Wird ein Werkunternehmer mit Instandsetzungsarbeiten beauftragt, hat er seine Leistung so auszuführen, dass sie den zum Zeitpunkt der Abnahme geltenden anerkannten Regeln der Technik und Sicherheitsstandards entspricht. Umfasst der Auftrag des Werkunternehmers nicht sämtliche Leistungen, die zur ordnungsgemäßen Funktion der instand zu setzenden Technik erforderlich sind, und erwachsen hieraus Sicherheitsrisiken, hat er dem Auftraggeber einen entsprechenden Hinweis zu erteilen.
OLG Koblenz, Beschluss vom 09.06.2021 – 6 U 1094/20
Gründe:
I.
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch, der Beklagte habe Instandsetzungsarbeiten an seiner Yacht “…[A]” mangelhaft ausgeführt und sich dabei ergebende Hinweispflichten gegenüber dem Kläger verletzt mit der Folge, dass das Boot gesunken sei.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen sowie des Sach- und Streitstands im Einzelnen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Der Kläger hat das Boot während des vorliegenden Rechtsstreits veräußert.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, 56.865,77 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2016 an ihn zu zahlen,
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtliche materiellen Schäden, die dem Kläger aus dem Bootsuntergang in der Nacht vom 27.07.2015 auf den 28.07.2015 entstanden sind und noch entstehen, zu tragen,
3. den Beklagten zu verurteilen, ihn von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 989,13 Euro (entspricht einer 0,65[-fachen] Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 56.865,77 Euro zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer) freizustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat den Beklagten nach Beweisaufnahme zur Zahlung von 22.832,89 Euro Zinsen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.06.2017 (ab Rechtshängigkeit) sowie zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 633,32 Euro verurteilt. Es hat außerdem festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren materiellen Schäden, die aus dem Untergang der Yacht entstanden sind und noch entstehen, mit einer Haftungsquote von 50 % zu ersetzen. Ein Schadensersatzanspruch nach §§ 631, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB sei gegeben, weil der Beklagte sich aus dem Werkvertrag ergebende Hinweis- und Aufklärungspflichten verletzt habe. Auf der Grundlage der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen …[B] gehe das Gericht davon aus, dass die Lenzanlage in mehrfacher Hinsicht nicht mehr dem heutigen Stand der Technik entsprochen habe und so heute nicht mehr zulassungsfähig sei; darauf habe der Beklagte hinweisen müssen. Der Sachverständige habe festgestellt, dass beide Rückschlagventile des Lenzsystems für den Einsatz in festkörperhaltigem Bilgenwasser ungeeignet seien. Eben diese mangelnde Eignung sei schadensursächlich geworden, weil sie zu einem Verkanten der Ventilöffnung infolge von Schmutzpartikeln geführt habe. Das Gericht sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Ursache des Untergangs darin liege, dass sich das Rückschlagventil 1 nach Betätigung der Bilgenpumpe nicht vollständig geschlossen habe und das Absperrventil 1 geöffnet gewesen sei, so dass Wasser durch den unter der Wasserlinie befindlichen Lenzaustritt ins Boot habe eindringen können. Bei einer fachgerechten Lenzanlage müsse sich der Lenzaustritt nach den Ausführungen des Sachverständigen zudem oberhalb der Wasserlinie befinden. Eine entsprechende Änderung des Lenzsystems hätte vorliegend lediglich Kosten im dreistelligen Bereich erfordert, was im Verhältnis zu dem Betrag von 50.000 Euro, den der Kläger in die Instandsetzung des Bootes investiert habe, geringfügig sei. Mit einem relativ geringen Betrag hätte mithin ein relativ hohes Risiko beseitigt werden können. Darüber hinaus habe das unter der Planke einer Treppenstufe angeordnete Absperrventil 1 