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I

Andernfalls handelt es sich um die unerlaubte Erbringung von Rechtsdienstleistungen, BGH, Urteil vom 11. Februar 2021, I ZR 227/19.  

Nach § 2 Abs. 1 RDG ist eine Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Die Vorschrift erfasst jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht. Ob es sich um einfache oder schwierige Rechtsfragen handelt, ist unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2016 – I ZR 107/14, GRUR 2016, 820 Rn. 43 = WRP 2016, 861 – Schadensregulierung durch Versicherungsmakler; BGH, GRUR 2016, 1189 Rn. 23 – Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur). Die Frage, ob eine eigene oder eine fremde Rechtsangelegenheit betroffen ist, richtet sich danach, in wessen wirtschaftlichem Interesse die Besorgung der Angelegenheit liegt (BGH, GRUR 2016, 1189 Rn. 26 – Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur, mwN).

Nach der Konzeption des Rechtsdienstleistungsgesetzes besteht eine Befugnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach anderen Gesetzen als dem Rechtsdienstleistungsgesetz zum einen für die speziell rechtsdienstleistenden Tätigkeiten der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, die sachnah im jeweiligen Berufsgesetz geregelt sind (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drucks. 16/3655, S. 32). Zum anderen finden sich auch in anderen Gesetzen Vorschriften, die Rechtsberatungsbefugnisse enthalten.

Eine erlaubte Rechtsberatung nach solchen anderen Gesetzen kommt allerdings nur in Betracht, wenn spezielle Rechtsdienstleistungsbefugnisse dort hinreichend konkret geregelt sind, die Befugnis also schon nach dem Wortlaut der Norm für einen bestimmten Bereich oder spezielle Tätigkeiten eingeräumt wird. Dies lässt sich unter anderem daraus ersehen, dass auch die in der Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts (BT-Drucks. 16/3655, S. 32) beispielhaft aufgeführten Vorschriften sämtlich konkret die eingeräumte Befugnis zur Rechtsdienstleistung benennen, etwa die Beratung bei der Errichtung einer Vorsorgevollmacht durch anerkannte Betreuungsvereine (§ 1908f Abs. 4 BGB), die Besorgung von Rechtsangelegenheiten Benachteiligter durch Antidiskriminierungsverbände im Rahmen ihres Satzungszwecks (§ 23 Abs. 3 AGG) und die nach § 192 Abs. 3 VVG erlaubten Dienstleistungen der privaten Krankenversicherer für ihre Versicherungsnehmer.

Insbesondere die Architektengesetze gestatten die derartige Erbringung von Rechtsdienstleistungen nicht.   

Bsp.: § 1 Abs. 5 Satz 1 und 2 Architektengesetz Rheinland-Pfalz:

Nach § 1 Abs. 5 Satz 1 Architektengesetz Rheinland-Pfalz gehören zu den Berufsaufgaben der Architektin und des Architekten die Beratung, Betreuung und Vertretung der Auftraggeberin oder des Auftraggebers in allen mit der Planung und Durchführung eines Vorhabens zusammenhängenden Fragen auch hinsichtlich einer effizienten und nachhaltigen Bauweise sowie die Überwachung der Ausführung. In Satz 2 heißt es: “Hierbei finden zudem funktionale, baukulturelle, rechtliche und ökologische Belange Beachtung.”

Mit der in § 1 Abs. 5 Satz 1 Architektengesetz Rheinland-Pfalz aufgeführten “Vertretung”, die auch in den Architektengesetzen anderer Bundesländer in den für die Berufsaufgaben maßgeblichen Bestimmungen vergleichbar vorgesehen ist (vgl. nur § 1 Abs. 5 Bremisches Architektengesetz, § 1 Abs. 5 Architektengesetz Baden-Württemberg, § 2 Abs. 4 und 5 Sächsisches Architektengesetz, § 3 Abs. 5 und 6 Saarländisches Architekten- und Ingenieurkammergesetz, § 1 Abs. 2 und 4 Architekten- und Ingenieurkammergesetz Schleswig-Holstein), wird keine Vertretung in rechtlichen Angelegenheiten gegenüber Behörden angesprochen. Dies wäre allerdings erforderlich, um eine ausdrückliche Rechtsdienstleistungsbefugnis annehmen zu können. Der Umstand, dass nach Satz 2 der Vorschrift “rechtliche … Belange Beachtung” finden, verdeutlicht lediglich, dass die Aufgaben der Architektinnen und Architekten auch Tätigkeiten zur Überwachung der Einhaltung insbesondere öffentlich-rechtlicher Vorschriften bei der Planung und Ausführung von Bauvorhaben umfassen (vgl. zu § 1 Architektengesetz Baden-Württemberg Begründung des Regierungsentwurfs zur Änderung des Bauberufsrechts und anderer Gesetze, LT-Drucks. 5/7857, S. 38). Dass ein Architekt auch befugt ist, für den Bauherrn dessen subjektivöffentliche Rechte gegenüber Behörden in einem Widerspruchsverfahren durchzusetzen, folgt daraus hingegen nicht.

