaden darlegt.
Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Angebots nachgewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten. Die Antragstellerin hat eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB insbesondere durch eine ihrer Ansicht nach fehlerhafte Eignungsprüfung der Beigeladenen, die vergaberechtswidrige Ausgestaltung der Zuschlagskriterien sowie eine fehlerhafte Angebotswertung geltend gemacht.
1.2. Der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags steht auch keine Rügepräklusion nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB entgegen, da die Antragstellerin nach Erhalt des Informationsschreibens gem. § 134 GWB vom 19.04.2021 die ihrer Ansicht nach nicht ausreichende Vorinformation, die fehlende Eignung der Beigeladenen, die fehlende Auskömmlichkeit deren Angebots sowie die Angebotswertung an sich am 26.04.2021 gegenüber dem Auftraggeber gerügt hat. Früher konnte die Antragstellerin die genannten Aspekte mangels Kenntnis der Zuschlagsprätendentin bzw. des Wertungsergebnisses nicht rügen. Eine Kenntnis etwaiger Verstöße gegen den Transparenz- bzw. Gleichbehandlungsgrundsatz kann regelmäßig erst nach Akteneinsicht vorliegen.
Nicht präkludiert ist die Antragstellerin ferner mit ihrem Einwand gegen die vergaberechtliche Zulässigkeit und Ausgestaltung des Zuschlagskriteriums „Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams aus der Bieterpräsentation“. Mangels konkreter Anhaltspunkte für eine positive Kenntnis vor der anwaltlichen Beratung kommt es insoweit auf eine Erkennbarkeit i.S.v. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB an. Diese muss sich auf die den Verstoß begründenden Tatsachen sowie auf deren rechtliche Beurteilung beziehen (OLG München, Beschluss vom 08.07.2019 – Verg 2/19). Aufgrund der Tatsache, dass die vergaberechtliche Zulässigkeit von Bieterpräsentationen als Zuschlagskriterien sowie die hieran zu stellenden vergaberechtlichen Anforderungen in der vergaberechtlichen Rechtsprechung bislang unterschiedlich beurteilt wurden, scheidet eine Erkennbarkeit i. S. v. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB aus.
Präkludiert nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB ist hingegen der Einwand der vermeintlich verzerrenden Wirkung der festgelegten Binnengewichtung der preislichen Kriterien. Gem. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Erkennbar i.S.v. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB ist ein Vergaberechtsverstoß, wenn sich die zugrundliegenden Tatsachen aus den Vergabeunterlagen ergeben und von einem durchschnittlichen Bieter als Verstoß gegen Bestimmungen des Vergabeverfahrens erkannt werden können (OLG München, Beschluss vom 13.3.2017 – Verg 15/16). Dabei kommt eine Rügepräklusion in der Regel nur bei auf allgemeiner Überzeugung der Vergabepraxis beruhenden und ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht. Der Verstoß muss so offensichtlich sein, dass er einem verständigen Bieter bei der Vorbereitung seines Angebots bzw. seiner Bewerbung auffallen muss (vgl. VK Südbayern, Beschluss vom 17.3.2020 – Z3-3-3194-1-47-11/19).
Die Antragstellerin beanstandet eine verzerrende Gewichtung der Kategorien unterhalb des Preiskriteriums. Der Warenkorb spiegle bereits wertmäßig einen Millionenbetrag wider, die anderen Nebenleistungen jedoch wesentlich geringere Beträge. Vor diesem Hintergrund sei eine weitere Gewichtung der Unterkriterien ersichtlich sachwidrig, weil hierdurch nicht der tatsächlich anfallende Kostenaufwand abgebildet werde und die Bieter angesichts des hohen Gewichts des Warenkorbs zu spekulativen Angeboten verleitet würden. Mit welchem Gewicht der Warenkorb bzw. die anderen preislichen Bestandteile im Wertungspreis berücksichtigt werden, ergibt sich jedoch unmittelbar aus den Vergabeunterlagen. Anhand der bekanntgemachten Gewichtungskoeffizienten sowie der Festlegungen zur Ermittlung des Wertungspreises war es jedem Teilnehmer des Vergabeverfahrens möglich, die Auswirkung der Binnengewichtung der Preisbestandteile auf den Wertungspreis nachzuvollziehen und zu beurteilen, inwieweit das Wertungsergebnis durch die einzelnen Preisbestandteile beeinflusst wird und dabei den tatsächlichen Kostenaufwand widerspiegelt. Die vorliegende Fallgestaltung liegt somit grundsätzlich anders als bei der (komplexen) Beurteilung einer Bewertungsmatrix, die Umrechnungsmethoden der preislichen oder nichtpreislichen Zuschlagskriterien in Wertungspunkte beinhaltet, die sich im Ergebnis wettbewerbsverzerrend auswirken können (vgl. hierzu VK Südbayern, Beschluss vom 18.02.2020 – Z3-3-3194-1-42-10/19).
- Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet.
Die Wertung des nichtpreislichen Kriteriums „Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams aus der Bieterpräsentation“ hält einer vergaberechtlichen Nachprüfung nicht stand, da es am nötigen Auftragsbezug des Zuschlagskriteriums mangelt und die Wertung Ermessensfehler aufweist sowie mangels hinreichender Dokumentation der Inhalte der Präsentationen nicht nachvollziehbar ist.
