vorgestellt von Thomas Ax
1. Der Auftraggeber entscheidet darüber, welche Materialien er in welcher Ausführung in sein Bauwerk einbringen lassen möchte. Für ihn kann die Vorstellung eines besseren Wohngefühls, eines besseren Schutzes der Gesundheit und einer besseren Erhaltung der Bausubstanz maßgeblich für die Entscheidung für oder gegen bestimmte Materialien oder Zusammensetzungen sein.
2. Ein Putz aus reinem Kalk oder mit einem hohen Kalkanteil wird zumindest bei Personen, denen eine besonders ökologische Bauweise wichtig ist, als höherwertig angesehen.
3. Das Interesse des Auftraggebers, einen Putz zu erhalten, der jedenfalls nach seinen Vorstellungen für den Zustand des neugebauten Wohnhauses und für die Gesundheit der darin lebenden Bewohner dauerhaft von positiver Wirkung ist, ist – unabhängig von der Frage, ob der Auftragnehmer diese Einschätzung teilt – ein berechtigtes Interesse, das auch hohe Kosten der Nachbesserung rechtfertigt.
OLG München, Beschluss vom 14.04.2021 – 20 U 6129/20 Bau
vorhergehend:
OLG München, Beschluss vom 12.02.2021 – 20 U 6129/20 Bau
LG Landshut, 22.09.2020 – 73 O 4326/19
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 21.06.2023 – VII ZR 439/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
Gründe:
I.
Der Kläger macht Gewährleistungsansprüche und Schadenersatzansprüche aus Werkvertrag gegen die Beklagte geltend, die im Herbst/Winter 2016 mit Verputzarbeiten am Haus des Klägers beauftragt war.
Der Kläger behauptet, die Beklagte habe einen Innenputz aufgebracht, der nicht die vertraglich vereinbarten Eigenschaften habe, und Schäden an Fensterrahmen und Fensterbänken verursache. Zur Beseitigung der Mängel verlangt er einen Kostenvorschuss.
Er hat erstinstanzlich beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 39.744,96 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zum Ersatz auch der weiteren Nachbesserungskosten verpflichtet ist.
3. Die Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger von der Verpflichtung zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte hat
Klageabweisung beantragt.
Dem Streitverfahren ist ein selbständiges Beweisverfahren vorausgegangen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen des Landgerichts Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt, lediglich geltend gemachte Kosten für ein privates Sachverständigengutachten und für Schleifarbeiten/Nachfilzen hat es als nicht erstattungsfähig angesehen. Das Werk der Beklagten sei mangelhaft iSv. § 633 Abs. 2 S. 1 BGB, da sie die falsche Putzart eingebracht habe und der Putz nicht die vereinbarte Körnung habe. Nach ursprünglicher Vereinbarung eines reinen Kalkputzes hätten sich die Parteien später aufgrund der Beratung der Beklagten auf die Ausführung eines Kalk-Gips-Putzes geeinigt, der weiterhin die Körnung 0,6 mm aufweisen sollte. Aufgrund des Sachverständigengutachtens stehe fest, dass die Körnung etwa 1,0 mm betrage, dass in den Feuchträumen in Kellergeschoss, Erdgeschoss und Obergeschoss ein Zementputz aufgebracht worden sei und dass auch die restlichen Räume nicht mit einem Kalk-Gips-Putz versehen worden seien. Die weiteren Voraussetzungen eines Kostenvorschusses nach § 637 Abs. 3 BGB lägen vor. Der geltend gemachte