nicht den Anforderungen der Sportbootrichtlinie (2013/53/EU) genügt, wonach zum Ein- und Austritt von Wasser dienende Außenbord-Durchbrüche, die unterhalb der Wasserlinie liegen, mit leicht zugänglichen Verschlüssen zu versehen seien. Dem Beklagten habe es oblegen, auf die vorgenannten sicherheitsrelevanten Mängel des Lenzsystems hinzuweisen und eine Änderung zu empfehlen. Insoweit sei es für ihn erkennbar und vorhersehbar gewesen, dass es bei einer solchen Konstruktion (Unterwasseröffnung mit “verstecktem” Absperrventil) im Falle einer Fehlbedienung zum Sinken des Bootes unabhängig davon kommen könne, ob dem Kläger die Existenz des unter der Treppe befindlichen Absperrventils 1 tatsächlich bekannt oder unbekannt gewesen sei. Das Gericht glaube dem Kläger auch, dass er die erforderlichen Maßnahmen beauftragt hätte, wenn er vom Beklagten auf das Risiko hingewiesen worden wäre. In Anbetracht der Hinweispflichtverletzung des Beklagten könne im Übrigen offenbleiben, ob der Beklagte oder dessen Mitarbeiter außerdem das Absperrventil 1 geöffnet und nicht wieder geschlossen haben. Durch die Pflichtverletzung des Beklagten sei dem Kläger ein Schaden in Höhe von insgesamt 45.665,77 Euro entstanden (Wiederbeschaffungsaufwand von 33.800 Euro und Bergungskosten von 11.865,77 Euro). Der Kläger müsse sich jedoch ein 50-prozentiges Mitverschulden anrechnen lassen, weil er vor dem Verlassen des Bootes alle Seeventile hätte prüfen und schließen müssen, auch wenn er selbst (bewusst) kei-nes geöffnet haben sollte. Es habe in seiner Verantwortung gelegen, sich darüber zu informieren, wo die zu den Borddurchlässen gehörenden Absperrventile liegen und wie diese zu bedienen seien. Hätte er dem genügt, wäre ihm das Offenstehen des Absperrventils 1 aufgefallen und mit dessen Schließen trotz der Fehlfunktion des Rückschlagventils kein Wasser ins Boot eingetreten.
Mit der Berufung macht der Beklagte geltend, die vom Landgericht seiner Beweiswürdigung zugrunde gelegten Annahmen, der im Ermittlungsverfahren tätige Sachverständige …[C] habe andere Absperrhähne (Dusche/Toilette) bei seiner Untersuchung des Bootes nach der Bergung nicht offenstehend vorgefunden und außerdem festgestellt, dass die Bilgenpumpe im Mitteschiff über keinen eigenen Schalter verfügt habe, sondern bei einer Betätigung der Hauptsicherung automatisch angesprungen sei, seien falsch. Das Landgericht habe entgegenstehenden Vortrag des Beklagten zum angenommenen Geschehensablauf nicht gewürdigt und sei seinen Beweisangeboten hierzu rechtsfehlerhaft nicht nachgegangen. Die Ausführungen des Sachverständigen …[B], der durch den Beklagten auf die Sportbootrichtlinie habe hingewiesen werden müssen und daher als fachlich ungeeignet anzusehen sei, seien nicht tragfähig. Es sei physikalisch ausgeschlossen, dass das Boot auf die von den beiden Sachverständigen angenommene Weise über Nacht gesunken sei. Alternativursachen habe das Landgericht nicht in Betracht gezogen; immerhin habe der Sachverständige …[C] konstatiert, dass alle Absperrriegel geöffnet gewesen seien. Unverständlich sei, dass das Landgericht offenlasse, ob der Beklagte oder seine Mitarbeiter das Absperrventil 1 geöffnet und nicht wieder geschlossen hätten. Das Gegenteil habe der Beklagte durch Zeugen bewiesen. Der Kläger habe seinerseits angegeben, vom Vorhandensein des Absperrventils 1 nichts gewusst zu haben. Die vom Landgericht angenommene Schadensursache scheide aber aus, wenn das Absperrventil 1 geschlossen gewesen sei. Im Übrigen habe der Beklagte keine Hinweispflichten verletzt, weil die Konstruktion des Lenzsystems auf der “…[A]” nach der Sportbootrichtlinie durchaus zulässig sei. Dass sie nicht mehr dem Stand der Technik heutiger Neubauten entsprochen habe, schade nicht, da der Kläger gewusst habe, dass es sich um einen “Oldtimer” mit altersgemäßer Ausstattung handele. Das Sinken sei vielmehr ausschließlich auf Versäumnisse des Klägers zurückzuführen. Dieser verfüge über einen Sportbootschein und habe das Boot zum Beklagten überführt. Er müsse sich deshalb darüber im Klaren gewesen sein, dass die Auslässe unterhalb der Wasserlinie gelegen haben. Aus Beklagtensicht sei ein Wissensdefizit beim Kläger nicht erkennbar gewesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 21.07.2020 (Bl. 21 ff. d. eA.) verwiesen.