2.1. Nach Auffassung der Vergabekammer lässt das nichtpreisliche Zuschlagskriterium „Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams aus der Bieterpräsentation“ in der momentanen Ausgestaltung der Vertragsunterlagen den nötigen Auftragsbezug gem. § 127 Abs. 3 GWB vermissen.
Wie der Antragsgegner ausführte, sollte mit dem betreffenden Zuschlagskriterium die Qualifikation des Projektleiterteams gem. § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV bewertet werden. Nach dieser Vorschrift können neben dem Preis oder den Kosten auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Zuschlagskriterien berücksichtigt werden, insbesondere die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann. In Erwägungsgrund Nr. 94 der Richtlinie 2014/24/EU wird hierzu ausgeführt, dass dies beispielsweise bei Aufträgen für geistig-schöpferische Dienstleistungen, wie Beratungstätigkeiten oder Architektenleistungen, der Fall sei.
- 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV ist im Grundsatz zweifellos auf den streitgegenständlichen Auftrag anwendbar. Mit Schriftsatz vom 04.10.2021 hat der Antragsgegner ferner dargelegt, dass es im zu vergebenden Auftrag ganz wesentlich auf die Fähigkeiten des eingesetzten Projektleiterteams ankomme, um eine vertrauensvolle, professionelle und fachlich ausgezeichnete Zusammenarbeit in dem äußerst sensiblen Bereich der Klinikversorgung sicherzustellen. Das Projektleitungsteam habe dabei mit ganz unterschiedlichen Personengruppen in Kontakt zu treten, sodass sichergestellt sein müsse, dass eine rollenspezifische Kommunikation und eine strukturell sowie fachlich einwandfreie Auf- bzw. Nachbereitung von Informationen durch das betreffende Projektleiterteam erfolgen könne. Das Projektleitungsteam stelle auf Seiten des Auftragnehmers die maßgebliche Schnittstelle zum Personal des Antragsgegners dar. Hierzu seien verschiedene „Soft Skills“ im Sinne einer sozialen Kompetenz erforderlich, wie zum Beispiel Team-, Kritik- und Kommunikationsfähigkeit, Stressbewältigung, Selbstbewusstsein sowie Zeitmanagement und Körpersprache.
Die Vergabekammer hat allerdings bereits Bedenken, ob das vom Antragsgegner aufgestellte Zuschlagskriterium in seiner durch die Unterkriterien „Struktur und Verständlichkeit des Vortrags“, „Darstellung der persönlichen Arbeitsweise“, „Eingehen auf Rückfragen“, „Eindruck bei der fachlichen Erläuterung“ sowie „Team- und Kommunikationsfähigkeit“ konkretisierten Form geeignet ist, die Qualifikation des Projektleitungsteams im Hinblick auf den vom Antragsgegner dargelegten Aufgabenzuschnitt zu bewerten. Es mag zwar sein, dass sich anhand der Struktur und Verständlichkeit eines Vortrags, des Eingehens auf Rückfragen sowie der fachlichen Erläuterung grundsätzliche Aussagen zur Team- und Kommunikationsfähigkeit der Referenten treffen lassen. Ebenso mag es sein, dass anhand der Darstellung der persönlichen Arbeitsweise grundsätzliche Aussagen zum Zeitmanagement und zur Stressbewältigung der Referenten möglich sind. Dennoch bleiben Zweifel, ob das Abhalten einer Präsentation basierend auf einem strukturierten Vortrag eine geeignete „Teststellung“ für die Bewertung der Qualität des Projektleiterteams einer klinikversorgenden Apotheke darstellt, mithin einen hinreichenden Bezug zu dieser Auftragstätigkeit aufweist. Dies gilt umso mehr als sich nach der Wertungsmatrix der Vergabeunterlagen die Punktevergabe explizit auch nach der Strukturierung und der Art und Weise des Vortrags richten sollte.
Gem. § 127 Abs. 3 GWB müssen die Zuschlagskriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen, wobei diese Verbindung auch dann anzunehmen ist, wenn sich ein Zuschlagskriterium auf Prozesse im Zusammenhang mit der Herstellung, Bereitstellung oder Entsorgung der Leistung, auf den Handel mit der Leistung oder auf ein anderes Stadium im Lebenszyklus der Leistung bezieht (OLG München, Beschluss vom 24.03.2021 – Verg 12/20). Nach Art. 67 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU stehen Zuschlagskriterien mit dem Auftragsgegenstand des öffentlichen Auftrags in Verbindung, wenn sie sich in irgendeiner Hinsicht und in irgendeinem Lebenszyklus-Stadium auf die gemäß dem Auftrag zu erbringenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen beziehen. Maßgebend für die Beurteilung des Auftragsbezugs ist der Inhalt des Angebotes bzw. der Auftragsgegenstand, d.h. die Leistung, zu der sich der Bieter verpflichtet (vgl. OLG München, a.a.O.). Für Zuschlagskriterien i.S.v. § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV wird der grundsätzlich nötige Auftragsbezug jedoch verschärft um das Erfordernis, dass die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann. Daher erachtet die Vergabekammer den gem. § 127 Abs. 3 GWB geforderten Auftragsbezug eines Zuschlagskriteriums, mit dem die Qualität des eingesetzten Personals anhand einer Bieterpräsentation basierend auf einem strukturierten Vortrag bewertet werden soll, grundsätzlich nur dann als gegeben, wenn die Tätigkeit der referierenden Personen im zu vergebenden Auftrag gerade auch das Präsentieren bzw. Vortragen beinhaltet. Andernfalls ist kaum vorstellbar, dass die (zu bewertende) Qualität erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann.