Vorschuss sei der Höhe nach angemessen, da er auf den vom Sachverständigen geschätzten Kosten beruhe, der Kläger könne die Umsatzsteuer hinzuaddieren, da er nicht vorsteuerabzugsberechtigt sei. Da der Sachverständige die Kosten für die Neuverputzung der Feucht- räume nicht ermittelt habe, könne der Kläger diese schätzen. Der geltend gemachte Betrag von 38.080 Euro sei daher angemessen. Ein Ausschlussgrund nach § 635 BGB sei nicht gegeben. Insbesondere sei das Bestellerinteresse nach der Rechtsprechung des BGH auch nicht deshalb als gering anzusehen, weil das hinter dem vereinbarten höheren Standard zurückbleibende Werk wenigstens den anerkannten Regeln der Technik entspreche. Ein berechtigtes Interesse des Klägers ergebe sich daraus, dass es nicht nur z.B. um Schönheitsreparaturen gehe, sondern aufgrund des Sachverständigengutachtens davon auszugehen sei, dass tatsächlich fühlbare Einschränkungen in der Bauklimatik die Folge der falschen Putzart seien. Auch das subjektive Empfinden des Klägers sei zu berücksichtigen. Hinsichtlich der geltend gemachten Beschädigungen an den Fenstern habe die Beklagte Entstehung und Höhe des Schadens zu unsubstantiiert bzw. unzulässig mit Nichtwissen bestritten. Im Übrigen ergebe sich aus Anl. K25/26, dass die Beklagte die Positionen außergerichtlich bereits anerkannt habe. Soweit die Beklagte mit einem Rechnungsbetrag (Anl. B14) die Aufrechnung erklärt habe, gehe diese ins Leere, da es sich bei dieser Rechnung um Kosten der Mangelbeseitigung handele. Die Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung müsse die Beklagte übernehmen, auch wenn der Klägervertreter der Bruder des Klägers sei. Der Feststellungsantrag sei zulässig und begründet, da der Kläger die endgültigen Kosten der Mangelbeseitigung noch nicht beziffern könne.
Gegen das ihr am 22.9.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.10.2020 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 23.12.2020 am 22.12.2020 begründet. Sie rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs und die Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung durch das Landgericht. Das Landgericht habe sich von der Aussage der Zeugin H. leiten lassen und nicht beachtet, dass diese Zeugin an den Gesprächen zwischen den Parteien nicht teilgenommen habe. Die Beklagte habe vor Aufnahme der Putzarbeiten mitgeteilt, dass wenn überhaupt verputzt werden könne, dann nur mit einem Gips-Kalk-Putz. Zur Vermeidung von putzgebundenen Rissen sei dies sinnvoll gewesen, wozu die Beklagte Beweis angeboten habe. Nachdem sie dem Kläger dies mitgeteilt habe, habe sich dieser am 18.11.2016 ausweislich der Anlage B4 einverstanden erklärt. Die Beklagte habe vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die Parteien sich auf einen bestimmten Putz, nämlich den vom Hersteller Knauf vorgeschlagenen Putz MP 75 Edelfilz, geeinigt hätten. Hinsichtlich des Kalkzements in den Feuchträumen habe der Kläger sich nach einer ersten Beanstandung einverstanden erklärt, dass die nicht gefliesten Wandflächen mit einem feinen Oberputz überzogen würden. Der Kläger habe das Ergebnis dann auch gelobt (Anl. B10). Die Annahme des Landgerichts, der in den übrigen Räumen verwendete Putz sei kein Kalk-Gips-Putz und entspreche