vorgestellt von Thomas Ax
Bieter, die sich auf ein Verhandlungsverfahren nicht einlassen wollen, müssen eine entsprechende Rüge gegenüber dem Auftraggeber im Vorfeld der Verfahrensbeteiligung aussprechen. Denn einem durchschnittlichen Bieter müssen mit Benennung der Verfahrensart die möglichen negativen Folgen des Verhandlungsverfahrens also bspw. im Rahmen von Verhandlungen von einem Mitbewerber unterboten zu werden, bewusst sein. Bei der teilweisen Untersagung der Möglichkeit der Einbindung von Nachunternehmern in die zu kalkulierende Leistungserbringung handelt es sich um einen Umstand, der sich einem Bieter bei der Kalkulation aufdrängen muss und somit im Vorfeld der Angebotsabgabe gerügt werden muss. Die Unzulässigkeit der Vorgabe eines anteiligen Selbstausführungsgebots und ein damit verbundenes Verbot der prozentualen Einbindung von Unterauftragnehmern ist angesichts der Regelungen in § 6d EU VOB/A 2019 erkennbar. Darüber hinaus ist auch die dazu ergangene Rechtsprechung eindeutig. Ist ein Antragsteller mit bestimmten Rechtsverstößen präkludiert, liegt es grundsätzlich nicht im Ermessen der Vergabekammer, solche Rechtsverstöße dennoch zu prüfen. Sie dürfen dann weder unmittelbar noch mittelbar wieder von Amts wegen aufgegriffen werden, jedenfalls so lange eine Wertung der Angebote noch möglich ist.
VK Sachsen, Beschluss vom 25.06.2021 – 1/SVK/009-21
Gründe:
I.
Mit Auftragsbekanntmachung vom 6. Oktober 2020 veröffentlichte der Auftraggeber die beabsichtigte Vergabe des Auftrages “Vergabe von Bauleistungen zur Errichtung eines FTTW/H-Netzes in der Stadt XXX im geführten Breitbandausbau im Betreibermodell”. Genauer heißt es unter Ziffer II 1.4 Kurze Beschreibung: “Zur Versorgung unterversorgter Teilnehmer in der Stadt XXX wird die Kommune unter Nutzung von Fördermitteln von Bund und Land ein FTTW/H-Glasfasernetz errichten.”
Hierzu sollen die hierzu erforderlichen Bauleistungen beauftragt werden, insbesondere Vermessungsarbeiten, Tiefbauleistungen in offener und geschlossener Bauweise, Zieh- und Einblasleistungen, Infrastrukturleistungen, vor allem die Errichtung von Netztechnik, energietechnische Leistungen und Glasfasermontagearbeiten.
Als Verfahrensart war gemäß Ziffer IV. 1.1 das Verhandlungsverfahren vorgesehen. Schlusstermin für den Eingang der Angebote war der 3. November 2020, 12:00 Uhr. Die Bindefrist des Angebotes war zunächst für vier Monate vorgesehen. Gemäß Ziffer II 2.5 war der Preis nicht das einzige Zuschlagskriterium. Alle entscheidenden Kriterien sollten in den Beschaffungsunterlagen aufgeführt werden. Den Vergabeunterlagen war demgemäß u.a. das Dokument Teil A: Vergabebedingungen zur Angebots- Verhandlungsphase beigefügt. In diesem heißt es u.a. in Ziffer 8 unter der Überschrift “Auswahl des wirtschaftlich günstigsten Angebots / Zuschlagskriterien” wie folgt: “Neben dem Preis wertet die Vergabestelle die Qualität der Leistungserbringung anhand der Angaben der Bieter zu den geforderten Darstellungen und Konzepten zur Auftragsdurchführung und vergibt anhand der Kriterien Punkte. Die Punkte der jeweiligen Kriterien werden addiert. Der Zuschlag erfolgt auf das Angebot mit der höchsten Punktzahl. Rundungen erfolgen mathematisch auf zwei Nachkommastellen.” Unter Ziffer 8.1 folgten sodann weitere Erläuterungen zu den Kriterien. Diesen war zu entnehmen, dass der Preis wie folgt bewertet werden sollte:
Der Preis (P) des Bieters mit dem niedrigsten Preis (nP) erhält die bei diesem Kriterium maximal erreichbare Punktzahl (70 Punkte absolut). Die Angebote, deren P über dem nP liegen, werden im Wege einer linearen Interpolation nach der folgenden Formel bewertet.
𝑷𝒖𝒏𝒌𝒕𝒛𝒂𝒉𝒍 𝒅𝒆𝒔 𝑨𝒏𝒈𝒆𝒃𝒐𝒕𝒔=𝟕𝟎 𝑷𝒖𝒏𝒌𝒕𝒆⋅𝒏𝑷/𝑷
Punkte absolut = maximal erreichbare Punktzahl = 70
Gemäß Ziffer II 2.9 heißt es: “Geplante Mindestzahl: 3, geplante Höchstzahl: 5. Objektive Kriterien für die Auswahl der begrenzten Zahl von Bewerbern: Sollte die Durchführung der Eignungsprüfung ergeben, dass mehr als fünf Bewerber die Eignungsvoraussetzungen erfüllen, so wird der Auftraggeber die Teilnahmeanträge auf Basis der in Ziffer III 1.1 der in der Bekanntmachung genannten Eignungsnachweise und Erklärungen in eine qualitative Reihenfolge bringen. Die Bewertung erfolgt hierbei anhand der vergleichbaren Referenzen”. Weiterhin heißt es im Teil A der Vergabebedingungen unter 4.4 Allgemeine Anforderungen an das Angebot, resp. unter 4.4.5.1 Konzept zur Qualitätssicherung und zur Dokumentation der Bauausführung Mindestangaben/-anforderungen: “Die Eigenleistung des Bieters in der Auftragsdurchführung im Gesamtprojekt muss mindestens 50 % und in Bezug auf die Herstellung der Hausanschlüsse mindestens 80 % betragen.”
Die Antragstellerin beteiligte sich fristgerecht mit einem ersten Angebot am Vergabeverfahren. Am 26. Januar 2021 wurde sie für den 2. Februar 2021 zu einem Bietergespräch eingeladen, welches per Videokonferenz stattfand und ca. eine Stunde dauerte. Im Nachgang dazu wurde sie am 3. Februar 2021 zur Abgabe eines zweiten, finalen Angebotes aufgefordert.
Am 4. März 2021 wurde der Antragstellerin gemäß § 134 GWB mitgeteilt, dass ihr Angebot keine Berücksichtigung finden würde und vielmehr beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ihr Angebot nicht habe berücksichtigt haben können, da es nicht das wirtschaftlichste gewesen sei. Insbesondere seien auf ihr Angebot im Rahmen der Angebotswertung im Kriterium Preis weniger Punkte entfallen als auf das Angebot der avisierten Zuschlagsbieterin.
Am 9. März 2021 wandte sich die Antragstellerin mit anwaltlichem Schreiben an die Auftraggeberin und monierte die beabsichtigte Zuschlagsentscheidung. Sie monierte Unzulänglichkeiten des Informationsschreibens nach § 134 Abs. 1 Satz 1 GWB, insbesondere, dass ihr die als Zuschlagsbieterin mitgeteilte Firma nicht bekannt sei und womöglich nicht existiere.
Am 10. März 2021 wandten sich die anwaltlichen Vertreter der Auftraggeberin an die Antragstellerin und teilte dieser den exakten Preis des Angebotes der Zuschlagsbieterin mit.
Ebenso teilte er mit, dass dieses Angebot im Übrigen jeweils die volle Punktzahl in den übrigen Kriterien erhalten habe. Das Antragstellerangebot habe also nicht an erster Stelle eingestuft werden können, da es preislich nicht das günstigste gewesen sei. Ein weitergehender Anspruch auf Mitteilung weiterer Details zur genaueren Punktvergabe stünde der Antragstellerin nicht zu. Im Ergebnis wies die Auftraggeberin die Rüge zurück.
Am 10. und 11. März 2021 wandte sich die Antragstellerin abermals an die Auftraggeberin und rügte nunmehr dezidiert Verstöße gegen den Transparenzgrundsatz gemäß § 97 Abs. 1 und 2 GWB sowie den Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß § 6 d) EU Abs. 4 VOB/A. Sodann rügte sie dezidiert, dass mutmaßlich die avisierte Zuschlagsbieterin nicht in ausreichendem Maße habe Referenzen vorlegen können. Weiter rügte sie die unzulässige Delegation des Vergabeverfahrens an die verfahrensbevollmächtigte Anwaltskanzlei, eine fehlende Gewichtung der Unterkriterien betreffend das Konzept zur Qualitätssicherung sowie die Vergaberechtswidrigkeit der Bewertungsskala insgesamt, eine Intransparenz des Wertungsmaßstabes, widersprüchliche Angaben zu Bewertungsmethoden sowie der insgesamten Angebotswertung. Außerdem monierte die Antragstellerin, dass das anteilige Selbstausführungsgebot, wie es in den Vergabeunterlagen aufgeführt gewesen sei unzulässig sei. Ohne die anteilige Verpflichtung zur Eigenleistung wäre sie in der Lage gewesen, ein Angebot zu unterbreiten, dass im Kriterium Preis erheblich wettbewerblicher gewesen wäre, was sie genau aufschlüsselte und bezifferte. Abschließend monierte sie sodann insgesamt vorsorglich das Vorliegen einer nicht ausreichenden Dokumentation.