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil des Landgerichts Trier aufzuheben, soweit der Klage stattgegeben worden ist und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf Hinweis des Vorsitzenden vom 25.03.2021 (Bl. 91 d. eA.) hat der Kläger mit Rücksicht auf die Weiterveräußerung des Bootes im Schriftsatz vom 29.03.2021 (Bl. 93 d. eA.) den Feststellungsantrag (Antrag zu 2) für in der Hauptsache erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich der Teilerledigungserklärung angeschlossen (Bl. 107 d. eA.).
Der Senat hat die Parteien durch Beschluss vom 21.01.2021 darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten im Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und zugleich den Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Hinweisbeschluss Bezug genommen (Bl. 48 ff. d. eA.).
Zu dem Beschluss des Senats vom 21.01.2021 hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 10.03.2021 Stellung genommen und ausgeführt, er habe keine generelle technische Überholung des Bootes geschuldet. Im Rahmen der beabsichtigten Renovierung habe er lediglich die Funktionsfähigkeit der Technik überprüfen und wo sie nicht gegeben sei, diese herstellen sollen. Die Arbeiten habe er mangelfrei ausgeführt; sie seien vom Kläger auch abgenommen worden. Die Technik sei funktionsfähig gewesen, wenn sie auch nicht dem neuesten Stand entsprochen habe, was bei einem im Mai 2015 bereits 45 Jahre alten Boot nicht verwunderlich sei. Die Funktionsfähigkeit des Lenzsystems sei bei Übergabe an den Kläger beklagtenseits geprüft worden. Der Kläger habe die bisher ausgeführten Arbeiten als ausreichend bezeichnet. Das Boot müsse erst einmal fahren und in einen fahrbereiten Zustand versetzt werden; alles andere solle im nächsten Winter gemacht werden. Dass das an sich nicht schadhafte, ehemals werksseitig verbaute Rückschlagventil nicht mehr zeitgemäß und für seinen Verwendungszweck ungeeignet gewesen sei, begründe keinen das Werk des Beklagten betreffenden Mangel. Eine Umgestaltung des Lenzsystems dergestalt, dass der Lenzaustritt über die Wasserlinie verlegt werde, habe der Kläger nicht beauftragt. Unzutreffend sei die Annahme des Senats, der Beklagte habe die Feststellungen des Sachverständigen …[B] zu den Rückschlagventilen 1 und 2 nicht angegriffen. Dem Sachverständigen, der auf die Sportbootrichtlinie erst habe hingewiesen werden müssen und Bootsbauer sei, habe die erforderliche Kompetenz gefehlt. Den Beklagten habe im Hinblick auf die Gestaltung des Lenzsystems auch keine Hinweispflicht getroffen, denn nach den Regelungen der Sportbootrichtlinie sei das Lenzsystem der “…[A]” nicht zu beanstanden gewesen. Der Sachverständige habe die Richtlinien des Germanischen Lloyd herangezogen, der nur als Klassifizierungsgesellschaft für die kommerzielle Schifffahrt gearbeitet habe; Richtlinien des Germanischen Lloyd für Sportboote gebe es nicht. Die Mithaftungsquote des Klägers betrage mindestens 90 %. Als Sportbootscheininhaber hätte sich der Kläger mit den Gegebenheiten seines Schiffes auseinandersetzen und beim Verlassen des Bootes dafür Sorge tragen müssen, dass sämtliche Sicherungssysteme funktionsfähig und eingeschaltet seien. Er habe sich in einem an Vorsatz grenzenden grob fahrlässigen Maße sorglos gezeigt, wohingegen der Beklagte darauf habe vertrauen dürfen, dass der Kläger mit der Handhabung aller Systeme vertraut sei. Wegen des Inhalts der Stellungnahme im Einzelnen wird auf den Beklagtenschriftsatz vom 10.03.2021 (Bl. 65 ff. d. eA.) verwiesen.