deshalb nicht der vereinbarten Beschaffenheit, sei falsch, weil es keinen Unterschied zwischen einem Kalk-Gips-Putz und einem Gips-Kalk-Putz gebe. Zu Unrecht sei das Landgericht dem Gutachter darin gefolgt, dass trotz der Aufgabe eines solchen Unterschieds in den DIN-Normen für Werktrockenmörtel Bauschaffende unter einem Kalk-Gips-Putz weiterhin einen Putz verstünden, der mehr Kalkbindemittel als Gips enthielte. Die Meinung von Bauschaffenden habe mit den anerkannten Regeln der Technik nichts zu tun. Das Landgericht habe nicht hinreichend gewürdigt, dass die Beklagte vorgetragen habe, dass es keinen Kalk-Gips-Putz als Werktrockenmörtel auf dem Markt gebe, der der Definition des Sachverständigen entspreche, und dass im abgebundenen Zustand ohnehin kein Unterschied zwischen einem gipsgebundenen Putz mit hohem Kalksteinanteil und einem kalkgipsgebundenen Putz festgestellt werden könne. Das Landgericht sei auf Rügen am Gutachten des Sachverständigen nicht eingegangen und habe insbesondere den benannten sachverständigen Zeugen Dr. E. nicht vernommen. Der Beklagten könne nicht vorgeworfen werden, dass andere Hersteller ihre Produkte als Kalk-Gips-Mörtel bezeichnen, auch wenn diese auch nicht die Definition des Sachverständigen erfüllen. Das Landgericht sei zu Unrecht dem Beweisangebot der Beklagten nicht nachgegangen, wonach der im Anwesen des Klägers verwendete Gips-Kalk-Putz einen weit höheren Bindemittelanteil von Kalk als 50 % enthielte und daher die Definition des Sachverständigen erfülle. Zu Unrecht habe das Landgericht festgestellt, dass die Körnung nicht der vereinbarten Größe von 0,6 mm entspreche. Der verwandte Putz MP 75 Edelfilz weise diese Körnung auf. Der Sachverständige habe keine Messung vorgenommen, sondern nur dargestellt, dass die Körnung ca. 1 mm ausmache. Der Putz MP 75 Edelfilz weise eigentlich eine Körnung von 1,2 mm auf, es sei aber eine Sondermischung für den Kläger hergestellt worden, dies sei unter Beweis gestellt worden. Zu Unrecht habe das Landgericht darauf abgestellt, dass Gips-Kalk-Putze bei der Abbindephase eher zu Schimmelbildung neigen würden. Zu Unrecht habe das Landgericht nicht über die Höhe des Schadens an den Fenstern Beweis erhoben, da ein Bestreiten mit Nichtwissen hier zulässig gewesen sei. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten habe das Landgericht übersehen, dass nicht der Kläger, sondern dessen Prozessbevollmächtigter den Verzug erst herbeigeführt habe. Auf den Einwand der Unverhältnismäßigkeit der Mangelbeseitigung sei das Landgericht nicht hinreichend eingegangen. Ein wahrnehmbarer Unterschied zwischen einem Kalk-Gips-Putz und einem Gips-Kalk-Putz, welche sich nur in dem Anteil an Gips als Bindemittel unterscheiden, bestehe nicht, zumal nicht nach dem Abbinden. Durch die Sanierungsmaßnahme erhalte der Kläger nichts anderes, als er ohnehin schon habe.
Sie hat beantragt:
Das Urteil des Landgerichts Landshut vom 22.9.2020, Az. 73 O 4326/19 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat
Zurückweisung der Berufung beantragt.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 20.1.2021 auf die Berufung erwidert.
Der Senat hat mit Beschluss vom 12.2.2021 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe.
