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Aktuelle Entscheidungen 2020/21 der Vergabekammer Nordbayern im Überblick

Die Vergabekammer Nordbayern überprüft auf Antrag Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber, deren Vergabestelle ihren Sitz in den Regierungsbezirken Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken oder Unterfranken hat, sofern der Auftragswert der nachgefragten Bau-, Liefer- oder Dienstleistung den maßgeblichen EU-Schwellenwert überschreitet.

Entscheidungen 2021

Beschluss vom 30.03.2021, Az.: RMF-SG21-3194-6-6

1Der Mitbewerber hat einen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber eine ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber trifft, ob ein ungewöhnlich niedriges Angebot angenommen werden kann.

2. Ein Antragsteller ist in seinen Rechten verletzt, wenn ein Wertungskriterium bzw. die Unterkriterien intransparent und keiner eindeutigen Auslegung zugänglich sind. Alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens müssen klar, präzise und eindeutig formuliert werden, so dass zum einen alle mit der üblichen Sorgfalt handelnden Unternehmen die genaue Bedeutung dieser Bedingungen und Modalitäten verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können und zum anderen der Auftraggeber tatsächlich überprüfen kann, ob die Teilnahmeanträge oder Angebote die für den betreffenden Auftrag geltenden Kriterien erfüllen.

3. Eine Rechtsverletzung des ASt und ein drohender Schaden gem. § 160 Abs. 2 GWB liegt bereits dann vor, wenn der Vortrag des ASt ergibt, dass er im Fall eines ordnungsgemäßen neuerlichen Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte als in dem beanstandeten Verfahren.

Beschluss vom 27.01.2021, Az.: RMF-SG21-3194-5-50

1Lediglich für möglich gehaltene oder vermutete Rechtsverstöße lösen keine Rügeobliegenheit aus. In der Regel ist ein Bieter, der einen Vergaberechtsverstoß vermutet, auch nicht gehalten, seine in rechtlicher Hinsicht ungenügenden Kenntnisse zu vervollständigen und dazu rechtlichen Rat einzuholen. Die Erkennbarkeit ist auf die einen Rechtsverstoß begründenden Tatsachen und auf deren rechtliche Bewertung als Vergaberechtsverstoß zu beziehen.

2. Es ist vergaberechtlich nicht zulässig, die auf der Grundlage der ursprünglich veröffentlichten Wertungskriterien ausgewählten Bieter zum Verhandlungsgespräch einzuladen, anschließend diese Zuschlagskriterien auszutauschen und auf dieser Basis den Zuschlagsdestinär zu bestimmen, zumal wenn die Begrenzung der Bieter nach Abgabe der Erstangebote nicht in den Vergabeunterlagen festgelegt wurde. Der öffentliche Auftraggeber muss alle Zuschlagskriterien und deren Gewichtung vorab angeben. Die Zuschlagskriterien wie auch ihre Gewichtung müssen bereits in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen enthalten sein. Nur so wird die Objektivität der Vergabeentscheidung und ihre Nachprüfbarkeit gewährleistet.

3. Die Erwartungshaltung des öffentlichen Auftraggebers an die eingehenden Angebote ist so zu konkretisieren, dass die Bieter vorhersehen können, worauf es dem öffentlichen Auftraggeber bei den Angeboten ankommt. Nur so können die Bieter die Zielstellung und die Wünsche des öffentlichen Auftraggebers bei der Angebotserstellung berücksichtigen und ihre Angebote „zuschlagsfähig“ gestalten.

Entscheidungen 2020 

Beschluss vom 22.10.2020, Az.: RMF-SG21-3194-5-33

1Im Hinblick auf das Transparenzgebot muss der Auftraggeber die Kriterien, auf deren Basis er unter den generell geeigneten Bewerbern diejenigen auswählt, die zu Vertragsverhandlungen aufgefordert werden, in der Bekanntmachung angeben. Öffentliche Auftraggeber verfügen bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens über einen gewissen Beurteilungsspielraum. Insbesondere im Hinblick auf die hinreichende Eignung eines Bieters anhand der eingereichten Referenzen kommt der Beurteilungsspielraum zum Tragen. Nachprüfungsinstanzen können solche Entscheidungen von öffentlichen Auftraggebern nur eingeschränkt überprüfen. Im Vergabenachprüfungsverfahren ist daher nur kontrollfähig, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, die Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers nicht auf sachwidrigen Erwägungen beruhen und nicht gegen allgemein gültige Vergabegrundsätze verstoßen worden ist.