Auch der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure lässt sich keine Rechtsdienstleistungsbefugnis außerhalb des Rechtsdienstleistungsgesetzes entnehmen, da sie keine hinreichend konkreten Regelungen enthält, die Rechtsdienstleistungen gestatten. Die innerhalb der jeweiligen Leistungsphasen zu erbringenden Leistungen (§ 34 Abs. 4 HOAI in Verbindung mit Anlage 10 Nr. 10.1) können lediglich bei der Frage Bedeutung erlangen, ob die Rechtsdienstleistungen nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubt sind, weil sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild der Architektin gehören.

Aus den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs folgt ebenfalls keine solche Befugnis. Weder § 631 Abs. 1 BGB, nach dem der Unternehmer die “Herstellung des versprochenen Werks” schuldet, noch der mit Wirkung zum 1. Januar 2018 (BGBl. I S. 969) eingeführte § 650p BGB, der den Architekten verpflichtet, “die Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen”, enthalten die für ein Gesetz im Sinne von § 1 Abs. 3, § 3 RDG erforderliche hinreichend deutliche Erlaubnis zur Erbringung einer Rechtsdienstleistung.

Die Rechtsprechung, der zufolge ein Architekt eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung schuldet (BGH, Urteil vom 26. September 2002 – VII ZR 290/01, NJW 2003, 287 [juris Rn. 27]), stellt schon kein Gesetz dar. Ungeachtet dessen folgt aus der genannten Verpflichtung der Architekten, für eine genehmigungsfähige Planung zu sorgen, nicht zugleich, dass sie auch für die Genehmigung der Planung Sorge zu tragen haben.

Es wird sich regelmäßig auch nicht um erlaubte Nebenleistungen im Sinne von § 3 Fall 1, § 5 Abs. 1 RDG handeln.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit gestattet, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ziel der Vorschrift ist es einerseits, diejenigen, die in einem nicht spezifisch rechtsdienstleistenden Beruf tätig sind, in ihrer Berufsausübung nicht zu behindern, und andererseits, den erforderlichen Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 16/3655, S. 51). Erlaubt ist die Tätigkeit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG nur, wenn sie zum Berufs- oder Tätigkeitsbild desjenigen gehört, der die Rechtsdienstleistung erbringt, und wenn sie eine Nebenleistung zu einer Haupttätigkeit ist (BGH, GRUR 2011, 539 Rn. 34 – Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker). Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind (§ 5 Abs. 1 Satz 2 RDG). § 5 Abs. 1 RDG kann nur Anwendung finden, wenn die fragliche Rechtsdienstleistung nicht selbst wesentlicher Teil der Haupttätigkeit ist. Dabei kann der Umstand, dass der rechtsdienstleistende Teil der Leistung aufgrund einer gesonderten vertraglichen Vereinbarung zu erbringen ist und besonders vergütet wird, indiziell gegen das Vorliegen einer Nebenleistung sprechen (vgl. BT-Drucks. 16/3655, S. 52). Der Schwerpunkt der Tätigkeit muss – soweit es sich nicht um Dienstleistungen von Angehörigen steuerberatender Berufe oder nach § 10 RDG registrierter Personen handelt – stets auf nichtrechtlichem Gebiet liegen (BGH, GRUR 2012, 405 Rn. 23 – Kreditkontrolle; vgl. auch BT-Drucks. 16/3655, S. 52).

Zwar hat das Aufgabengebiet der Architekten in vielfacher Hinsicht Berührungen zu Rechtsdienstleistungen (vgl. OLG Koblenz, NJW-RR 2020, 1067 [juris Rn. 11]; BeckOK.RDG/Hirtz aaO § 5 Rn. 74).