Hierzu hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 26.3.2021 Stellung genommen und ihre bisherigen Ausführungen im Wesentlichen wiederholt und vertieft. Der Sachverständige habe die Korngröße nicht gemessen, sondern lediglich geschätzt, die Behauptung der Beklagten, es handele sich um eine Spezialmischung mit der Korngröße 0,6 mm, habe das Landgericht weder im Beweisverfahren noch im streitigen Verfahren erster Instanz beachtet. Eine Aufklärungspflicht dahingehend, dass bei dem von der Beklagten ausgewählten Putz das Hauptbindemittel Gips sei, habe nicht bestanden, da es wie vorgetragen keinen Hersteller auf dem Markt gebe, der bei einem Mischputz einen Kalkanteil von über 50 % verwende. Der Kläger habe sich auch nur einen Putz mit einem möglichst hohen Kalkanteil gewünscht. Es sei der Kläger selbst gewesen, der gebeten habe, den Putz endlich einzubringen, da er nicht länger warten könne, deswegen sei die vom Senat in Erwägung gezogene Handlungsalternative des Klägers, auf eine Trocknung der Wände zu warten, nicht gegeben gewesen. Das Landgericht habe zu Unrecht den Einwand der Beklagten nicht beachtet, dass die Bestimmung des Bindemittelanteils nach einem anderen als dem vom Sachverständigen verwendeten Verfahren hätte erfolgen müssen. Auf das subjektive Empfinden des Klägers, einen Putz mit einem bestimmten (Mindest-)Kalkanteil zu haben, könne nicht abgestellt werden. Die verlangte Vorschussleistung ziele auf einen Austausch des vereinbarten Putzes mit einem nicht vereinbarten reinen Kalkputz. Auch der Senat stelle zu Unrecht auf die Aussage der Zeugin Heck ab, obwohl diese an Gesprächen zwischen den Parteien nicht teilgenommen habe. Das Bestreiten der Schadenersatzforderungen mit Nichtwissen sei zulässig.
Der Kläger hat mit Schriftsätzen vom 12.3.2021 und 29.3.2021 Stellung genommen.
Zur Ergänzung wird auf das erstinstanzliche Urteil, den genannten Hinweisbeschluss des Senats und die genannten Schriftsätze zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
1. Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Ausführungen im Beschluss vom 12.2.2021 Bezug genommen. Die hiergegen gerichteten Einwände der Beklagten mit Schriftsatz vom 26.3.2021 veranlassen keine geänderte Beurteilung.
a) Die Korngröße von ca. 1 mm hat der Sachverständige im selbständigen Beweisverfahren festgestellt und als Ergebnis so berichtet. Ob der Sachverständige zu diesem Ergebnis durch “Messung” oder durch “Schätzung” gekommen ist, spielt keine Rolle, zumal die Beklagte einfach unterstellt, dass keine Messung stattgefunden habe. Die Bezeichnung der Größe mit “ca.” 1 mm muss kein Hinweis auf eine Schätzung sein, sondern kann auch daher rühren, dass größere und kleinere Körner feststellbar waren. Der Senat hat jedenfalls keine Zweifel, dass ein Sachverständiger in der Lage ist, die mit bloßem Auge erkennbare Körnung zutreffend einzuordnen. Die Behauptung der Beklagten, sie habe einen Putz verwendet, der eine Körnung von 0,6 mm aufweise, ist damit widerlegt, ohne dass es darauf ankäme, ob die verwendete Mischung eine Fertigmischung oder eine Sondermischung für den Kläger war. Schon aus diesem Grund ist das Landgericht zu Recht von einer mangelhaften Leistung ausgegangen.
b) Der E-Mail des Klägers vom 18.11.2016 (Anl. B4) ist zu entnehmen, dass die Beklagte ihm den Übergang zu einem Kalk-Gips-Putz vorgeschlagen hatte und er hiermit einverstanden war. Damit war eine Einigung darüber erzielt, dass nicht nur ein reiner Kalkputzes, sondern auch ein “Kalk-Gips-Putz” aufgebracht werden könne. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, wonach die Beklagte die Einwilligung des Klägers in einen “Kalk-Gips-Putz” so verstehen musste, dass dieser einen Putz mit einem Kalkanteil von über 50 % meinte, zumal der Kläger noch ausdrücklich betonte, es möge ein Kalk-Gips-Putz mit einem möglichst hohen Kalkanteil sein. Die Verwendung eines Gips-Kalk-Putzes mit einem Kalkanteil von unter 50 % stellt damit ebenfalls einen Mangel dar.
