Hamburgisches OVG: Folgeunterkunft: Einstweiliger Rechtsschutz abgelehnt
Die Beschwerde von zwei Anwohnern gegen den Beschluss, mit welchem die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Errichtung und den Betrieb einer Folgeunterkunft abgelehnt wurde, wurde zurückgewiesen. Die Baugenehmigung kann vollzogen werden.
Hamburgisches OVG, Beschluss vom 30.09.2016 – 2 Bs 110/16
Gründe
I.
Die Antragsteller wenden sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die von der Antragsgegnerin zugunsten der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Neubau einer Flüchtlingsunterkunft.
Das Vorhabengrundstück (Flurstücke … [vormals …] und … [vormals …] der Gemarkung B…) ist ca. 79.200 qm groß und wurde bislang landwirtschaftlich genutzt. Es liegt in der Mitte eines Dreiecks, das gebildet wird im Nordosten durch die Bahnlinie …, einschließlich einer dazu parallel verlaufenden S-Bahn-Linie, im Süden durch einen alten Bahndamm und im Nordwesten durch die Straße M… .
L… Sein größeres Flurstück … grenzt unmittelbar sowohl an die Bahnlinie als auch den Bahndamm und liegt von der Straße etwa 150 m nach Osten versetzt zurück und reicht dort bis zum B… Graben. Es wird durch das kleinere Flurstück … auf einer Breite von ca. 50 m mit der Straße verbunden. Südlich und nördlich des letztgenannten Flurstücks liegen ebenfalls am M… L… zwei Kleingartengelände. Zwischen dem nördlichen Kleingartengelände und dem Flurstück … liegen zwei mit Wohnhäusern bebaute Grundstücke, wovon eines im Eigentum des Antragstellers zu 2) steht und von ihm bewohnt wird (Flurstück …). Westlich des M… L… befindet sich ein weiteres Kleingartengelände. Südlich davon und parallel zum alten Bahndamm verläuft der beidseitig mit Wohnhäusern bebaute L…, der in den M… L… mündet. An seinem Beginn befindet sich ein Grundstück (Flurstück …), das mit einem Doppelhaus bebaut ist. Dessen nördliche Hälfte steht im Eigentum des Antragstellers zu 1) und wird von ihm bewohnt.
Der gesamte Bereich beiderseits des M… L…, zwischen der Bahnlinie im Norden und dem alten Bahndamm im Süden, wird im Baustufenplan Bezirk … I vom 10. März 1953, erneut festgestellt am 14. Januar 1955, als Bahnfläche dargestellt. Der Flächennutzungsplan stellt einen Streifen von etwa 60 m Tiefe östlich des M… L… als gemischte Baufläche, das weitere Gelände östlich davon bis zum B… … als gewerbliche Baufläche dar. Ebenfalls als gemischte Baufläche ist an der Einmündung des L… ein Streifen von etwa 70 m Tiefe auf der westlichen Seite des M… L… vorgesehen. Der weitere L… und ein Bereich in dessen gedachter Verlängerung nach Nordwesten, entlang des alten Bahndamms, wird als Wohnbaufläche dargestellt. Nördlich davon, auf der westlichen Seite des M… L…, wird die übrige Fläche Bahnanlagen vorbehalten.
Die Beigeladene beabsichtigt auf dem Vorhabengrundstück die Errichtung einer Folgeunterbringung für Flüchtlinge, wobei die Wohnungen zukünftig schrittweise in eine Wohnnutzung überführt werden sollen. Hierfür beantragte sie unter dem 17. Dezember 2015 die Erteilung einer Baugenehmigung im Verfahren mit Konzentrationswirkung für den Neubau einer Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende mit bis zu 3.400 Plätzen und Folgeeinrichtungen in 19 mehrgeschossigen Gebäuden. Unter Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erteilte die Antragsgegnerin daraufhin zunächst am 26. Februar 2016 eine Teilbaugenehmigung für die Abtragung des Oberbodens, die Aufschüttung des Geländes um 1,5 m und die Herstellung der Oberflächenentwässerung und der notwendigen Pfahlgründungen. Hiergegen legten die Antragsteller Widerspruch ein und beantragten beim Verwaltungsgericht Hamburg die Anordnung seiner aufschiebenden Wirkung (9 E 973/16). Ihre Beschwerde gegen die Ablehnung einer Zwischenverfügung wies das erken-nende Gericht mit Beschluss vom 11. März 2016 (2 Bs 33/16; NVwZ-RR 2016, 492 f.) zurück, weil nicht ersichtlich sei, dass die Antragsteller bereits durch die genehmigten Teilbauarbeiten in ihren Rechten verletzt sein könnten. Nach Erteilung der Baugenehmigung stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren ein.
Unter dem 18. April 2016 erteilte die Antragsgegnerin eine Baugenehmigung mit Konzentrationswirkung. Dagegen legten die Antragsteller am selben Tag Widerspruch ein. Ferner beantragten sie beim Verwaltungsgericht Hamburg dessen aufschiebende Wirkung anzuordnen. Dieses lehnte den Antrag mit Beschluss vom 10. Juni 2016 (9 E 1791/16), zugestellt am 21. Juni 2016, ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Baugenehmigung werde in einem Hauptsacheverfahren voraussichtlich nicht aufzuheben sein, weil sie weder an einem durchgreifenden Verfahrensfehler leide noch die Antragsteller in deren subjektiven Rechten verletze.
So sei die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorschriften nicht zu beanstanden. Die Bekanntmachung, welche Unterlagen bei dieser ausgelegt worden sind, sei zwar fehlerhaft gewesen, doch sei keine konkrete Möglichkeit zu erkennen, dass sich dieser Fehler auf die Entscheidung ausgewirkt habe. Soweit die Antragsteller die Fehlerhaftigkeit der ausgelegten umweltbezogenen Unterlagen rügten, würden sie inhaltliche Mängel, jedoch keine Verfahrensfehler geltend machen, die allein zur Aufhebung der Genehmigung führen könnten.
