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Wege zum Zuschlag – Zuschlagsgestattung im Beschwerdeverfahren

von Thomas Ax

Nach § 176 Abs. 1 Satz 1 GWB kann das Gericht den weiteren Fortgang des Vergabeverfahrens und den Zuschlag gestatten, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen.

BayObLG, Beschluss vom 17.06.2021 – Verg 6/21

Mit Blick auf den Anspruch der Bieter auf effektiven Rechtsschutz im Vergabenachprüfungsverfahren sind die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde das vorrangig zu bewertende Kriterium, dem bei der Gesamtabwägung das wesentliche Gewicht zukommt (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28. Juni 2017 – Verg 24/17 – Kontrastmittel; Hänisch in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 176 Rn. 27; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 6. Aufl. 2021, GWB § 176 Rn. 13; Vavra in Burgi/Dreher, Beck’scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, 3. Aufl. 2017, GWB § 176 Rn. 14).

BayObLG, Beschluss vom 17.06.2021 – Verg 6/21

Zwischen den Erfolgsaussichten der Beschwerde und dem Ergebnis der Interessenabwägung besteht eine Wechselwirkung. Je größer die Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der Beschwerde ist, desto geringere Anforderungen sind an die Eilbedürftigkeit des Zuschlags zu stellen (Herrmann in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl. 2020, GWB § 176 Rn. 15).

BayObLG, Beschluss vom 17.06.2021 – Verg 6/21

Auch bei hoher Erfolgsaussicht der sofortigen Beschwerde des Auftraggebers kann der Zuschlag jedoch nur nach einer Interessenabwägung gestattet werden, denn der antragstellende Bieter wird durch eine Vorabentscheidung endgültig um seinen Primärrechtsschutz gebracht (Vavra a. a. O. Rn. 17).

BayObLG, Beschluss vom 17.06.2021 – Verg 6/21

Die die Dringlichkeit begründenden Umstände müssen einen besonderen Ausnahmefall kennzeichnen; sie sind substantiiert darzulegen.

BayObLG, Beschluss vom 17.06.2021 – Verg 6/21

Im Regelfall muss ein Auftraggeber auch mit Verzögerungen der Auftragsvergabe durch ein Nachprüfungs- oder Beschwerdeverfahren rechnen und diese bei seiner zeitlichen Planung einkalkulieren (Wilke in Münchener Kommentar Europäisches und Deutsches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2018, GWB § 126 Rn. 35). Das Interesse der Allgemeinheit und der Versorgung mit modernster klinischer Leistung ist ein allgemein bestehendes öffentliches Interesse, nicht aber ein besonderes, das dem Interesse an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes vorgehen könnte (OLG Karlsruhe, Urt. v. 4. Mai 2007, 17 Verg 5/07).

BayObLG, Beschluss vom 17.06.2021 – Verg 6/21