c) Ob es auf dem Markt Werktrockenmörtel gibt, die einen höheren Kalkanteil als 50 % oder einen höheren Kalkanteil als den der von der Beklagten verwendeten Putzmischung haben, ist wie hingewiesen ohne Belang. Denn zum einen ersetzt dieser behauptete Umstand – seine Richtigkeit unterstellt – nicht die notwendige Zustimmung des Klägers in eine entsprechende Abänderung der ursprünglichen Beschaffenheitsvereinbarung. Dass der Kläger keine Handlungsalternative, insbesondere nicht die Rückkehr zum an sich favorisierten reinen Kalkputz, gehabt hätte, ist unabhängig von der Frage, für wen der Baufortschritt wichtiger gewesen ist, nicht ersichtlich. Zum anderen enthielt das Angebot der Beklagten schon keine Beschränkung auf Werktrockenmörtel.
d) Hinsichtlich des Einwands der Beklagten, der Sachverständige habe ein falsches Verfahren zur Bestimmung der Bindemittelanteile gewählt, kann auf die Ausführungen im Beschluss vom 12.2.2021, dort S. 5 unter e), Bezug genommen werden. Dass angeblich ein Mitarbeiter der Fa. K. ein anderes Verfahren für besser gehalten hätte, begründet keine Zweifel an der Kompetenz des Sachverständigen, der auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts seine Wahl des Verfahrens begründet hat. Da es als wahr unterstellt werden kann, dass der Zeuge diese Aussage getätigt hat, war seine Vernehmung nicht erforderlich.
e) Der Einwand, die Zeugin H. habe an Gesprächen zwischen den Parteien nicht teilgenommen, geht ins Leere, da weder das Landgericht noch der Senat die Zeugin als Beweismittel für getroffene Vereinbarungen zwischen den Beteiligten angesehen haben. Als Ehefrau des Klägers konnte die Zeugin aber durchaus etwas zu den Motiven des Klägers oder zu den Beschädigungen an den Fenstern aussagen.
f) Hinsichtlich des Anspruchs auf Schadenersatz wegen Beschädigung der Fenster kann auf die Ausführungen im Beschluss vom 12.2.2021, dort S. 3 unter 2., Bezug genommen werden. Wie dort hingewiesen, kommt es auf die Zulässigkeit eines Bestreitens mit Nichtwissen gerade nicht mehr an.
g) Der Senat bleibt bei seiner Auffassung, wonach ein Kalk-Gips-Putz mit einem Kalkanteil von mehr als 50 % etwas anderes ist als ein Gips-Kalk-Putz mit einem Kalkanteil von unter 50 %, so dass der Kläger grundsätzlich ein Recht auf Austausch des Putzes hat. Es ist dem Kläger als Bauherrn überlassen zu entscheiden, welche Materialien er in welcher Ausführung in sein Bauwerk einbringen lassen möchte. Für ihn kann die Vorstellung eines besseren Wohngefühls, eines besseren Schutzes der Gesundheit und einer besseren Erhaltung der Bausubstanz maßgeblich für die Entscheidung für oder gegen bestimmte Materialien oder Zusammensetzungen sein. Nachdem für die Beklagte erkennbar war, dass dem Kläger ein möglichst hoher Kalkanteil wichtig war, kann sie im Nachhinein nicht damit argumentieren, dass ein Putz mit einem deutlich niedrigeren Kalkanteil “genauso gut” sei. Ob die Beklagte die Überzeugungen des Klägers hinsichtlich der Vorteile eines Kalkanteils von über 50 % für falsch hält, ist ohne Relevanz, da sie als Auftragnehmerin nicht ihre eigene Wertung an die Stelle des Auftraggebers setzen kann.
h) Da die Beklagte in den Feuchträumen unstreitig Armierungsputz als Nachbesserung aufgebracht hat, ohne das Einverständnis des Klägers mit dieser nicht vereinbarten Putzart einzuholen, ist ihr Werk auch in diesen Bereichen mangelhaft. Dass der Kläger per E-Mail die Optik gelobt hat, bedeutet nicht, dass er Armierungsputz als ordnungsgemäße Nacherfüllung angesehen hätte.
