Ax Vergaberecht | Rechtsanwalt

Zu der Frage der Unzulässigkeit von vergaberechtlichen Rügen "ins Blaue hinein"

von Thomas Ax

Ins Blaue hinein gestellte Rügen sind unzulässig und unbeachtlich. Zwar ist an Rügen ein großzügiger Maßstab anzulegen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.2011 – VII-Verg 58/10, OLG München, Beschluss vom 07.08.2007 – Verg 8/07; OLG Dresden, Beschluss vom 06.02.2002 – Wverg 4/02). Da ein Bieter naturgemäß nur begrenzten Einblick in den Ablauf des Vergabeverfahrens hat, darf er im Vergabenachprüfungsverfahren behaupten, was er auf der Grundlage seines – oft nur beschränkten – Informationsstands redlicherweise für wahrscheinlich oder möglich halten darf, etwa wenn es um Vergaberechtsverstöße geht, die sich ausschließlich in der Sphäre der Vergabestelle abspielen oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.2011, a a O.).

Ein Bieter kann aber nicht mit pauschalen und unsubstantiierten Behauptungen Nachprüfungsanträge stellen in der Erwartung, die Amtsermittlung werde zum Nachweis eines Verstoßes führen. Er hat zumindest Indizien oder tatsachliche Anhaltspunkte aufzuzeigen, die ihn zu dem Schluss bewögen haben, die Vergabestelle habe sich rechtswidrig verhalten (vgl. OLG München, Beschluss vom 11.06.2007 – Verg 6/07; VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.03.2018 – 1 VK 60/17).

Da die Rüge einerseits den öffentlichen Auftraggeber in die Lage versetzen soll, einen etwaigen Vergaberechtsverstoß zeitnah zu korrigieren (Beschleunigung des Vergabeverfahrens, Selbstkontrolle des öffentlichen Auftraggebers), und andererseits Zugangsvoraussetzung zum Nachprüfungsverfahren ist, ist es unabdingbar, dass der Antragsteller – um unnötige Verzögerungen des Vergabeverfahrens zu vermeiden und einem Missbrauch des Nachprüfungsverfahrens vorzubeugen – bereits frühzeitig diejenigen Umstände benennt, aufgrund derer er vom Vorliegen eines Vergaberechtsverstoßes ausgeht Aus Gründen der Beschleunigung wie auch zur Vorbeugung gegen den Missbrauch der Rüge bzw des Nachprüfungsverfahrens ist dem öffentlichen Auftraggeber in der Regel nicht zuzumuten, auf gänzlich unsubstantiierte Rügen hin in eine (ggf erneute) Tatsachenermittlung einzutreten. Ähnlich dem dem Untersuchungsgrundsatz des § 163 GWB zugrundeliegenden Gedanken kann er sich vielmehr auf das beschränken, was von den Bietern vorgebracht wird oder ihm sonst bekannt sein muss. So ist eine behauptete Marktkenntnis ohne tatsächliche Anknüpfungspunkte als Substantiierung für eine Rüge allein nicht ausreichend, zumal diese Kenntnis als innere Tatsache des Bieters nicht überprüfbar wäre. Damit könnte jeder denkbare theoretische Vergaberechtsverstoß behauptet werden, sodass das Erfordernis der Antragsbefugnis ins Leere laufen würde (vgl. VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.01.2018 – 1 VK 57/17).

Daher ist der Antragsteller gehalten, schon bei der Prüfung der Frage, ob ein Vergaberechtsverstoß zu rügen ist, Erkenntnisquellen auszuschöpfen, die ihm ohne großen Aufwand zur Verfügung stehen. Zudem muss er, um eine Überprüfung zu ermöglichen, angeben, woher seine Erkenntnisse stammen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.201, a.a.O.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.11.2012 – Verg W 10/12). Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten, reine Vermutungen zu eventuellen Vergaberechtsverstoßen reichen nicht aus (siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.04.2020 – Verg 30/19, m w N.). Formulierungen wie “nach unserer Kenntnis” oder “nach unserer Informationslage” genügen in der Regel nicht (vgl. OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 16.08.2019 – Verg 56/18 sowie vom 12.06.2019 – VII-Verg 54/18) Gleiches muss auch für das Vorbringen von “Marktkenntnis” ohne weitere Anknüpfungspunkte gelten.

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