Seine Rechtsauffassung, dass sein Werk mangelfrei gewesen sei und er auch keine Hinweispflichten verletzt habe, hat der Beklagte im Rahmen seines Ablehnungsgesuchs vom 09.04.2021 (Bl. 101 ff. d. eA.), welches mit Beschluss vom 14.05.2021 für unbegründet erklärt worden ist (Bl. 118 ff. d. eA.), nochmals wiederholt.
Mit Schriftsatz vom 12.04.2021 hat der Beklagte erneut Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren beantragt (Bl. 107 d. eA.).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Senat weist die Berufung im Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurück, weil er einstimmig davon überzeugt ist, dass die dort bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Zur Begründung nimmt der Senat auf die Hinweise in seinem Beschluss vom 21.01.2021 Bezug. Hieran hält der Senat auch nach nochmaliger Überprüfung fest. Die Ausführungen des Beklagten in den Schriftsätzen vom 10.03.2021 und 09.04.2021 rechtfertigen keine andere Beurteilung.
a) An der Annahme, der Beklagte habe die Instandsetzungsarbeiten an der Yacht im Sinne von § 633 Abs. 1, 2 Satz 1 BGB mangelhaft ausgeführt, weil er die für den Einsatz im Lenzsystem ungeeigneten Rückschlagventile nicht durch solche ersetzt hat, die für den Einsatz in festkörperhaltigem (Bilgen-)Wasser geeignet sind, ändern die Ausführungen des Beklagten nichts. Soweit er auf den Klägervortrag und die vom Kläger vorgelegte Gesprächsnotiz vom 29.07.2014 (vgl. Anlage K2, Bl. 2 Anlagenheft LG) verweist, sollte danach die Renovierung des Bootes gerade auch die komplette Technik umfassen. Der Beklagte räumt selbst ein, dass eine Prüfung der Funktionsfähigkeit der Technik und ihre etwaige Instandsetzung, wo dies nicht gegeben war, geschuldet war. Dies hätte indes einen Austausch der für den Einsatz im Lenzsystem ungeeigneten Rückschlagventile erfordert, da sonst die (vorliegend verwirklichte) Gefahr bestand, dass sich im Bilgenwasser enthaltene Festkörper verkanten und ein vollständiges Schließen der Rückschlagventile verhindern, wodurch das ordnungsgemäße Funktionieren der Rückschlagventile und des Lenzsystems insgesamt nicht gewährleistet war. Dabei zeigt der Umstand, dass der Beklagte ausweislich der vorgelegten Rechnungen in erheblichem Umfang Arbeiten am Lenzsystem vorgenommen hat, dass er sich selbst zu dessen Instandsetzung in der Pflicht gesehen hat. Dass die Rückschlagventile möglicherweise bereits von der Bootswerft, die das Boot hergestellt hat, eingebaut worden waren, ist insoweit ohne Belang.