i) Soweit schließlich die Beklagte nunmehr beanstandet, dass der Kläger mit dem vom Sachverständigen errechneten Vorschuss einen reinen Kalkputz aufbringen lassen wolle, kann auch dies der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Es liegt im Wesen eines Vorschusses, dass später hierüber abzurechnen ist (Palandt/Sprau, BGB, 79. Aufl., § 637 Rn. 10). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger tatsächlich nunmehr einen reinen Kalkputz “auf Kosten der Beklagten” aufbringen möchte, bestehen nicht. Es ist auch weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass der geltend gemachte Vorschuss erheblich zu hoch wäre, weil der Sachverständige ausgehend von einem nicht geschuldeten reinen Kalkputz die Kosten der Selbstvornahme falsch ermittelt hätte; im Übrigen hätte dieser Einwand auch bereits in erster Instanz erhoben werden müssen. Schließlich geht der Einwand der Beklagten, der Kläger “dürfe” im Rahmen der Selbstvornahme keinen Kalkputz aufbringen, fehl. Vor dem Hintergrund, dass die Parteien ursprünglich die Aufbringung eines reinen Kalkputzes vereinbart hatten und das Einverständnis des Klägers mit einem Kalk-Gips-Putz lediglich aufgrund des Feuchtigkeitsproblems erteilt wurde, ist nicht davon auszugehen, dass die ursprünglich vereinbarte Beschaffenheit “reiner Kalkputz” durch die Beschaffenheit “Kalk-Gips-Putz” vollständig verdrängt worden wäre. Vielmehr ist die Aufnahme eines Kalk-Gips-Putzes als Erweiterung der vereinbarten Beschaffenheit (“reiner Kalkputz oder Kalk-Gips-Putz“) zu verstehen, um der Beklagten die Durchführung von Verputzarbeiten auch auf feuchterem Mauerwerk nach den anerkannten Regeln der Technik zu ermöglichen und putzgebundene Risse (die wiederum Mängel dargestellt hätten) zu vermeiden. Der Senat hat keinen Zweifel, dass der Kläger nicht ausdrücklich ausschließen wollte, dass die Beklagte auch den vorrangig gewünschten reinen Kalkputz aufbringen könnte, sollte sie im letzten Moment die Wände als doch nicht zu feucht ansehen. In diesem Fall wäre zwischen den Parteien das ursprüngliche Angebot (Anl. K1) ausgeführt worden, während die Beklagte den (angeblichen) Kalk-Gips-Putz mit einem niedrigeren Pauschalbetrag abgerechnet hat (Anl. A8 im Beweissicherungsverfahren). Es steht dem Kläger daher frei, nach seiner Wahl entweder Kalk-Gips-Putz aufzubringen. Die Beklagte kann im Fall der Aufbringung von reinem Kalkputz der Abrechnung des Klägers ihre eigene Nachforderung in Höhe der Differenz zwischen den beiden angebotenen Pauschalpreisen entgegenhalten.
j) Die vom Kläger erklärte Anfechtung der Änderung der Beschaffenheitsvereinbarung wegen arglistiger Täuschung würde zu keinem anderen Ergebnis führen, da auch in diesem Fall der Kläger berechtigt wäre, reinen Kalkputz im Rahmen der Nachbesserung aufbringen zu lassen, dann aber ebenfalls verpflichtet wäre, den ursprünglich hierfür vereinbarten höheren Pauschalpreis an die Beklagte zu entrichten. Es kann daher dahinstehen, ob die ohne tatsächliche Sachaufklärung abgegebene (und vom Senat für plausibel gehaltene) Vermutung des Landgerichts, die Beklagte habe den Kläger falsch informiert, um ihn zu einer ansonsten nicht zu erwartenden Einwilligung in eine andere Putzart zu veranlassen, wirklich zutrifft.
2. Die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor, insbesondere handelt es sich um eine reine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung.