vorgestellt von Thomas Ax
Zu den Mehr- und Minderkosten einer geänderten oder zusätzlichen Leistung gehören auch die Kosten eines Stillstands von Baugeräten, die zur Ausführung anderer Leistungspositionen (Folgegewerke) benötigt werden, wenn sich diese aufgrund der geänderten oder zusätzlichen Leistung zeitlich verschieben. Auch in § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B ist nicht geregelt, wie die Vergütungsanpassung bei geänderten oder zusätzlichen Leistungen zu ermitteln ist, wenn die Parteien hierüber keine Einigung getroffen haben. Haben die Parteien über die Vergütung für geänderte oder zusätzliche Leistungen, deren Ermittlung oder einzelne Preiselemente keine Einigung getroffen, enthält der Vertrag eine Regelungslücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu füllen ist. Es entspricht – ebenso wie im Falle von Mengenmehrungen gem. § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B – der Redlichkeit und dem bestmöglichen Interessenausgleich, die Vergütung nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschlägen für Allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn zu ermitteln. Hält der Auftraggeber im Rahmen der Berechnung eines Nachtrags nach § 2 Abs. 5 oder 6 VOB/B eine Kostenposition schon im Grundsatz für nicht ersatzfähig (hier Kosten aufgrund der bauzeitlichen Auswirkungen auf andere Leistungspositionen), kann eine ausdrückliche oder stillschweigende Einigung der Parteien auf die Berechnung dieser Kosten regelmäßig nicht angenommen werden.
OLG Köln, Urteil vom 03.02.2021 – 11 U 136/18 (nicht rechtskräftig)
vorhergehend:
LG Köln, 03.02.2021 – 5 O 456/17
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf den Ersatz von Vorhaltekosten wegen eines eingetretenen Baustillstands in Anspruch.
Der Beklagte beauftragte – nachdem der dahingehende Vertrag mit einem anderen Unternehmen zuvor gekündigt worden war – die Klägerin am 11.04.2016 unter Einbeziehung der VOB/B (2012) mit dem Gewerk Schadstoffsanierung und Abbrucharbeiten beim Teilrückbau der JVA K Flügel E. Dieser Bauteil bestand aus zwei Gebäudeteilen, dem Wirtschaftsgebäude (Bauabschnitt 1) und dem Zellentrakt (Bauabschnitt 2). Dem Vertrag lag im Übrigen ein bauseits erstelltes Schadstoffgutachten zugrunde. Die Bauleitung wurde auf der Seite des Beklagten durch die B GmbH (im Weiteren: Fa. B) durchgeführt.
Dabei sollte in einem ersten Arbeitsschritt zunächst das Wirtschaftsgebäude saniert und zurückgebaut und parallel dazu die Schadstoffsanierung des Zellentraktes erfolgen, damit dieses sofort nach dem Rückbau des Wirtschaftsgebäudes ebenfalls zurückgebaut werden konnte.
Im Rahmen der Arbeiten zum ersten Bauabschnitt fand sich dann eine asbesthaltige Rohrisolierung im Dach, die saniert werden musste, bevor der Abbruch des Gebäudes weitergeführt werden konnte.
Die Mehrkosten hierfür wurden von der Klägerin mit dem Nachtragsangebot Nr. 02 vom 10.06.2016 geltend gemacht und von dem Beklagten bis auf die Pos. NT 02.04.01 betreffend die Gerätevorhaltung von einem Kettenbagger CAG 330 für 5 Tage akzeptiert.
Mitte Juni 2016 stellte sich ferner heraus, dass im Bereich des zweiten Bauabschnittes Mehrleistungen im Zellentrakt wegen der im Verhältnis zu dem Schadstoffgutachten erheblich höheren Asbestbelastung von PVC-Böden und asbesthaltigen Klebers notwendig werden würden. Hierauf wies die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 22.06.2016 hin. Der asbestbelastete PVC-Boden konnte nicht wie geplant im sog. BT11- oder BT17-Verfahren durch bloßes Befeuchten der betroffenen Stellen sowie durch die Verwendung von Flächenschleifmaschinen, sondern nur in einem wesentlich aufwändigeren, konventionellen Verfahren bei Unterdruck und durch den Einsatz von Handschleifgeräten entfernt werden. Dies hatte zur Folge, dass der Abbruch des Zellentraktes nicht im direkten Anschluss an den Abbruch des Wirtschaftsgebäudes ab dem 07.07.2016, sondern erst nach einem bis zum 19.08.2016 andauernden 32-tägigen Stillstand erfolgen konnte. Die gesamten Arbeiten wurden dann letztendlich am 24.03.2017 abgeschlossen.
Die hierdurch entstehenden Mehrkosten für die Sanierungen im Zellentrakt wurden durch die Klägerin zunächst in ihrem Nachtragsangebot Nr. 03 vom 24.06.2016 angeboten sowie von dem Beklagten geprüft und beauftragt. Den Ausgleich der mit den Pos. NT 03.03.01 und 03.03.02 geltend gemachten Vorhaltekosten für zwei Kettenbagger CAT 330 (Longfront) und CAT 336 akzeptierte der Beklagte hingegen nicht. Diese Kosten wurden alsdann entsprechend dem Prüfungsvermerk der Fa. B vom 13.07.2016 und im Anschluss an eine Baubesprechung vom 03.08.2016 aus dem Nachtrag herausgerechnet und mit Schreiben vom gleichen Tage in einem gesonderten Nachtragsangebot Nr. 05 unter zusätzlichem Einschluss von Vorhaltekosten für einen Radlader und einer Brecheranlage und unter Berücksichtigung eines Nachlasses von 9 % angeboten. Während die Fa. B die geltend gemachten Vorhaltekosten nach Prüfung als berechtigt ansah, lehnte der Beklagten mit Schreiben vom 10.01.2017 eine Zahlung endgültig ab.