Darüber hinaus seien sie in ihren subjektiven öffentlichen Rechten nicht verletzt. Selbst wenn die Dimension des Vorhabens die Antragsgegnerin verpflichtet haben sollte, zuvor einen Bebauungsplan aufzustellen, sei ein Anspruch der Antragsteller hierauf gesetzlich ausdrücklich ausgeschlossen. Zudem könne ein Nachbar nicht verlangen, dass eine Baugenehmigung nur nach einer korrekten Abwägungsentscheidung erteilt werde, auch wenn seine Belange bei einer derartigen Entscheidung stärkere Berücksichtigung finden würden, als bei der Entscheidung über eine Baugenehmigung. Die Antragsteller könnten schließlich nicht mit Erfolg die Verletzung des Rücksichtnahmegebots geltend machen. Selbst wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig sein sollte und sich dadurch der Abwägungsmaßstab zu Lasten des Bauherrn verschärfen würde, läge kein Verstoß gegen jenes Gebot vor. Die in der Baugenehmigung getroffenen Vorkehrungen würden Gefahren durch eine unzureichende Entwässerung der Nachbargrundstücke, Setzungen des aufgeschütteten Erdreichs und die mit den Bauarbeiten verbundenen Erschütterungen sowie erhebliche Belästigungen durch den dabei entstehenden Lärm ausschließen. Auch der mit der Flüchtlingsunterkunft zu erwartende Verkehrslärm werde gegenüber den Antragstellern nicht rücksichtslos sein. Bei einer auf dauerhaftes Wohnen angelegten Folgeunterkunft sei anzunehmen, dass auch ein Teil der Bewohner über Fahrzeuge verfügen werde. Das von der Beigeladenen im vorangegangenen Eilverfahren vorgelegte Gutachten vom 31. März 2016 komme allerdings unter Berücksichtigung aller vorhandenen 253 Stellplätze zu einer Lärmimmissionsprognose, deren Werte keine unzumutbare Beeinträchtigung des Antragstellers zu 2) erwarten lasse. Gleiches gelte hinsichtlich des Antragstellers zu 1) aufgrund eines von der Beigeladenen vorgelegten Gutachtens vom 17. Mai 2016, welches die gleichen Annahmen treffe wie dasjenige vom 31. März 2016. Keiner Betrachtung bedürfe die vorgesehene Anschlussnutzung der Gebäude, da sie nicht Gegenstand der angefochtenen Baugenehmigung sei.
II.
Die am 22. Juni 2016 fristgerecht (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) eingelegte und am 18. Juli 2016 rechtzeitig (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) begründete Beschwerde bleibt erfolglos. Sie ist unbegründet, weil die mit ihr dargelegten Gründe, die das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO allein zu prüfen hat, nicht geeignet sind, die den Beschluss des Verwaltungsgerichts tragenden Gründe in Frage zu stellen.
1. Das Verwaltungsgericht hat die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung nach Maßgabe des hamburgischen Landesrechts unbeanstandet gelassen, weil sich die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung aus diesem und nicht dem Bundesrecht ergebe. Es fehle schon seinem Wortlaut nach an den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Nr. 18.7.2 der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2490), weil die Antragsgegnerin auf die Durchführung eines Bauleitplanverfahrens verzichtet und eine Baugenehmigung erteilt habe. Das Vorhaben unterfalle daher nach § 1 Abs. 1 i.V.m. Nr. 2.6.2 der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in Hamburg (Hmb-UVPG) vom 10. Dezember 1996 (HmbGVBl. S. 310), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 2. Dezember 2013 (HmbGVBl. S. 484), dem Anwendungsbereich jenes Gesetzes.
a) Diese Begründung wird von den Antragstellern nicht dadurch erschüttert, dass sie von der objektiv-rechtlichen Erforderlichkeit eines Bauleitplanverfahrens ausgehen und in dessen Vermeidung durch die Antragsgegnerin einen Umgehungstatbestand sehen, der nach den „allgemeinen Grundregeln des deutschen Rechts“ unzulässig sei. Entgegen der Auffassung der Antragsteller sind deswegen weder die bundesrechtlichen Verfahrensvor-schriften für die Aufstellung eines Bauleitplans noch jene für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung anzuwenden. Dies gilt nicht nur, weil es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz zur Geltung umgangener Verfahrensvorschriften gibt, sondern vor allem deshalb, weil es bereits an einem Umgehungstatbestand fehlt. Die Antragsgegnerin war nicht verpflichtet, vor der Genehmigung des Vorhabens der Beigeladenen einen Bebauungsplan zu erlassen.
Das Planungsermessen einer Gemeinde bei der Aufstellung eines Bebauungsplans umfasst neben dem „Wie“ auch das „Ob“ und „Wann“ planerischer Gestaltung; es umfasst sowohl ein Entschließungs- als auch ein Gestaltungsermessen. Grundsätzlich bleibt es der Einschätzung der Gemeinde überlassen, ob sie einen Bebauungsplan aufstellt, ändert oder aufhebt; sie darf sich insbesondere darauf verlassen, dass die planersetzenden Vorschriften der §§ 34, 35 BauGB zur Steuerung der städtebaulichen Entwicklung in Teilbereichen ihres Gebiets ausreichen. Dieses Ermessen wird durch § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB nur begrenzt, sobald und soweit die Aufstellung eines Bebauungsplans aus städtebaulichen Gründen erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.9.2003, BVerwGE 119, 25, 28 f.). Es verdichtet sich im unbeplanten Innenbereich zur strikten Planungspflicht, wenn qualifizierte städtebauliche Gründe von besonderem Gewicht vorliegen. Diese Verpflichtung entsteht nicht schon dann, wenn ein planerisches Einschreiten vernünftigerweise geboten wäre, sondern sie setzt besonders gewichtige Gründe voraus und besitzt Ausnahmecharakter. Ein derart dringender Planungsbedarf besteht daher erst dann, wenn die Genehmigungspraxis städtebauliche Konflikte auslöst, die eine Gesamtkoordination der widerstreitenden Belange in einem förmlichen Planungsverfahren dringend erfordern. Dieser Zustand ist jedenfalls dann erreicht, wenn städtebauliche Missstände oder Fehlentwicklungen bereits eingetreten sind oder ihr Eintritt in naher Zukunft droht (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.9.2003, a.a.O., S. 32). Das Erfordernis einer derartigen Bebauungsplanung hat aber auch dann nicht zur Folge, dass ohne die Planung eine Bebauung unterbleiben müsste. Vielmehr zielt es darauf ab, die bauliche Entwicklung in eine andere Richtung zu lenken (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.2013, UPR 2014, 184, 191, Rn. 56; Urt. v. 24.10.1980, BVerw-GE 61, 128, 133 f.).