Die Architektin und der Architekt sind sachkundige Berater und Betreuer des Bauherrn auf dem Gebiet des Bauwesens und müssen über nicht unerhebliche Kenntnisse des Werkvertragsrechts, des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der Vorschriften der VOB/B verfügen (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 1979 – VII ZR 190/78, BGHZ 74, 235, 238 [juris Rn. 14]).

Die Beratungs- und Betreuungstätigkeit der Architekten dient dazu, dem Bauherrn das planerische, wirtschaftliche und rechtliche Umfeld des Vorhabens zu erläutern. Im Rahmen der Grundlagenermittlung etwa hat ein Architekt deshalb Aufklärungs- und Beratungspflichten gegenüber seinem Auftraggeber, die sich auch auf öffentlichrechtliche Vorschriften zum Bauplanungs- und Bauordnungsrecht beziehen (vgl. Beckscher HOAI- und Architektenrechtskommentar/Sonntag, 2. Aufl., vor §§ 650p ff. BGB Abschnitt G Rn. 28).

So kann eine Beratung darüber geschuldet sein, ob sich ein Gebäude in Ermangelung eines Bebauungsplans gemäß § 34 BauGB in die nähere Umgebung einfügt, und eine Bauvoranfrage zu empfehlen sein (zum Umfang der Beratungspflichten vgl. auch Krenzler, RDG, 2. Aufl., § 5 Rn. 24). Die Betreuungs- und Beratungspflichten der Architekten können dabei auch nach außen tretende rechtsberatende Elemente enthalten. Denkbar ist dies insbesondere dann, wenn im Zuge der Betreuung und Beaufsichtigung von Fertigstellungs- und Mängelbeseitigungsarbeiten für den Bauherrn Ansprüche gegenüber dem Werkunternehmer geltend zu machen sind (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2006, 562 f. [juris Rn. 13 bis 15]; BT-Drucks. 16/3655, S. 54).

Aus all dem folgt jedoch nicht, dass zum Tätigkeitsbild der Architektinnen und Architekten bezogen auf Fragen des öffentlichen Rechts mehr als die fachliche, technische Begleitung und gegebenenfalls damit zusammenhängende Empfehlungen rechtlicher Art gehören. Mit einem Rechtsberater des Bauherrn ist der Architekt nämlich nicht gleichzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 1984 – III ZR 80/83, NJW 1985, 1692, 1693 [juris Rn. 35]; Urteil vom 29. März 1990 – III ZR 145/88, VersR 1990, 789, 790 [juris Rn. 7] mwN).

Erfordert die Tätigkeit qualifizierte Rechtskenntnisse, wie sie grundsätzlich nur bei Rechtsanwälten und registrierten Personen im Sinne des § 10 RDG vorausgesetzt werden können (vgl. dazu allgemein BT-Drucks. 16/3655, S. 52, 54; zum Steuerberater BSGE 115, 18 Rn. 48), wird man nicht von einer Nebenleistung ausgehen können.

Bedient sich ein Verfahrensbeteiligter eines berufsmäßigen Bevollmächtigten oder Beistands, kann er von diesem eine hierauf ausgerichtete Qualifikation erwarten, die durch das Rechtsdienstleistungsgesetz gesichert werden soll. Der in § 1 Abs. 1 Satz 2 RDG zum Ausdruck gekommene Sinn und Zweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes, Rechtssuchende, Rechtsverkehr und Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, umfasst auch die ordnungsgemäße Geltendmachung von Ansprüchen im Rahmen des Rechtsgewährungsanspruchs als Teil des Rechtsstaatsprinzips (vgl. BSGE 115, 18 Rn. 46). Dementsprechend dürfen in einem Verwaltungsverfahren Bevollmächtigte oder Beistände Rechtsdienstleistungen nur im Rahmen des § 3 RDG erbringen (vgl. § 1 LVwVfG RP in Verbindung mit § 14 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 VwVfG); vor dem Verwaltungsgericht sind als Bevollmächtigte ausschließlich die in § 67 Abs. 2 VwGO genannten Personen und Personengruppen vertretungsbefugt (vgl. § 67 Abs. 3 VwGO).