Mit Schlussrechnung vom 02.06.2017 erfolgte durch die Klägerin die Abrechnung der von ihr erbrachten Leistungen. Der Beklagte akzeptierte die Schlussrechnung bis auf die unter NT 02.04.01 und NT 03.03.01 bis NT 03.03.04 in Ansatz gebrachten Vorhaltekosten der Nachträge 02 und 05 in Höhe eines Betrages von insgesamt 109.720,39 EUR netto, aus dem sich nach Abzug des vereinbarten Nachlasses von 9 % und Hinzurechnung der Umsatzsteuer die verbleibende Restforderung von 118.816,57 Euro brutto ergibt, die die Klägerin mit der vorliegenden Klage nebst außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.480,44 Euro weiter verfolgt.
Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil vom 03.07.2018 (Bl. 121 ff d.A.), auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, der wechselseitigen Anträge sowie der weiteren Prozessgeschichte gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, die Klage insgesamt abgewiesen.
Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dass für Ansprüche, die auf Grund von Baustillstand entstehen, dem System der VOB/B nach allein die im Verhältnis zu §§ 2 Abs. 5 und 6 VOB/B speziellere Vorschrift des § 6 Abs. 6 VOB/B einschlägig sei. Dies gelte auch dann, wenn die zusätzlichen Kosten als indirekte Folge der Durchführung einer angeordneten zusätzlichen Leistung entstehen würden. Stillstandskosten könnten auch nicht mit Nachtragsbearbeitungskosten gleichgesetzt werden.
Zu den Voraussetzungen des § 6 Abs. 6 VOB/B fehle es hingegen an einem substantiierten Vortrag der Klägerin und hier insbesondere an einer konkreten bauablaufbezogenen Darstellung. Es werde u.a. nicht dargestellt, wie der Einsatz der Geräte ursprünglich genau geplant gewesen und weshalb es konkret zu welcher Verzögerung bei den einzelnen Geräten gekommen sei. Auch werde nicht im Einzelnen dargelegt, weshalb die Geräte nach Kenntniserlangung von der Verzögerung auch bei frühzeitiger Planung nicht anderweitig hätten eingesetzt werden können.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sei auch nicht von einer konkludenten Mitbeauftragung der Vorhaltekosten im Rahmen der Nachträge auszugehen. Dies sei zum einen nicht durch die teilweise Erbringung von Abschlagszahlungen geschehen. Soweit die Klägerin hierzu vortrage, beklagtenseits sei ihr gegenüber zu verstehen gegeben worden, dass die Stillstandskosten bei separater prüffähiger Aufstellung vergütet werden würden, sei dies nicht ausreichend. Die Abzeichnung des Nachtragsangebotes Nr. 05 durch die Fachplaner allein genüge mangels Bevollmächtigung durch den Beklagten nicht, um von einer wirksamen Beauftragung ausgehen zu können.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie vertritt die Ansicht, dass die rechtliche Grundlage für die Geltendmachung der Vorhaltekosten in § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B zu finden sei. Denn der eingetretene Baustillstand beruhe auf der durch den Beklagten vorgenommenen Änderung des Bausolls. Hierzu trägt sie vor, dass die Parteien sich anlässlich der Besprechung vom 18.10.2016 über diesen rechtlichen Ansatz und auch über die Höhe der Kosten einig gewesen seien. Die gesonderte Abrechnung der Kosten für den Stillstand beim Bauabschnitt 2 in dem Nachtragsangebotes Nr. 05 sei nur auf ausdrücklichen Wunsch der Beklagten erfolgt.
Zu der fünftägigen Verzögerung im Rahmen des ersten Bauabschnittes sei es dadurch gekommen, dass es nach der Feststellung der asbesthaltigen Rohrummantelung notwendig gewesen sei, das Dach des Wirtschaftsgebäudes per Hand zu demontieren. Allerdings hätten die Baumaschinen bereits zur Weiterarbeit bereitgestanden, weil sie bei Abbruch des Hafthauses C hätten verwendet werden sollen. Nur einer der beiden Kettenbagger hätte jedoch anderweit eingesetzt werden können.
Hilfsweise werde der Anspruch aber auch auf § 6 Abs. 6 VOB/B gestützt. Insoweit überspanne das Landgericht insbesondere die Anforderungen an eine bauablaufbezogene Darstellung, auf die die Kammer vor dem Urteil im Übrigen nicht hingewiesen habe. Im Falle eines Hinweises wäre hierzu entsprechend den Ausführungen in der Berufungsbegründung (dort S. 20 – 23 = Bl. 178 – 181 d.A.) und unter Vorlage der Anlagen K 34 (Bl. 18 des Anlagenheftes 3) und K 38 (Bl. 311 d.A.) ergänzend vorgetragen worden, worauf verwiesen wird. Bei dem sich insoweit ergebenden Schaden sei zu berücksichtigen, dass die verwendeten Baugeräte (2 Bagger, 1 Radlader und 1 Brecheranlage), welche sämtlich von der Fa. M Baumaschinen angemietet worden seien, plangemäß am 03.09.16 hätten abtransportiert werden können, stattdessen aber bis zum 19.09. oder 24.09.2016 hätten vorgehalten werden müssen. Daraus hätten sich für die Monate Juni bis September 2016 zusätzliche Mietkosten von insgesamt 190.133,00 Euro brutto ergeben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Köln vom 03.07.2018 – 5 O 456/17 – abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie 121.297,01 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hinsichtlich eines Betrages von 118.816,57 Euro seit 10.08.2017 und hinsichtlich eines Betrages von 2.480,44 Euro seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise: die Revision zuzulassen.
Der Beklagte ist der Meinung, dass die Klägerin sich zur Begründung des geltend gemachten Anspruches nicht auf §§ 2 Abs. 5, 6 VOB/B berufen könne. Denn die Baugeräte, auf die sich die geltend gemachten Vorhaltekosten bezögen, seien für die geänderten Leistungen nicht benötigt worden; es fehle damit für einen Anspruch nach den o.g. Regelungen an der erforderlichen Leistungsbezogenheit. Laut der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes stellten bloße Verzögerungen aber keine Anordnung i.S.d. §§ 1 Abs. 3, 4 VOB/B dar.