Zwar hat die Beigeladene im Rahmen der mündlichen Verhandlung erläutert, dass dem vorliegend so sei und insbesondere die Teilnahme an den Sitzungen der Arzneimittelkommission es erfordere, dass die vom Auftragnehmer entsendete Person in der Lage ist, einen Diskurs „auf Augenhöhe“ mit den anderen Teilnehmern zu führen. Zudem ist in § 14 des Versorgungsvertragsentwurfs festgelegt, dass der zukünftige Auftragnehmer im Zusammenhang mit den Arzneimittellieferungen und dem Controlling diverse Beratungsleistungen zu erbringen hat, darunter die Mitarbeit in der Arzneimittelkommission des Auftraggebers, die Vermittlung pharmazeutischer Grundinformationen gegenüber nichtärztlichen Mitarbeitern und Beantwortung diesbezüglicher Anfragen sowie die Formulierung von Empfehlungen an die Krankenhausleitung bzw. die Arzneimittelkommission des Auftraggebers zur Planung, Organisation und Überwachung des Arzneimittelverkehrs, zu Veränderungen und Ergänzungen der Arzneimittelliste sowie zur Vorratshaltung von Arzneimitteln in den Stationen und deren Teileinheiten des Auftraggebers. Insoweit hat sich die Vergabekammer nach den Ausführungen der Beigeladenen und des Antragsgegners im Rahmen der mündlichen Verhandlung davon überzeugen lassen, dass die Beratungstätigkeiten im Rahmen des zu vergebenden Auftrags durchaus (erheblich) von der Vortrags- bzw. Präsentationsqualifikation des hierfür eingesetzten Personals abhängen können, so dass insoweit von einem hinreichenden Auftragsbezug auszugehen wäre. Dass aber die Projektleiter die in § 14 des Versorgungsvertragsentwurfs festgelegten Beratungstätigkeiten wahrnehmen werden, ist in dem Vertragsentwurf gerade nicht festgeschrieben. Insoweit ist lediglich vom Auftragnehmer oder den von ihm beauftragten Apothekern die Rede (vgl. § 14 Abs. 2 sowie § 18 Abs. 2 des Versorgungsvertragsentwurfs). Das Projektleitungsteam hingegen soll nach § 19 Vertragsentwurfs (lediglich) als zentraler Ansprechpartner für sämtliche Belange im Zusammenhang mit der Vertragsdurchführung dienen. Da zwar sowohl der Gesamtprojektleiter als auch der Stellvertreter nach den Vorgaben der Vergabeunterlagen über die spezielle Berufszulassung als Apotheker verfügen müssen, ist es durchaus möglich, dass die Projektleiter im Rahmen der Auftragsausführung die Beratungstätigkeiten übernehmen; sichergestellt ist es gleichwohl nicht. Es wäre aber mit dem Ziel der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots nicht zu vereinbaren, wenn im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung qualitative Aspekte bewertet werden, die im Rahmen der späteren Auftragsausführung keine Rolle mehr spielen (vgl. BT-Drs. 18/6281, 112). Aus diesen Gründen ist vorliegend der gem. § 127 Abs. 3 GWB nötige Auftragsbezug des Zuschlagskriteriums „Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams aus der Bieterpräsentation“ nach der momentanen Vertragskonzeption zu verneinen.
Durch den mangelnden Auftragsbezug ist die Antragstellerin in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB verletzt, da den Anforderungen an die Bestimmung der Zuschlagskriterien bieterschützender Charakter zukommt (vgl. OLG München, Beschluss vom 24.03.2021 – Verg 12/20). Hält der Antragsgegner an seiner Beschaffungsabsicht fest, muss er den Fehler durch geeignete Maßnahmen beheben (OLG München, aaO).
2.2. Die Wertung des nichtpreislichen Kriteriums „Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams aus der Bieterpräsentation“ weist zudem Ermessensfehler auf, da sie auf einer fehlerhaften Tatsachenbasis beruht. Sie ist mangels hinreichender Dokumentation der Inhalte der Präsentationen auch nicht hinreichend nachvollziehbar.