Zwar gehören nach Anlage 10 Nr. 10.1 zu § 34 HOAI zu den Grundleistungen der Architektinnen und Architekten im Rahmen der Leistungsphase 4 (Genehmigungsplanung) die “Verhandlung mit Behörden” und zu den Besonderen Leistungen die “fachliche und organisatorische Unterstützung des Bauherrn im Widerspruchsverfahren”. Wie sich bereits aus dem Wortlaut des Leistungsverzeichnisses ergibt, beschränkt sich die von einem Architekten geschuldete Unterstützung auf fachliche und organisatorische Belange und führt nicht dazu, dass dem Architekten darüber hinaus auch umfassende (bau-)rechtliche Beratungs- oder Betreuungspflichten zukommen (vgl. Koeble in Locher/Koeble/Frik, HOAI, 14. Aufl., § 34 Rn. 150).

II

Der Architekt haftet für schuldhaft falschen Rechtsrat.

Wenn der Architekt den Bauherrn berät, fehlerhaft zur Kündigung des Bauvertrags rät, das Kündigungsschreiben vorbereitet, hat er eine gemäß §
3 RDG unzulässige Rechtsdienstleistung erbracht. Erweist sich die Kündigung als unwirksam und wird der Bauherr vom AN auf Schadensersatz in Anspruch genommen, haftet der Architekt dem Bauherrn auf Schadensersatz, OLG Koblenz, Beschluss vom 07.05.2020 – 3 U 2182/19.

Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert (§ 2 Abs. 1 RDG). Die Tätigkeit muss sich auf eine wirkliche und sachverhaltsbezogene, nicht lediglich fingierte bzw. abstrakte Rechtssache einer bestimmten anderen – Rat suchenden – Person beziehen (vgl. BGH, GRUR 2011, 539). Dies war bei dem vom Beklagten gegebenen Rat sowie der Vorformulierung des Kündigungsschreibens der Fall. Es kommt für die Annahme einer Rechtsdienstleistung nicht entscheidend darauf an, ob der Beklagte – wie vom Landgericht festgestellt und von der Berufung angegriffen – die Frage, ob ein Vertrag mit der F-GmbH wirksam zustande gekommen ist, tatsächlich näher geprüft hat oder nicht. Eine Rechtsdienstleistung stellt es nämlich bereits dar, wenn in einer unklaren Vertragssituation zur Ausübung eines konkreten Gestaltungsrechts geraten wird. Bereits hierdurch wird jedenfalls beim Empfänger der Eindruck erweckt, der Erklärende sei zu einer rechtlichen Prüfung des Einzelfalls in der Lage und habe diese konkret auch vorgenommen.

Dies gilt erst recht, wenn die entsprechende Gestaltungserklärung sogar noch vorformuliert und deren Rechtswirksamkeit gegenüber dem Erklärungsempfänger bestätigt wird (siehe E-Mail des Beklagten an den Geschäftsführer der F-GmbH vom 31.07.2018, Anlage K 15, Bl. 48 des Anlagenhefts).

Gemäß § 3 RDG ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie gesetzlich zugelassen wird. Vorliegend kommt als Erlaubnistatbestand einzig § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG in Betracht. Danach sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören.

Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 RDG nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst vollumfänglich auf die eingehende und überzeugende Würdigung des Landgerichts (LGU, Seite 4) Bezug, hinsichtlich derer die Berufung keine Rechtsfehler aufzeigt.

Dabei ist anzuerkennen, dass Architektenleistungen in vielfacher Hinsicht Berührungen zu Rechtsdienstleistungen haben (vgl. BeckOK-RDG/ Hirtz, 13. Edition, § 5 Rn. 74) und deshalb zugunsten des Architekten ein großzügiger Maßstab bei der Bestimmung noch zulässiger Rechtsdienstleistungen anzulegen ist. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass – jedenfalls in einigen Leistungsphasen nach HOAI – den Architekten nicht nur umfangreiche Rechtsdienstleistungskompetenzen zugebilligt, sondern als Teil ihres vertraglichen Pflichtenprogramms angesehen werden (vgl. Deckenbrock/Henssler, RDG, 4. Aufl. 2015, § 5 Rn. 45 m. w. N.).

Der von § 5 Abs. 1 RDG geforderte sachliche innere Zusammenhang der Rechtsdienstleistung mit der Haupttätigkeit wird aber spätestens dann problematisch, wenn konkrete rechtliche Fragestellungen behandelt werden, die ohne Beeinträchtigung der Gesamterfüllung der Pflichten aus dem Architektenvertrag auch von dritten Rechtsberatern übernommen werden können.