2. Die VSt hat ihren Beurteilungsspielraum überschritten, wenn sie ohne Kenntnis der Umsatzzahlen die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit beurteilt hat. 3. Die Möglichkeit zur Nachforderung von bieterbezogenen Unterlagen, die Aspekte der Eignung betreffen, besteht nur bis zum Abschluss des Teilnahmewettbewerbs, da gemäß § 42 Abs. 2 VgV nur solche Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden dürfen, die ihre Eignung im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs nachgewiesen haben. Nur wenn neue Erkenntnisse vorliegen, darf der Auftraggeber nochmals in die Eignungsprüfung eintreten.

 Beschluss vom 07.10.2020, Az.: RMF-SG21-3194-5-39

1Zwar ist es nicht die Aufgabe der Vergabekammer einen relevanten Sachvortrag aus vorprozessualen Anlagen zu ermitteln. Bei Mängeln der Begründung des NpA folgt jedoch aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör die Verpflichtung, den Antragsteller auf Fehler hinzuweisen und Gelegenheit zur kurzfristigen Abhilfe einzuräumen.

2. Abweichende Kilometerangaben in der Bekanntmachung und in den Vergabeunterlagen müssen spätestens mit Ablauf der Angebotsfrist gerügt werden gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB. Es bedarf keiner vertieften rechtlichen Kenntnisse oder verstärkten Nachforschung, um eine abweichende Kilometeranzahl zwischen Bekanntmachung, Leistungsverzeichnis und Preisblättern festzustellen.

3. Ein vermeintlicher Verstoß gegen das Vergaberecht ist erkennbar, wenn ein durchschnittlicher, verständiger Bieter die von ihm zu erwartende übliche Sorgfalt bei der Durchsicht der Unterlagen anwendet. Es ist ein objektiver Maßstab nach dem Empfängerhorizont eines fachkundigen Interessenten anzusetzen.

4. Die Aufklärungspflicht gemäß § 60 Abs. 1 VgV setzt ein, sobald die Vergabestelle objektive Anhaltspunkte für einen unangemessen niedrigen Angebotspreis hat. Diese können in Marktdaten, in Erfahrungswerten, in einer vor Beginn des Vergabeverfahrens erfolgten Kostenschätzung und auch in den weiteren abgegebenen Angeboten zu finden sein. Die Vergabestelle hat dabei einen gewissen Beurteilungsspielraum.

5. Grundsätzlich ist der Gesamtpreis des Angebots Prüfungsgegenstand. Die Prüfungstiefe bestimmt die Vergabestelle, zur Prüfung von einzelnen Positionen ist sie berechtigt, aber nicht verpflichtet, und Zweifel hat sie konkret zu benennen.

 Beschluss vom 01.10.2020, Az.: RMF-SG21-3194-5-36

1. Es obliegt dem Auftraggeber, im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb die konkreten Kriterien für die Begrenzung der Teilnehmer für den zu vergebenden Auftrag festzulegen. Solange die Festlegung der Kriterien nicht willkürlich oder mit dem erklärten Ziel vorgenommen wird, bestimmte Marktteilnehmer vom Vergabeverfahren von vornherein auszuschließen, ist der Auftraggeber bei der Definition der ihm wichtig erscheinenden Kriterien frei und hat hierbei einen grundsätzlich weiten Ermessensspielraum.

2. Die Kriterien für die Begrenzung der Teilnehmer hat der Auftraggeber in der Bekanntmachung anzugeben.

 Beschluss vom 16.09.2020, Az.: RMF-SG21-3194-5-34

1. Nach § 7 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A ist die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Unternehmen die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können. Die Leistungsbeschreibung muss für alle Bieter in gleicher Weise zu verstehen sein, d.h. Vorgaben dürfen keinen Spielraum für unterschiedliche Auslegungen zulassen.

2. Der Auftraggeber kann frei entscheiden, wie er Bauleistungen verwirklichen lassen will, so dass er grundsätzlich die Leistung nach Art und Umfang in der Leistungsbeschreibung definieren kann. Es ist nicht die Aufgabe der Nachprüfungsinstanzen, zu überprüfen, ob der Bedarf sinnvoll definiert wurde oder ob andere Varianten vorteilhafter bzw. wirtschaftlicher wären.

 Beschluss vom 14.09.2020, Az.: RMF-SG21-3194-5-25

1. Nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 VgV kann der öffentliche Auftraggeber Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb dann vergeben, wenn in einem offenen oder einem nicht offenen Verfahren keine oder keine geeigneten Angebote oder keine geeigneten Teilnahmeanträge abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrages nicht grundlegend geändert werden. Gedanklicher Hintergrund dieser Regelungen ist, dass der öffentliche Auftraggeber ursprünglich ein Verfahren gewählt hat, durch das ein transparenter und nichtd iskriminierender Wettbewerb sichergestellt war, und jenes Verfahren aufgrund dem Auftraggeber nicht zuzurechnenden Gründen erfolglos geblieben ist.

2. Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin und ein drohender Schaden gem. § 160 Abs. 2 GWB liegt bereits dann vor, wenn der Vortrag der Antragstellerin ergibt, dass sie im Fall eines ordnungsgemäßen (neuerlichen) Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte als in dem beanstandeten Verfahren.

 Beschluss vom 28.07.2020, Az.: RMF-SG21-3194-5-15

1. Muss der Bieter in einer Nachunternehmerliste die Leistungen angeben, die er u.U. an Nachunternehmer übertragen werde, kann er wegen des Zusatzes „u.U.“ davon ausgehen, dass die zur Angebotsabgabe abgefragten Fremdleistungen nicht endgültig abschließend anzugeben waren.2. Eine Nichtberücksichtigung gem. § 15 EU Abs. 2 VOB/A setzt das Vorliegen von Aufklärungsbedarf voraus. Der öffentliche Auftraggeber muss für eine ordnungsgemäße Wertung des Angebots auf die vom aufgeforderten Bieter nachgereichten Angaben bzw. Unterlagen angewiesen sein. Eine Nichtberücksichtigung des Angebots ist dann unzulässig, wenn sich das Aufklärungsverlangen der Vergabestelle auf zwar in dem Angebot erwartete, aber nicht explizit geforderte Detailangaben richtet. Insofern hat der Auftraggeber fehlende Anforderungen an das Angebot und infolgedessen ungenügende Angaben des Bieters selbst zu vertreten und darf deshalb das Angebot des Bieters nicht unberücksichtigt lassen.

 Beschluss vom 23.06.2020, Az.: RMF-SG21-3194-5-11

1. Die Angabe von „0,00“ € ist eine Preisangabe. Die Prüfung des Angebots auf Vollständigkeit beschränkt sich auf die Feststellung, ob die vom Auftraggeber geforderten Unterlagen physisch beigebracht wurden. Eine darüber hinaus gehende inhaltliche Kontrolle, ob die Preisangaben des Bieters inhaltlich richtig sind, findet bei der formalen Prüfung nicht statt.2. Sind für einen Auftraggeber Einzelpreiseintragungen nicht nachvollziehbar, darf er das Angebot nicht ohne weiteres ausschließen. Vielmehr ist dem Bieter Gelegenheit zu geben, die Widersprüchlichkeit auszuräumen. Ein Angebot mit einem unangemessen niedrigen Preis darf grundsätzlich nur dann ausgeschlossen werden, wenn zuvor vom Bieter in Textform Aufklärung über die Ermittlung der Preise für die Gesamtleistung oder für Teilleistungen verlangt worden ist und der Bieter nicht den Nachweis einer ordnungsgemäßen Kalkulation erbracht und damit die begründeten Zweifel, dass dieser Bieter den Auftrag vertragsgerecht erfüllen wird, nicht ausgeräumt hat.3. Nach § 16a EU Abs. 2 VOB/A sind Angebote nicht auszuschließen, bei denen lediglich in unwesentlichen Positionen die Angabe des Preises fehlt und sowohl durch die Außerachtlassung dieser Positionen der Wettbewerb und die Wertungsreihenfolge nicht beeinträchtigt werden als auch bei der Wertung dieser Positionen mit dem jeweils höchsten Wettbewerbspreis. Der öffentliche Auftraggeber fordert den Bieter auf, die fehlenden Preispositionen zu ergänzen.4. Grundsätzlich liegt eine unzulässige Änderung an den Verdingungsunterlagen dann vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der öffentliche Auftraggeber nachgefragt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht. Ob eine unzulässige Änderung durch das Angebot im Einzelfall vorliegt, ist anhand einer Auslegung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB festzustellen. Hinsichtlich des Angebots des Bieters ist Maßstab der Auslegung, wie ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle das Angebot nach Teu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste oder durfte.

 Beschluss vom 18.06.2020, Az.: RMF-SG21-3194-5-7

1. Der Vergabestelle steht bei der Bewertung einzelner Angebote allgemein ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Die Vergabekammer prüft die Bewertung der Vergabestelle nur daraufhin, ob diese ihren Beurteilungsspielraum verletzt hat, sie ersetzt insbesondere nicht die Wertung der Vergabestelle durch eine eigene Wertung.2. Die Wertungsentscheidung muss den an sie zu stellenden vergaberechtlichen Anforderungen genügen. Dazu gehört, dass das vorgeschriebene Verfahren für die Bewertung eingehalten und der Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt wird sowie die von der Vergabestelle selbst aufgestellten Vorgaben beachtet und keine sachwidrigen und gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßenden Erwägungen angestellt werden.3. Einer eigenständigen Begründung und Dokumentation zum Umstand, dass die Vergabestelle nicht bereits den Zuschlag auf das wirtschaftlichste indikative Angebot erteilt hat, bedarf es nicht. Die Tatsache, dass die Vergabestelle in das Verhandlungsverfahren eintreten wollte, ist bereits dadurch ausreichend dokumentiert, dass die Bieter zum Verhandlungsgespräch eingeladen wurden.4. Die Vergabestelle muss die Vergabeentscheidung eigenständig treffen und darf sie nicht einem Dritten überlassen. Dieser Pflicht und Verantwortung im Hinblick auf eine eigene Vergabeentscheidung genügt ein Auftraggeber, wenn er die Wertung durch einen externen Dritten und dessen Zuschlagsvorschlag durch einen Prüfungsvermerk mit verantwortlicher Unterschrift billigt.

 Beschluss vom 12.02.2020, Az.: RMF-SG21-3194-5-2

Gemäß § 31 Abs. 2 Nummer 1 VgV sind die Merkmale des Auftragsgegenstandes so genau wie möglich zu fassen. Das Leistungsverzeichnis muss ein klares Bild vom Auftragsgegenstand vermitteln und hinreichend vergleichbare Angebote erwarten lassen, die dem öffentlichen Auftraggeber die Erteilung des Zuschlags ermöglichen. Wird der Auftragsgegenstand nicht ausreichend klar im Leistungsverzeichnis beschrieben, so liegen zur Bewertung keine vergleichbaren Angebote vor. Sind die Bieter von unterschiedlichen Merkmalen des Auftragsgegenstandes ausgegangen, beruhen die Angebote mithin auf unterschiedlichen Kalkulationsgrundlagen. Würden diese Angebote gewertet, wäre die Transparenz und die Gleichbehandlung im Wettbewerb nicht gewahrt.

Beschluss vom 06.02.2020, Az.: RMF-SG21-3194-4-53

1. Gem. § 8a Abs. 7 PBefG ist das GWB Teil 4 Kapitel 2 auch einschlägig für die Überprüfung der Direktvergaben nach Art 5 Abs. 2-5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007.2. Nach Art 5 Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 können die zuständigen Behörden entscheiden, öffentliche Dienstleistungsaufträge, die entweder einen geschätzten Jahresdurchschnittswert von weniger als 1 Million € oder eine jährliche öffentliche Personenverkehrsleistung von weniger als 300.000 km aufweisen, direkt zu vergeben. Die Möglichkeit der Direktvergabe in diesem Sinne ist nur eröffnet, wenn es sich um eine Dienstleistungskonzession handelt (OLG Frankfurt a.M., Beschluss v. 10.11.2015 – 11 Verg 8/15). Die Möglichkeit der Direktvergabe besteht hingegen nicht, sofern der öffentliche Auftraggeber einen entgeltlichen Dienstleistungsauftrag im Sinne des § 103 Abs. 1 GWB abschließen möchte.3. Dienstleistungskonzessionen sind Verträge, die sich von Dienstleistungsaufträgen nur dadurch unterscheiden, dass der Konzessionär das zeitweilige Recht zur Nutzung der ihm übertragenen Dienstleistung enthält und gegebenenfalls die zusätzliche Zahlung eines Preises vorgesehen ist. Der Begriff der Zuzahlung eines Preises ist unter vergaberechtlichen Gesichtspunkten weit zu verstehen; es kommt lediglich darauf an, dass der Konzessionär zusätzlich zum Verwertungsrecht geldwerte Zuwendungen erhält. Maßgeblich für das Vorliegen einer Dienstleistungskonzession ist, ob der Auftragnehmer das Betriebsrisiko vollständig oder zumindest einen wesentlichen Teil davon trägt. Dies ist bei sogenannten Nettoverträgen der Fall, die eine Übernahme des Einnahmen- und Kostenrisikos durch das Verkehrsunternehmen beinhalten. Abzugrenzen sind davon sogenannte Bruttoverträge, bei welchen das Verkehrsunternehmen kein wirtschaftliches Betriebsrisiko trägt.4. Ob und inwieweit der Konzessionär bei der Verwertung der ihm übertragenen Leistung tatsächlich den Risiken des Marktes ausgesetzt ist und er das Betriebsrisiko ganz oder zumindest zu einem wesentlichen Teil übernimmt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei der hierfür erforderlichen Gesamtbetrachtung aller Umstände sind insbesondere die in Bezug auf den Vertragsgegenstand herrschenden Marktbedingungen und die vertraglichen Vereinbarungen in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen.

 Beschluss vom 31.01.2020, Az.: RMF-SG21-3194-4-52

1. Hat die Antragstellerin erst nach Einsicht in die Vergabeakten von einem potenziellen Vergaberechtsverstoß erfahren, kann insofern das entsprechende Vorbringen der Antragstellerin (das sich hier darauf bezieht, dass widersprüchliche Angaben der Beigeladenen vorgelegen haben) nicht von der Präklusionswirkung des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB erfasst sein.2. Eine Nichtabhilfemitteilung einer Vergabestelle gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB liegt dann vor, wenn diese inhaltlich mitteilt, den geltend gemachten Vergaberechtsverstößen nicht abhelfen zu wollen. Hat die Vergabestelle sich indes nicht zum Inhalt der Rüge positioniert, sondern erklärt, sie habe die Rüge zur Kenntnis genommen und werde die Eignungsprüfung erst noch durchführen, so ist dies nicht als Zurückweisung einer Rüge gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB zu bewerten.3. Hat ein Bieter widersprüchliche Preisangaben gemacht und damit nicht die geforderten Preise angegeben, ist sein Angebot gemäß §§ 16a Abs. 2 Satz 2, 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A-EU vom Vergabeverfahren auszuschließen.4. Die Auslegung der von den Bietern abgegebenen Angebote kann immer nur nach dem objektiven Empfängerhorizont erfolgen, nicht aber einer Vergabestelle die Kompetenz einräumen, zu entscheiden, welche für sich gesehen eindeutigen Angaben eines Bieters sie als solche anerkennt und welche nicht. Der Tatbestand des § 15 VOB/A-EU, der eine Angebotsaufklärung in engen Grenzen erlaubt, darf schon aus telelogischen Gründen bei widersprüchlichen Preisangaben nicht einschlägig sein, da dies nachträgliche Manipulationsmöglichkeiten eröffnen und so den Wettbewerbsgrundsatz verletzen könnte.