Der Auftraggeber hat bei der Prüfung und Wertung der Angebote einen Beurteilungsspielraum, der vergaberechtlich nur eingeschränkt der Nachprüfung unterliegt (OLG München, Beschluss vom 22.01.2016 – Verg 13/15). Die Vergabenachprüfungsinstanzen sind insbesondere nicht befugt, ihre eigene Wertung anstelle derjenigen des Auftraggebers zu stellen (vgl. VK Südbayern, Beschluss vom 04.09.2017 – Z3-3-3194-1-31- 06/17). Die Wertungsentscheidung muss jedoch den an sie zu stellenden vergaberechtlichen Anforderungen genügen. Die Nachprüfungsinstanzen können die Wertungsentscheidung dementsprechend daraufhin kontrollieren, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet wurden (vgl. OLG München Beschluss vom 26.02.2021 – Verg 14/20 m. w. N.). Daneben bedarf es einer bezogen auf den jeweiligen Beurteilungsspielraum hinreichenden Dokumentation der Wertungsentscheidung, um die Nachvollziehbarkeit sicherzustellen (vgl. VK Südbayern, Beschluss vom 19.01.2017 – Z3-3-3194-1-45-11/16).
2.2.1. Ausweislich des Wortlauts des Zuschlagskriteriums sollte hier der Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams aus der Bieterpräsentation als qualitativer Aspekt der Wirtschaftlichkeitsprüfung Berücksichtigung finden. Den für die Leistungserbringung vorgesehenen Projektleiter bzw. stellvertretenden Projektleiter hatten die Bieter bereits im Rahmen des Teilnahmeantrags zu benennen. Dass diese Personen im Rahmen der Auftragsausführung eingesetzt werden, war in § 19 des Versorgungsvertragsentwurfs vertraglich abgesichert. Somit durfte auch nur die Qualität der benannten Personen Gegenstand der Wertungsentscheidung sein. Die hierfür abzuhaltenden Präsentationen sollten nach Abschnitt IV. 1. und 5. der Vergabebedingungen eine Kurzvorstellung des Unternehmens sowie der Angebote beinhalten.
Wie sich aus dem Vermerk des Antragsgegners über die Öffnung und Prüfung der eingegangenen Erstangebote sowie Protokollierung der Verhandlungsgespräche ergibt, nahmen auf Seiten der Beigeladenen an den Verhandlungsgesprächen neben den benannten Personen für die Projektleitung sowie die stellvertretende Projektleitung auch der Inhaber der Apotheke Teil. Aus dem Protokoll des Verhandlungsgesprächs ergibt sich zudem, dass der Inhaber der Apotheke sowohl zu Beginn der Präsentation die Kurzvorstellung des Unternehmens übernahm als auch im weiteren Verlauf der Präsentation fachlich-inhaltliche Aussagen tätigte. Die Vergabekammer muss vor diesem Hintergrund davon ausgehen, dass der Inhaber der Apotheke eine aktive Rolle bei der Präsentation des Projektleitungsteams spielte und die Entscheidung des Wertungsgremiums mangels anderweitiger Anhaltspunkte in der Dokumentation auf Grundlage der gesamten Präsentation, also einschließlich der Beiträge des Inhabers, getroffen wurde. Dass sich das Wertungsgremium nicht der (rechtlichen) Tatsache bewusst war, sich ausschließlich auf eine Wertung der benannten Personen für die Projektleitung zu fokussieren, zeigt insbesondere auch die Wertung der Präsentation der Antragstellerin. Denn auf Seiten der Antragstellerin war ausweislich der Protokollierung der Verhandlungsgespräche lediglich der Inhaber der Apotheke sowie die benannte Person für die verantwortliche Projektleitung, nicht aber die Person für die stellvertretende Projektleitung anwesend. Wenn der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 04.10.2021 zur Begründung der Wertungsentscheidung ausführt, dass seitens der Antragstellerin von den vorgesehenen Projektleitern präsentiert worden sei, widerspricht dies nicht nur der Dokumentation der Verhandlungsgespräche und den anderweitigen Angaben der Antragstellerin im Teilnahmewettbewerb, sondern belegt vielmehr, dass der Antragsgegner im Rahmen seiner Wertung nicht stringent darauf achtete, ausschließlich das benannte Projektleiterteam zu bewerten. Hieraus ergibt sich nach der Überzeugung der Vergabekammer, dass sich der Antragsgegner zum Zeitpunkt der Entscheidung, welche ausweislich des Protokolls über die Verhandlungsgespräche im unmittelbaren Anschluss an die Präsentationen erfolgte, dem Umstand, dass allein die Qualifikation der jeweiligen Projektleiter Gegenstand der Beurteilung zu sein hatte, nicht bewusst war. Dies aber stellt einen schweren Ermessensfehler dar.
Die Antragstellerin ist durch die ermessensfehlerhafte Wertungsentscheidung des Antragsgegners auch in ihren Rechten verletzt, da sie gem. § 97 Abs. 6 GWB einen Anspruch darauf hat, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden, wozu auch die ordnungsgemäße Ausübung von Ermessens- bzw. Beurteilungsspielräumen zählt (vgl. OLG München, Beschluss vom 09.03.2018 – Verg 10/17). Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin scheidet auch nicht aus dem Grund aus, dass die von ihr als stellvertretende Projektleitung benannte Person nicht am Verhandlungsgespräch teilnahm. Zwar findet sich in Abschnitt IV. 3. der Vergabebedingungen die Festlegung, dass auf die Anwesenheit des benannten Projektleiters und des stellvertretenden Projektleiters vom Auftraggeber großer Wert gelegt wird. Verbindlich vorgegeben war es jedoch nicht und ausweislich des Protokolls über die Verhandlungsgespräche hatte sich der Antragsgegner im Vorfeld mit der Abwesenheit der benannten Person für die stellvertretende Projektleitung einverstanden erklärt. Das Versäumnis des Antragsgegners, auf eine Anwesenheit des vollzähligen Projektleiterteams zu bestehen, um überhaupt den Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams aus der Bieterpräsentation bewerten zu können, kann der Antragstellerin aber nicht zum Nachteil gereichen.