Die Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 26 v. 28.1.2012, S. 1, im Folgenden: UVP-RL) ändert hieran nichts. Zwar stellt Art. 2 Abs. 1 UVP-RL ein Genehmigungserfordernis für Projekte mit erheblichen Umweltauswirkungen auf, doch ergibt sich aus dem weiteren Inhalt der Richtlinie nicht, dass dem nur durch eine planerische Abwägungsentscheidung Rechnung getragen werden kann. Dem steht bereits entgegen, dass die Richtlinie nur verfahrensrechtliche Anforderungen zum Gegenstand hat (BVerwG, Urt. v. 24.10.2013, a.a.O., S. 191 f. zur UVP-RL in der alten Fassung).
Nach diesem Maßstab ergeben sich aus dem Beschwerdevorbringen der Antragsteller (oder aus dem sonstigen Akteninhalt) schon keine hinreichenden Gründe für eine derartige Planungspflicht. So liegt das bislang unbebaute Vorhabengrundstück bereits nicht in einem unbeplanten Innenbereich des § 34 Abs. 1 oder 2 BauGB, sondern im Außenbereich nach § 35 BauGB. Die Distanz zwischen den beiden Wohnhäusern östlich des M… L… und den weiteren nächstgelegenen Gebäuden am B… … ist zu groß, als dass es sich dabei unter Einschluss des unbebauten Vorhabengrundstücks um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil handeln könnte. Zudem spricht zwar die Dimensionierung des Vorhabens dafür, dass die Erstellung eines Bebauungsplans sinnvoll sein könnte, doch löst diese Dimension alleine noch keinen, nur im Wege einer Bebauungsplanung lösbaren städtebaulichen Konflikt aus. Die Auswirkungen des Vorhabens auf seine Umgebung werden durch seine Lage zwischen den Bahndämmen im Norden und Süden erheblich eingegrenzt. Und dafür, dass seine Auswirkungen auf die wenigen Häuser am B… und die spärliche Bebauung am M… L… grundsätzlich nicht durch Auflagen zur Baugenehmigung beherrschbar sein sollten, spricht nichts.
b) Die Begründung des Verwaltungsgerichts zur Anwendbarkeit des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in Hamburg wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass als Bebauungsplan i.S.v. Nr. 18.7.2 der Anlage 1 des UVPG auch eine formlose Bauleitplanung anzusehen wäre. Es kann dahinstehen, ob die Auffassung der Antragsteller zutreffend ist, dass eine derartige formlose Planung dem Gesamtvorhaben zugrunde liegt. Dieses umfasst tatsächlich, neben den von der angefochtenen Baugenehmigung erfassten Gebäuden und der Erschließungsstraße, noch ein Versorgungshaus und eine weitere Lärmschutzwand, die nicht Gegenstand dieser Baugenehmigung geworden sind. Unzutreffend ist aber ihr Ansatz, dass der Begriff des Bebauungsplans im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung derart weit auszulegen sei.
Der von den Antragstellern für ihre Auffassung herangezogene Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 16. November 2006 (7 E 2847/06) wurde durch das Beschwerdegericht mit dem Beschluss vom 16. Januar 2007 (2 Bs 344/06) aufgehoben. Hierin hat es ausgeführt, dass im Interesse der Rechtsicherheit im Hinblick auf die in den §§ 3 ff. BauGB geregelten Beteiligungsrechte für die Einleitung eines Bauleitplanverfahrens ein klar definierter und nach Außen erkennbarer Akt erforderlich ist. Dies ist der Aufstellungsbeschluss, welcher nach § 2 Abs. 1 BauGB ortsüblich bekannt gemacht wird. Diese Erwägungen sind auf den Begriff des Bebauungsplans in Nr. 18.7.2 der Anlage 1 des UVPG zu übertragen, denn auch hier bedarf es für das in Kraft treten der mit der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verbundenen Verfahrensrechte eines eindeutigen Anknüpfungspunktes. An einem derartigen Aufstellungsbeschluss fehlt es im vorliegenden Fall.
c) Schließlich war die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht nach Maßgabe des Bundesrechts durchzuführen, weil diesem nach § 4 UVPG der Vorrang vor dem hamburgischen Landesrecht einzuräumen gewesen wäre. Mit dem hierauf abzielenden Vorbringen haben die Antragsteller nicht die gegenteilige Ansicht des Verwaltungsgerichts erschüttert, dass die Verfahrensregelungen des § 1 Abs. 4 Satz 1 HmbUVPG i.V.m. § 9 3 UVPG durch die weitergehenden Bestimmungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 UVPG i.V.m. § 73 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 bis 7 VwVfG (längere Auslegungs- und Stellungnahmefristen, zusätzlicher Erörterungstermin) nicht verdrängt werden. Zutreffend beruft es sich darauf, dass die Vorrangregelung des § 4 UVPG in diesem Fall nicht eingreift, weil ihre Anwendung aufgrund von § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG gegenständlich auf die in der Anlage 1 aufgeführten Vorhaben und damit den Anwendungsbereich des Gesetzes begrenzt wird (vgl. BT-Drs. 11/3919, S. 23; Appold in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 4 Rn. 1; Gallas in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Feb. 2016, § 4 UVPG Rn. 1; Gassner, UVPG, § 4 Rn. 4).
Die Wirkung des § 4 UVPG geht auch nicht etwa deswegen über den gegenständlichen Anwendungsbereich des Gesetzes hinaus, weil ihm aufgrund seines Satzes 1 generell gegenüber allen „Rechtsvorschriften der Länder“ ein Vorrang eingeräumt werden soll, soweit diese „in ihren Anforderungen diesem Gesetz nicht entsprechen“. Vielmehr werden davon nur diejenigen Rechtsvorschriften betroffen, die die Länder – ausnahmsweise – in den dem Bund zugewiesenen Kompetenzbereichen erlassen. Bis zur Neuregelung der Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern (Föderalismusreform I) durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) betraf dies jedenfalls die Rahmengesetzgebung durch den Bund, insbesondere auf den Feldern des Naturschutzes, der Landschaftspflege, der Raumordnung und des Wasserhaushalts (vgl. Gallas/Sangenstedt in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 3 UVPG, Rn. 16) nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 GG in der Fassung des Gesetzes vom 26. Juli 2002 (BGBl I S. 2863). So oblag es z.B. dem Landesrecht, bei zahlreichen wasserwirtschaftlichen Vorhaben deren UVP-Pflicht festzustellen (vgl. Nr. 13 der Anlage 1 zum UVPG in der Fassung der Änderung vom 22. Dezember 2008 [BGBl I S. 2986]), wobei die Anforderungen des § 3d UVPG a.F. zu berücksichtigen waren. Nunmehr kann sich ein derartiges Nebeneinander von Bundes- und Landesrecht dort ergeben, wo die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung aufgrund von Art. 72 Abs. 3 Satz 1 GG abweichende Regelungen treffen; auch dies betrifft die für eine Umweltverträglichkeitsprüfung relevanten Felder der ehemaligen Rahmengesetzgebung (vgl. Kment in: Hoppe/Beckmann, a.a.O., Einl Rn. 38 ff.). Entgegen der Auffassung der Antragsteller ergibt sich eine weite Auslegung des § 4 UVPG und damit der Vorrang jenes Gesetzes auch im originären Kompetenzbereich der Länder nicht aus Art. 31 GG, denn diese Vorschrift setzt gerade eine kompetenzgemäß erlassene Bestimmung des Bundesrechts voraus (BVerwG, Beschl. v. 13.12.2010, Buchholz 11 Art. 31 GG Nr. 2, Rn. 7; Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 14. Aufl. 2016, Art. 31 Rn. 3). Zudem wird der Bund weder durch das Europarecht (vgl. Kment, a.a.O., Einl Rn. 40) noch durch das Grundgesetz (vgl. Gallas/Sangenstedt, a.a.O., Rn. 17), insbesondere nicht durch die Art. 83 ff. GG (vgl. Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 83, Rn. 2) ermächtigt, Verfahrensbestimmungen außerhalb seiner materiellen Gesetzgebungskompetenzen zu treffen.
2. Die Antragsteller erschüttern gleichfalls nicht die Begründung des Verwaltungsgerichts, dass der vom Gericht zutreffend festgestellte Fehler bei der öffentlichen Bekanntmachung des Bauvorhabens und der Auslegung der Unterlagen über dessen Umweltauswirkungen nach § 6 UVPG nicht zur Aufhebung der Baugenehmigung führt. Es sieht hierin einen Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1a Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 753), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2069), für den nach dem Maßstab des § 46 VwVfG nicht die konkrete Möglichkeit einer Auswirkung auf die Entscheidung bestanden habe.
Die Auffassung der Antragsteller, dieser Fehler müsse ebenso wie in Verfahren zur Aufstellung von Bebauungsplänen grundsätzlich ergebnisrelevant sein, also regelmäßig zur Aufhebung der Baugenehmigung führen, lässt die jüngst dazu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung außer Acht, der sich das Beschwerdegericht angeschlossen hat. Ein derartiger Bekanntmachungsfehler fällt danach nicht unter die in § 4 Abs. 1 Nr. 3 Umw-RG normierten absoluten Verfahrensfehler, weil er nach Art und Schwere nicht mit den in Nr. 1 oder Nr. 2 genannten Fällen vergleichbar ist (so BVerwG, Urt. v. 21.1.2016, NVwZ 2016, 844, 848, Rn. 47; Beschl. v. 21.6.2016, NVwZ 2016, 1257, 1258, Rn. 7). Er führt ebenfalls nicht nach § 44 HmbVwVfG zur Nichtigkeit der Baugenehmigung, da eine fehlerhafte Bekanntmachung weder zum Fehlerkatalog des Absatzes 2 gehört noch der Fehler offensichtlich i.S.d. Absatzes 1 ist (OVG Hamburg, Beschl. v. 24.8.2016, 2 Bs 113/16, S. 10 BA). Dementsprechend führt er, anders als vergleichbare Fehler bei der Anwendung von § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB (vgl. BVerwG Urt. v. 18.7.2013, BVerwGE 147, 206, 213 f., Rn. 23; OVG Hamburg, Urt. v. 15.4.2015, 2 E 2/13.E, juris, Rn. 58), nicht regelhaft, sondern nur unter den Bedingungen des § 46 VwVfG zur Aufhebung der Entscheidung. Die Antragsteller haben weder behauptet noch ansatzweise dargelegt, dass diese Voraussetzungen entgegen der Überzeugung des Verwaltungsgerichts vorliegen.
3. Die Antragsteller dringen gleichfalls nicht mit dem Vorbringen durch, dass ein weiterer Verfahrensfehler i.S.d. § 4 UmwRG vorliege. Dies hat das Verwaltungsgericht sowohl für § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 als auch § 4 Abs. 1a UmwRG ausgeschlossen, insbesondere weil sich die Rügen der Antragsteller über unzureichende Untersuchungen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsstudie, die Oberflächlichkeit der Studie selbst und die Verwendung veralteten Datenmaterials auf inhaltliche Mängel, nicht jedoch Verfahrensmängel beziehen würden. Dem halten die Antragsteller entgegen, dass es nach dem Zweck der Öffentlichkeitsbeteiligung möglich sein müsse, anhand der ausgelegten Unterlagen die tatsächlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt nachvollziehen und selber bewerten zu können; anderenfalls komme dies der Nichtdurchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung gleich. Ihrer Auffassung nach sei bei den ausgelegten Unterlagen eine Grenze überschritten worden, ab der deren mangelnde Qualität in einen Verfahrensfehler umschlage. Die Erwägungen der Antragsteller hierzu sind jedoch nicht geeignet, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen.
a) Das Verwaltungsgericht geht im Ansatz zutreffend davon aus, dass die Antragsteller – als Beteiligte nach § 61 1 VwGO – aufgrund von § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG nur die zuvor in deren Absätzen 1 bis 2 genannten Verfahrensfehler geltend machen können. Entsprechend dem Begriff des Verwaltungsverfahrens nach § 9 VwVfG sind dies Mängel, die bei der Prüfung der Voraussetzungen, der Vorbereitung und dem Erlass einer Entscheidung auftreten. Zu jenen Verfahrensfehlern zählen daher auch diejenigen Mängel, die bei der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung entstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2011, BVerwGE 141,171, 174 f., Rn. 17), nicht aber solche, die die inhaltliche Richtigkeit der anschließend getroffenen verfahrensbeendenden Entscheidung berühren. Derartige materielle Mängel können nur, soweit sie sich aus Rechtsvorschriften ergeben, die dem Umweltschutz dienen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG), von anerkannten Vereinigungen gerügt werden. Zu der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung gehört nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1b UVPG u.a., die Unterlagen nach § 6 UVPG zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen. Dabei auftretende Mängel stellen daher einen Verfahrensfehler dar (BVerwG, Urt. v. 21.1.2016, NVwZ 2016, 844, 845, Rn. 24); hierzu gehört auch, wenn die ausgelegten Unterlagen nicht den Anforderungen des § 6 UVPG entsprechen.
23Nach § 6 Abs. 3 und 4 UVPG haben die vom Vorhabenträger für die Umweltverträglichkeitsprüfung einzureichenden und im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung auszulegenden Unterlagen bestimmte inhaltliche (Mindest-)Angaben zu enthalten. Dabei steht es ihm frei, in welcher Form er die Angaben vorlegt (BVerwG, Beschl. v. 10.10.2006, DÖV 2007, 211, Rn. 15; Urt. v. 24.11.2004, 9 A 42/03, juris, Rn. 24; Urt. v. 19.5.1998, NVwZ 1999, 528, 531). Fehlen bestimmte Unterlagen oder einzelne Angaben, folgt allein daraus kein Rechtsmangel, der zur Aufhebung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens führt. Entscheidend ist vielmehr, ob die mit der öffentlich bekanntgemachten Auslegung der Antragsunterlagen vom Gesetz gewollte Information der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne einer ausreichenden Anstoßwirkung erfüllt worden ist (BVerwG, Urt. v. 19.5.1998, a.a.O.). Dazu kann sich die Auslegung auf diejenigen Unterlagen beschränken, derer der Einzelne bedarf, um den Grad seiner Betroffenheit abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können (BVerwG, Urt. v. 24.11.2004, 9 A 42/03, juris, Rn. 27; Urt. v. 27.10.2000, BVerwGE 112, 140, 144). Daher ist § 6 UVPG nicht schon dann verletzt, wenn sich im weiteren Verlauf des Verfahrens herausstellt, dass ergänzende Untersuchungen und Ausgleichsmaßnahmen erforderlich sind. Das Anhörungsverfahren dient gerade dazu, Aufschluss über bislang nicht erkannte Umweltauswirkungen zu erhalten (BVerwG, Urt. v. 24.11.2004, 9 A 42/03, juris, Rn. 26). Inhaltliche Mängel der Antragsunterlagen können im Laufe der weiteren Umweltverträglichkeitsprüfung ausgeglichen werden (BVerwG, Urt. v. 19.5.1998, a.a.O.).
Durch die Rügen der Antragsteller wird nicht in Frage gestellt, dass die im Auftrag der Beigeladenen angefertigten und von der Antragsgegnerin ausgelegten Unterlagen den Mindestanforderungen nach § 6 UVPG genügen. Vielmehr beziehen sich ihre Einwände ausschließlich auf die Aussagekraft und den Inhalt jener Unterlagen jenseits der Mindestanforderungen. Der Sache nach behaupten die Antragsteller damit, dass die gesamte Umweltverträglichkeitsprüfung mit materiellen Mängeln behaftet sei, deren Geltendmachung eigentlich den anerkannten Umweltvereinigungen vorbehalten ist.
b) Soweit die Antragsteller rügen, dass die ausgelegten Unterlagen für keine einzige potentiell betroffene Tier- oder Pflanzenart eine aktuelle Biotopkartierung enthalten hätten, legen sie bereits nicht dar, dass bei diesem Vorhaben eine entsprechende Kartierung zu den notwendigen Mindestangaben nach § 6 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG gehört hätte. In welcher Form die Beigeladene die zu erbringende Umweltbeschreibung vorgenommen hat, stand in ihrem Ermessen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.10.2006, a.a.O.). Die vom Gesetz gewollte Information der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne einer ausreichenden Anstoßwirkung ist durch die ausgelegten Unterlagen zur Umweltbeschreibung erbracht worden, wie sich insbesondere an der ausführlichen Stellungnahme der Antragsteller vom 20. Januar 2016 im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zeigt. Eine Begründung dafür, warum die der „Faunistischen Potentialanalyse und artenschutzrechtlichen Betrachtung“ vom 5. März 2013 beigefügten sechs lebensraumbezogenen Biotopkarten dennoch zu diesem Zweck völlig ungeeignet sein sollten, haben die Antragsteller nicht vorgebracht. Ebenso wenig haben sie in der Beschwerdebegründung dargelegt, warum die von Anfang des Jahres 2013 stammenden Angaben zum Zeitpunkt der Auslegung der Unterlagen am Ende des Jahres 2015 nicht mehr aktuell gewesen sein sollen; ein derart rascher Wandel der beschriebenen Lebensräume, der innerhalb von fast drei Jahren zu einer maßgeblichen Veränderung hätte führen können, ist jedenfalls nicht offenkundig. Soweit sich die Antragsteller in ihrer Beschwerdebegründung für die Details zu den gerügten inhaltlichen Mängeln der ausgelegten Unterlagen auf 29 Seiten ihrer Antragsbegründung beziehen, ist dieser Verweis im Beschwerdeverfahren – ungeachtet der Frage nach seiner grundsätzlichen Zulässigkeit – vor dem Hintergrund von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu pauschal, um die Defizite in der Darlegung konkreter Mängel zu beheben.
