Ax Vergaberecht

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VergMan ®, sichere Vergabe- und Angebotsstrategien, Nebenangebote

Lässt der öffentliche Auftraggeber nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 VOB/A Nebenangebote zu, hat er nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 lit. b) VOB/A Mindestanforderungen festzulegen, denen die Nebenangebot genügen müssen. Diese Bestimmung schützt die Bieter, die Nebenangebote abgeben möchten, davor, dass ihre Nebenangebote mit der Begründung zurückgewiesen werden, sie seien gegenüber dem Hauptangebot minderwertig und wichen davon unannehmbar ab. Für eine unbenannte, nicht näher determinierte und damit intransparente Gleichwertigkeitsprüfung zwischen Haupt- und Nebenangeboten lässt § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 lit. b) zum Schutz der Bieter keinen Raum (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.12.2019 – VII-Verg 35/19 Rn. 61 zu § 33 Abs. 1 Satz 1 SektVO). Denn zwar mag eine solche Gleichwertigkeitsprüfung geeignet sein, den Wert von Nebenangeboten im Verhältnis zum Hauptangebot zu beurteilen. Bei der gebotenen generalisierenden Betrachtung genügt eine Gleichwertigkeitsprüfung, für die es keine benannten Bezugspunkte gibt, wenn der Preis das einzige Zuschlagskriterium sein soll, nicht den Anforderungen an transparente Wertungskriterien, da für die Bieter bei Angebotsabgabe nicht mehr mit angemessenem Sicherheitsgrad vorhersehbar ist, welche Varianten die Vergabestelle bei der Wertung noch als gleichwertig anerkennen wird und welche nicht mehr (BGH, Beschluss vom 7.1.2014 – X ZB 15/13).

Mindestanforderungen für Nebenangebote müsse nicht ausdrücklich als solche bezeichnet werden. Jedoch ist erforderlich, dass der Bieter erkennen kann, dass es sich um eine Mindestanforderung handelt. Eine solche Mindestanforderung auch für Nebenangebote kann sich zB aus der Baubeschreibung ergeben, wenn eine dortige Regelung nach der Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont eines durchschnittlichen Bieters des angesprochenen Bieterkreises nur im Sinne einer Mindestanforderung an Nebenangebote verstanden werden kann (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.12.2019 – VII Verg 35/19 Rn. 57, zit. nach juris; zur Auslegung der Vergabeunterlagen nach dem jeweiligen objektiven Empfängerhorizont auch: Senat, Beschluss vom 21.7.2020 – 11 Verg 9/19 Rn. 117, zit. nach Beck).

Das Leistungsverzeichnis befasst sich als sachlich-technischer Orientierungsmaßstab grundsätzlich lediglich mit den Anforderungen, die an das Hauptangebot gestellt werden (Goede/Hänsel in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Auflage, § 35 VgV Rn. 9; BayObLG, NZBau 2004, 626, 627). Sinn eines Nebenangebots ist es aber, eine davon abweichende Leistung vorzuschlagen (OLG Koblenz, Beschluss vom 31.5.2006 – 1 Verg 3/06 Rn. 60). Würde man also die Mindestanforderungen an Nebenangebote mit den Anforderungen an Hauptangebote gleichstellen, könnte es keine Nebenangebote mehr geben, weil diese dem Leistungsverzeichnis gerade nicht entsprechen (BayObLG, NZBau 2004, 626, 627). Daher ist grundsätzlich eine Vorgabe des Leistungsverzeichnisses nicht als Mindestanforderung für die Nebenangebote zu verstehen.

Etwas anderes kann dann gelten, wenn sich eine Vorgabe im Leistungsverzeichnis etwa auf eine bestimmte Technik oder Ausführung bezieht, die nicht Gegenstand des Hauptangebots sein kann. In einem solchen Fall kann trotz fehlender ausdrücklicher Bezeichnung als Mindestanforderung die Vorgabe im Leistungsverzeichnis oder der Baubeschreibung als Mindestanforderung auszulegen sein (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.12.2019 – VIII Verg 35/19).