2.2.2. Ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme, weist die Vergabekammer darauf hin, dass sich die konkret getroffene Wertungsentscheidung auch nach Ergänzung der Dokumentation durch die nachgereichten handschriftlichen Notizen nicht hinreichend nachvollziehen lässt.
Insoweit ist zu beachten, dass die Dokumentationspflichten des Auftraggebers mit der Offenheit des Bewertungssystems korrespondieren. Je größere Spielräume sich ein Auftraggeber durch die Gestaltung der Zuschlagskriterien und der verwendeten Bewertungsmethode zu verschaffen versucht, desto höher sind die Anforderungen an die Dokumentation zu setzen, um eine nachvollziehbare Bewertung sicherzustellen (VK Südbayern, Beschluss vom 19.1.2017 – Z3-3-3194-1-47- 11/16). Im vorliegenden Vergabeverfahren hat der Antragsgegner für das infrage stehende Zuschlagskriterium ein verhältnismäßig offenes Bewertungssystem verwendet, indem er zur Differenzierung lediglich auf Schulnoten bzw. unbestimmte Formulierungen wie beispielsweise „kaum“, „in Teilen“ oder „vollumfänglich“ abstellte. Ein solches Vorgehen ist nach der Rechtsprechung des BGH zwar zulässig, führt aber zu höheren Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit der Dokumentation (BGH, Beschluss vom 04.04.2017 – X ZB 3/17). Der Auftraggeber hat danach seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend zu dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind. Dieser Anforderung wird die Begründung der Wertungsergebnisse des Antragsgegners schon allein deswegen nicht gerecht, weil es an einer hinreichenden Dokumentation der Inhalte der Präsentationen mangelt. So kann die Vergabekammer beispielsweise nicht beurteilen, ob das Wertungsgremium die Strukturierung des Vortrags oder die Ausdrucksweise der Referenten nach einheitlichen Maßstäben beurteilt hat. Sie kann nicht beurteilen, welche Aussagen die nicht zu bewertenden Betriebsinhaber jeweils getätigt haben. Auch die handschriftlichen Notizen der Mitglieder des Wertungsgremiums geben überwiegend Wertungsergebnisse wieder, ohne dass deutlich würde, woran die jeweilige Beurteilung festgemacht wurde.
2.3. Die übrigen von der Antragstellerin vorgebrachten Beanstandungen erachtet die Vergabekammer für unbegründet.
2.3.1. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin sieht die Vergabekammer einen Verstoß gegen § 53 Abs. 1 VgV nicht darin begründet, dass die Inhalte der Präsentationen von den Bietern nicht bereits mit dem Angebot einzureichen waren.
Anders als in dem seinerzeit von der Vergabekammer entschiedenen Fall (vgl. VK Südbayern, Beschluss vom 02.04.2019 – Z3-3-3194-1-43-11/18) sind vorliegend nicht die Inhalte der Präsentationen Gegenstand des Angebots, sondern die jeweils benannten Personen für die Projektleitung, deren Qualifikation anhand der Präsentationen beurteilt werden sollte. Mithin handelt sich bei den Präsentationen vorliegend um eine besondere Form der „Teststellung“, vergleichbar etwa mit einem Probevortrag. In Abschnitt IV. 1. der Vergabebedingungen war festgelegt, dass die Inhalte der Konzepte nicht Gegenstand der Verhandlungen seien. Damit konnten diese auch im Rahmen der Präsentationen nicht modifiziert werden, was die rein deklaratorische Natur der Präsentationsinhalte belegt.
Soweit die Antragstellerin die Fassung des Zuschlagskriteriums „Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams aus der Bieterpräsentation“ nebst Unterkriterien als zu vage und lediglich der rein subjektiven Beurteilung des Antragsgegners unterliegend beanstandet, teilt die Vergabekammer diese Ansicht nicht. Die fünf genannten Unterkriterien lassen erkennen, worauf es dem Antragsgegner bei der Bewertung des Zuschlagskriteriums ankommt. Dass die Unterkriterien nicht mit sogenannten Zielerreichungsgraden unterlegt sind, ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BGH (BGH, Beschluss vom 04.04.2017 – X ZB 3/17) grundsätzlich hinzunehmen und resultiert in der bereits zuvor erörterten gesteigerten Dokumentationspflicht.
2.3.2. Die Einwendungen der Antragstellerin gegen die Eignung der Beigeladenen bleiben ohne Erfolg. Insbesondere war nach den Kriterien der Auftragsbekanntmachung nicht gefordert, dass die Versorgungsapotheke der Referenzaufträge mit der Versorgungsapotheke des zu vergebenden Auftrags identisch sein muss.