Nach Nichtabhilfe dieser Rüge platzierte die Antragstellerin am 12. März 2021 einen Vergabenachprüfungsantrag bei der erkennenden Vergabekammer und beantragte u. a., der Auftraggeberin zu untersagen, auf Grundlage der bisherigen Vergabe- und Vertragsunterlagen eine Zuschlagsentscheidung zu treffen. Zur Begründung stützte sie sich im Wesentlichen auf die schon in der Rüge dargelegten Gründe.
Am 30. März 2021 nahm die Auftraggeberin zum Sach- und Streitstand Stellung und beantragte, die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen. Anschließend nahm sie dezidiert zu den einzelnen Rügepunkten Stellung. Zunächst wies sie darauf hin, dass die Anforderungen hinsichtlich der Eignungsleistungen des Bieters in Ziffer III 1.3 der Auftragsbekanntmachung veröffentlicht waren. Ebenso waren diese Ziffer 4.4.5.1 der Vergabebedingungen zu entnehmen gewesen. Auch sei die Verfahrensart des Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb nach § 3 Nr. 3 EU-VOB/A der Auftragsbekanntmachung sowie den Vergabebedingungen zu entnehmen gewesen. Hinsichtlich der vermeintlich fehlenden Gewichtung von Unterkriterien betreffend das Konzept zur Qualitätssicherung und zur Dokumentation der Bauausführung wies die Auftraggeberin darauf hin, dass detaillierte Angaben zu den gerügten Anforderungen sich unter den Ziffern 4, insbesondere der Ziffer 4.4.5.1 der Vergabebedingungen, finden würden. Zur Wertungsmatrix als solcher und zu den diesbezüglichen Kriterien zur Auswahl des wirtschaftlichsten Angebotes seien unter Ziffer 8 der Vergabebedingungen detaillierte Angaben gemacht worden. Unter Ziffer 8.1.1 seien die Kriterien zum Preis angegeben worden, unter Ziffer 8.1.2 das Konzept zur Qualitätssicherung und zur Dokumentation der Bauausführung und unter Ziffer 8.1.3 seien die Kriterien zum Zeitplan und zur Zeit- Meilensteinplanung aufgelistet worden. In der Einschaltung der auftraggeberseits beauftragten Anwaltskanzlei sei zudem keine vergaberechtswidrige Delegation des Vergabeverfahrens zu sehen. Im Übrigen sei bereits in der Auftragsbekanntmachung unter Ziffer II 1 darauf hingewiesen worden, dass das Vergabeverfahren durch eine Anwaltskanzlei betreut werde. Die Antragstellerin habe während des gesamten Vergabeverfahrens bis zum 9. März 2021 keine Rügen geltend gemacht. Allenfalls habe sie mit Nachricht vom 23. Dezember 2020 eine für ihre Angebotskalkulation relevante technische Frage gestellt, welche sowohl ihr als auch allen anderen Bietern am 7. Januar 2021 beantwortet worden sei.
Mithin seien erste Rügen erstmalig am 9. März 2021 sowie mit weiteren Schreiben vom 10. und 11. März 2021 geltend gemacht worden. Vor diesem Hintergrund seien zahlreiche Rügen der Antragstellerin bereits präkludiert und damit bereits unzulässig.
Der Antrag der Antragstellerin sei rechtsmissbräuchlich, da er einzig darauf gerichtet sei, ein Vergabeverfahren zu zerstören. Zahlreiche der Rügen seien ins Blaue hinein vorgetragen oder aber präkludiert. Die Rüge betreffend die vermeintlich rechtswidrige Mitteilung des Angebotspreises verletzt die Antragstellerin nicht in ihren eigenen Rechten. Auch würden keine vergaberechtlichen Vorschriften verletzt werden. Viele der Rügen seien gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 GWB präkludiert, weil die betreffenden Vorgaben bereits der Auftragsbekanntmachung oder aber den Vergabeunterlagen zu entnehmen gewesen waren. Die Rüge betreffend die vermeintlich mangelnde Eignung der Beigeladenen – sei als Rüge ins Blaue hinein zu qualifizieren, für die es keinerlei Anhaltspunkte gebe. Die weitere Rüge betreffend die vermeintlich intransparente Angebotswertung und -dokumentation sei ebenfalls als Rüge ins Blaue hinein zu qualifizieren, da sie ebenso ausweislich der Vergabedokumentation jedweder Grundlage entbehre.
Die weitere Rüge betreffend den Umstand, dass der Antragstellerin kein Verhandlungsprotokoll zum Bietergespräch vom 2. Februar 2021 zur Verfügung gestellt worden sei, beinhalte insoweit keine Beschwer der Antragstellerin, weil das Verhandlungsprotokoll keine Wertungsrelevanz habe. Insoweit könne die Antragstellerin aus dem Fehlen des Verhandlungsprotokolls auch keine Rechtsverletzung ableiten. Auch betreffen die Rüge, das vermeintlich fehlerhafte Nichtabhilfeschreiben, sei als Rüge ins Blaue hinein zu qualifizieren. Die Antragstellerin habe auf Grundlage der Angaben der Auftraggeberin in ihrem Schreiben gemäß § 134 GWB selbst feststellen können, welcher Bieter den Zuschlag erhalten solle. Dies räume sie in ihrem Schreiben vom 9. März 2021 an die Auftraggeberin selbst ein. Auch die Rüge einer vermeintlich fehlerhaften Dokumentation entbehre jeglicher Grundlage und sei als Rüge ins Blaue hinein zu qualifizieren. Gleiches gelte für die Rüge mit der vermeintliche Verletzung (beihilferechtlicher Vorschriften) im Zusammenhang mit dem geförderten Breitbandausbau moniert würden. Insoweit seien sämtliche Anträge der Antragstellerin ohne weitere Behandlung in einer mündlichen Verhandlung als unzulässig zurückzuweisen. Nachfolgend ging die Auftraggeberin dezidiert auf sämtliche Rügen ein. Zunächst zog sie quasi diejenigen Rügen vor die Klammer der Antragserwiderung, die ihres Erachtens präkludiert seien und legte jeweils das, dass die jeweils angegriffenen Rügegegenstände bereits mit der Auftragsbekanntmachung und der Mitteilung der Vergabebedingungen transparent beschrieben worden seien und öffentlich den Bewerbern bzw. Bietern bekannt gemacht worden. Die Antragstellerin hatte sämtliche Rügegegenstände jedoch weder durch Bieteranfrage hinterfragt noch hierzu irgendwelche Rügen geltend gemacht. Damit seien diese gemäß § 160 GWB präkludiert. Unabhängig davon sei ohnedies nicht ersichtlich, wie die Antragstellerin hierdurch in den eigenen Rechten verletzt worden sein solle. Die zudem angegriffene mangelnde Eignung der Zuschlagsbieterin sei als Rüge ins Blaue hinein zu qualifizieren. Pauschale und unsubstantiierte ins Blaue hinein erhobene Behauptungen könnten nicht zur Zulässigkeit eines Antrags führen. Ein Mindestmaß an Substantiierung sei zu fordern. Reine Vermutungen und eventuelle Vergabeverstöße genügten nicht.
Zur Begründetheit des Nachprüfungsantrages führte die Auftraggeberin sodann orientiert an den einzelnen Rügepunkten jeweils dezidiert aus.
Die Mitteilung des Angebotspreises des obsiegenden Bieters sei weder rechtswidrig noch verletze diese Information die Antragstellerin in eigenen Rechten. Vielmehr entspreche es den Vorgaben des § 134 GWB, wenn die tragenden Gründe für die Nichtberücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin dezidiert wiedergegeben würden.
Die vermeintliche Unrechtmäßigkeit der Anforderungen an die Eigenleistungen der Bieter sei von der Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens gerügt worden und dies nicht vor dem Hintergrund, dass die entsprechenden Anforderungen bereits unter Ziffer III 1.3 der Auftragsbekanntmachung sowie unter Ziffer 4.4.5.1 der Vergabebedingungen mitgeteilt worden seien. Bei den durchzuführenden Arbeiten, insbesondere soweit sie die Sicherung der betreffenden Baustellen und den Verschluss der ausgehobenen Gräben nach Fertigstellung der Arbeiten angingen, handele es sich um wesentliche Tätigkeiten, welche die Verkehrssicherheit der Stadt XXX beträfen. Würden hier Unternehmen tätig werden, die mit einer Kette von Unterauftragnehmern arbeiten würden, sei zu befürchten, dass die Tiefbauarbeiten zu Problemen führen würden. Insoweit seien die entsprechenden Anforderungen besonders wichtig, um eine zügige und qualitativ hochwertige Projektumsetzung zu gewährleisten. Die entsprechend tragenden Gründe für die diesbezügliche Entscheidung seien im ergabevermerk festgehalten worden. Der Auftraggeberin stünde auch hinsichtlich etwaiger Einschränkungen des Selbstausführungsgebotes ein Beurteilungsspielraum zu, was kritische Aufgaben anginge. Diesen habe die Auftraggeberin entsprechend ausgeübt.
Auch die Rüge der Antragstellerin betreffend eine vermeintlich falsche Wahl der Verfahrensart könne vorliegend nicht verfangen. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 3 a Abs. 2 EU-VOB/A lägen vor. Danach wäre ein Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb zulässig, wenn der Auftrag konzeptionelle oder innovative Lösungen umfasse und wenn der Auftrag aufgrund konkreter Umstände, die mit der Art der Komplexität oder dem rechtlichen oder dem finanziellen Rahmen oder den damit einhergehenden Risiken zusammenhingen, nicht ohne vorherige Verhandlungen vergeben werden könnte. Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt, da komplexe Planungs- und Bauleistungen zusammenfassend vergeben würden. Die erforderlichen Spezifikationen könnten vor Beginn des Vergabeverfahrens nicht hinreichend genau getroffen werden, um eine einwandfreie Preisermittlung zu ermöglichen. Die die Wahl des Vergabeverfahrens begründenden Erwägungen seien im Vergabevermerk festgehalten.
Auch die Rügen zur vermeintlich mangelnden Eignung der Beigeladenen verfingen nicht. Die Eignung der Beigeladenen, soweit diese sich auf die entsprechenden Referenzen stützen würden, seien von der Auftraggeberin nachgehalten worden und hätten sich eindeutig bestätigt. Das diesbezügliche Vorbringen der Antragstellerin sei daher zum einen ins Blaue hinein formuliert und zum anderen auch inhaltlich unbegründet.
Ebenso wie die vorherigen Rügen ginge auch diejenige, die sich gegen vermeintliche Fehler der Bewertungsmatrix richtete, fehl. Die Behauptung, dass etwaige Unterkriterien betreffend das Konzept zur Qualitätssicherung und zur Dokumentation der Bauausführung und dem Konzept zum Zeitplan nicht gesichtet worden seien, sei nicht korrekt. In den Vergabebedingungen sei unter Ziffer 4.4.5.1 ausgeführt worden, dass die Bieter darzustellen hätten, wie sie “im Rahmen der Auftragsdurchführung die Ziele der Qualitätssicherung und Dokumentation der Bauausführung umsetzen würden. Es sei darauf hingewiesen worden, wozu die Bieter mindestens Angaben machen müssten. Gleichermaßen verhielte es sich mit den Konzepten zum Zeitplan, auch hier sei unter Ziffer 4.4.5.2 deutlich gemacht worden, worauf es dem Auftraggeber ankommen werde. An diese Voraussetzungen habe die Auftraggeberin sich gehalten. Zudem seien auch keine Fehler in der Bewertungsskala erkennbar, wozu die Auftraggeberin weiter ausführte. Ebenso wies sie den Vorwurf unklarer Bewertungsmaßstäbe zurück und führte dazu dezidiert aus.
Auch die Behauptung der Antragstellerin, die Auftraggeberin hätte widersprüchliche Angaben zur Bewertungsmethode gemacht, sei nicht korrekt. Dass eine Formel als hyperbolisch oder linear bezeichnet werden müsse, sei letztlich nicht maßgeblich, wenn die Formel klar, wie vorliegend, die Berechnung widergebe. Dies sei vorliegend der Fall. Ebenfalls greife der Vorwurf der fehlerhaften Angebotswertung nicht. Die Auftraggeberin habe sich intensiv mit den Angeboten auseinandergesetzt und die diesbezügliche Wertung festgehalten im Vergabevermerk. Der Vorwurf der Antragstellerin entbehre jeder Grundlage. Die von der Antragstellerin vorgetragene Rüge, dass ihr das Protokoll des Bietergespräches vom 2. Februar 2021 nicht zugesandt worden sei, sei nicht relevant, da das diesbezügliche Handeln der Auftraggeberin rechtmäßig sei. Die Protokolle des Termins seien lediglich als Gedächtnisstütze für den weiteren Verfahrensverlauf getätigt worden. Ausweislich der Vergabebedingungen sei das Bietergespräch nicht wertungsrelevant gewesen. Insoweit habe das Protokoll der Antragstellerin auch nicht zur Verfügung gestellt werden müssen.
Soweit die Antragstellerin die hier teilweise geforderte Selbstausführungspflicht angreife und sich hier auf unkonkrete nicht genau zitierte Rechtsprechung des EuGH beziehe, so sei dem entgegenzuhalten, dass hier die Auftraggeberin konkrete Vorgaben in das Vergabeverfahren aus sachlichen Gründen vorgenommen habe. Insoweit sei die Ausgangslage anders als in der Entscheidung des EuGH vom 26. September 2019. Die ins Feld geführte EuGH-Rechtsprechung habe keine Relevanz für das hier streitgegenständliche Vergabeverfahren.
Dass die Auftraggeberin der Antragstellerin zunächst die falsche Rechtsform der Zuschlagsbieterin mitgeteilt habe, führe nicht zu einer Rechtsverletzung. Der Antragstellerin sei es dennoch möglich gewesen, die richtige Zuschlagsbieterin zu ermitteln. Abschließend wies die Auftraggeberin auch die Rüge der Antragstellerin zu einer angeblich fehlenden oder fehlerhaften Dokumentation zurück und ebenso, dass förderrechtliche Vorschriften im Vergabeverfahren verletzt worden seien.
Am 21. April 2021 nahm die Antragstellerin ergänzend zum Sach- und Rechtsstreit Stellung und beantragte, der Antragstellerin in dem Vermerk zur Angebotswertung, insbesondere der Konzeptbewertung der vermeintlichen Bestbieterin und deren vorhandenes Protokoll, Akteneinsicht zu gewähren.
Sodann nahm sie zum auftraggeberseits geäußerten Vorwurf der Rügepräklusion Stellung und wies diesen dezidiert zurück. Sie verwies darauf, dass Fragen der Ausgestaltung der Bewertungsmatrix, des Selbstausführungsgebotes, der Wahl der Verfahrensart sowie der Delegation von Vergabeentscheidungen an Dritte oder auch die Mitteilung der Vergabebedingungen und die sich daraus ergebenden Vergabeverstöße für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter nicht erkennbar gewesen seien. Außerdem wiederholte die Antragstellerin wortreich ihre schon dargetane Auffassung, dass in der Mitteilung des Angebotspreises der vermeintlichen Bestbieterin ein Verfahrensfehler liege. Ebenso umfangreich ging sie abermals darauf ein, ihre Rechtsauffassung zu verteidigen, dass die Auftraggeberin vorliegend die Verfahrensart fehlerhaft gewählt habe. Soweit die Auftraggeberin schriftsätzlich mitgeteilt habe, dass das Verhandlungsverfahren gewählt worden sei, um eine einwandfreie Preisermittlung zu ermöglichen, werde dies antragstellerseits dahingehend verstanden, dass dahinter der Zweck liege, mit den Bietern über den Preis verhandeln zu können. Dies sei aber nicht Sinn und Zweck eines Verhandlungsverfahrens, was hinlänglich bekannt sein sollte. Der Katalog des § 3 a Abs. 2 VOB/A EU sei abschließend. Die Verhandlung über Preise sei darin nicht als tauglicher Grund aufgeführt. Dies vertiefte und ergänzte die Antragstellerin unter Verweis auf verschiedene höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechungen.
Anschließend wiederholte sie ihren Vorwurf der mangelnden Eignung der Bestbieterin und der fehlerhaften Angebotswertung insgesamt. Auch den Vorwurf, dass in der Nichtübersendung des Verhandlungsprotokolls eine Rechtsverletzung der Antragstellerin liege, wiederholte sie abermals und umfangreich. In ihren Ausführungen zur Begründetheit des Vergabenachprüfungsantrages ging sie ein weiteres Mal auf die ihres Erachtens nach unzulässige Mitteilung des Angebotspreises der Zuschlagsbieterin ein.
Fortführend ging sie sodann darauf ein, dass ihres Erachtens die auszuführenden Eigenleistungen nicht hinreichend bekannt gemacht worden seien. Mindestanforderungen an Referenzen sowie einzureichende Konzepte seien ihres Erachtens nicht der passende Ort für eine vergaberechtsmäßige Bekanntmachung von Ausführungsbedingungen. Diese seien für gewöhnlich unter Ziffer III 2.2 der Bekanntmachung zu verorten, ggf. auch in den Vergabebedingungen. Beides sei vorliegend jedoch nicht geschehen. Die bloße Mitteilung von Mindestanforderungen für Referenzen und/oder Konzepten entspreche jedoch nicht den Vorgaben des § 128 Abs. 2 Satz 2 GWB.
Im Übrigen stelle sich das Selbstausführungsgebot vorliegend auch als rechtswidrig dar. Eine Selbstausführung sei lediglich im Hinblick auf bestimmte kritische Aufgaben zulässig, die hierzu vorgebrachten Gründe der Antragsgegnerin stellten gerade keine taugliche Begründung hierfür dar. Zudem irre sie, wenn sie behaupte, an den Begriff der bestimmten kritischen Aufgaben seien keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Die entsprechende Regelung sei vielmehr rezeptiv auszulegen und solle nicht den seitens der Auftraggeberin vorgebrachten Problemen abhelfen. Im Übrigen habe diese es versäumt, darzulegen, inwieweit es sich vorliegend um “kritische Aufgaben” handeln solle. Wäre es für einen Auftraggeber zulässig, die Beauftragung von Unterauftragnehmern mit dem Argument abzuwehren, diese würden ihn vor organisatorische Probleme stellen, liefe dies dem Sinn und Zweck der Regelung zuwider. Diese solle gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen den Zugang zu öffentlichen Aufträgen erleichtern. Mangels konkreter Ausführung oder Benennung von kritischen Aufgaben, welche ein Selbstausführungsgebot gerechtfertigt hätten, habe die Auftraggeberin vorliegend ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt.
Den Vorwurf fehlerhafter Ermessensausübung wiederholte die Antragstellerin auch bezüglich der Wahl der Verfahrensart. Auch hier wiederholte sie ihre Rechtsauffassung, warum vorliegend die Wahl des Verhandlungsverfahrens vergaberechtswidrig sei. Auch ihre bisherigen Vorwürfe zur fehlerhaften Bewertungsmatrix wiederholte sie dezidiert, bevor sie dann auf ihre Erkenntnisse aus der Akteneinsicht einging. Abermals widmete sie sich dem Thema der unzulässig gewählten Verfahrensart. Soweit darauf verwiesen werde, dass es sich bei dem vorliegenden Vorhaben um ausgesprochen komplexe und kostenintensive Tiefbaumaßnahmen mit anschließenden Verlegearbeiten von Glasfaserkabeln, handele, so sei dies sicherlich richtig. Allerdings sei nicht dargelegt worden, dass diese Komplexität durch die Wahl der Verfahrensart in irgendeiner Weise tangiert würde. Beachtlich sei, dass lediglich 47 Minuten zum eingereichten Erstangebot verhandelt worden sei, ohne dass im Ergebnis dieser Verhandlung die vermeintliche Komplexität der Beschaffungsleistung thematisiert worden sei. Insoweit habe das 47minütige Verhandlungsgespräch vielmehr dazu gedient, den Preis des Erstangebotes zu optimieren, was zwar sicherlich nicht grundsätzlich zu beanstanden sei, gerade aber kein adäquater Grund für die Wahl eines zweistufigen Verfahrens sei.
Soweit im Vermerk das Selbstausführungsgebot thematisiert würde, sei das zwar zutreffend, die im Vergabevermerk niedergelegte Begründung sei jedoch nicht geeignet, die Tatbestandsvoraussetzungen für das Vorliegen einer Selbstausführung zu begründen.
Nachfolgend wies die Antragstellerin darauf hin, dass der Vergabevermerk auf den Tag der Veröffentlichung datiere und somit ein Beweis dafür sei, dass eine abwägende und den konkreten Begebenheiten der vorliegenden Beschaffung nicht gerecht werdende Entscheidungsfindung unter Zuhilfenahme externer sachkundiger Beratung nicht stattgefunden habe. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sei die Leistungsbeschreibung längst fertiggestellt gewesen und bilde den originären Bestandteil der Vergabeunterlagen ab, auch die Wahl der Verfahrensart erfolge gerade bei derart großvolumigen Beschaffungen, welche zudem überwiegend zuwendungsfinanziert seien, nicht am Tag der Veröffentlichung. Schon deswegen genüge der Vergabevermerk nicht der Pflicht einer zeitnahen und vollständigen Verfahrensdokumentation. Anschließend widmete sich die Antragstellerin der Bewertung zum Konzept der Zeitplanung und rügte zunächst, dass hier durch Schwärzungen der Vergabekammer die Akteneinsicht nur beschränkt gewährt worden sei. Insbesondere rügte die Antragstellerin, dass ihr nicht die Wertungsergebnisse der Mitbieter übermittelt worden seien. Bei diesen Ergebnissen handele es sich nicht um Betriebs und Geschäftsgeheimnisse. Ein noch weiteres Mal wiederholte die Antragstellerin nunmehr Bezug nehmend auf das von der Vergabekammer zur Verfügung gestellte Verhandlungsprotokoll, dass sich in diesem keine Anhaltspunkte finden ließen, die einen Bezug zum Beschaffungsgegenstand herstellen könnten und welche geeignet wären, die gewählte Verfahrensart zu legitimieren.
Soweit die Antragstellerin ausweislich des Vergabevermerkes in dem Konzeptpunkt Qualitätssicherungen und Dokumentation der Bauausführung jeweils die volle Punktzahl erreicht habe, so werde gerügt, dass die Konzepte der Mitbieter nicht offen gelegt werden und ebenso nicht die vergleichende Bewertung mit diesen. Im Ergebnis mutmaßte und monierte die Antragstellerin, dass objektive Unterschiede zwischen den jeweiligen Konzepten der Bestbieterin jeweils die volle Punktzahl erhalten hätten, festzustellen seien, so dass im Ergebnis willkürliches Handeln der Auftraggeberin zu befürchten sei. Die umfassende Vorenthaltung der fachlichen Auswertungsergebnisse verstoße gegen das Transparenzgebot und den Grundsatz der Gleichbehandlung. Die vorgenommenen Schwärzungen seien rechtswidrig, weshalb sie beantragte, die geschwärzten Textpassagen im Hinblick auf das tatsächliche Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu überprüfen und ihr diese Unterlagen in nicht geschwärzter Form zur Verfügung zu stellen.
Mit Beschluss vom 5. April 2021 wurde die Beigeladene zum Verfahren hinzugezogen.
Am 29. April 2021 erwiderte die Auftraggeberin zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 21. April 2021 und beantragte, die Anträge auf ergänzende Akteneinsicht zurückzuweisen. Zu den Ausführungen der Antragstellerin hinsichtlich des Vorwurfes der Präklusion führte sie aus, dass sie auf den nicht neuen Vortrag der Antragstellerin zur Zulässigkeit der Vergabekammer weitere detaillierte Erwiderungen erspare und lediglich darauf hinweise, dass die Antragstellerin sich über mehrere Monate an einem Vergabeverfahren beteiligt habe, dessen Vergabebedingungen inklusive Verfahrensart ausführlich wiedergegeben worden seien. Eine Rüge der Verfahrensumstände sei nicht erfolgt.
Sodann führte die Auftraggeberin abermals zur mangelnden Begründetheit des Nachprüfungsantrages aus und trat der Mutmaßung oder Behauptung der Antragstellerin entgegen, dass davon auszugehen sei, dass der Beigeladenen im Rahmen der Verhandlungsphase der Angebotspreis der Antragstellerin mitgeteilt worden sei. Diese Behauptung der Antragstellerin sei schlicht unwahr und entbehre jeder Grundlage im Sachverhalt. Außerdem wiederholte die Auftraggeberin ihre Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 3 EU Abs. 2 Nr. 1 b und c VOB/A vorlägen. Ein Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb sei zulässig, wenn der Auftrag konzeptionelle oder innovative Lösungen umfasse und/oder wenn der Auftrag aufgrund konkreter Umstände, die mit der Art, der Komplexität oder dem rechtlichen und finanziellen Rahmen oder den damit einhergehenden Risiken zusammenhängen, nicht ohne vorherige Verhandlungen vergeben werden können. Hierzu sei bereits ausgeführt worden. Soweit die Antragstellerin in Auswertung des Internetauftrittes der Beigeladenen zu dem Ergebnis komme, dass sie für die Auftragsausführung nicht geeignet sei, so sei dies letztlich nicht relevant. Die Auftraggeberin habe die Eignung der Beigeladenen intensiv geprüft und im Ergebnis bejaht.
Auch die weiterhin vorgetragenen Angriffe gegen die Wertungsmatrix beinhalteten in der Sache nichts Neues. Auch insoweit sei darauf zu verweisen, dass die Anforderungen an das Konzept zur Qualitätssicherung und zur Dokumentation zur Bauausführung in den Vergabeunterlagen ausführlich erläutert und mit einer Gewichtung versehen worden waren. Zu bestreiten sei, dass die Bewertungsskala angeblich keine hinreichende Differenzierung der Konzepte zugelassen habe. Soweit die Antragstellerin ins Blaue hinein behaupte, dass von ihr und der Beigeladenen gleichermaßen eine optimale und vollumfängliche Leistungserbringung zu erwarten sei, so beruhe der diesbezügliche Vortrag auf pauschalen Mutmaßungen. Danach legte die Auftraggeberin abermals dar, warum der Bewertungsmaßstab transparent und die Angebotswertung insgesamt rechtskonform verlaufen sei. Auch die Argumentation dazu, dass die Nichtübersendung des Verhandlungsprotokolls keine Rechtsverletzung der Antragstellerin begründen könne, wiederholte sie in Reaktion auf deren abermaligen Vortrag.
Daneben ging sie dezidiert auf die Anträge der Antragstellerin zur Gewährung erweiterter Akteneinsicht ein und begründete dezidiert, warum diese nicht zu gewähren sei. Auf den Inhalt des Schriftsatzes wird Bezug genommen
In der mündlichen Verhandlung am 20. Mai 2021 wurde der Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert.
Die Antragstellerin stellte ihre Anträge aus dem Antragsschriftsatz vom 12. März 2021. Ergänzend stellt sie ihren Antrag aus dem Schriftsatz vom 21. April 2021 und hier Seite 29.
Die Auftraggeberin stellte ihre Anträge aus dem Antragsabweisungsschriftsatz vom 30. März 2021 sowie ergänzend die Anträge aus dem Schriftsatz vom 29. April 2021.
Nach Belehrung durch die Vergabekammer erklärte die Beigeladene, keinen eigenen Antrag stellen zu wollen.
Die Auftraggeberin wurde von der Vergabekammer aufgefordert, dieser die Stadtratsvorlage, mit der die Vergabeentscheidung vorgestellt wurde bis Dienstag, den 25. Mai 2021 zuzuleiten und zudem nochmal konkret herauszuarbeiten, worin die Unterschiede zwischen der alten Version der Vergabeunterlagen und der neuen Version der Vergabeunterlagen gelegen habe.
Am 25. Mai 2021 nahm die Auftraggeberin zu den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung sowie zum Sach- und Streitstand insgesamt Stellung, stellte der Vergabekammer die erbetene Stadtratsvorlage zur Verfügung und stellte in einer Synopse die wesentlichen Änderungen der neuen Fassung der Vergabeunterlagen, im Verhältnis zur veralteten Version heraus.