Der Beklagte würde dem Kläger nach §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB auch dann auf Schadensersatz haften, wenn man den Werkvertragsumfang enger fassen wollte. Denn dann hätte der Beklagte, der auftragsgemäß Instandsetzungsarbeiten am Lenzsystem vorgenommen hat, den Kläger jedenfalls auf die Ungeeignetheit der Rückschlagventile und die hieraus erwachsenden Sicherheitsrisiken hinweisen und einen Austausch gegen geeignete Ventilarten anraten müssen. Der Kläger hatte den Beklagten als Fachmann erkennbar deshalb beauftragt, weil er sicherstellen wollte, dass die Technik der bereits 45 Jahre alten Yacht auf See ordnungsgemäß funktioniert. Falls insoweit Bedenken bestanden, durfte er redlicherweise zumindest mit einem entsprechenden Hinweis des Beklagten rechnen. Im Hinblick auf die Rückschlagventile des Lenzsystems gilt dies umso mehr, als das Sinkrisiko des Bootes bei einer Fehlfunktion des Lenzsystems wegen der Anordnung des Lenzaustritts unterhalb der Wasserlinie vorliegend noch erhöht war.
b) Der Sachverständige …[B] ist Bootsbaumeister und von der Handelskammer …[Z] für Sportbootschäden und -bewertungen öffentlich bestellt. Die von ihm beantworteten Beweisfragen fallen mithin in seinen Kompetenzbereich. Eine für die Beantwortung der Sachfragen ungenügende technische Sachkunde des Sachverständigen …[B] ergibt sich auch nicht daraus, dass er vom Beklagten auf die Sportbootrichtlinie hingewiesen wurde. Ob diese vorliegend anwendbar ist und welche Anforderungen sich hieraus für die Gestaltung von Ventilen und Lenzaustritten ergeben, ist in erster Linie eine Rechtsfrage. Sonstige inhaltliche Mängel in der Begutachtung des Sachverständigen, die Zweifel an der Richtigkeit der hierauf gestützten landgerichtlichen Feststellungen begründen könnten, zeigt der Beklagte nicht auf; insoweit wird auf die Gründe des Senatsbeschlusses vom 21.01.2021 verwiesen. Die Feststellungen des Sachverständigen zur Ungeeignetheit der verwendeten Rückschlagventile im Lenzsystem selbst hat der Beklagte nicht in Zweifel gezogen.
c) Dass der Kläger die Arbeiten des Beklagten abgenommen hat, steht der Haftung des Beklagten nicht entgegen. Unstreitig hatte der Kläger keine Kenntnis von der Ungeeignetheit der im Lenzsystem des Bootes verbauten Rückschlagventile. Ebenso wenig entlastet den Beklagten, dass er das Lenzsystem auf seine Funktionsfähigkeit überprüft hat, bevor er das Boot an den Kläger übergeben hat. Einen Austausch der Rückschlagventile hat er unstreitig nicht vorgenommen, so dass die Gefahr eines nicht vollständigen Schließens der Ventile beim Eindringen von Festkörpern nicht beseitigt war. Aus dem Beklagtenvorbringen zur Prüfung der Funktionsfähigkeit des Lenzsystems erschließt sich im Übrigen, dass die ausweislich der Rechnungen des Beklagten daran vorgenommenen Arbeiten aus Beklagtensicht abgeschlossen waren, als er dem Kläger das Boot übergab. Dass der Kläger noch weitere, vom Beklagten nicht näher konkretisierte Arbeiten am Boot erst im nächsten Winter ausführen lassen wollte, ist daher ohne Belang.
d) Soweit der Beklagte die Annahme in Zweifel zieht, er hätte den Kläger darüber hinaus darauf hinweisen müssen, dass die Lenzanlage nicht den heutigen Sicherheitsstandards genügt und unnötige Risiken birgt, weil der Lenzaustritt unterhalb der Wasserlinie liegt, was sich mit einem im Verhältnis zum Auftragsumfang geringfügigen dreistelligen Betrag hätte beseitigen lassen, kommt es auf diesen Gesichtspunkt nicht entscheidend an. Die Haftung des Beklagten für die durch den Untergang des Bootes verursachten Schäden folgt bereits aus dem unterbliebenen Austausch der Rückschlagventile des Lenzsystems. Im Übrigen trifft es aber auch nicht zu, dass sich die vom Sachverständigen herangezogenen Klassifikations- und Bauvorschriften Schiffstechnik der privaten Klassifizierungsgesellschaft Germanische Lloyd (Ausgabe 1991), die eine Anordnung der Lenzaustritte oberhalb der Wasserlinie vorsahen, nicht auf Sportboote bezogen hätten. Die vom Sachverständigen zitierte Passage entstammt dem gerade für Wassersportfahrzeuge geltenden Teil 3 (vgl. Ergänzungsgutachten des Sachverständigen …[B] vom 20.01.2020, Seite 3, Bl. 360 d. LGAkte).
e) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist dem Kläger kein über die vom Landgericht angesetzten 50 % hinausgehendes Mitverschulden anzulasten, weil er es versäumt hat, beim Verlassen des Bootes die Absperrventile zu kontrollieren und das Absperrventil 1 zu verschließen. Bei der Gewichtung der Verursachungsbeiträge ist zu berücksichtigen, dass das vom Beklagten schuldhaft nicht ersetzte Rückschlagventil 1 gerade dem Zweck diente, einen unkontrollierten Wassereintritt zu verhindern, wenn das Absperrventil 1 aus Unachtsamkeit oder anderen Gründen menschlichen Versagens geöffnet bleibt. Dass das Lenzsystem und in dessen Rahmen insbesondere auch die Rückschlagventile zuverlässig funktionieren, sollte durch die Instandsetzungsarbeiten des Beklagten als dafür eingeschalteten Fachmann gewährleistet werden. Vor diesem Hintergrund kann das Verschulden des Klägers, der entweder das Absperrventil geöffnet und sein Schließen vergessen oder es zumindest verabsäumt hat, vor dem Verlassen des Bootes die Absperrventile zu kontrollieren und deshalb das geöffnete Absperrventil nicht bemerkt hat, nicht schwerer gewichtet werden als das des Beklagten, der seine sicherheitsrelevanten Arbeiten mangelhaft ausgeführt hat. Der Mitverschuldensanteil des Beklagten zu (mindestens) 50 % ergibt sich bereits ohne Ansatz des weiteren Umstands, wonach der Beklagte den Kläger nicht darauf hingewiesen hat, dass es zur Risikominderung heute Standard ist, den Lenzaustritt oberhalb der Wasserlinie anzuordnen; zumindest hätte der Beklagte im Hinblick auf diesen risikoerhöhenden Umstand besonderes Augenmerk auf das ordnungsgemäße und zuverlässige Funktionieren des Lenzsystems im Übrigen legen müssen. Darauf kommt es aber nicht mehr entscheidend an.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben (Feststellungsantrag), entspricht es der Billigkeit, die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen, da er ohne das erledigende Ereignis (Verkauf des Bootes) voraussichtlich auch insoweit unterlegen gewesen wäre. Zwar hat der Kläger die Erledigung der Hauptsache erst im Berufungsrechtszug erklärt, obwohl das erledigende Ereignis bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens eingetreten ist. Dies führt jedoch nicht zu einer Kostentragungspflicht des Klägers unter dem Gesichtspunkt, dass durch die verzögerte Erledigung entstandene Mehrkosten dem Kläger als Veranlasser aufzuerlegen wären (vgl. dazu Münch-KommZPO/Schulz, 6. Aufl., § 114 Rn. 59 m.w.N.). Ausscheidbare Mehrkosten, die auf den für erledigt erklärten Feststellungsantrag entfallen, sind nicht entstanden, weil der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens sowohl unter Ansatz als auch unter Herausrechnung des Feststellungsantrags, der im Berufungsverfahren mit 1.000 Euro zu bewerten ist, in der Gebührenstufe von bis zu 25.000 Euro liegt (dazu unten 4.).
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
3. Der erneute Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten ist zurückzuweisen, weil die Berufung nach den Ausführungen im Senatsbeschluss vom 21.01.2021 und den vorstehenden Gründen unter 1. und 2. keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf die Frage, ob der (erste) Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bezüglich der Verteidigung gegen den Feststellungsantrag bis zur Erledigungserklärung Aussicht auf Erfolg hatte, kommt es nicht an, weil dieser Teil der Klage nicht zu einem Gebührensprung geführt hat (vgl. Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl., § 114 Rn. 19 m.w.N.).
4. Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.