Im Übrigen habe es bauseits keine Vorgaben und keine Eingriffe in den Bauablauf gegeben, insbesondere sei die gleichzeitige Bearbeitung der beiden Bauabschnitte nicht vorgegeben worden. Ferner hätten sich die Parteien weder über die Vorhaltekosten geeinigt noch sei vom Beklagten ein diesbezüglicher Nachtrag gefordert worden; soweit dies durch den bauleitenden Architekten geschehen sei, habe dieser nicht über eine dahingehende Vollmacht verfügt. Die fehlende Berechtigung der Nachtragsforderung ergebe sich in der Sache aber auch daraus, dass die Gerätevorhaltung bereits über die vertraglich vereinbarte Hauptposition mit vergütet worden sei.
Soweit der Anspruch daher allein aus § 6 Abs. 6 VOB/B oder § 642 BGB abgeleitet werden könne, sei der Vortrag der Klägerin weiterhin unschlüssig. Es fehle sowohl an einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beklagten als auch an einer nachvollziehbaren bauablaufbezogenen Darstellung sowie darüber hinaus auch an einer Darlegung über die anderweitigen Einsatzmöglichkeiten der Baugeräte. Wenn die Klägerin nunmehr vortrage, die von ihr eingesetzten Baumaschinen seien angemietet worden, so stehe dies im Widerspruch zu ihren Angaben in der Baubesprechung vom 18.10.2016, in welcher versichert worden sei, dass die Geräte aus dem eigenen Fuhrpark stammen würden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbeteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet gemäß §§ 525 Satz 1, 304 Abs. 1 ZPO vorab über den Grund des nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs.
Auf das zwischen den Parteien geltende Schuldverhältnis findet das BGB in der zwischen dem 01.01.2009 bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung sowie die in das Vertragsverhältnis einbezogene VOB/B in der Fassung 2012 Anwendung.
Der Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin Kosten für den eingetretenen Gerätestillstand gem. § 631 BGB i.V.m. §§ 2 Abs. 5 und 6 VOB/B zu zahlen.
Unstreitig sind im Rahmen der Arbeiten zur Schadstoffsanierung und zum Abbruch im Bereich des Flügels E der JVA K auf Anordnung des Beklagten durch die Klägerin abweichend von dem vereinbarten Bausoll zusätzliche bzw. von der ursprünglich vorgesehenen Art ihrer Ausführung abweichende Leistungen erbracht worden. So wurde im Verlauf der Asbestsanierung des Wirtschaftsgebäudes (1. Bauabschnitt) eine bislang unbekannte asbesthaltige Rohrisolierung im Dach aufgefunden, die zusätzlich saniert werden musste. Ferner ergab sich Mitte Juni 2016, dass im Bereich des Hafthauses C (2. Bauabschnitt) wegen einer erheblich höheren Asbestbelastung der PVC-Böden und des Vorhandenseins von asbesthaltigen Klebern die Schadstoffsanierung nur in einem erheblich aufwändigeren, konventionellen Verfahren als vertraglich vorgesehen durchgeführt werden konnte. Ebenfalls steht zwischen den Parteien außer Streit, dass der Klägerin hieraus erhöhte Material- und Lohnkosten zustehen, so wie sie von ihr in den Nachträgen 02 und 03 geltend gemacht und in der Schlussrechnung abgerechnet worden sind. Diese finden ihre Rechtsgrundlage hinsichtlich der zusätzlich notwendig gewordenen Sanierung der nachträglich aufgefundenen Rohrisolierung im Dach in § 2 Abs. 6 VOB/B i.V.m. § 1 Abs. 4 VOB/B und hinsichtlich der von der Baubeschreibung abweichenden Sanierung der PVC-Böden in § 2 Abs. 5 VOB/B i.V.m. § 1 Abs. 3 VOB/B.
Die Klägerin kann von der Beklagten aber dem Grunde nach auch die Zahlung der Kosten für die zusätzliche Vorhaltung von Baugeräten verlangen, so wie sie von ihr in den Pos. NT 02.04.01 und NT 03.03.01 bis 03.03.04 der Schlussrechnung vom 02.06.2017 geltend gemacht werden. Diese berechnen sich nach den tatsächlich erforderlichen Mehr- und Minderkosten mit angemessenen Zuschlägen.
1. Entgegen der Annahme der Klägerin resultiert ein solcher Anspruch jedoch noch nicht daraus, dass sich die Parteien bereits abschließend über die beiden Nachträge geeinigt hätten.
Soweit der Mitarbeiter C der mit der Bauleitung betrauten Fa. B in einem Gespräch vom 03.08.2016 die separate Geltendmachung der Stillstandskosten betreffend das Hafthaus E in einem gesonderten Nachtrag 05 verlangt und diesen Nachtrag alsdann nach Erläuterung anhand der Urkalkulation am 18.10.2016 auch nicht beanstandet hat, kann hieraus eine wirksame Einigung mit dem Beklagten nicht abgeleitet werden. Denn der bauleitende Architekt ist grds. zur Abgabe rechtsgeschäftlich bindender Erklärungen für den Bauherrn nicht befugt (OLG Celle, Urt. v. 18.05.2017 – 7 U 168/16, BauR 2018, 139; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.02.2000 – 5 U 10/99, BauR 2000, 891; OLG Naumburg, Urt. v. 09.02.1999 – 11 U 88/98, NZBau 2000, 143; OLG Köln, Urt. v. 03.04.1992 – 19 U 191/91, NJW-RR 1992, 915). Eine anderweitige rechtsgeschäftliche Vereinbarung oder Gründe, aus denen sich etwas anderes ergeben könnte, werden von der Klägerin weder vorgetragen noch sind sie ansonsten ersichtlich. Im Gegenteil trägt auch die Klägerin selbst vor, dass der Projektleiter N des Beklagten die streitigen Nachtragspositionen stets zurückgewiesen habe. Soweit die Klägerin behauptet, der Projektleiter habe die Genehmigung der Zusatzkosten nur als bloße Formsache dargestellt, so belegt dies, dass eine Einigung mit dem Beklagten gerade noch nicht vorgelegen hat.
2. Die Klägerin kann aber einen Ausgleich für durch den Stillstand der Baugeräte entstandenen Kosten gem. §§ 2 Abs. 5 und 6 VOB/B verlangen, da ihr solche Kosten durch auf Anordnung des Beklagten geänderte bzw. zusätzliche Leistungen im Zuge der dem Abbruch vorhergehenden Schadstoffsanierung entstanden sind.
Bisher ist höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob und wenn ja, nach welchen Rechtsgrundsätzen der durch eine rechtmäßige Änderungsanordnung des Auftraggebers gem. §§ 1 Abs. 3, 4 VOB/B, § 4 Abs. 1 Nr. 3 VOB/B verursachte zeitliche Mehraufwand zu vergüten ist, insbesondere, ob von dem in diesem Fall entstehenden Mehrvergütungsanspruch des Auftragnehmers gem. §§ 2 Abs. 5, 6 VOB/B nur der unmittelbare zeitliche Mehraufwand für die Erbringung einer aufwändigeren oder zusätzlichen Leistung oder auch derjenige erfasst ist, der darüber hinaus (mittelbar) durch eine hierdurch eintretende Störung des Bauablaufs – etwa in Form von Stillstandskosten – entsteht.
Entgegen der Annahme des Landgerichts stellt § 6 Abs. 6 S. 1 VOB/B insoweit keine abschließende Sonderregelung dar. Zum einen werden durch diese Bestimmung die Vergütungsvorschriften der §§ 2 Abs. 5 und 6 VOB/B nicht verdrängt; zum anderen bleibt nach § 6 Abs. 6 S. 2 VOB/B auch der Anspruch auf eine angemessene Entschädigung gem. § 642 BGB grundsätzlich unberührt (Berger in: Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Auflage § 6 Abs. 6 Rn. 114). Mithin sind alle genannten Regelungen auf ihre konkrete Einschlägigkeit hin zu prüfen.
a) Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus § 6 Abs. 6 S. 1 VOB/B. Nach zutreffender Ansicht ist ein Schadensersatzanspruch gem. § 6 Abs. 6 S. 1 VOB/B in Fällen wie dem vorliegenden nur dann gegeben, wenn die Bauzeitverlängerung auf einer vertragswidrigen Anordnung des Auftraggebers beruht (OLG Hamm, Urt. v. 14.04.2005 – 21 U 133/04, BauR 2005, 1480; OLG Braunschweig, Urt. v. 02.11.2000 – 8 U 201/99, BauR 2001, 1739; Berger, aaO Rn. 114; Thode, ZfBR 2004, 214). Soweit hingegen in der Vergangenheit vereinzelt die Meinung vertreten wurde, dass § 6 Abs. 6 S. 1 VOB/B auch bei einem vertragsgemäßen Verhalten des Auftraggebers möglich sei (OLG Koblenz, Urt. v. 18.03.1988 – 8 U 345/87, NJW-RR 1988, 851; OLG Nürnberg, Urt. v. 13.10.1999 – 4 U 1683/99, BauR 2001, 409), ist diese Ansicht bereits mit dem Wortlaut der Regelung, der verlangt, dass die hindernden Umstände von einem Vertragsteil zu vertreten sein müssen, nicht zu vereinbaren und daher abzulehnen. Die dem Auftraggeber bei Einbeziehung der VOB/B eingeräumte Anordnungsbefugnis nach § 1 Abs. 3 und § 1 Abs. 4 VOB/B begründet ein vertraglich vereinbartes Leistungsbestimmungsrecht. Nimmt der Auftraggeber diese ihm eingeräumte Befugnis wahr, übt er in rechtmäßiger Weise ein ihm vertraglich zustehendes Recht aus (BGH, Urt. v. 24. 07.2003 – VII ZR 79/02, BauR 2003, 1892; Berger, aaO Rn. 117). Im gegebenen Fall fehlt es an einem Verschulden des Beklagten, weil er unstreitig gem. § 1 Abs. 3 und § 1 Abs. 4 VOB/B zur Anordnung der zusätzlichen bzw. geänderten Leistungen befugt war.
b) Der Anspruch kann auch nicht auf § 6 Abs. 6 S. 2 VOB/B i.V.m. § 642 BGB gestützt werden. § 642 BGB regelt einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch des Unternehmers für den Fall, dass der Besteller in Annahmeverzug gerät, weil er eine ihm obliegende Mitwirkungshandlung unterlässt, die bei der Herstellung des Werkes erforderlich ist (BGH, Urt. v. 26.10.2017 – VII ZR 16/17, BauR 2018, 242; Berger, aaO Rn. 121). Die vorliegend geltend gemachten Gerätevorhaltekosten beruhen jedoch nicht auf einer unterbliebenen Mitwirkungshandlung des Beklagten, so wie es etwa der Fall gewesen wäre, wenn der Beklagte das Gebäude erst verspätet zum Abbruch zur Verfügung gestellt hätte (vgl. Reister/Werner, Nachträge beim Bauvertrag, 4. Auflage, Rn. 5.1.). Vielmehr geht die Verlängerung der Bauzeit allein darauf zurück, dass der Beklagte von seinem vertraglich bestehenden Recht, eine weiter gehende bzw. eine geänderte Leistung zu fordern, Gebrauch gemacht hat. Die Situation ist mithin nicht mit derjenigen einer „fehlenden Baufreiheit“ aufgrund verspätet ausgeführter Vorunternehmerleistungen zu vergleichen, wie sie den von dem Beklagten herangezogenen Entscheidungen des OLG Braunschweig vom 15.06.2017 (AZ: 8 U 59/16, BauR 2020, 653) wie auch des BGH vom 26.10.2017 (VII ZR 16/17, BauR 2018, 242) zugrunde liegen. In diesen Fällen war jeweils nur eine behinderungsbedingte Verzögerung gegeben, die für sich allein noch keine Anordnung darstellt, weshalb sich ein Anspruch gem. §§ 2 Abs. 5, 6 VOB/B verbat. Vorliegend beruhen die zwischenzeitlichen Verzögerungen im Bauablauf jedoch umgekehrt allein auf anordnungsbedingten Veränderungen in der Bauausführung. Darüber hinaus war die für die Durchführung der Abbrucharbeiten erforderliche „Baufreiheit“, d.h. die Befreiung der beiden Bauteile von der bestehenden Asbestbelastung, nicht von dem Beklagten zu gewährleisten, sondern vertragsgemäß von der Klägerin herbeizuführen, so dass die gegebene Fallkonstellation bereits aus diesem Grunde nicht mit den Sachverhalten der von dem Beklagten für die Begründung seiner Ansicht herangezogenen Entscheidungen vergleichbar ist.
c) Übt der Auftraggeber rechtmäßig sein vertragliches Leistungsbestimmungsrecht nach § 1 Abs. 3 oder § 1 Abs. 4 VOB/B aus und führen die geänderten oder zusätzlichen Leistungen zu einem zeitlichen Mehraufwand, so kann der Auftragnehmer daher die hierdurch verursachten Kosten allein als Vergütungsansprüche nach § 2 Abs. 5 bzw. § 2 Abs. 6 VOB/B geltend machen. Der Anspruch aus § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B erfasst auch solche Mehrkosten, die sich aus den Auswirkungen der geänderten oder zusätzlichen Leistung auf die Bauzeit ergeben (OLG Braunschweig, Urt. v. 02.11.2000 – 8 U 201/99, BauR 2001, 1739 ff, Rn. 80ff; OLG Frankfurt, Urt. v. 08.10.1998 – 1 U 186/96, OLGR 1999, 78 Rn. 48f; OLG München, Urt v. 27.04.2016 – 28 U 4738/13; Althaus/Bartsch in: Althaus/Heindl, Der öffentliche Bauauftrag, 2. Auflage, Teil 4 Rn. 215; Berger, aaO, Rn. 117; Keldungs in: Ingenstau/Korbion/Leupertz/v. Wietersheim, VOB/B, 21. Auflage, § 2 Abs. 6, Rn. 54; Kapellmann/Messerschmidt/Markus, VOB/B, 7. Auflage § 6, Rn. 58; Kapellmann/Schiffers/Markus, Vergütung, Nachträge und Behinderungsfolgen beim Bauvertrag, Band 1, 7. Auflage, Rn. 1324, 1142; NWJS/Sonntag, VOB/B, 5. Auflage, § 6, Rn. 188f; Vygen/Joussen/Lang/Rasch, Bauverzögerung und Leistungsänderung, 7. Auflage 2015, III. 5.6 Berechnung der Vertragsanpassung unter Berücksichtigung der Mehr- und Minderkosten (§ 2 Abs. 5 VOB/B), Rn. 615). Die von dem Beklagten für seine Ansicht, angeführte Entscheidung des OLG München vom 27.04.2016 (28 U 4738/13) steht dem nicht entgegen. Denn auch das OLG München hält die §§ 6 Abs. 6 S. 2 VOB/B, 642 BGB nur auf echte Bauablaufstörungen für anwendbar und will daher einen Mehrvergütungsanspruch wegen Verzögerungen aufgrund eines abweichenden Stahlbaukonzepts nach § 2 Abs. 5 VOB/B errechnen. Auch die von dem Beklagten herangezogene Kommentierung von Kandel (in: BeckOK, VOB, Stand: 31.01.2020, § 2 Abs. 5 VOB/B, Rn. 43, 80a, 80b) führt aus, dass die Auswirkungen auf die Bauzeit als Nebenfolge von dem Anordnungsrecht gem. § 1 Abs. 3 VOB/B gedeckt und die Konsequenzen im Rahmen der nachfolgenden Preisermittlung gem. § 2 Abs. 5 VOB/B zu berücksichtigen seien.
Wenn der Beklagte demgegenüber meint, §§ 2 Abs. 5, 6 VOB/B seien nicht einschlägig, weil sich die Anordnungen allein auf die Sanierungsarbeiten und damit nicht auf die ausschließlich für die nachfolgenden Abbrucharbeiten benötigten Baugeräte bezogen hätten, für die die Stillstandskosten geltend gemacht werden, so verkennt er, dass es sich vorliegend nicht um hinsichtlich der Bauzeit sowie der Kostenkalkulation voneinander unabhängige Bauabschnitte, sondern um einen einheitlichen Auftrag handelte, der sich aus hintereinander geschalteten und in ihrem jeweiligen Bauablauf jeweils voneinander abhängigen Sanierungs- und Abbrucharbeiten für mehrere Gebäudeabschnitte zusammensetzte. Zudem ist anerkannt, dass dem Auftragnehmer bei einer geänderten Bauleistung der ursprünglich kalkulierte Gewinn erhalten bleiben soll (vgl. etwa den Gesetzentwurf zum neuen Bauvertragsrecht BT-DS 18/8486, S. 56 zu § 650c BGB), so dass bei der Berechnung der Mehrvergütung auch sämtliche durch die Änderung entstehenden Kostenfaktoren einfließen müssen. Die §§ 2 Abs. 5 und 6 VOB/B sehen daher für die Fälle von Anordnungen i.S.d. §§ 1 Abs. 3 und 4 VOB/B ausdrücklich die Bildung eines neuen Preises vor, der folgerichtig auch die mit den Änderungen nur mittelbar einhergehenden Verzögerungswirkungen mit einschließt. Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof in einer jüngeren Entscheidung (Urt. v. 30.01.2020 – VII ZR 33/19, BauR 2020, 984 Rn. 31; vgl. auch: BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 – VII ZR 11/08, BauR 2009, 1131 Rn. 44) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der vertragliche Vergütungsanspruch bei einer notwendigen Veränderung der Bauzeit in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Abs. 5 VOB/B anzupassen sei. Dass die Parteien im Laufe der Verhandlungen die sog. Stillstandskosten von der reinen Vergütung für die geänderten bzw. zusätzlichen Leistungspositionen separiert haben, bleibt auf die Anspruchsgrundlage ohne Einfluss. In der Sache bedeutet dies lediglich, dass von der getroffenen Vereinbarung der Parteien die zeitabhängigen Kosten nicht erfasst sind. Denn diese Folgekosten können Bestandteil der Nachtragsberechnung sein, aber auch gesondert geltend gemacht werden (Kapellmann/Messerschmidt/Kapellmann, VOB-Kommentar Teil A und B, § 2 VOB/B Rn. 372). Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 22.10.2020 (VII ZR 10/17, NZBau 2021, 24 Rn. 16), wonach § 2 Abs. 5 VOB/B nur die Mehr- und Minderkosten erfasst, die „im Zusammenhang mit der Ausführung der betroffenen vertraglich vereinbarten Leistung anfallen“, weshalb die für die Berechnung dieser Vergütung aufgewendeten Sachverständigenkosten nicht hierzu gehören. Die Entscheidung befasst sich mit Kosten, die dem Auftragnehmer nicht für die Ausführung der Leistung entstanden sind, sondern für deren Abrechnung, d.h. die Ermittlung der Nachtragsvergütung. Die Kosten, die zur Ermittlung der Vergütung aufgewendet werden, können nicht selbst Gegenstand der Vergütung sein (BGH, aaO, Rn. 16). Dem Urteil kann aber nicht entnommen werden, dass für die geänderte Vergütung nur die Kosten herangezogen werden können, die durch die Ausführung der geänderten Arbeitsschritte unmittelbar entstanden und nicht auch diejenigen, die erst durch die mittelbaren Auswirkungen auf andere Leistungspositionen verursacht worden sind. Die hier geltend gemachten Gerätekosten sind gerade im Zusammenhang mit der Ausführung der geänderten und zusätzlichen Leistung entstanden; sie sind lediglich im Vertrag in eine andere Position einkalkuliert worden. Dementsprechend formuliert der Bundesgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung (Rn. 32) selbst, dass maßgeblich für die Ermittlung der an den Auftragnehmer zu zahlenden Mehrvergütung diejenigen Mehrkosten sind, die ursächlich auf die Verschiebung der Bauzeit zurückgeführt werden können. Diese ergäben sich im rechtlichen Ausgangspunkt aus der Differenz zwischen den Kosten, die beim Auftragnehmer für die Ausführung der Bauleistung tatsächlich angefallen sind, und den Kosten, die er bei Erbringung der Bauleistung in dem nach der Ausschreibung vorgesehenen Zeitraum hätte aufwenden müssen. Von diesen Mehrkosten sind dann aber sachgedanklich auch die entstehenden Vorhaltekosten umfasst.
Durch den hier gewählten rechtlichen Ansatz entsteht schließlich auch keine ungerechtfertigte Differenzierung zwischen den Fällen der „echten Störung“ einerseits und der veränderten Bauausführung andererseits. Denn der entscheidende Unterschied zwischen einer anordnungsbedingten Mehrleistung und einer bloßen Behinderung i.S.d. § 642 BGB in Form einer verspäteten Freigabe der Abbrucharbeiten besteht darin, dass die eingetretenen Verzögerungen nicht lediglich auf durch eine unterbliebene Mitwirkungshandlung des Beklagten herbeigeführte Bauumstände, sondern auf seiner aktiven Einwirkung auf das Bausoll zurückgehen.
3. Darüber hinaus besteht nach dem Sach- und Streitstand auch die für den Erlass des Grundurteils erforderliche Wahrscheinlichkeit, dass der Klägerin gegen den Beklagten gem. §§ 2 Abs. 5, 6 VOB/B ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die zusätzliche Vorhaltung von Baugeräten in irgendeiner Höhe zusteht (vgl. hierzu: BGH, Urt. v. 06.06.2019 – VII ZR 103/16, BauR 2019, 1655 Rn. 16 mwN).
a) Dabei ist die Berechnung der gem. §§ 2 Abs. 5, 6 VOB/B zu vergütenden Stillstandskosten auf der Basis der tatsächlich erforderlichen Mehr- und Minderkosten entsprechend den Grundsätzen des § 650c BGB vorzunehmen.
aa) Für die Frage, ob die Mehrvergütung der Klägerin in entsprechender Anwendung der sich aus § 650c Abs. 1 BGB ergebenden Grundsätze anhand der tatsächlich erforderlichen Mehr- und Minderkosten unter Hinzurechnung angemessener Zuschläge oder auf der Basis der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung zu ermitteln ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes für § 2 Abs. 3 VOB/B (Urt. v. 08.08.2019 – VII ZR 34/18, BauR 2019, 1766 Rn. 20 unter Verweis auf BGH, Urt. v. 14.03.2013 – VII ZR 142/12, BGHZ 197, 52 Rn. 14) zunächst darauf an, ob sich die Parteien bei Vertragsschluss für den ungewissen Fall, dass Mengenmehrungen im Sinne dieser Bestimmung eintreten, oder nachträglich, sobald aufgrund konkret eingetretener Leistungsänderungen ein neuer Einheitspreis verlangt wird, über die Methode der Preisanpassung oder einzelne Teilelemente der Preisbildung verständigt haben. Sie können etwa einen bestimmten Maßstab beziehungsweise einzelne Kriterien oder Faktoren festlegen, nach denen im konkreten Fall der neue Einheitspreis nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B bestimmt werden soll. Eine solche Einigung ist vorliegend lediglich über die zusätzlichen Mehrkosten für Material und Lohn zustande gekommen. Wie bereits dargelegt, liegt keine generelle Einigung über den Ausgleich der streitgegenständlichen Stillstandskosten in der geltend gemachten Höhe vor. Vielmehr streiten die Parteien schon darüber, ob diese Kosten überhaupt in Ansatz gebracht werden können. Aus den gleichen Gründen fehlt es aber auch an einer wirksamen Verständigung über Teilaspekte einer solchen Forderung, wozu insbesondere die zugrunde zu legende Berechnungsmethode gehört.
bb) Fehlt es an einer Einigung, ist weiter zu prüfen, ob ein bindendes übereinstimmendes, stillschweigendes Verständnis der Parteien von den Vertragsklauseln der §§ 2 Abs. 5 und 6 VOB/B im Hinblick auf einen Gesamtmaßstab für die Bestimmung eines neuen Einheitspreises, etwa im Sinne einer vorkalkulatorischen Preisfortschreibung oder der tatsächlichen Mehrkosten bestand (BGH, Urt. v. 08.08.2019 – VII ZR 34/18, BauR 2019, 1766 Rn. 22).
Ein solches übereinstimmendes Verständnis, dass sich nach der o.g. Rspr. des Bundesgerichtshofes ebenfalls sowohl auf die Ermittlung der Zusatzvergütung insgesamt als auch nur auf Einzelelemente oder auf die Berechnungsart beziehen kann, liegt nicht vor.