Dem Architekten sind wohl noch gewisse rechtsdienstleistende Tätigkeiten im Bereich des Mängel- und Fristenmanagements zu gestatten (vgl. OLG Düsseldorf, OLGReport 2006, 346 noch zum RBerG; zur Bedeutung des Wandels des Berufsbilds in diesem Zusammenhang Langen, AnwBl 2009, 436, 437).

Die Grenzen der erlaubten Nebenleistung werden jedenfalls dann verlassen, wenn der Architekt in Bezug auf die Geltendmachung konkreter Sekundärrechte im Außenverhältnis tätig wird (BeckOK-Hirtz, a. a. O. Rn. 80; Fuchs/Berger/Seifert/Sonntag, HOAI, 1. Aufl. 2016, 1. Teil G, Rn. 40; Krenzler, RDG, 2. Aufl. 2017, § 5 Rn. 49 m. w. N.).

Hierbei handelt es sich in der Regel um komplexe Rechtsdienstleistungen, die häufig ein erhebliches Risikopotential für den Auftraggeber haben und damit den Angehörigen der rechtsberatenden Berufe vorzubehalten sind (vgl. Langen, AnwBl 2009, 436, 437).

Auch die Annahme einer nach § 5 Abs. 1 RDG zulässigen Rechtsdienstleistung würden den Architekten ebenfalls nicht von einer Haftung befreien würde. Denn in diesem Fall läge eine vertragliche Haftung aus §§ 631, 280 BGB wegen Falschberatung nahe (zu deren Anwendbarkeit auf zulässige Rechtsdienstleistungen von Architekten vgl. Fuchs/Berger/Seifert/Sonntag, a. a. O., Rn. 21).

Bezogen auf die unerlaubte Rechtsdienstleistung des Architekten scheiden vertragliche Schadensersatzansprüche aus. Denn der Verstoß gegen § 3 RDG führt dazu, dass der zu Grunde liegende Vertrag jedenfalls insoweit gemäß § 134 BGB nichtig ist, wie er die unerlaubte Rechtsdienstleistung erfasst (vgl. Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl. 2020, § 3 RDG, Rn. 27). Ob die Nichtigkeit den gesamten Vertrag erfasst (vgl. BGH, NJW 2000, 1560) oder gemäß § 139 Teilnichtigkeit in Betracht kommt (vgl. Fuchs/Berger/Seifert/Sonntag, HOAI, 1. Aufl. 2016, G. Rn. 22 f.) kann dahinstehen, wenn sich der Rechtsstreit ausschließlich auf Schadensersatzansprüche wegen der unerlaubten Rechtsdienstleistung beschränkt. Bei den §§ 2, 3 RDG handelt es sich um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, deren Verletzung eine Schadensersatzpflicht begründen kann (vgl. BGH, NJW-RR 2018, 1250, 1254, Rn. 40 ff.; BGH, NJW-RR 2019, 1524, 1525, Rn. 19).

Der Architekt hat im Zweifel auch schuldhaft gehandelt. Dabei bezieht sich das Verschulden allein auf die Schutzgesetzverletzung, also die Erbringung einer unzulässigen Rechtsdienstleistung, nicht auf die schädigende Wirkung derselben (vgl. Palandt/Sprau, 79. Auflage 2020, § 823 Rn. 61). Fahrlässigkeit reicht zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB aus.

Ein Vorsatzerfordernis besteht im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB nur, soweit straf- oder bußgeldbewährte Schutzgesetze verletzt werden, die ihrerseits vorsätzliches Handeln verlangen (vgl. Palandt/Sprau, a. a. O., § 823 Rn. 61).

Die Verletzung des § 3 RDG ist indes nur unter den – hier nicht gegebenen – Voraussetzungen des § 20 RDG (insbesondere bei Inkassodienstleistungen) bußgeldbewährt. Mithin ist auf § 276 BGB zurückzugreifen.

III

Der Architekt haftet jedoch nicht für die Verwendung üblicher Bauvertrags-Formulare.

Architekten werden oftmals von den Bauherren mit der Formulierung von Bauverträgen “beauftragt“. Dem gegenüber ist festzuhalten, dass jedenfalls nach wohl herrschender Ansicht die Formulierung von Bauverträgen nicht in den Pflichtenkreis des Architekten gehört; auch die HOAI spricht lediglich von einer Zusammenstellung der Verdingungsunterlagen.

Die Formulierung von Bauverträgen, unter anderem auch von darin enthaltenen Vertragsstrafenregelungen, setzt ganz erheblich und detaillierte Kenntnisse des Bauvertragsrechtes voraus. Solche Kenntnisse haben in der Regel nur auf Baurecht spezialisierte Rechtsanwälte, nicht aber Architekten. Gleichwohl übernehmen es Architekten immer wieder, Bauverträge zu formulieren. Wie in oben besprochenem Urteil festgestellt muss ein Architekt, der eine Aufgabe übernimmt – selbst wenn ihm diese grundsätzlich gar nicht obliegt (und er auch kein zusätzliches Honorar dafür erhält) –, diese Aufgabe ordnungsgemäß und richtig zu erfüllen. Für Fehler wird der Architekt also haften müssen.

Die sachgerechte Vertragsgestaltung der Bauverträge sollte Fachjuristen überlassen werden, OLG Hamm , Urt. v. 28.11.2001 – 12 U 44/01-:

Ein Bauherr hatte dem Architekten unter anderem die sachgerechte Vertragsgestaltung der Handwerkerverträge überlassen. Der Architekt hatte daraufhin im Verhältnis zu den Handwerkern eines der üblichen Bauvertrags-Formulare verwandt. In dem Formular war auch eine Vertragsstrafenformulierung enthalten. Einer der Handwerker stellte seine Leistungen verspätet fertig. Der Bauherr wollte daraufhin die Vertragsstrafe gegen den Handwerker geltend machen. Hierbei stellte sich heraus, dass die Vertragsstrafenformulierung (wegen nicht ausdrücklich formulierter Verschuldensabhängigkeit) unwirksam war. Der Bauherr nahm daraufhin den Architekten in Haftung.

Das Gericht wies einen Anspruch gegen den Architekten zurück. Das Gericht stellt zwar fest, dass der Architekt objektiv gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen habe. Der Architekt habe dem Bauherrn die sachgerechte Vertragsgestaltung der Handwerkerverträge geschuldet. Der Handwerkervertrag weise allerdings objektiv einen Mangel auf, weil die vereinbarte Vertragsstrafe unwirksam sei. Allerdings scheitere der Schadensersatzanspruch des Bauherrn gegen den Architekten daran, dass ein Verschulden des Architekten an der Unwirksamkeit der Vertragsstrafenregelung nicht festgestellt werden könne.

Entgegen der Ansicht der Vorinstanz brauche ein Architekt keine Zweifel an der Wirksamkeit einer Klausel in einem üblichen Bauvertrags-Formular zu haben. Nur wenn er solche Zweifel hätte haben müssen, hätte der Architekt die Hinzuziehung eines Juristen als Sonderfachmann empfehlen müssen. Die vorliegende Vertragsstrafenregelung sei – wie dem Gericht bekannt – in einem gängigen Formular enthalten gewesen, auf dessen wirksamen Inhalt der Architekt habe vertrauen dürfen. Die Anforderungen an die Rechtkenntnisse des Architekten dürften nicht überspannt werden. Rechtliche Spezialkenntnisse, die über ein begrenztes Grundwissen hinausgehen, könnten von einem Architekten nicht verlangt werden. Insbesondere die Beurteilung des zulässigen Inhaltes von Vertragsstrafenklauseln setze eine so weitreichende Kenntnis von Rechtsprechungsgrundsätzen voraus, dass der Architekt hiermit überfordert sei.

Vor diesem Hintergrund ist Architekten folgendes dringend zu empfehlen: Soweit irgendwie möglich, sollten sie ihrem Bauherrn klar machen, dass sie nicht für die Formulierung von Bauverträgen zuständig sind; hierzu bedürfe es detaillierter Rechtskenntnisse, die von Architekten eben nicht verlangt werden können. Der Architekt kann den Bauherrn insoweit auch darauf hinweisen, dass er selbst (der Architekt) drohe sich wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz ordnungswidrig zu verhalten, wenn er Bauverträge entwirft.

Der Architekt wird also im Zweifel lediglich ein übliches Bauvertrags-Formular vorlegen. Der Architekt wird im Zweifel den Bauherrn darauf aufmerksam machen, dass es sich um ein übliches Bauvertrags-Formular handelt und dass er für dessen Inhalt keine Verantwortung übernehmen kann. Nach dem oben besprochenen Urteil wird der Architekt auf diese Weise seine Haftungsrisiken jedenfalls erheblich mindern können. Ob und inwieweit die obige Rechtsprechung vor dem BGH standhält, bleibt abzuwarten.