c) Die Rüge der Antragsteller, die Beigeladene habe keine lärmtechnische Betrachtung der umliegenden Wohngebäude angestellt, ist ebenso unzutreffend wie diejenige, es habe so gut wie keine Betrachtung des angrenzenden Kleingartengeländes gegeben. Die Kleingartenanlagen beiderseits des M… L… wurden in der ausgelegten Umweltverträglichkeitsstudie vom 14. Dezember 2015 auf S. 9 im Abschnitt „2. Ermittlung, Beschreibung und Beurteilung der Schutzgüter“ unter dem Titel „2.1 Mensch, einschließlich der menschlichen Gesundheit“ und der dortigen Rubrik „Wohnen“ erwähnt und der Wohnnutzung zugeordnet (zur Schutzwürdigkeit von Kleingartenanlagen: BVerwG, Beschl. v. 19.8. 2015, ZfBR 2015, 784, 785; OVG Hamburg, Urt. v. 27.4.2016, 2 E 20/13.N, juris, Rn. 77). Sie wurden daher, als ein Aspekt des Schutzgutes Mensch, im weiteren Verlauf der Umweltverträglichkeitsuntersuchung ebenso behandelt wie die umliegenden Wohngebäude.
Zu den Wohngebäuden hat es in der Studie eine lärmtechnische Betrachtung gegeben. Im Abschnitt „3. Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter“ unter dem Titel „3.2 Schutzbezogene Ermittlung der Auswirkungen“, dort Untertitel „3.2.1 Mensch, einschließlich der menschlichen Gesundheit“, werden die auf den Menschen – und damit die umliegenden Kleingartenanlagen und Wohngebäude – einwirkenden betriebsbedingten akustischen Störreize (S. 26) untersucht. Die Lebensäußerungen der Bewohner des geplanten Wohngebiets werden als grundsätzlich verträglich mit anderen Nutzungen, insbesondere in Wohngebieten, bewertet (S. 26). Eine Betroffenheit der beiden Wohnhäuser unmittelbar nördlich der Erschließungsstraße am M… L… – und damit auch des Antragstellers zu 2) – (Immissionsort 2, vgl. Karte auf S. 25) durch Verkehrslärm wird erkannt. Es wird lediglich auf die konkrete Berechnung der vorhabenbezogenen Schallimmissionen verzichtet, weil davon ausgegangen wird, dass der Verkehr aus dem geplanten Wohngebiet nicht zu einer maßgeblichen Erhöhung des vorhandenen Verkehrs auf dem M… L… führen werde (S. 27). Ungeachtet der zwischen den Beteiligten streitigen Frage, ob diese Aussage inhaltlich zutreffend ist, hat damit die Beigeladene sowohl die Kleingärten als auch die Auswirkungen des Lärms auf die umliegenden Wohngebäude in die Betrachtungen bei der Umweltverträglichkeitsprüfung mit einbezogen. Dies genügte den Mindestanforderungen nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 UVPG, weil damit der betroffenen Öffentlichkeit ein hinreichender Anstoß gegeben worden ist, sich mit den Lärmauswirkungen des Vorhabens sowohl auf die Wohngebäude als auch auf die Kleingärten auseinanderzusetzen. Etwaige notwendige spätere Ergänzungen stehen dem nicht entgegen, dient das Anhörungsverfahren doch gerade dazu, Aufschluss über bislang nicht erkannte – und damit auch über unterschätzte – Umweltauswirkungen zu erhalten (BVerwG, Urt. v. 24.11. 2004, a.a.O., Rn. 26).
4. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Antragsteller könnten sich insbesondere aufgrund von § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB nicht darauf berufen, dass an Stelle des Baugenehmigungsverfahrens ein Bauleitplanverfahren hätte durchgeführt werden müssen, wird von diesen nicht mit Erfolg in Frage gestellt.
Im Ergebnis kann sogar dahinstehen, ob die Ansicht der Antragsteller zutreffend ist, die Anwendung des einen Anspruch auf den Erlass eines Bauleitplans ausschließenden § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB sei zu ihren Gunsten einzuschränken, weil sie gerade nicht die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehren, einen Bebauungsplan aufzustellen. Vielmehr würden sie eine Baugenehmigung anfechten, die unter Umgehung eines notwendigen Bebauungsplans und der damit einhergehenden Abwägung auch ihrer Belange nach § 1 Abs. 7 BauGB erteilt worden ist. Dieser Argumentation kann bereits deswegen nicht gefolgt werden, weil die Antragsgegnerin nicht zum vorherigen Erlass eines Bebauungsplans verpflichtet war [s. oben unter 1.a)].
Ungeachtet dessen können die Antragsteller jedenfalls nicht mit der Auffassung Gehör finden, über den Maßstab des Rücksichtnahmegebots hinaus wären ihre Belange im Rahmen einer der Erteilung der Baugenehmigung vorgeschalteten Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen gewesen. Sonst würden die Rechtsschutzmaßstäbe des Bebauungsplanverfahrens dort außer Kraft gesetzt werden, wo allein Investoren und Genehmigungsbehörden eine informelle Planung betreiben würden. Ob dies im Rahmen eines Bauleitplanverfahrens nach § 1 Abs. 7 BauGB oder der in diesem Falle getroffenen Entscheidung nach § 246 Abs. 14 BauGB hätte geschehen müssen, sei dabei zweitrangig.
Dem steht entgegen, dass im Baugenehmigungsverfahren für eine isolierte Prüfung des Abwägungsgebots, unabhängig von einem (formell) in Kraft gesetzten Bebauungsplan, kein Raum ist. Das Abwägungsgebot ist gemäß § 1 Abs. 7 BauGB bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu beachten und dessen Verletzung führt grundsätzlich zur Unwirksamkeit des Plans. Damit hat es jedoch sein Bewenden; auf die Aufstellung eines neuen, das Abwägungsgebot beachtenden Bebauungsplans besteht kein Anspruch. Erst recht kann niemand verlangen, dass einem Dritten eine Baugenehmigung nur nach einer korrekten Abwägungsentscheidung erteilt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.7.1994, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 124). Selbst wenn die Verwaltung ein für ihre Genehmigungsabsichten gebotenes vorgängiges Planungsverfahren rechtswidrig unterlassen hat, bestehen Abwehrrechte Dritter nur insoweit, wie das Verwaltungshandeln deren materiell-rechtlichen subjektiven Rechte verletzt (BVerwG, Beschl. v. 28.7.1994, a.a.O.; Urt. v. 10.12.1982, Buchholz 406.11 § 31 BBauG Nr. 21; OVG Hamburg, Beschl. v. 16.1.2007, 2 Bs 344/06).
5. Letztlich erschüttern die Antragsteller auch nicht die Ansicht des Verwaltungsgerichts, sie würden durch die Erteilung der Baugenehmigung an die Beigeladene nicht in ihrem subjektiven Recht auf Beachtung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots verletzt werden.
a) Sie führen im Ergebnis unzutreffend an, dass das Verwaltungsgericht bei der erforderlichen Abwägung im Rahmen des Rücksichtnahmegebots keine Interessenabwägung im eigentlichen Sinn vorgenommen habe, weil es weder ihr eigenes Interesse von einer planbedingten Lärmzunahme verschont zu bleiben noch das Interesse der Beigeladenen an der Ausnutzung der Genehmigung gewichtet habe. Dabei übersehen die Antragsteller, dass das Verwaltungsgericht zu ihren Gunsten von einem für die Beigeladene ungünstigen Maßstab ausgegangen ist. Es hat deren Interesse an einer Realisierung des Bauvorhabens durchaus gewichtet, in dem es dieses Interesse ausdrücklich geringer bewertet hat, als es im Falle einer objektiv rechtmäßigen Baugenehmigung zu bewerten gewesen wäre. Auch das Interesse der Antragsteller wurde bewertet, allerdings im Ergebnis wiederum geringer als dasjenige der Beigeladenen, weil keiner der Antragsteller einer durch das Vorhaben bedingten unzumutbaren Lärmbelastung ausgesetzt sei. Diesen Aussagen liegt inzident die von den Antragstellern vermisste Interessenabwägung zugrunde, welche hier zu Gunsten der Beigeladenen ausgefallen ist.
b) Die für seine Interessenabwägung tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts, es fehle an einer vorhabenbedingten unzumutbaren Lärmbelastung sowohl des Antragstellers zu 2) [siehe aa)] als auch des Antragstellers zu 1) [siehe bb)], wird durch die Angriffe der Antragsteller im Beschwerdeverfahren gleichfalls nicht erschüttert.
aa) Ihre Ansicht, die vom Verwaltungsgericht für seine Aussage hinsichtlich des Antragstellers zu 2) herangezogene Lärmtechnische Stellungnahme vom 31. März 2016 sei fehlerhaft, wird nicht hinreichend substantiiert begründet.
So ist ihre Behauptung nicht tragfähig, dass die Immissionswerte jener Stellungnahme unrichtig seien, weil sie von der Errichtung zweier Lärmschutzwände ausgingen, wovon eine – diejenige auf dem Bahngelände – bislang noch nicht einmal genehmigt sei. Tatsächlich hat die jene Stellungnahme verfassende Gutachterin, nach ihren eigenen Angaben in einer Schalltechnischen Stellungnahme vom 15. August 2016 (S. 2), die Beurteilungspegel in der Stellungnahme vom 31. März 2016 durchgehend ohne Berücksichtigung einer Lärmschutzwand an den Bahngleisen errechnet. Für die Annahme, dass diese Aussage inhaltlich unzutreffend ist, bestehen keine Anhaltspunkte.
Weiterhin ist die Behauptung der Antragsteller zu unsubstantiiert geblieben, dass die Eingangswerte der PKW-Zahlen, die der Stellungnahme vom 31. März 2016 zugrunde liegen, unzutreffend und zu niedrig seien. Sie selbst haben keine andere Zahl an Fahrzeugbewegungen auf der Erschließungsstraße des Vorhabens vorgebracht. Für die Richtigkeit ihres Einwands, der LKW-Anteil sei unrealistisch, gibt es keinen Anhaltspunkt. Insbesondere spricht nichts für derartige Fahrzeugbewegungen zwischen 22:00 und 6:00 Uhr in einem Gebiet, in dem ausschließlich gewohnt wird und das keine Durchfahrtstraße enthält. Dem-gegenüber sind die den Berechnungen der Stellungnahme vom 31. März 2016 zugrunde gelegten Zahlen nicht offensichtlich unschlüssig: Die Lärmtechnische Stellungnahme vom 31. März 2016 geht von 253 Stellplätzen im Bereich des Vorhabens aus; die von der angefochtenen Baugenehmigung vom 18. April 2016 erfassten Bauvorlagen 1/124 und 1/125 zeigen, dass in diesem Bereich für eine erheblich höhere Zahl an Parkplätzen auf und neben der Straße kein Raum ist. Dieser Ansatz ist für die Ermittlung der Lärmimmissionsentwicklung aufgrund der Erschließungsstraße, die ausschließlich dem Verkehr des Vorhabens dient, richtig. Entscheidend hierfür sind die Art und die Anzahl der zur Verfügung stehenden Parkplätze und die damit typischerweise verbundenen Verkehrsbewegungen. Die Berechnungsgrundlagen beruhen auf der Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (6. Aufl. 2007), welche für die Prognose des dem ruhenden Verkehrs zuzurechnenden Lärms allgemein anerkannt ist (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 2.2.2011, NordÖR 2011, 399, 401; Beschl. v. 24.8.2016, 2 Bs 113/16, juris, Rn. 37). Die für die Prognose verwendete Frequenz von 0,4 Wechseln je Stellplatz (oberirdisch) und Stunde tagsüber entspricht den Werten der o.g. Studie (ebenda S. 85, Tab. 33), woraus sich im Zeitraum von 6:00 bis 22:00 Uhr tatsächlich 1.619 Bewegungen von Fahrzeugen ergeben, die sich über die Erschließungsstraße in den Verkehr auf dem M… L… … begeben werden oder von dort kommen. Hingegen dürften – insoweit im Ergebnis zu Gunsten der Antragsteller – die Werte für die Nachtzeit überhöht sein. So wird schon der Ermittlung der Fahrzeugbewegungen für alle Nachtstunden nicht der (niedrigere) Wert von 0,05 Wechseln je Stellplatz und Stunde sondern derjenige von 0,15 für die ungünstigste Nachtstunde zugrunde gelegt. Zudem ergeben sich daraus (aufgerundet) 304 und nicht wie angegeben 344 Fahrten im Zeitraum von 22:00 bis 6:00 Uhr.
Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Antragsteller, dass aufgrund der Prognoseunsicherheit über die zu erwartende Verkehrsbelastung den jeweiligen Werten ein Sicherheitspuffer von bis zu 2 dB(A) hinzuzurechnen sei. Auf welcher Grundlage überhaupt ein Sicherheitspuffer und warum er gerade in dieser Höhe zu berücksichtigen sei, wird von ihnen nicht angegeben. Ein derartiger Sicherheitszuschlag findet auch keine Stütze in den hier für die Berechnung von Verkehrslärm maßgeblichen Bestimmungen der Verkehrslärmschutzverordnung – 16. BImSchV – vom 12. Juni 1990 (BGBl I S. 1036), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 2014 (BGBl I S. 2269). Deren systemfremde Ergänzung ist unzulässig, da ihre Lärmgrenzwerte – auf die sich die Antragsteller für ihre Position zur Unzumutbarkeit des zusätzlichen Verkehrslärms durch das Vorhaben beziehen – nur im Zusammenspiel mit dem Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Lärmbelastung aussagekräftig sind (BVerwG, Urt. v. 21.3.1996, BVerwGE 101, 1, 4).
Die Antragsteller können zudem nicht die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Werte der Schalltechnischen Stellungnahme vom 31. März 2016 damit erschüttern, dass sie nunmehr selbst eine Schalltechnische Untersuchung vom 13. Juli 2016 vorlegen, wonach zur Nachtzeit am Gebäude des Antragstellers zu 2) die Summe der Lärmbelastung durch alle Verkehrswege die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung überschreite. Die in dieser Untersuchung gewonnenen Ergebnisse sind dafür nicht hinreichend verlässlich, denn es ist bereits fraglich, ob sie methodisch korrekt ermittelt worden sind.
Die Untersuchung vom 13. Juli 2016 hat für die Ermittlung der Lärmbelastung durch den Schienenverkehr Angaben über dessen prognostizierten Umfang im Jahre 2025 zugrunde gelegt. Nach den Angaben der Gutachterin der Beigeladenen in deren Schalltechnischer Stellungnahme vom 15. August 2016, dürften daher die auf diese Weise ermittelten Beurteilungspegel für den Schienenverkehr um knapp 2 d(B)A über denjenigen liegen, die in der vom Verwaltungsgericht verwendeten Stellungnahme vom 31. März 2016 ermittelt worden sind. Auch hier bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass diese Aussage inhaltlich unzutreffend ist. In der Stellungnahme vom 31. März 2016 wurde der derzeitige Umfang des Schienenverkehrs den Berechnungen zugrunde gelegt. Dies erscheint vorzugswürdig, da über eine Baugenehmigung nach der Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt zu entscheiden ist.
Weiterhin wendet die Untersuchung vom 13. Juli 2016 für die Bestimmung der Lärmentwicklung des Straßen- und des Schienenverkehrs jeweils die Berechnungsmethoden der 16. BImSchV an, doch werden von ihr sodann Gesamtlärmpegel beider Verkehre gebildet, ohne dass dafür in der Verordnung ein entsprechendes Verfahren vorgesehen ist. Für die Ermittlung eines wie auch immer gearteten Summenpegels stellt die 16. BImSchV je-denfalls für den Regelfall kein Verfahren bereit (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.3.1996, a.a.O.; Urt. v. 23.2.2005, BVerwGE 123, 23, 33; OVG Hamburg, Urt. v. 29.1.2010, 2 E 7/06; Beschl. v. 23.10.2014, UPR 2015, 154, 158). Daher können die in der Untersuchung vom 13. Juli 2016 angegebenen „Beurteilungspegel aus Gesamtverkehrslärm“ (ebenda S. 5, Tabelle 1) nicht in aussagekräftiger Weise mit den Immissionsgrenzwerten aus § 2 Abs. 1 16. BImSchV verglichen werden. Gleiches gilt für die in der Untersuchung so genannten Anhaltswerte für eine Gesundheitsgefährdung von 70 d(B)A tags und 60 d(B)A nachts, welche in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Beziehung gesetzt werden zu Beurteilungspegeln, die nach den Berechnungsverfahren der 16. BImSchV ermittelt werden (BVerwG, Urt. v. 23.2.2005, a.a.O., S. 35 f.; Urt. v. 10.11.2004, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 41).
bb) Die Antragsteller haben gleichfalls nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts erschüttert, der vorhabenbedingte Verkehrslärm werde gegenüber dem Antragsteller zu 1) nicht rücksichtslos sein. Das Gericht stützt sich hierbei auf die Ergebnisse der von der Beigeladenen vorgelegten Schalltechnischen Stellungnahme vom 17. Mai 2016, welche die Antragsteller lediglich mit der Behauptung angreifen, dass auch am Gebäude des Antragstellers zu 1) die Schwelle der Gesundheitsgefährdung erreicht werde, rechne man einen Sicherheitspuffer von 2 dB(A) hinzu. Da ein derartiger Sicherheitszuschlag weder in der 16. BImSchV noch anderweitig eine Rechtfertigung findet, greift dieser Einwand nicht durch.
6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG.