Ax Vergaberecht

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Abtragungen und ihre Folgen

von Thomas Ax

Nach § 909 BGB darf ein Grundstück nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, dass für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist.

Den Nachbarn, auf dessen Grundstück die Abtragung vorgenommen wurde, die Pflicht, dafür zu sorgen, dass Ihr Grundstück seine Festigkeit erhält.

Die Vorschrift enthält keine Anspruchsgrundlage , sondern formuliert lediglich ein Verbot; Anspruchsgrundlage zur Durchsetzung des Verbots sind § 1004 I BGB ( BGHZ 85, 375, 384 ) bzw § 862 I BGB ( BGHZ 147, 45, 51 ).

§ 909 BGB beschränkt die aus § 903 BGB folgende positive Befugnis des Eigentümers, mit seinem Grundstück nach Belieben zu verfahren, indem ihm an sich zustehende Eingriffe im Interesse der Festigkeit des Bodens benachbarter Grundstücke untersagt werden ( BGHZ 103, 39, 42 ). Durch § 909 BGB wird die natürliche bodenphysikalische Stütze gesichert, die sich benachbarte Grundstücke gegenseitig gewähren; die Vorschrift dient dem Schutz von Grundstückseigentümern vor unzulässigen Vertiefungen, welche Dritte auf einem Nachbargrundstück vornehmen ( BGHZ 91, 282, 284 f ). Die Vorschrift schützt nicht nur den Eigentümer des beeinträchtigten Grundstücks, sondern alle dinglich Berechtigten, denen der Eigentumsanspruch aus § 1004 I BGB in entsprechender Anwendung zusteht. Dazu gehören der Nießbraucher ( § 1065 BGB ), der Dienstbarkeitsberechtigte ( §§ 1027 , 1090 II BGB ) und der Erbbauberechtigte ( § 11 I ErbbauRG ).

Hat der Eigentümer des beeinträchtigten Grundstücks die Vertiefung auf einem Nachbargrundstück vorgenommen, welches ihm ebenfalls gehört, ist das keine unzulässige Vertiefung. Der Schutz der Vorschrift kommt auch nicht demjenigen zugute, der nach der Vertiefung das beeinträchtigte Grundstück von dem Eigentümer erwirbt, der die Vertiefung vorgenommen hat ( BGHZ 91, 282, 285 ). Ebenfalls in den Schutzbereich des § 909 BGB ist der anwartschaftsberechtigte Käufer des beeinträchtigten Grundstücks einbezogen ( BGHZ 114, 161 ). Das folgt aus dem Umstand, dass das Anwartschaftsrecht dem Vollrecht ähnelt. Es ist ein dem Eigentum wesensähnliches Recht, eine selbstständig verkehrsfähige Vorstufe des Grundeigentums, deren Entwicklung zum Vollrecht nur noch von der Eintragung in das Grundbuch abhängt, welche der Veräußerer grds nicht mehr verhindern kann, und das durch Auflassung nach § 925 BGB übertragen wird ( BGHZ 114, 161, 164 ).

Neben dem Eigentümer des beeinträchtigten Grundstücks und den daran dinglich Berechtigten sowie dem Anwartschaftsberechtigten genießen auch die obligatorisch Berechtigten den Schutz des § 909 BGB, wenn ihnen ein dem Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch aus § 1004 I BGB gleichartiger Anspruch zusteht. Das ist bei Mietern und Pächtern der Fall, weil sie gegen Störungen ihres Besitzes mit dem Abwehranspruch aus § 862 I vorgehen können ( BGHZ 147, 45, 51 ).

Der auf § 909 BGB gestützte Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 1004 I richtet sich in erster Linie gegen denjenigen, der im Zeitpunkt der Störung, also dann, wenn das benachbarte Grundstück die erforderliche Stütze verliert, Eigentümer (RGZ 103, 174, 176) oder Besitzer (RGZ 167, 14, 28) des Grundstücks ist, welches vertieft wurde. Der frühere Eigentümer oder Besitzer, der die Vertiefung vorgenommen hat, kann nicht in Anspruch genommen werden, weil er zur Unterlassung oder Beseitigung der aufgrund der Vertiefung eingetretenen Störung des Nachbargrundstücks nicht mehr in der Lage ist.

Daneben richtet sich das Verbot des § 909 BGB an jeden, der das Grundstück vertieft oder an der Vertiefung mitwirkt; das sind zB der Architekt , der bauleitende Ingenieur , der Bauunternehmer und der Statiker , dessen Berechnungen die Grundlage für den Bodenaushub und die dabei zu beachtenden Sicherungsmaßnahmen bilden (BGH NJW 96, 3205, 3206).

Unter Vertiefung iSd Vorschrift ist jede Einwirkung auf ein Grundstück zu verstehen, die zur Folge hat, dass der Boden des Nachbargrundstücks in der Senkrechten den Halt verliert oder dass dort die Festigkeit der unteren Bodenschichten in ihrem waagerechten Verlauf beeinträchtigt wird ( BGHZ 101, 106, 109 ). Diese Definition ist nicht ganz vollständig; es fehlt der Hinweis darauf, dass die Einwirkung auf das Grundstück auf eine menschliche Handlung zurückzuführen sein muss. Vertiefungen infolge von Naturereignissen wie zB das Abschwemmen von Boden durch starken Regen werden von § 909 BGB nicht erfasst.

Welches Ausmaß die Vertiefung hat, spielt keine Rolle; auch ein Bohrloch ist eine Vertiefung (Palandt/Bassenge Rz 3). Die Vertiefung einer bereits bestehenden Vertiefung gehört ebenfalls hierher (BGH WM 79, 1216). Unerheblich ist, zu welchem Zweck die Vertiefung erfolgt und wie lange sie besteht ( BGHZ 57, 370, 374 ). Auch die nur vorübergehende Vertiefung wie das Ausheben eines Grabens, in welchem Rohrleitungen verlegt werden und der danach wieder zugeschüttet wird, fällt unter § 909 BGB (BGH NJW 78, 1051, 1052).

Ein Bodenaushub ist für die Annahme einer Vertiefung iSd Vorschrift nicht erforderlich. Deshalb gehören zB die Absenkung der Grundstücksoberfläche infolge Lagerung von Bauschutt und Erdaushub (BGH NJW 71, 935 [BGH 05.03.1971 – V ZR 168/68] ) oder infolge der Bodenbelastung durch ein Gebäude ( BGHZ 101, 290, 292 ), das Abgraben eines Hangfußes (BGH MDR 72, 404) und der Abbruch eines Kellers (BGH NJW 80, 224 [BGH 19.09.1979 – V ZR 22/78] ) ebenfalls hierher, nicht aber die Entfernung oberirdischer Gebäudeteile (BGH NJW-RR 12, 1160, 1161 [BGH 29.06.2012 – V ZR 97/11] ).

Sinkt durch eine Vertiefung der zuvor bezeichneten Art der Grundwasserspiegel auf dem Nachbargrundstück, ist das ebenfalls ein Fall von § 909 BGB ( BGHZ 57, 370, 374 ). Dasselbe gilt für den Fall, dass der Grundwasserspiegel durch eine Vertiefung (Kanalisationsarbeiten) zwar nicht verändert wird, aber die von den Kanalisationsrohren ausgehende Drainagewirkung das Austrocknen des Nachbargrundstücks bewirkt (BGH NJW 81, 50, 51 [BGH 04.07.1980 – V ZR 240/77] ).

Nicht zu den Vertiefungen gehören Erhöhungen der Oberfläche eines Grundstücks, zB die Höherlegung einer Straße (BGH NJW 74, 53, 54 [BGH 11.10.1973 – III ZR 159/71] ).

Der Stützverlust kann sich darin zeigen, dass der Boden nach unten oder zur Seite hin absinkt; er kann auch darin liegen, dass sich der Boden von dem Grundstück her, auf dem die Vertiefung erfolgte, in Bewegung setzt und in sich den Halt verliert ( BGHZ 44, 130, 135 ). Der Boden hat bereits dann die erforderliche Stütze verloren, wenn die Gefahr einer Bodenbewegung besteht, welche durch die Lockerung der Bodenbestandteile hervorgerufen wird.

Ursache für den Stützverlust muss immer die Vertiefung sein.

Wird dem Boden die Stütze infolge von Erschütterungen entzogen, welche bei Vertiefungsarbeiten auftreten, ist das kein Fall des § 909 BGB ( BGHZ 101, 106, 109 ).

Die Vorschrift verbietet nur den Entzug der „erforderlichen“; Stütze. Welche das ist, lässt sich nicht generell beantworten. Es kommt jeweils auf die Umstände des Einzelfalls, in erster Linie natürlich auf die örtlichen Gegebenheiten an. Entscheidend ist, welche Befestigung das Nachbargrundstück nach seiner tatsächlichen Beschaffenheit benötigt; demnach ist eine Vertiefung auch dann unzulässig, wenn die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks darauf beruht, dass ein Gebäude auf einem schlechten Baugrund steht und deshalb weniger tragfähige Fundamente hat, oder dass das Gebäude besonders schadensanfällig ist ( BGHZ 101, 290, 293 ).

Das Nachbargrundstück, welches durch die Vertiefung die erforderliche Stütze verliert, muss nicht unbedingt an das Grundstück angrenzen, auf welchem die Vertiefung vorgenommen wurde. Der Schutzbereich des § 909 BGB erstreckt sich vielmehr auf alle Grundstücke, die von den Auswirkungen der Vertiefung betroffen sein können (BGH NJW-RR 96, 852 [BGH 26.01.1996 – V ZR 264/94] ).

Nur die Festigkeit des Bodens wird durch die Vorschrift geschützt, nicht aber die Bebauung auf dem Nachbargrundstück, die durch andere Ursachen als den Stützverlust des Bodens wie zB den Abbruch eines Nachbarhauses beschädigt wird ( BGHZ 12, 75 ; BGH NJW 79, 1166; aA Staud/Roth Rz 23).

Boden ist der Erdkörper mit seinen natürlichen Bestandteilen. Wesentliche Bestandteile des Grundstücks wie Gebäude oder Bäume gehören nicht dazu.

Die Vertiefung ist dann nicht unzulässig, wenn sie zwar zu dem Verlust der erforderlichen Stütze des Nachbargrundstücks führen kann, aber für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist. Die dafür notwendigen Maßnahmen muss der Vertiefende auf seinem eigenen Grundstück vornehmen; das Nachbargrundstück darf er grds nicht in Anspruch nehmen (BGH NJW 97, 2595).

Allerdings kann der Nachbar unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses (dazu § 903 BGB ) verpflichtet sein, für die Dauer der Herstellung der anderweitigen Befestigung die Benutzung seines Grundstücks zu dulden. Das kommt zB dann in Betracht, wenn die Befestigung auf andere Weise nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten hergestellt werden kann. In diesem Fall steht dem Nachbarn ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 II 2 BGB analog zu (dazu § 906 BGB ). Soweit es lediglich um das Betreten des Nachbargrundstücks zum Zweck der Herstellung der anderweitigen Befestigung geht, ergibt sich für den Vertiefenden das entsprechende Recht auch aus landesrechtlich eingeräumten Hammerschlags- und Leiterrechten (s. die Übersicht bei Staud/Roth Rz 33).

Die anderweitige Befestigung muss den durch die Vertiefung hervorgerufenen Stützverlust vollständig ausschließen, also die erforderliche Stütze ersetzen. Welche Maßnahmen dafür notwendig sind, richtet sich nach physikalisch-technischen Anforderungen. Dabei ist sowohl die gegenwärtige als auch die zukünftige – ggf gesteigerte – Nutzung des Nachbargrundstücks zu berücksichtigen; lediglich eine ganz außergewöhnliche, den Rahmen bestimmungsmäßiger Inanspruchnahme offensichtlich überschreitende Ausnutzung des Grund und Bodens hat außer Betracht zu bleiben ( BGHZ 63, 176, 179 f ).

Die anderweitige Befestigung muss im Zeitpunkt der Vertiefung vorhanden sein, damit jeder Stützverlust – sei er auch nur vorübergehend – ausgeschlossen ist. Dafür hat der Vertiefende alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, auch wenn sie die Vertiefungsarbeiten mehr als üblich erschweren (vgl BGH NJW 69, 2140, 2142 [BGH 27.06.1969 – V ZR 41/66] ). Welcher Art diese Maßnahmen sind, bleibt der Auswahl des Vertiefenden überlassen. Er muss dafür sorgen, dass die anderweitige Befestigung den Stützverlust so lange ausschließt, wie die Vertiefung zu einem Verlust der Stütze führen kann; zB muss er eine Stützmauer ständig in einem ordnungsgemäßen Zustand halten, weil es anderenfalls an einer ausreichenden anderweitigen Befestigung fehlte und die Vertiefung unzulässig würde (BGH NJW 80, 224 [BGH 19.09.1979 – V ZR 22/78] ).

§ 909 BGB gibt dem Grundstücksnachbarn keinen Anspruch gegen den Vertiefenden auf Herstellung einer anderweitigen Befestigung; letzterer hat vielmehr nur das Recht dazu (RGZ 132, 58).

Rechtsfolgen der unzulässigen Vertiefung.

Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch.

Bei einer bevorstehenden ersten oder wiederholten unzulässigen Vertiefung hat der Berechtigte gegen alle Verpflichteten einen Anspruch auf Unterlassung der Vertiefung nach § 1004 I BGB . Die Unzulässigkeit der Vertiefungshandlung muss zumindest wahrscheinlich sein; aufgrund der örtlichen Bodengegebenheiten müssen Umstände vorliegen, welche die konkrete Annahme rechtfertigen, dass dem Boden des Nachbargrundstücks durch die Vertiefung die erforderliche Stütze entzogen wird.

Nach erfolgter Vertiefung hat der Berechtigte gegen den derzeitigen Eigentümer oder Besitzer des Grundstücks, auf dem die Vertiefung erfolgte, einen Beseitigungsanspruch nach § 1004 I BGB. Dieser Anspruch ist auf die Beseitigung der Beeinträchtigung gerichtet. Damit ist die Wiederherstellung der Festigkeit des Bodens des Nachbargrundstücks gemeint. Die Auswahl unter mehreren dafür geeigneten Maßnahmen obliegt dem in Anspruch genommenen Eigentümer oder Besitzer.

Schadensersatzanspruch.

§ 909 BGB ist Schutzgesetz iSv § 823 II BGB (BGH NJW 96, 3205, 3206). Deshalb hat der Berechtigte gegen alle Verpflichteten einen verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch. Verschulden ist dann anzunehmen, wenn der Vertiefende vorhergesehen hat oder bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ( § 276 ) vorhersehen konnte, dass gerade dem Boden des geschädigten Nachbarn und nicht nur dem Nachbargelände überhaupt durch die Vertiefung die erforderliche Stütze entzogen würde und er gleichwohl nicht die gebotenen Vorsichtsmaßnahmen getroffen hat, um diese Folge der Vertiefung zu vermeiden (BGH NJW 77, 763, 764 [BGH 05.11.1976 – V ZR 93/73] ). Ggf müssen auch ungewöhnliche Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden.

Dem Eigentümer bzw Besitzer , der die Vertiefungsarbeiten auf seinem Grundstück ausführen lässt, trifft eine eigenverantwortliche Pflicht zur Überprüfung, ob die beabsichtigten Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung der Standfestigkeit des Nachbargrundstücks führen können. Dieser Pflicht kommt er allerdings regelmäßig schon dadurch nach, dass er mit der Lösung der anfallenden bautechnischen Aufgaben und mit deren sachgemäßen Durchführung sorgfältig ausgewählte, fachkundige Architekten, Ingenieure und Bauunternehmer betraut ( BGHZ 147, 45, 48 ). Ist jedoch erkennbar eine erhöhte Gefahrenlage gegeben oder besteht Anlass zu Zweifeln, ob die beauftragten Personen die Gefahren und Sicherungserfordernisse ausreichend berücksichtigen werden, reicht die sorgfältige Auswahl der Fachleute zur Entlastung des Eigentümers bzw Besitzers des Grundstücks, auf dem die Arbeiten ausgeführt werden, nicht aus (BGH NJW-RR 97, 1374 [BGH 04.07.1997 – V ZR 48/96] ). Sind dem Eigentümer bzw Besitzer durch Hinweise des Nachbarn besondere Gefahren bekannt geworden, muss er die von ihm beauftragten Fachleute unverzüglich darüber informieren (RGZ 132, 51, 60).

An die Sorgfaltspflicht des Architekten , dem die Bauplanung und Bauleitung übertragen ist, sind hohe Anforderungen zu stellen. Er muss bei der Planung und Überwachung von Vertiefungsarbeiten diejenigen einen Stützverlust des Bodens benachbarter Grundstücke ausschließenden Maßnahmen ergreifen, die von einem gewissenhaften und aufmerksamen Architekten bei dem beabsichtigten Vorhaben vorausgesetzt und erwartet werden können (BGH NJW-RR 96, 852 [BGH 26.01.1996 – V ZR 264/94] ). Fehlen dem Architekten besondere Kenntnisse, die für eine Risikoabschätzung erforderlich sind, muss er einen Bodengutachter hinzuziehen, wenn er anders nicht zu der Überzeugung gelangen kann, dass die Vertiefung keine Gefahr für die Nachbargrundstücke bedeutet. Ihn trifft dann kein Schuldvorwurf, wenn er die in einem Gutachten zur Bodenbeschaffenheit und zur Durchführung der Vertiefung enthaltenen Anweisungen befolgt und diese sich später als unzutreffend erweisen (BGH NJW-RR 96, 852, 853 [BGH 26.01.1996 – V ZR 264/94] ).

Der mit der Durchführung der Vertiefung beauftragte Bauunternehmer handelt schuldhaft, wenn er voraussehen musste, dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verlieren kann (BGH NJW 81, 50, 51 [BGH 04.07.1980 – V ZR 240/77] ). Auf die Statik (Köln BauR 87, 472 ) und auf Weisungen des Architekten (BGH NJW 61, 1523 [BGH 10.05.1961 – V ZR 236/60] ) darf er sich nicht verlassen. Ggf muss er auf der Einholung eines Bodengutachtens bestehen (BGH NJW 73, 2207, 2208 [BGH 05.10.1973 – V ZR 163/71] ).

Der Statiker schuldet nicht nur die rechnerische Richtigkeit seiner Berechnungen. Er muss sich hinsichtlich notwendiger Vertiefungen auch um den Baugrund kümmern und sich Klarheit über die Bodenverhältnisse verschaffen, damit er beurteilen kann, welche Gründungsmaßnahmen aufgrund der örtlichen Gegebenheiten erforderlich sind (BGH WM 71, 682, 684).

Alle Verpflichteten haften bei Verschulden als Gesamtschuldner ( § 840 I BGB ). Die gesamtschuldnerische Haftung von Eigentümer bzw Besitzer und Architekt tritt auch ein, wenn die ersteren einen verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch schulden und den letzteren eine deliktsrechtliche Haftung trifft ( BGHZ 147, 45, 56 ). § 830 I 2 , wonach jeder für den Schaden verantwortlich ist, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten ihn durch seine Handlung verursacht hat, gilt ebenfalls bei der Haftung eines der Verpflichteten aus unerlaubter Handlung und eines anderen aus § 906 II 2 BGB analog ( BGHZ 101, 106, 111 ).

Zu ersetzen sind die Wiederaufbau- und Aufräumungskosten sowie der durch den Stützverlust hervorgerufene Minderwert des Nachbargrundstücks (vgl BGH NJW 97, 2595, 2596), ebenso die Kosten der Wiederherstellung der Standfestigkeit (BGH NJW-RR 08, 969 [BGH 15.02.2008 – V ZR 17/07] f). Ist das beschädigte Gebäude baufällig gewesen, ist nur der durch die Vertiefung zusätzlich entstandene Schaden zu ersetzen (BGH NJW 66, 42, 43 [BGH 19.10.1965 – V ZR 171/63] ). Ein Mitverschulden ( § 254 BGB) des geschädigten Grundstücksnachbarn kann den Schadensersatzanspruch mindern, wenn er seine Unterhaltungspflicht hinsichtlich beschädigter Gebäude verletzt hat ( BGHZ 73, 176, 182 ).

Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch.

Im Anwendungsbereich des § 909 BGB kommt ein verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 II 2 BGB analog in Betracht, wenn die unzulässige Vertiefung aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen nicht rechtzeitig abgewehrt werden konnte; dieser Anspruch steht sowohl dem Eigentümer als auch dem Besitzer des geschädigten Grundstücks zu ( BGHZ 147, 45, 49 ). Der Anspruch richtet sich nur gegen den Eigentümer bzw Besitzer des vertieften Grundstücks, nicht auch gegen den Bauunternehmer, Architekten, Statiker oder Bauleitenden Ingenieur ( BGHZ 101, 290, 294 ).

Der Anspruch setzt voraus, dass der Geschädigte durch die fehlende Möglichkeit der Abwehr der unzulässigen Vertiefung solche Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Einwirkung übersteigen ( BGHZ 147, 45, 50 ).

Die Höhe des Ausgleichsanspruchs berechnet sich nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung. Das kann im Einzelfall die Höhe des vollen Schadensersatzes erreichen, wenn die unzulässige Vertiefung zu einer Substanzschädigung geführt hat (vgl BGHZ 142, 166 ). Ausgeglichen wird nur der unzumutbare Teil der Beeinträchtigung, weil der Beeinträchtigte Einwirkungen bis zur Grenze der Unzumutbarkeit entschädigungslos hinnehmen muss ( BGHZ 62, 361, 371 ). Eine Minderung des Ausgleichsanspruchs kommt in Betracht, wenn das beeinträchtigte Grundstück vor der unzulässigen Vertiefung bereits schadensanfällig war und wenn der Grundstücksnachbar – schuldhaft oder schuldlos – die Vertiefungsschäden mit verursacht hat (BGH NJW-RR 88, 136 [BGH 18.09.1987 – V ZR 219/85] ).

Prozessuales.

Bei der Unterlassungsklage darf der Klageantrag nicht auf die Verurteilung zum Unterlassen der Vertiefung schlechthin gerichtet sein, denn der Verpflichtete ist zur Vertiefung berechtigt, wenn er für eine ausreichende anderweitige Befestigung sorgt. Deshalb muss die zu unterlassende Vertiefung zB in Anlehnung an den Gesetzestext umschrieben werden, damit klar wird, dass nur eine unzulässige Vertiefung verhindert werden soll (BGH NJW 09, 2528 [BGH 29.05.2009 – V ZR 15/08] ). Der Kläger muss darlegen und beweisen, dass die Gefahr einer unzulässigen Vertiefung droht.

Die Beseitigungsklage darf nur darauf gerichtet sein, dass die frühere, genau zu bezeichnende Festigkeit des Bodens wieder herzustellen ist; konkrete Maßnahmen dafür dürfen nicht verlangt werden (BGH NJW 09, 2528, 2529 [BGH 29.05.2009 – V ZR 15/08] ), weil ihre Auswahl dem Verpflichteten obliegt. Erst im Zwangsvollstreckungsverfahren kann der Berechtigte als Gläubiger bestimmen, welche konkreten Maßnahmen auf Kosten des Verpflichteten als Schuldner durchgeführt werden sollen ( § 887 ZPO ). Der Kläger muss die Vertiefung als solche, seine Berechtigung hinsichtlich des Nachbargrundstücks, den Stützverlust infolge der Vertiefung sowie darlegen und beweisen, dass der derzeitige Grundstücksnachbar oder dessen Rechtsvorgänger die Vertiefung veranlasst haben (Saarbr MDR 11, 1345). Dem Beklagten obliegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist.

Verlangt der Geschädigte Schadensersatz, muss er die Unzulässigkeit der Vertiefung und den eingetretenen Schaden sowie die Kausalität der Vertiefung für den Schaden darlegen und beweisen. Für den Bereich der haftungsausfüllenden Kausalität kann das Gericht von der Möglichkeit der Schadensschätzung nach § 287 ZPO Gebrauch machen ( BGHZ 85, 375, 383 ). Bei typischen Geschehensabläufen kann auf die Grundsätze über den Anscheinsbeweis zurückgegriffen werden (BGH WM 83, 943, 944). Der Vertiefende muss darlegen und beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.

Den Nachbarn, auf dessen Grundstück die Abtragung vorgenommen wurde, die Pflicht, dafür zu sorgen, dass Ihr Grundstück seine Festigkeit erhält.
Die Ansprüche, die sich aus den §§ 907 bis 909, 915, dem § 917 Abs. 1, dem § 918 Abs. 2, den §§ 919, 920 und dem § 923 Abs. 2 ergeben, unterliegen nicht der Verjährung.

Der Ausschluss der Verjährbarkeit nachbarrechtlicher Ansprüche soll die gesetzliche Wertung zum Ausdruck bringen, dass solche Ansprüche fortwährend neu entstehen.