Zwar wurde das Bauvertragsverhältnis der Parteien ausweislich der verwandten Formblätter unter Heranziehung des Vergabe- und Vertragshandbuchs (VHB) des Bundes – Ausgabe 2008, Stand: August 2014 – begründet, das in Ziff. 3.2.1. die Neuberechnung einer Vergütungsanpassung gem. §§ 2 Abs. 5, 6 VOB/B auf der Grundlage der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung vorschreibt (vgl. hierzu: Luz, BauR 2020, 698 ff; Markus, NZBau 2020, 67 Fn. 17). Auch haben sich die bislang anerkannten Nachtragsforderungen einschließlich der reinen Stillstandskosten, die auf Wunsch der Bauleitung dann lediglich aus dem ursprünglichen Nachtragsangebot Nr. 03 herausgenommen worden sind, an der am 18.10.2016 offen gelegten Kalkulation der Klägerin orientiert. Allerdings macht der gesamte Schriftverkehr der Parteien (vgl. etwa die Schreiben des Beklagten vom 10.01.2017 und 09.03.2017, Anlage K 15 und K 20) deutlich, dass zwischen ihnen von Beginn an eine prinzipielle Uneinigkeit darüber bestand, ob Stillstandskosten überhaupt als Teil einer Mehrvergütung gem. §§ 2 Abs. 5, 6 VOB/B geltend gemacht werden können. Die insoweit ablehnende Haltung des Beklagten korrespondiert mit der Regelung unter Ziff. 5.1.4. des Vergabehandbuches des Bundes, in der es heißt: „Sofern Stillstandskosten überhaupt als Schaden in Betracht kommen können, dürfen Abschreibungssätze aus in Baugerätelisten oder ähnlichen der Kalkulation dienenden Hilfsmitteln als Nachweis nicht anerkannt werden“. Dies belegt, dass aus der Sicht der öffentlichen Auftraggeber Stillstandskosten allenfalls als Teil eines Schadensersatzanspruches geltend gemacht werden können. Fehlte es aber auf der Seite des Beklagten sowohl zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses als auch später an der Vorstellung, dass die Vorhaltekosten überhaupt Gegenstand eines Mehrvergütungsanspruches gem. §§ 2 Abs. 5, 6 VOB/B sein können, kann folglich auch kein übereinstimmendes Verständnis der Parteien über die in diesem Fall anzuwendende Berechnungsmethode vorgelegen haben.
Der Maßstab für die Bildung des neuen Einheitspreises kann auch nicht durch Rückgriff auf ein allgemeingültiges Verständnis der Regelung durch die beteiligten Verkehrskreise oder eine bestehende Übung bestimmt werden kann. Wie der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 08.08.2019 – VII ZR 34/18, BauR 2019, 1766 Rn. 23) zutreffend festgestellt hat, hat sich hierzu in Rechtsprechung und Literatur keine einheitliche Meinung herausgebildet. Außerdem folgt die Handhabung in der Praxis unterschiedlichen Ansätzen und differenziert zwischen leistungsabhängigen und leistungsunabhängigen Kosten der Leistungserbringung.
cc) Der Senat geht schließlich davon aus, dass für den Fall, dass weder eine Einigung der Parteien noch ein übereinstimmendes Verständnis der Parteien über die heranzuziehende Berechnungsmethode gegeben ist, auch für den Anwendungsbereich der §§ 2 Abs. 5, 6 VOB/B im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge als interessengerechte Lösung anzuknüpfen ist. Er folgt damit den Ansichten in Literatur und Rechtsprechung, die die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu § 2 Abs. 3 VOB/B (Urt. v. 08.08.2019 – VII ZR 34/18, BauR 2019, 1766) auch auf §§ 2 Abs. 5, 6 VOB/B übertragen wollen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.12.2019 – 5 U 52/19, BauR 2020, 1466; Kandel in: BeckOK, VOB/B, Stand: 31.10.2020, § 2 Abs. 5 Rn. 73; v. Rintelen, NZBau 2019, 696: jeweils für § 2 Abs. 5 VOB/B; OLG Brandenburg, Urt. v. 22.04.2020 – 11 U 153/18, BauR 2020, 1487, Althaus, BauR 2019, 1501: jeweils für § 2 Abs. 6 VOB/B; KG, Urt. v. 27.08.2019 – 21 U 160/18; Kniffka in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage, 4. Teil Rn. 208g, j: für §§ 2 Abs. 5 und 6 VOB/B).
Zum einen folgt dies bereits aus dem übereinstimmenden Sinn und Zweck dieser Regelungen, die gemeinsam von dem Gedanken der Redlichkeit und dem bestmöglichen Ausgleich der wechselseitigen Interessen mit dem Ziel getragen werden, dass durch die Veränderung der auszuführenden Leistungen keine der Vertragsparteien eine Besser- oder Schlechterstellung erfahren soll (BGH, Urt. v. 08.08.2019 – VII ZR 34/18, BauR 2019, 1766 Rn. 22). Dann aber kann eine ergänzende Vertragsauslegung zur Ermittlung der heranzuziehenden Berechnungsmethode bei Fehlen sonstiger Anhaltspunkte im konkreten Fall bei den §§ 2 Abs. 3, 5 und 6 VOB/B – und wohl auch bei § 2 Abs. 7 und Abs. 8 Nr. 2 VOB/B – zu keinem unterschiedlichen Ergebnis gelangen.
Für § 2 Abs. 5 VOB/B folgt eine gleichlaufende Handhabung im Übrigen bereits aus dem fast identischen Wortlaut der Regelung mit § 2 Abs. 3 VOB/B. Soweit § 2 Abs. 5 VOB/B zusätzlich verlangt, dass durch die Veränderung die Grundlagen des ursprünglichen Preises tangiert sein müssen, so kommt diesem Umstand keine weiter gehende Bedeutung zu. Denn zum einen bezieht sich diese Formulierung nicht auf die Berechnung der Mehrvergütung, sondern stellt eine der Voraussetzungen für das Entstehen eines solchen Anspruches dar. Zum anderen will diese Bestimmung auch lediglich den selbstverständlichen Umstand zum Ausdruck bringen, dass rein kostenneutrale Anordnungen keinen Mehrvergütungsanspruch auslösen können (vgl. Jansen in: Beck’scher VOB-Kommentar, 3. Auflage, § 2 Abs. 5 Rn. 30). Gem. § 2 Abs. 6 Nr. 2 VOB/B ist hingegen die neue Vergütung nach den Grundlagen der Preisermittlung für die vertragliche Leistung und den besonderen Kosten der geforderten Leistung zu bestimmen. Diese Formulierung weicht zwar von derjenigen des § 2 Abs. 3 VOB/B ab, legt aber im Ergebnis auch keinen genauen Berechnungsweg fest. Denn einerseits sollen die Grundlagen der bisherigen Preisermittlung, andererseits aber auch die besonderen Kosten der geforderten Leistung berücksichtigt werden. Damit lässt aber auch diese Regelung hinreichenden Raum für eine interessengerechte ergänzende Vertragsauslegung mit dem Ergebnis einer Mehrvergütungsberechnung auf der Grundlage der tatsächlichen Mehrkosten. Auch dies schließt die Berücksichtigung der bisherige Preisermittlung, so wie es § 2 Abs. 6 VOB/B vorsieht, durchaus mit ein, weil auch dann für die Ermittlung der hypothetischen tatsächlichen Kosten der Ursprungsleistung auf die Urkalkulation zurückgegriffen werden kann, so wie dies § 650c Abs. 2 BGB nunmehr auch ausdrücklich vorsieht.
b) Es ist hinreichend wahrscheinlich, dass es aufgrund der geänderten und zusätzlichen Leistungen im Zuge der Schadstoffsanierung zu einem Gerätestillstand gekommen ist und hieraus der Klägerin Kosten entstanden sind. Denn es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der zusätzliche Sanierungsaufwand Einfluss auf den Beginn der Abbrucharbeiten sowie die Gesamtbauzeit hatte und es hierdurch zu einem Stillstand bei dem Geräteeinsatz gekommen ist. Die Feststellung der genauen Stillstandszeiten kann dem Betragsverfahren überlassen bleiben.
c) Diese Stillstandskosten sind schließlich auch entgegen der von dem Beklagten vertretenen Ansicht noch nicht in den vereinbarten Einheitspreisen mitberücksichtigt worden.
Zwar wird in dem Fall, dass die Kosten der Vorhaltung (kalkulatorische Abschreibung, Verzinsung und kalkulatorische Reparaturkosten) bereits in den Einheitspreisen einbezogen worden sind, so wie dies regelmäßig bei den sog. Bereitstellungsgeräten geschieht, keine zusätzliche Vergütung für die Vorhaltung gewährt (Vygen/Joussen/Lang/Rasch, Bauverzögerung und Leistungsänderung, 7. Auflage 2015, III. 5.7 Anforderungen an Nachtragsangebote und deren Bearbeitung, Rn. 661). Dies entspricht der vorliegenden Preisabsprache in Ziff. 3.2. des Leistungsverzeichnisses, wonach das Vorhalten der Geräte in den Einheitspreisen enthalten sind. Hiermit sind aber lediglich die Vorhaltezeiten gemeint, die durch die reguläre Ausführung der ursprünglich vereinbarten Leistung unmittelbar verursacht werden und daher in die Angebotskalkulation eingehen können. Vorliegend geht es hingegen um einen Fall des irregulären Baustillstandes, der unabhängig von der Durchführung der modifizierten Arbeiten allein aufgrund des veränderten Bauablaufs zusätzlich entstanden, also durch die Änderungsanordnungen nur mittelbar verursacht worden ist.
4. Der Zinsanspruch auf die Hauptforderung sowie der Anspruch auf die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt dem Grunde nach aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gem. §§ 286, 288 BGB, nachdem die Klägerin den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 25.07.2017 unter Fristsetzung bis zum 09.08.2017 zur Zahlung des streitgegenständlichen Betrages aufgefordert hat. Für den Fall, dass sich die angemahnte Forderung als weit übersetzt erweisen sollte (vgl. hierzu: BGH, Urt. v. 12.07.2006 – X ZR 157/05, NJW 2006, 3271 mwN) besteht hingegen – ebenso wie auf die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten – nur ein Anspruch auf die Erstattung von Rechtshängigkeitszinsen gem. §§ 288, 291 BGB.
5. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen vor (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO), weil die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (BGH, Beschluss v. 24.09.2003 – IV ZB 41/02, NJW 2004, 289). Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (BGH, Beschluss v. 25.03.2003 – VI ZR 355/02, NJW-RR 2003, 1074). So ist es hier. Denn bei den Fragen, ob im Falle einer Änderungsanordnung gem. §§ 1 Abs. 3, 4 VOB/B auch Gerätestillstandskosten als Teil des Mehrvergütungsanspruches gem. §§ 2 Abs. 5, 6 VOB/B anzusehen und ob in diesem Fall die Abrechnung ebenfalls auf der Grundlage der tatsächlichen Mehrkosten oder vorkalkulatorisch zu berechnen sind, handelt es sich um grundsätzliche Rechtsprobleme, zu denen der Bundesgerichtshof bislang noch keine Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Eine solche erscheint nicht zuletzt auch deswegen angezeigt, weil das neue Bauvertragsrecht der §§ 650a ff BGB gerade im Bereich der anordnungsbedingten Mehrvergütungsansprüche zahlreiche Probleme auch für den Geltungsbereich der VOB/B aufgeworfen hat, die teilweise bereits Gegenstand von aktuellen höchstrichterlichen Entscheidungen (BGH, Urt. v. 08.08.2019 – VII ZR 34/18, BauR 2019, 1766; Urt. v. 30.01.2020 – VII ZR 33/19, BauR 2020, 984; Urt. v. 22.10.2020 – VII ZR 10/17), aber auch der intensiven juristischen Diskussion geworden sind (vgl. nur: Leinemann, NZBau 2020, 337; Luz, BauR 2020, 667; Markus, NZBau 2021, 67; Retzlaff, BauR 2020, 517).