Mit Schriftsatz vom 21. Juni 2021 nahm die Antragstellerin sodann abschließend zum Sach und Streitstand Stellung und wiederholte und bekräftigte dabei Ihre bisherigen Rechtsauffassungen und verlangte sodann u.a. mit Blick auf die Rüge der Verletzung des Selbstausführungsgebotes eine Vorlage des Vergabenachprüfungsverfahrens an den EuGH und wiederholte Ihren bisherigen Vortrag und vertiefte diesen.
Dem trat die Auftraggeberin mit kurzem, nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 23.Juni 2021 entgegen.
Die Frist zur Entscheidung wurde gemäß § 167 Abs. 1 Satz 2 GWB durch Verfügungen der Vorsitzenden mehrfach verlängert.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist nur teilweise zulässig (1.). Soweit der Antrag zulässig ist, ist er im Übrigen unbegründet (2.).
1. Der Nachprüfungsantrag ist nur teilweise zulässig.
1.1. Die 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen ist gemäß § 2 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über Einrichtung, Organisation Vergabekammern des Freistaates Sachsen (SächsVgKVO) für den Antrag zuständig.
1.2. Die geplante Gesamtauftragssumme überschreitet den maßgeblichen Schwellenwert, § 106 Abs. 1 GWB i. V. m. Artikel 4 c) der Richtlinie 2014/24/EU i. V. m. Artikel 1 Absatz 1 a) der delegierten Verordnung (EU) 2019/1828.
Der Gesamtauftragswert des streitgegenständlichen Bauauftrags beläuft sich nach der Schätzung der Auftraggeberin und ausweislich der vorgelegten finalen Angebote auf einen Auftragswert, der den maßgeblichen Schwellenwert für öffentliche Bauaufträge gemäß § 106 Abs. 1 GWB i. V. m. Artikel 4 a) der Richtlinie 2014/24/EU i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 a) der delegierten Verordnung (EU) 2019/1828 von 5.350.000 EUR unproblematisch überschreitet.
1.3. Die Antragstellerin ist gemäß § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Nach § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag zulässig, wenn ein Unternehmen ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB geltend macht. Diesem Erfordernis ist genügt, wenn mit dem Nachprüfungsantrag eine Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften schlüssig vorgetragen wird.
Darüber hinaus ist es gemäß § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB erforderlich, dass mit dem Nachprüfungsantrag auch dargelegt wird, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Antragstellerin zunächst. Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag schon durch die Abgabe ihres Angebotes nachgewiesen. Mit dem gegenständlichen Nachprüfungsantrag verfolgt sie das Ziel, den strittigen Auftrag zu erhalten. Diesbezüglich legte sie im Nachprüfungsantrag und in der vorherigen Rüge dar, dass die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Beigeladene zu Unrecht erfolge, da dieser u.a. wegen fehlender Eignung der Zuschlag nicht erteilt werden dürfe. Dadurch hat sie schlüssig vorgetragen, dass sie in ihren Rechten verletzt ist und ihr durch die beabsichtigte – aus ihrer Sicht vergaberechtswidrige – Erteilung des Zuschlags auf das Angebot der Beigeladenen ein Schaden zu entstehen drohe, da sie so keine Chance hat, den streitigen Auftrag zu erhalten.
Ob die geltend gemachten Rechtsverstöße tatsächlich vorliegen und ein Schaden entstanden ist, ist eine im Rahmen der Begründetheit des Nachprüfungsverfahrens zu beantwortende Frage. Ebenso wird im Rahmen der Begründetheit zu prüfen sein, ob das Angebot der Antragstellerin womöglich auszuschließen war.
1.4. Der Vergabenachprüfungsantrag ist hinsichtlich des Rügeerfordernisses des § 160 Abs. 3 GWB nur teilweise zulässig.
1.4.1. Rügeschreiben vom 9. März 2021
Mit Schreiben vom 4. März 2021, teilte die Auftraggeberin der Antragstellerin mit, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Mit Schreiben vom 9. März 2021 rügte die Antragstellerin die angekündigte Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin als vergabefehlerhaft.
Soweit die Antragstellerin damit zunächst einerseits monierte, dass das Absageschreiben nach § 134 Abs. 1 GWB unvollständig sei, weil die Gründe der ihr ungünstigen Zuschlagsentscheidung nur unzulänglich in einer lediglich formelhaften Wiedergabe des Gesetzestextes zusammengefasst worden seien und zudem der Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden solle nicht korrekt mitgeteilt worden sei, so war diese Rüge sicherlich fristgemäß i.S. des § 160 Abs. 3 GWB. Auch die Rüge, dass der Antragstellerin (bis zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung) kein Verhandlungsprotokoll des Bietergesprächs vom 2. Februar 2021 zur Verfügung gestellt worden sei, mag diesbezüglich noch als fristgerecht gewertet werden.
1.4.2. Rügeschreiben vom 10. März 2021
Auch soweit die Antragstellerin sodann mit Schreiben vom 10. März 2021 monierte, dass die Mitteilung des Angebotspreises des vermeintlichen Bestbieter rechtswidrig sei, und die Befürchtung nahelege, dass mit den Preisen der Antragstellerin ebenso sorglos umgegangen worden sei, war diese Rüge ebenfalls noch als fristgerecht i.S. des § 160 Abs. 3 GWB einzuordnen. Ebenso ist ihr Vortrag, dass zu mutmaßen sei, dass die Auftraggeberin keine hinreichende Eignungsprüfung des vermeintlichen Bestbieters vorgenommen habe und dieser nicht geeignet sei, fristgerecht erfolgt.
Anders verhält es sich mit den sodann folgenden Rügen. Soweit sich die Antragstellerin sodann erstmalig mit dem Schreiben vom 10. März gegen die Mindestanforderungen für Eigenleistungen, für das Gesamtprojekt von mindestens 50% insgesamt und für die Herstellung der Hausanschlüsse von mindestens 80 % wandte (b), war sie mit diesem Vortrag nach Auffassung der Vergabekammer präkludiert.
Ebenso war sie nach Überzeugung der Vergabekammer mit dem Vortrag präkludiert, dass für einen Bieter nicht erkennbar gewesen sei, auf welche Punkte innerhalb der Konzeptbewertung die Auftraggeberin Wert legen werde, dass zudem die Bewertungsskala der beiden Konzepte vergaberechtswidrig und der Bewertungsmaßstab intransparent sei (c) so ist sie mit diesen Vorträgen präkludiert. Dies will die Vergabekammer nachfolgend im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung näher ausführen.
1.4.3. Rügeschreiben vom 11. März 2021
Die sodann von der Antragstellerin erstmalig mit weiterem Schreiben vom 11. März angegriffene Verfahrensart des durchgeführten Vergabeverfahrens als Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb (a) ist gem. § 160 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GWB als verspätet gerügt und damit als präkludiert zu bewerten
(a) Präklusion der Rüge der Verfahrensart des durchgeführten Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb
Ausweislich Ziffer IV. 1.1 der Vergabebekanntmachung war für das streitgegenständliche Verfahren als Verfahrensart das Verhandlungsverfahren vorgesehen. Dies war nicht nur der Vergabebekanntmachung, sondern sämtlichen Vergabeunterlagen zu entnehmen, so bspw. den Bewerbungsbedingungen zum Teilnahmewettbewerb, welche zum Verbleib beim Bewerber bestimmt und nicht mit dem Teilnahmeantrag zurückzugeben waren. Hier heißt es unter Ziffer 1.5 Vergabeverfahren: “Das Vergabeverfahren wird als Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb nach § 3 Nr. 3 EU VOB/A durchgeführt.” Hinsichtlich des zu erwartenden Verfahrensablaufes heißt es unter Ziffer 1.6 sodann: “Das Vergabeverfahren wird zweistufig durchgeführt.”, was im nachfolgenden Text näher konkretisiert wurde.
Zudem beteiligte sich die Antragstellerin klaglos an dem Verfahren, reichte form und fristgerecht einen vollständigen Teilnahmeantrag ein und passierte die formale und inhaltliche Prüfung des Teilnahmeantrags problemlos. Ebenso monierte sie zu keinem Zeitpunkt, dass sie für den 2. Februar 2021 eine Einladung zu einem Bietergespräch erhielt, an dem sie auch widerspruchslos teilnahm und sodann ohne weitere Beanstandungen absolvierte. Infolge dessen nahm sie vielmehr preisliche Veränderungen an ihrem zuvor noch indikativen Angebot vor und platzierte letztendlich ich finales Angebot.
Nach Überzeugung der Vergabekammer müssen Bieter, die sich auf ein Verhandlungsverfahren nicht einlassen wollen, eine entsprechende Rüge gegenüber dem Auftraggeber im Vorfeld der Verfahrensbeteiligung aussprechen. Denn es ist es für das Auslösen der Rügeobliegenheit ausreichend, dass die Bieter – wie hier – aufgrund der Bekanntmachung erkennen können, dass der Auftraggeber vom Vorrang des offenen Verfahrens abgewichen ist.
Dies vorausgeschickt ist nach Überzeugung der Vergabekammer darauf zu verweisen, dass die gewählte Verfahrensart zu den Grundlagen des Vergaberechts gehört. Dass der Gesetzgeber grundsätzlich eine Rangfolge der Verfahrensarten, gestaffelt nach der größtmöglichen Öffnung des Vergabeverfahrens für den Wettbewerb zu beachten hat, muss auch einem mit Vergabeverfahren weniger befassten Bieter bekannt sein. Auch ein mit Vergabesachen nicht allzu vertrauter Bieter muss sich zwangsläufig zunächst mit der Verfahrensart beschäftigen. Denn aus dieser folgen unterschiedliche Konsequenzen für die Angebotserstellung, Einschränkungen des Bieterkreises und gegebenenfalls weitere Angebotsrunden nach Verhandlungen. Vertiefte Kenntnisse des Vergaberechts sind daher nicht erforderlich, um zu erkennen, dass die Wahl des Verfahrens für den weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens Folgen hat. Es ist daher davon auszugehen, dass einem durchschnittlichen Bieter mit Benennung der Verfahrensart die möglichen negativen Folgen des Verhandlungsverfahrens für seine Stellung im Vergabeverfahren bewusst sind – nämlich die Möglichkeit, schon aufgrund des Teilnahmewettbewerbs nicht in den Bieterkreis zu gelangen oder auch bei Erlangung des Bieterstatus im Rahmen von Nachverhandlungen von einem Mitbewerber unterboten zu werden (vgl. OLG Frankfurt, B. v. 5. 3. 2014 – 11 Verg 2/14). Weitergehende Tatsachen- oder Rechtkenntnis dahingehend, auf welche Fakten im Einzelnen und welche Norm sich der Auftraggeber für die Begründung des Verhandlungsverfahrens gestützt hat, sind für eine Erkennbarkeit nach § 160 Abs. 3 Nr. 2 GWB nicht zu fordern (so schon VK Sachsen, B. v. 2.10. 2012 – 1/SVK/022-12).
In Beachtung des so ausgeführten war die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen, dass die gewählte Verfahrensart gegen das Vergaberecht verstoße, gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB präkludiert.
(b) Präklusion der Rüge der Forderung nach einem Eigenleistungsanteil, für das Gesamtprojekt von mindestens 50% insgesamt und für die Herstellung der Hausanschlüsse von mindestens 80 %.
Für die Antragstellerin war es ebenfalls vor Ablauf der Angebotsfrist erkennbar, dass in den Vergabeunterlagen unter 4.4 Allgemeine Anforderungen an das Angebot insbes. unter 4.4.5.1 Konzept zur Qualitätssicherung und zur Dokumentation der Bauausführung; Mindestangaben/-anforderungen folgendes gefordert war: “Die Eigenleistung des Bieters in der Auftragsdurchführung im Gesamtprojekt muss mindestens 50 % und in Bezug auf die Herstellung der Hausanschlüsse mindestens 80 % betragen.”
Damit war nach Überzeugung der Vergabekammer für die Antragstellerin erkennbar, dass abweichend von § 6 d EU Abs 1 VOB/A die Inanspruchnahme der Kapazitäten anderer Unternehmen reglementiert war und eine Eigenleistungsquote bezogen auf das Gesamtprojekt, insbesondere auch in Bezug auf die Herstellung der Hausanschlüsse vorgeschrieben war.
Maßstab der Erkennbarkeit ist zunächst die objektive Erkenntnismöglichkeit bei Zugrundelegung der üblichen Sorgfalt und üblichen Kenntnisse eines durchschnittlich fachkundigen Bieters des mit der Bekanntmachung angesprochenen Adressatenkreises. Erforderlich ist, dass die Rechtsvorschriften, gegen die verstoßen wird, zum allgemeinen und grundlegenden Wissen des angesprochenen und beteiligten Bieterkreises gehört. Die Rügepräklusion tritt demnach ein, wenn der Inhalt der Vergabeunterlagen bei laienhafter rechtlicher Bewertung auf einen Vergaberechtsverstoß hindeutet, ohne dass es einer exakten rechtlichen Einordnung oder des vollständigen Durchdringens etwaiger Rechtsfragen bedarf. Auch muss ein Bieter mit der Rüge den Auftraggeber lediglich auf jene Tatsachen, die aus seiner Sicht möglicherweise einen Vergaberechtsverstoß begründen, hinweisen (vgl. statt aller: VK Berlin, B. v. 30.07.2019 – VK B 1-09/19, m. Verw. a. OLG Düsseldorf, B. v. 03.04.2019 – Verg 49/18; OLG Schleswig-Holstein, B. vom 22.01.2019 – 54 Verg 3/18; u.a.). Sinn und Zweck der Rügeobliegenheit ist die Möglichkeit des Auftraggebers, mögliche Fehler frühzeitig im Verfahren zu korrigieren (vgl. OLG Schleswig-Holstein a.a.O.) und auf diese Weise ein Vergabeverfahren nicht unnötig in die Länge zu ziehen bzw. unnötige Nachprüfungsverfahren zu vermeiden.
So verhält es sich hier. Die Vorgabe, dass die Eigenleistung des Bieters in der Auftragsdurchführung im Gesamtprojekt mindestens 50 % und in Bezug auf die Herstellung der Hausanschlüsse mindestens 80 % betragen muss ergibt sich zunächst schlicht aus den Vergabebedingungen zur Angebots/Verhandlungsphase, Ziffer 4.4 Allgemeine Anforderungen an das Angebot ff.
Fraglich ist, ob dies für die Antragstellerin auch “erkennbar” i.S.v. § 160 GWB war.
Prüfungsmaßstab für die Erkennbarkeit ist die Erkenntnismöglichkeit eines durchschnittlichen Antragstellers. Erkennbar sind somit Vergaberechtsverstöße, die von einem Durchschnittsbieter bei üblicher Sorgfalt und den üblichen Kenntnissen erkannt werden. Dabei ist zu erwarten, dass Unternehmer, auch wissen, welchen Mindestanforderungen die Vergabeunterlagen genügen müssen. Ein Vergaberechtsverstoß, der sich schon durch bloßes Lesen der einschlägigen Normen und einen Vergleich mit dem Text der Vergabeunterlagen ohne weiteres feststellen lässt, ist nach obergerichtlicher Rechtsprechung (OLG Schleswig, B.v. 10.12.2020 – 54 Verg 4/20, sowie B. v. 22. 1. 2019 – 54 Verg 3/18; OLG Sachsen-Anhalt, 7 Verg 6/16; OLG Celle, B. v. 16. 6. 2011) für jeden erkennbar, der über die intellektuellen Fähigkeiten verfügt, die notwendig sind, um ein Angebot zu erstellen oder gar ein Unternehmen zu leiten.
Selbst wenn man diesen strengen Maßstab nicht teilte, so wäre doch darauf zu verweisen, dass jedenfalls für solche Verstöße, die bei üblicher Sorgfalt und den üblichen Kenntnissen des von der Ausschreibung angesprochenen Verkehrskreises erkennbar sind eine Präklusion anzunehmen ist, wenn sich die Vergaberechtsverstöße bei Lesen der Vergabeunterlagen und einer auch nur branchenüblichen Kenntnis der gesetzlichen Rahmenbedingungen aufdrängen, wie vorliegend.
Die Unzulässigkeit der Vorgabe eines anteiligen Selbstausführungsgebotes und ein damit verbundenes Verbot der prozentualen Einbindung von Unterauftragnehmern ist angesichts der Regelungen in § 6d EU VOB/A zunächst offensichtlich. Darüber hinaus ist auch die dazu ergangene Rechtsprechung bisher eindeutig und zudem durch langjährige Grundsatzentscheidungen des EuGH bekannt und abgesichert (EuGH, Urt. v. 14.07.2016 – Rs. C-406/14, OLG Rostock, B. v. 23.04.2018 – 17 Verg 1/18 VK Thüringen, B. v. 19.12.2019 – 250-4003-15326/2019-E-010-G).
Darüber hinaus betrifft die Frage, ob in die Auftragsabwicklung ein Nachunternehmer eingebunden werden kann und darf unmittelbar die strukturelle Organisation und Kalkulation des Angebotes. Bei der teilweisen Untersagung der Möglichkeit der Einbindung von Nachunternehmern in die zu kalkulierende Leistungserbringung handelt sich auch um ein Problem, dass der Antragstellerin bei der Kalkulation ins Auge springen muss oder ihr bei der Erstellung des Angebotes Fragen bereiten musste die sie vor Abgabe des Angebotes zu lösen hatte. Insoweit waren sie nach Auffassung der Vergabekammer erkennbar i.S.v. § 160 Abs 3 Nr. 2 und 3 (vgl. hierzu auch Hofmann in Müller-Wrede, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 2016, § 160, Rdn. 72) und somit bis zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe gem. § 160 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GWB gegenüber dem Auftraggeber zu rügen. Dies mag umso mehr gelten vor dem Hintergrund, dass im Verhandlungsgespräch die Möglichkeit gegeben war etwaige Fragen und Probleme im Zusammenhang mit der Angebotserstellung, oder Auftragskoordinierung anzusprechen, insbesondere gerade dann, wenn Fragen der Durchführung der Hausanschlüsse Gegenstand des Verhandlungsgespräches waren.
Mithin war die so formulierte Vorgabe in den Vergabeunterlagen ungerügt geblieben und war von der Antragstellerin so zu erfüllen – was sie es mit Angebotsabgabe auch unproblematisch getan hat.
Die Vergabekammer hat keine Möglichkeit die dadurch womöglich vergaberechtswidrigen Vergabeunterlagen “von Amts wegen” durch Rückversetzung des Vergabeverfahrens korrigieren zu lassen, denn das Aufgreifen präkludierter Vergaberechtsverstößen ist ihr untersagt (VK Sachsen, Beschluss vom 04.04.2018 – 1/SVK/004-18, m. Verw.a. Antweiler in Burgi/Dreher, § 168 GWB, Rn. 48). Soweit ein Antragsteller mit bestimmten Rechtsverstößen präkludiert ist, liegt es nicht im Ermessen der Vergabekammer, solche Rechtsverstöße dennoch zu prüfen (u. a. OLG Naumburg, Beschluss vom 12. April 2012 – 2 Verg 2/12; OLG Celle, Beschluss vom 11. Februar 2010 – 13 Verg 16/09). Ist eine Rüge präkludiert, darf sie auch weder unmittelbar noch mittelbar wieder von Amts wegen aufgegriffen werden (vgl. Summa in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 160 GWB Rn. 310), jedenfalls so lange ein Wertung der Angebote noch möglich ist.
Anders als die Antragstellerin ist die erkennende Vergabekammer schließlich auch Auffassung dass zu dieser Rechtsfrage aus gleichen Gründen auch keine Vorlagemöglichkeit, geschweige denn Vorlagepflicht an den EuGH besteht, auch wenn die Vergabekammer als Gericht i. S. v Art. 267 AEUV durchaus vorlageberechtigt wäre (EuGH, Urt. v. 24.10.2018 – Rs. C-124/17, EuGH Urt. v. 18.09.2014 – C-549/13). Die nationalen Gerichte haben nach ständiger Rechtsprechung gemäß Art. 267 AEUV zwar ein unbeschränktes Recht zur Vorlage an den Gerichtshof, aber nach Überzeugung der Vergabekammer nur, wenn eine bei ihnen anhängige Rechtssache Fragen nach der Auslegung oder der Gültigkeit der unionsrechtlichen Bestimmungen aufwirft und sie eine Entscheidung darüber zur Entscheidung des ihnen unterbreiteten Rechtsstreits für erforderlich halten. Vorliegend geht es um die schlichte Frage der Präklusion von Rügen gegen Vergabeunterlagen, dies dürfte kaum eine Frage sein, die dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt werden könnte.
(c) Präklusion der Rüge der Vergaberechtswidrigkeit der Bewertungsskala zur Konzeptwertung und der angeblichen Intransparenz und des Bewertungsmaßstabes.
Soweit die Antragstellerin mit Schreiben vom 10. März 2021 erstmals monierte, dass die Wertungsvorgaben betreffend das Konzept zur Qualitätssicherung und zur Dokumentation der Bauausführung vergaberechtswidrig seien und die Skala mit ihrer Benotung von 0 bis 3 keine hinreichende Differenzierung zulasse, was zu einer starken Wertungsverzerrung führe, so greift die Antragstellerin damit Vorgaben an, die sich bereits aus der Vergabebekanntmachung und den Vergabeunterlagen ergeben hatten. Insbesondere in den Vergabeunterlagen waren im Dokument Teil A: Vergabebedingungen zur Angebots- / Verhandlungsphase über zwei Seiten hinweg dezidiert die Wertungsmodalitäten aufgeführt. Es war von Anfang an folgendes klargestellt: “Neben dem Preis wertet die Vergabestelle die Qualität der Leistungserbringung anhand der Angaben der Bieter zu den geforderten Darstellungen und Konzepten zur Auftragsdurchführung und vergibt anhand der Kriterien Punkte. Die Punkte der jeweiligen Kriterien werden addiert. Der Zuschlag erfolgt auf das Angebot mit der höchsten Punktzahl. Rundungen erfolgen mathematisch auf zwei Nachkommastellen.” Unter Ziffer 8.1 ff. folgten sodann weitere Erläuterungen zu den einzelnen Kriterien. Diesen war zu entnehmen, mit welcher Formel der Preis bewertet werden sollte und auch wie und nach welchen Maßstäben die einzelnen Konzepte einer Bewertung zugeführt werden sollten.
Der Bewertungsmodus und -maßstab ergaben sich ebenso wie die Bewertungsskala und deren inhaltliche Abstufung und Strukturierung aus den Vergabeunterlagen und waren damit für die Antragstellerin tatsächlich erkennbar. Ein etwaiger, damit im Zusammenhang stehender nunmehr erst geltend gemachte Vergaberechtsverstoß, konnte nach Auffassung der Vergabekammer von einem Durchschnittsbieter ebenfalls erkannt werden. Einen etwaigen Vergaberechtsverstoß hatte die Antragstellerin bis zum Erhalt der Zuschlagsentscheidung jedoch nicht angegriffen. Aus diesem Grund ist ihrer hiergegen gerichteten Rüge nach Erhalt des Informationsschreibens nach § 134 GWB entgegen zu halten, dass ein durchschnittlicher fachkundiger Bieter die (mögliche) Intransparenz der Wertungssystematik im Allgemeinen und der Auswirkung von verschiedenen Punktszenarien qualitativer Art einschließlich einer Niedrigpreis-Strategie erkennen kann und diese daher rechtzeitig rügen muss, sofern er diese für vergaberechtswidrig und intransparent hält (VK Bund, B. v. 23.12.2020 – VK 1-104/20; VK Berlin, B. v. 30.07.2019 – VK B 1-09/19; VK Sachsen, B. v. 28.03.2019 – 1/SVK/044-18; OLG Naumburg, B. v. 16.12.2016 – 7 Verg 6/16). Das jetzige Vorbringen der Antragstellerin in diesen Punkten ist präkludiert.
1.5. Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.
Die Frist des § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB ist vorliegend gewahrt und der Nachprüfungsantrag entspricht im Übrigen den Anforderungen des § 161 GWB.
2. Der Nachprüfungsantrag ist, soweit er zulässig ist, unbegründet.
Die Antragstellerin ist weder durch die Mitteilung des Angebotspreises der Zuschlagsbieterin, noch durch eine vermeintlich mangelnde Eignungsprüfung resp. fehlende Eignung der Beigeladenen, noch durch eine vermeintlich rechtswidrige Delegation von Vergabeentscheidungen in ihren Rechten aus § 97 GWB verletzt. Die Dokumentation des Vergabeverfahrens erfolgte ordnungsgemäß
2.1. Keine Rechtsverletzung zu Lasten der Antragstellerin durch die Mitteilung des Angebotspreises der Zuschlagsbieterin
Dass die Auftraggeberin der Antragstellerin in Reaktion auf deren Rüge den exakten Angebotspreis der Zuschlagbieterin mitteilte erscheint vor dem Hintergrund, dass vorliegend ein Verhandlungsverfahren durchgeführt wurde mindestens ungewöhnlich, da insoweit § 3b EU Abs. 3 Nr. 9 VOB/A vorschreibt, dass der öffentliche Auftraggeber vertrauliche Informationen eines an den Verhandlungen teilnehmenden Bieters nicht ohne dessen Zustimmung an die anderen Teilnehmer weitergeben darf. Gleichwohl entfaltet diese Norm nach Auffassung der Vergabekammer nur bieterschützenden Charakter hinsichtlich desjenigen Bieters, dessen vertrauliche Informationen weitergegeben werden (sollen). Insoweit verletzt die Weitergabe des Angebotspreises allenfalls die Beigeladenen in ihren Rechten, nicht jedoch die Antragstellerin.
Daraus ableiten zu wollen, dass somit gleichermaßen wenig sorgsam mit den Preisen und Verhandlungsergebnissen im Verhandlungsverfahren umgegangen worden sei, findet in der Vergabeakte keine Grundlage. Die Protokolle der Verhandlungsgespräche indizieren vielmehr, dass die Auftraggeberin beide Bieter gleich behandelt hatte und ihnen insoweit die gleiche Chance gegeben hatte, innerhalb gleicher Fristen und zu gleichen Anforderungen Angebote abzugeben.
Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin unter diesem Gesichtspunkt war ausgeschlossen.
2.2. Durchführung einer ordnungsgemäßen Eignungsprüfung / Eignung der Beigeladenen
Ausweislich der Vergabeakte hat die Auftraggeberin im Rahmen der Auswertung der Teilnahmeanträge eine ordnungsgemäße Wertung und Überprüfung der Eignung der sich um die Teilnahme am Verhandlungsverfahren bewerbenden Bieter vorgenommen. Dazu hat sie zunächst eine eigenständige formale Prüfung durchgeführt und hatte sodann für die inhaltliche Wertung der Teilnahmeunterlagen eine externe Beratungs- und Planungsgesellschaft aus Wiesbaden zu Rate gezogen. Diese hat die vorgelegten Unterlagen inhaltlich ausgewertet und jeweils geprüft, ob bspw. die aufgeführten Referenzprojekte die Mindestanforderungen erfüllten – dies insbesondere mit Blick darauf, dass hier für die Referenzen gefordert war, dass die referenzierten Leistungen einen konkreten Mindest-Eigenleistungsanteil ausweisen mussten.
Im Ergebnis wurden einige Teilnehmer aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden, die Antragstellerin und die Beigeladene reüssierten. Die von der Beigeladenen vorgelegten Referenzen erfüllten nach Überzeugung der Vergabekammer jeweils die erforderlichen Mindestbedingungen, insbesondere wiesen sie jeweils einen ausreichend hohen Eigenleistungsanteil aus.
Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin war insoweit nicht zu erkennen.