Die in Abschnitt III. 1. 3) der Auftragsbekanntmachung festgelegten Bestimmungen fordern verschiedene Belege der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit i.S.v. § 46 Abs. 3 VgV. Soweit hiernach Angaben zu Entfernungen in Kilometern und Rüst- und Fahrzeiten in Minuten zu machen sind, handelt es sich um eine Erklärung zur Ausstattung des Unternehmens gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 10 VgV. Zweck der Erklärung ist die Überprüfung der Frage, ob der Bewerber und spätere Bieter über eine Apotheke für einen nach § 14 Abs. 5 ApoG genehmigungsfähigen Vertrag über die Arzneimittelversorgung des Krankenhauses durch diese Apotheke verfügt. Soweit demgegenüber in der Auftragsbekanntmachung Angaben zu Referenzprojekten gefordert werden, handelt es sich um einen Eignungsnachweis gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV. Zweck dieses Nachweises ist die Überprüfung der Frage, ob der Bewerber vergleichbare Aufträge bereits in der Vergangenheit erfolgreich ausgeführt hat und damit den Schluss zulässt, dass auch der zu vergebende Auftrag ordnungsgemäß ausgeführt werden wird. Für die Vergleichbarkeit sollte es nach den Festlegungen in der Auftragsbekanntmachung auf die Aufgabenstellung, also Ort, Größe, Umfang und Komplexität des Auftrags ankommen. Als Mindestanforderung mussten die Referenzaufträge die externe Versorgung mit Arzneimitteln, sonstigen apothekenpflichtigen Medizinprodukten und apothekenüblichen Waren, die Herstellung von Arzneimitteln, die Erbringung von Logistik- und Controllingaufgaben sowie die Erbringung von (persönlichen) (Notfall-) Beratungsleistungen auf Grundlage eines Versorgungsvertrags gemäß § 14 Abs. 4 ApoG mit einem Krankenhaus bzw. Klinikum umfassen.
Bewerber bzw. Bieter im Vergabeverfahren ist auf Seite der Beigeladenen der Einzelunternehmer A… F…. Dieser ist Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer Hauptapotheke in DXX sowie einer Filialapotheke in L…. Das Berufen auf Referenzen, die eine rechtlich unselbständige Niederlassung erarbeitet hat, führt aber nicht zu einem Fall der Eignungsleihe (vgl. Voppel/Osenbrück/Bubert/Voppel, 4. Aufl. 2018, VgV § 47 Rn. 6). Daran ändert auch das apothekenrechtliche Erfordernis gem. § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 ApoG nichts, wonach der Betreiber für jede weitere Apotheke (Filialapotheke) schriftlich einen Apotheker als Verantwortlichen zu benennen hat, der die apothekenrechtlichen Verpflichtungen für Apothekenleiter zu erfüllen hat. Hinsichtlich der Eignungsaspekte der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit sieht das im Ergebnis auch die Antragstellerin so. Dass der Beurteilungsmaßstab bei der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit ein Anderer sein soll, ist dagegen wenig überzeugend. Vor diesem Hintergrund geht die Annahme der Antragstellerin fehl, dass die Referenzaufträge von derselben Versorgungsapotheke ausgeführt werden mussten, die für den zu vergebenden Auftrag benannt wurde.
Die Erfüllung der Eignungsvoraussetzungen hat die Beigeladene mit ihrem Teilnahmeantrag nachgewiesen. Sie hat insbesondere nachgewiesen, dass sie über eine genehmigte Versorgungsapotheke verfügt, welche die Standort- und Zeitvorgaben des Antragsgegners erfüllt, und im abgefragten Zeitraum vergleichbare Referenzaufträge ausgeführt hat.
2.3.3. Die Beurteilung der von der Beigeladenen eingereichten Konzepte durch den Antragsgegner lässt Ermessensfehler nicht erkennen.
Die Nachprüfungsinstanzen untersuchen auf Rüge die Benotung des Angebots des Antragstellers als solche und in Relation zu den übrigen Angeboten und darauf hin, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden (BGH, Beschluss vom 04.04.2017 – X ZB 3/17). Die Nachprüfungsinstanzen können die Wertungsentscheidung des Auftraggebers unter Beachtung des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums insbesondere daraufhin kontrollieren, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet wurden (vgl. OLG München Beschluss vom 26.02.2021 – Verg 14/20 m. w. N.).
Der Vermerk des Antragsgegners zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots lässt die tragenden Erwägungen erkennen, welcher der Antragsgegner seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Dass ihm hierbei Ermessensfehler unterlaufen wären, ist nicht ersichtlich. Die Bewertung erweist sich im Vergleich der beiden Angebote als konsistent. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass die Antragstellerin für ihr Konzept zur Vorbereitung und Durchführung der Leistungsübernahme nicht die volle Punktzahl erhalten hat. Anders als die Antragstellerin meint, war das Zuschlagskriterium so ausgestaltet, dass auch ein Bestandsdienstleister Ausführungen inhaltlicher Art zu tätigen hatte und dies auch konnte. Dies gilt namentlich für die Unterkriterien „Kommunikation und Projektsteuerung in der Phase der Leistungsübernahme“ sowie „Zeitlicher Ablaufplan bis zum Zeitpunkt der Leistungsübernahme“, auf welche die Antragstellerin als Bestandsauftragnehmerin in ihrem Konzept nicht detailliert einging. Bereits aus Gründen der Abrechnung, aber auch aufgrund der Tatsache, dass der neu zu vergebende Auftrag nach Darlegung des Antragsgegners inhaltliche Änderungen gegenüber dem Bestandsauftrag beinhaltet, wären Ausführungen zu diesen Unteraspekten möglich und nötig gewesen. Dass der Antragsgegner das Konzept der Antragstellerin nicht mit der vollen Punktzahl bedachte, ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar.
Gleiches gilt für das Konzept zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Hier hat der Antragsgegner den Punktabzug beim Konzept der Antragstellerin damit gerechtfertigt, dass aus Sicht des Wertungsgremiums keine anforderungsspezifischen Ausführungen zu den Pflichten nach der Verordnung zur Erhöhung der Bevorratung mit Arzneimitteln zur intensivmedizinischen Versorgung vom 07.07.2021 dargestellt worden seien. Dies trifft nach Ansicht der Vergabekammer zu. Die Antragstellerin hat zwar die Verordnung zur Erhöhung der Bevorratung mit Arzneimitteln zur intensivmedizinischen Versorgung als zu berücksichtigenden Aspekt erwähnt. Sie ist jedoch nicht näher darauf eingegangen, welche spezifischen Anforderungen an die Bevorratung dies zur Folge hat. Der vorgenommene Punktabzug bewegt sich somit nach Ansicht der Vergabekammer noch innerhalb des dem Antragsgegner zustehenden Beurteilungsspielraums.
2.3.4. Das Angebot der Beigeladenen ist nicht gem. § 60 Abs. 3 Satz 1 VgV vom Vergabeverfahren auszuschließen.
In der Rechtsprechung der Vergabesenate sind insoweit Aufgreifschwellen anerkannt, bei deren Erreichen eine Verpflichtung des Auftraggebers angenommen wird, in eine nähere Prüfung der Preisbildung des fraglichen Angebots einzutreten (BGH, Beschluss vom 31.01.2017 – X ZB 10/16). Maßgeblich für die Feststellung unangemessen niedriger Angebotspreise ist der Vergleich der Endpreise. Der öffentliche Auftraggeber ist in der Regel verpflichtet, in die Prüfung der Preisbildung einzutreten, wenn der Abstand zwischen dem Angebot des bestplatzierten und dem Angebot des zweitplatzierten Bieters mehr als 20% beträgt (BayObLG, Beschluss vom 09.04.2021 – Verg 3/21 m. w. N.). Bei einem Preisabstand von unter 10% zum nächsthöheren Angebot besteht regelmäßig kein Anlass für eine Aufklärung der Angemessenheit der Preise (vgl. BayObLG, aaO). Der preisliche Abstand zwischen den Angeboten von Antragstellerin und Beigeladener beträgt vorliegend weniger als 10%. Anhaltspunkte für eine unzulässige Verlagerung von Preisansätzen sind nicht ersichtlich. Es sind auch keine sonstigen Umstände ersichtlich, die den Preis des Angebots der Beigeladenen als ungewöhnlich niedrig erscheinen lassen. Der pauschale Hinweis der Antragstellerin, dass die Gewinnmargen bei Apothekenlieferaufträgen traditionell sehr gering seien, genügt hierfür nicht.
2.3.5. Die von der Antragstellerin vermuteten Verstöße gegen den Transparenz- und den Gleichbehandlungsgrundsatz liegen nicht vor.
Der Antragsgegner hat die Verhandlungsgespräche dokumentiert. Bei der Sichtung der Vergabedokumentation konnte die Vergabekammer keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass die Antragstellerin im Rahmen der Verhandlungen gegenüber der Beigeladenen diskriminiert worden wäre. Ausweislich des Verhandlungsprotokolls haben auf Seiten des Antragsgegners drei Personen als Gremiumsmitglieder an den Verhandlungen teilgenommen. Diese sind den Bietern auch jeweils zu Beginn der Verhandlungsgespräche vorgestellt worden. Die Vermutung der Antragstellerin, dass der Antragsgegner in die Vergabeentscheidung nicht hinreichend eingebunden gewesen sei, ist vor diesem Hintergrund fernliegend und wurde vom Antragsgegner jedenfalls mit Vorlage der handschriftlichen Notizen der Gremiumsmitglieder entkräftet.