2.3. Keine unzulässige Delegation der Vergabeentscheidung
Nach Wahrnehmung der Vergabekammer war keine unzulässige Delegation des Vergabeverfahrens an die Verfahrensbevollmächtigte festzustellen. Vielmehr war aus der Vergabeakte ablesbar, dass in die wesentlichen Verfahrensetappen die Amtsleiterin der Vergabestelle eingebunden war. So führe diese auf Befragen der Vergabekammer im Rahmen der mündlichen Verhandlung aus, dass bspw. die Dokumente, die man auf der Vergabeplattform eingestellt habe, erst dann über die Kanzlei eingestellt worden seien, nachdem sie zuvor jeweils vom Auftraggeber freigegeben habe. Auch alle weiteren entscheidungsrelevanten Unterlagen seien dem Auftraggeber zuvor zur Verfügung gestellt worden und entsprechend auch vorgeprüft worden. Demgemäß habe man auch die Zuschlagsentscheidung in einem Gremium getroffen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Dass die Amtsleiterin sodann nach verwaltungsinterner Abstimmung und abschließender Entscheidung die Beschlussvorlage an den Stadtrat versandte und parallel dazu, also noch vor abschließender Beschlussfassung des Stadtrates bereits die Informationsschreiben nach § 134 GWB versandt hält die Vergabekammer für unschädlich. Eine etwaige Nichtzustimmung des Stadtrates hätte allenfalls sodann ein sicherlich lösbares “Rückversetzungsproblem” für die Auftraggeberin ausgelöst. Das geschilderte Vorgehen der Auftraggeberin ist jedoch insbesondere unter vergaberechtlichen Beschleunigungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden.
Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin war insoweit nicht zu erkennen.
2.4. Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin
Es spricht vieles dafür, dass schon das erste, indikative Angebot der Antragstellerin vom Vergabeverfahren auszuschließen gewesen wäre, da sie Ihr erstes Angebot auf einer veralteten Fassung des Leistungsverzeichnisses unterbreitete (Version aus dem Teilnahmewettbewerb). Der Auftraggeber hatte insoweit Rechenfehler in der Berechnung des in dem Angebotsschreiben (Anlage A 2) genannten Angebotspreises befürchtet, hatte das Angebot aber dennoch im Wettbewerb belassen. Auf Veranlassung der Vergabekammer im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde sodann im Nachgang der Vergabekammer eine Synopse der verschiedenen Fassungen des Leistungsverzeichnisses vorgelegt, aus der sich leichterdings ergibt, dass hier zahlreiche Massenmehrungen und Massenminderungen stattgefunden hatten, so dass hier ein Ausschluss des indikativen Angebotes erwägenswert gewesen wäre. Die Verwendung einer veralteten Version des Leistungsverzeichnisses stellt eine Änderung der Vergabeunterlagen dar. Das gilt auch dann, wenn nicht der Bieter das Formular physisch geändert, sondern eine vom Auftraggeber erstellte Unterlage verwendet hat (VK Bund, B. v. 18.01.2019 – VK 1-113/18).
Es spricht jedenfalls vieles dafür, dass dieses auch in einem Verhandlungsverfahren bei Abgabe der ersten, indikativen Angebote zu gelten hat, da jedenfalls die im Leistungsverzeichnis vorgegebenen (Leistungs-)Mengen Parameter sind , die nach Auffassung der Vergabekammer als eindeutige und unmissverständlich zwingende Mindestanforderungen an die Angebote anzusehen sind (vgl. OLG Düsseldorf, B. v. 29.06.2017 – Verg 7/17), so dass deren Missachtung zu einem Ausschluss des Angebotes führen müsste.
Vor dem Hintergrund des hier ohnehin gefundenen Ergebnisses konnten weitere Überlegungen hierzu allerdings dahinstehen.
Im Ergebnis aller Untersuchungen und Abwägungen war eine Rechtsverletzung zu Lasten der Antragstellerin nicht erkennbar, weshalb der Antrag der Antragstellerin als unbegründet anzusehen war.
III.
1. Die Antragstellerin hat die Kosten zu tragen, § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB.
Die Antragstellerin hat als Unterliegende die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB zu tragen.
Die Gebühr beträgt mindestens 2.500 EUR und soll den Betrag von 50.000 EUR nicht überschreiten (§ 182 Abs. 2 Satz 1 und 2 GWB). Die Höhe der Gebühr bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der erkennenden Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens (§ 182 Abs. 2 GWB). Der Gesetzgeber hat mit dieser an § 80 Abs. 2 GWB orientierten Regelung klargestellt, dass – wie im Kartellverwaltungsverfahren – vorrangig auf die wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens abzustellen ist.
Die Vergabekammern des Bundes haben eine Gebührentabelle erarbeitet, die die erkennende Vergabekammer im Interesse einer bundeseinheitlichen Handhabung in der Regel übernimmt. Zur Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses wird in der Regel auf den Angebotswert des Angebotes der Antragstellerin abgestellt. Ausgehend von diesen Prämissen ergibt sich hier nach der Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes eine Gebühr in Höhe von xx EUR.
Dieser Betrag kann entsprechend § 182 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. GWB ermäßigt werden, ggf. bis auf ein Zehntel. Als Gründe einer Ermäßigung sind dabei nur solche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Bedeutung sowie dem erforderlichen Verwaltungsaufwand stehen. Gründe, die dies rechtfertigten, waren hier nicht gegeben. Damit hat die Antragstellerin den Betrag von xx EUR zu tragen. Auslagen, die nicht mit der Gebühr abgegolten wären, sind nicht angefallen.
Den Betrag hat die Antragstellerin binnen zweier Wochen nach Bestandskraft dieser Entscheidung einzuzahlen.
2. Die Antragstellerin hat die notwendigen Aufwendungen der Auftraggeberin zu tragen, § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB.
Gemäß 182 Abs. 4 Satz 1 GWB hat ein Beteiligter die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendigen Aufwendungen seines Gegners zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt. Vorliegend ist die Antragstellerin in diesem Verfahren die Unterlegene. Daher hat sie die zur Rechtverfolgung notwendigen Aufwendungen der Auftraggeberin nach § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB zu tragen.
3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Auftraggeberin war gemäß § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i. V. m. i. V. m. § 1 SächsVwVfZG und § 80 Abs. 2 VwVfG notwendig.
Ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten erforderlich war und die hieraus entstandenen Kosten damit zu den notwendigen Aufwendungen der Vergabestelle i. S. d. § 80 Abs. 1 Satz 3 VwVfG gehören, ist nach dem individuellen Streitstoff des einzelnen Nachprüfungsverfahrens zu beurteilen (OLG Dresden, Beschluss vom 22.01.2010 – WVerg 1/10).
Im vorliegenden Nachprüfungsverfahren waren zahlreiche einzelne Punkte streitig, so insbesondere ob die Beigeladene geeignet ist, ob die Forderung nach einer prozentualen Eigenleistungsquote zulässig ist, ob eine unzulässige Delegation des Vergabeverfahrens an die verfahrensbevollmächtigte Anwaltskanzlei erfolgt war, ob eine fehlende Gewichtung der Unterkriterien betreffend das Konzept zur Qualitätssicherung vorliegt, ob eine Vergaberechtswidrigkeit der Bewertungsskala insgesamt anzunehmen ist etc..
Die Probleme des Nachprüfungsverfahrens konzentrieren sich daher nicht ausschließlich auf lediglich schlichte auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen, für die der öffentliche Auftraggeber die erforderlichen Sach- und Rechtskenntnisse in seinem originären Aufgabenkreis ohnehin organisieren muss und daher auch im Nachprüfungsverfahren nicht notwendig eines anwaltlichen Bevollmächtigten bedarf (vgl. OLG Düsseldorf, B. vom 28.01.2011- Verg 60/10), sondern auf darüber hinausgehende schwierige vergaberechtliche Fragestellungen.
Zudem berücksichtigt die Vergabekammer im Rahmen der hier zu treffenden Einzelfallentscheidung auch, dass es sich um ein großes und umfangreiches Bauvorhaben mit einem hohen Auftragswert handelt.
Zudem handelt es sich bei dem Vergaberecht allgemein aufgrund vielfältiger europarechtlicher Überlagerung um ein wenig übersichtliches und zudem stetigen Veränderungen unterworfenes überdurchschnittlich kompliziertes Rechtsgebiet, das wegen des gerichtsähnlich ausgestalteten Verfahrens bei der Vergabekammer bereits prozessrechtliche Kenntnisse verlangt, einem hohem Zeitdruck unterliegt und für das in vielen Bereichen gesicherte Rechtsprechungsergebnisse noch nicht vorhanden sind.
Im Ergebnis ist dementsprechend festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Auftraggeberin notwendig war.
4. Die Aufwendungen der Beigeladenen sind ihr nicht zu erstatten, § 182 Abs. 4 Satz 3 GWB i. V. m. § 182 Abs. 4 Satz 2 GWB.
Die Aufwendungen der Beigeladenen sind gemäß § 182 Abs. 4 Satz 2 GWB nur erstattungsfähig, soweit sie die Vergabekammer aus Billigkeit der unterliegenden Partei auferlegt. Die Beigeladene hat sich vorliegend nicht schriftsätzlich eingelassen. Zwar hat sie an der mündlichen Verhandlung teilgenommen, in dieser hat sie jedoch keinen eigenen Antrag auf Ablehnung des Nachprüfungsantrages gestellt. Damit nimmt sie nicht am Kostenrisiko des Verfahrens teil. Insoweit entspricht es der Billigkeit, ihr die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwendungen nicht zu erstatten.
IV.
Rechtsbehelfsbelehrung