2.3.6. Jedenfalls bei einer Öffnung der Angebote durch zwei Rechtsanwälte der mit der Verfahrensdurchführung betrauten Kanzlei liegt kein Verstoß gegen § 55 Abs. 2 Satz 1 VgV vor, da diese aufgrund berufsrechtlicher Anordnung nach § 43a Abs. 2 BRAO bzw. § 2 Abs. 1 BORA zur Verschwiegenheit verpflichtet sind (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2018 – Verg 31/18). Zudem ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin hierdurch in ihren Rechten verletzt sein könnte. Gleiches gilt für das von der Antragstellerin als inhaltlich unzureichend beanstandete Informationsschreiben gemäß § 134 GWB. Durch einen etwaigen Verstoß gegen die in § 134 Abs. 1 GWB niedergelegte Informationspflicht wurden die Rechtschutzmöglichkeiten der Antragstellerin nicht beeinträchtigt. Sie konnte ihre Rügen gegenüber dem Antragsgegner vorbringen und nach deren Nichtabhilfemitteilung ihren Nachprüfungsantrag rechtzeitig stellen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.09.2017 – Verg 9/17 m. w. N.).
2.3.7. Es begegnet nach Ansicht der Vergabekammer keinen vergaberechtlichen Bedenken, dass der Antragsgegner vorliegend als Verfahrensart ein Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb gewählt hat. Nach der Intention der Richtlinie 2014/24/EU sollte die Anwendung des Verhandlungsverfahrens gestärkt werden, um den grenzüberschreitenden Handel zu fördern (vgl. Erwägungsgrund Nr. 42 der Richtlinie 2014/24/EU). Gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 3 VgV kann der öffentliche Auftraggeber Aufträge im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn der Auftrag aufgrund konkreter Umstände, die mit der Art, der Komplexität oder dem rechtlichen oder finanziellen Rahmen oder den damit einhergehenden Risiken zusammenhängen, nicht ohne vorherige Verhandlungen vergeben werden kann. Erwägungsgrund Nr. 43 der Richtlinie 2014/24/EU nennt als Beispiel für komplexe Anschaffungen unter anderem geistige Dienstleistungen wie etwa bestimmte Beratungsleistungen, bei denen Verhandlungen notwendig sind, um zu gewährleisten, dass die betreffende Lieferung oder Dienstleistung den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers entspricht.
Gemäß § 14 Abs. 5 Satz 1 ApoG bedarf ein Krankenhausversorgungsvertrag zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der zuständigen Behörde. Die Erteilung der Genehmigung hängt von den in § 14 Abs. 5 Satz 2 ApoG genannten Voraussetzungen ab. Die Vergabekammer sieht in diesem Umstand eine hinreichende Notwendigkeit begründet, dass sich der öffentliche Auftraggeber Verhandlungen über die Leistung vorbehält, insbesondere um zu gewährleisten, der zuständigen Behörde einen genehmigungsfähigen Vertrag vorlegen zu können. Die Frage des Zusammenspiels von nationalem Apothekenrecht und europäischem Vergaberecht ist weitgehend ungeklärt. Insbesondere bei einer zu Beginn des Vergabeverfahrens nicht auszuschließenden und nach der Zielrichtung des europäischen Vergaberechts sogar gewünschten Beteiligung von Unternehmen aus dem europäischen Ausland sind die Einzelheiten der Leistungserbringung, die für einen nach § 14 Abs. 5 ApoG genehmigungsfähigen Vertrag notwendig sind, kaum im Vorfeld absehbar.
- Kosten des Verfahrens
Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 182 Abs. 3 S. 1 GWB derjenige zu tragen, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterlegen ist. Dies sind vorliegend der Antragsgegner und die Beigeladene. Die Beigeladene ist an der Kostentragung zu beteiligen, da sie sich durch schriftsätzlichen und mündlichen Vortrag und die Stellung von Anträgen aktiv am Verfahren beteiligt hat. Hierdurch hat sie das gegenständliche Verfahren wesentlich gefördert und ein Kostenrisiko auf sich genommen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.06.2014, VII-Verg 12/03). Gem. § 182 Abs. 3 Satz 2 GWB haften mehrere Kostenschuldner als Gesamtschuldner.
Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 182 Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500 Euro und 50.000 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt und, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag vom 100.000 Euro erhöht werden kann.
Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens.
Von der Antragstellerin wurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskraft erstattet.
Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin beruht auf § 182 Abs. 4 S. 1 GWB. Da der Antragsgegner sowie die Beigeladene im Nachprüfungsverfahren unterlegen sind, haben sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin gem. § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB i.V.m. § 421 Abs. 1 Satz 1 BGB gesamtschuldnerisch zu tragen.
Die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters durch die Antragstellerin wird als notwendig i. S. v. § 182 Abs. 4 S. 4 GWB i. V. m. Art. 80 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 2 BayVwVfG angesehen. Die anwaltliche Vertretung war erforderlich, da die zweckentsprechende Führung eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens die rechtlichen Kenntnisse eines durchschnittlichen mittelständischen Unternehmens weit überschreitet. Für Bieter ist im Vergabenachprüfungsverfahren die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters regelmäßig erforderlich.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen die Entscheidung der Vergabekammer kann binnen einer Notfrist von zwei Wochen (§ 172 GWB), die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, die sofortige Beschwerde (§ 171 GWB) schriftlich beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingelegt werden. Die Briefanschrift lautet:
Bayerisches Oberstes Landesgericht
Schleißheimer Str. 141
80797 München
Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss enthalten:
- Die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und
- die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt.
Die Beschwerdeschrift muss durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten.