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Angabe zum „Kfz-Einsatz“ ist eine wesentliche Preisangabe, deren Fehlen zum Ausschluss des Angebots führt (LG Bonn, Urteil vom 09.06.2021 – 1 O 3/20)

vorgestellt von Thomas Ax

1. Eine Angabe zum „Kfz-Einsatz“ ist eine wesentliche Preisangabe, deren Fehlen zum Ausschluss des Angebots führt.

2. Die Vorbereitung eines einreichungsfähigen Nachprüfungsantrags entspricht nicht der Schadensminderungspflicht, wenn ein solcher zu diesem Zeitpunkt noch nicht geboten ist.

Tatbestand

Die Beklagte schrieb einen Rahmenvertrag für die zivilgewerbliche Bewachung einer Liegenschaft der Bundeswehr in Berlin aus. Die Klägerin beteiligte sich an diesem Vergabeverfahren mit einem Angebot (komplett vorgelegt als Anlage B11).

Ausweislich der Aufforderung zur Angebotsabgabe (dort S. 2 unter 1.1, Anlage K1) waren Preisangaben „an der dazu vorgesehenen Stelle in EUR“ zu tätigen. In einer Auflistung der Unterlagen, die dem Angebot beizufügen waren (Anlage B9), heißt es: „Bieter, deren Angebot unvollständig ist, werden vom Vergabeverfahren ausgeschlossen.“

Unter dem 19.03.2019 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Zuschlag auf ihr Angebot nicht erteilt werden könne (Schreiben Anlage K2). Dies wurde wie folgt begründet: „In Ihrem Angebot fehlt die Kalkulation sowie die Preisangabe für den Kfz-Einsatz im Monat. Ihr Angebot war somit nicht mehr vergleichbar. Daher schließe ich Ihr Angebot gemäß § 31 VSVgV aus.“ Weiterhin heißt es in dem Schreiben: „Frühester Zeitpunkt des Vertragsschlusses: 02.04.2019“.

Daraufhin rügte die Klägerin, anwaltlich vertreten, diese Nichtberücksichtigung unter dem 25.03.2019 (Anlage K3). Mit Schreiben vom 26.03.2019 half die Beklagte der Rüge nicht ab und hielt an dem Ausschluss fest (Anlage K4). Sie teilte zudem mit, das vor dem 17.04.2019 kein Vertrag zu dieser Ausschreibung geschlossen worden würde. Die Klägerin teilte der Beklagte indes mit Schreiben vom 28.03.2019 mit, an der Rüge festhalten zu wollen. Mit diesem Schreiben übersandte sie auch einen bereits von ihren Rechtsanwälten vorbereiteten Nachprüfungsantrag (datiert auf den 27.03.2019) an die Vergabekammer bei dem Bundeskartellamt (Anlage K5). Sie räumte zudem eine letzte Frist bis 29.03.2019, 10 Uhr ein.

Mit Schreiben vom 29.03.2019 erklärte die Beklagte sodann, der Rüge abzuhelfen und das Angebot der Klägerin in die Angebotswertung aufnehmen zu wollen (Anlage K6).

Im Rahmen einer Vorabinformation vom 16.04.2019 (Anlage B6) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie das Angebot der Klägerin nicht berücksichtigen würde, da diese nur den zweiten Platz erzielt habe. Dies bestätigte sie unter dem 16.06.2019 (Anlage B8) endgültig. Hiergegen ging die Klägerin nicht weiter vor.

Mit Schreiben vom 01.07.2019 forderte die Klägerin die Beklagte zum Ausgleich der mit der Klage (ursprünglich) geltend gemachten Schadensersatzforderungen auf (Anlage K7). Diese setzen sich zusammen aus Rechtsanwaltsgebühren einerseits für die Erstellung der Rüge, andererseits für die Erstellung des Nachprüfungsantrages. Die Klägerin berechnet diese jeweils aus einem Gegenstandswert von 460.466,60 in Höhe einer 1,6- bzw. 1,8-Geschäftsgebühr zzgl. Postpauschale und Mehrwertsteuer, im Ergebnis damit 5.912,87 Euro bzw. 6.649,01 Euro. Im Verlauf des Verfahrens hat die Klägerin erklärt, dass sie sich bezüglich der Gebühren betreffend den Nachprüfungsantrag eine Geschäftsgebühr anrechnen lassen würde, so dass sich letztere Gebühren um 2.319,75 Euro reduzieren würden.

Die Beklagte kam der Zahlungsaufforderung nicht nach.

Die Klägerin behauptet, sie habe ihre Prozessbevollmächtigten mit der Erstellung eines Nachprüfungsantrages unbedingt beauftragt, nachdem sie von der Zurückweisung der Rüge unter dem 26.03.2019 erfahren habe. Diese hätten den Nachprüfantrag bereits vollständig eingereicht, da aufgrund der 10-Tages-Frist des § 160 Abs. 3 GWB dieser noch bis zum 29.03.2019 hätte eingereicht werden müssen. Die Klägerin ist der Ansicht, die Kosten für die Rüge seien ihr zu erstatten, da sie diese zu Recht erhoben habe. Dies sei schon ersichtlich daraus, dass die Beklagte der Rüge abgeholfen habe. Zudem sei ihr Angebot auch vollständig kalkuliert gewesen. Es handele sich bei der Angabe zum Kfz-Einsatz nur um einen untergeordneten Preisansatz. Sie seien daher nachforderbar gewesen bzw. mit 0,00 zu werten gewesen. Sie behauptet hierzu, die Angaben seien im Angebot einkalkuliert und ausgewiesen worden.

Zudem ist die Klägerin der Ansicht, die von der Beklagten erstellten Unterlagen seien intransparent und verstießen daher gegen § 97 Abs. 1 GWB. Dort sei davon die Rede, Preisangaben seien „an der vorgesehenen Stelle“, also an einer Stelle, nicht an mehreren, zu machen.

Auf die Frage, ob sie letztlich den Zuschlag hätte erhalten könne, käme es bei den geltend gemachten Schadensersatzpositionen gar nicht an, da sie nur das negative Interesse geltend mache.

Die Klägerin beantragt, nachdem sie in der mündlichen Verhandlung die Klage bezüglich des Abzugsbetrages im Antrag zu 1) teilweise zurückgenommen hat,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.556,80 Euro unter Abzug eines Betrages von 2.319,75 Euro zzgl. Verzugszinsen von 9%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.07.2019 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 624,00 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, das Abhelfen der Rüge sei ohne Rechtspflicht erfolgt und habe daher keine präjudizielle Bedeutung für den geltend gemachten Anspruch. Vielmehr habe sie das Angebot der Klägerin zu Recht ausgeschlossen, da die Material- und Leitungsliste (vgl. Anlage B2) nicht eingereicht worden sei und auch im Vertragsvordruck oder in Anlage 14 (Anlage 8.14.14 zum Bewachungsvertrag; s. Anlage B11) keine Angabe dazu gemacht worden sei, wie der Kfz-Einsatz pro Monat zu vergüten sei. In Anlage 14 seien lediglich die Angaben für die Preise für den Personaleinsatz zu finden. Die Bedeutung der Material- und Leistungsliste für die Preiskalkulation ergebe sich für den Bieter schon aus dem Zweck dieser Liste. Ausweislich der Aufforderung zur Angebotsangabe seien Preisangaben an „vorgesehener Stelle“ zu machen, was hier nicht geschehen sei. Es handele sich bei den Preisen für den Kfz-Einsatz auch um wesentliche Bestandteile der Vergütung des Auftragnehmers, der auch den unveränderlichen Preisanteil bestimme und damit auch den Gesamtangebotspreis. Daher sei der Ausschluss nach § 31 Abs. 2 Nr. 8 VSVgV zwingend gewesen. Denn es habe sich um eine wesentliche Preisangebe gehandelt, was schon aufgrund der Größe der Liegenschaft von 187 ha nachvollziehbar sei.

Die Beklagte ist weiter der Ansicht, ein Anspruch auf Ersatz der Kosten des Nachprüfungsantrages bestehe schon dem Grunde nach nicht. Das Schreiben vom 28.03.2019 sei nicht anders zu verstehen, als die Klägerin eben noch keinen unbedingten Auftrag zur Einreichung eines Nachprüfungsantrages an die Vergabekammer an ihre Rechtsanwälte erteilt habe. Zudem sei eine Entscheidung der Vergabekammer von vornherein aussichtlos gewesen, da keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlages bestanden hätte.

Zudem sei ein Schaden nicht kausal, da das Angebot der Klägerin – dies unstreitig ¬nie als das wirtschaftlichste Angebot bewertet worden sei.

Hilfsweise trägt die Beklagte vor, die geltend gemachten Gebühren seien überhöht, da mehr als die Regelgebühr veranschlagt würde. Dies gelte insbesondere für das Nachprüfverfahren, da hier nur ein Entwurf des Antrages erstellt worden sei.

Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Es besteht kein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Kosten, die der Klägerin für die Erstellung der Rüge entstanden sind, in Höhe von 5.912,87 Euro. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 311 Abs. 2 BGB, also der Verletzung einer Pflicht aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis.

Denn die Beklagte hätte der Rüge der Klägerin nicht abhelfen müssen bzw. sie durfte das Angebot der Klägerin am 19.03.2019 zu Recht ausschließen.

Zwar handelt es sich bei dem geltend gemachten Schaden grundsätzlich um einen solchen, den die Klägerin nach den genannten Anspruchsgrundlagen im Wege des negativen Interesses geltend machen kann. Denn dies bedeutet, dass sie fordern kann, so gestellt zu werden, wie sie ohne ein mögliches schädigendes Verhalten der Beklagten stehen würde (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 80. A: 2021, § 311 Rn. 54). Dachte man sich daher die im Schreiben vom 19.03.2019 erklärte Nichtberücksichtigung der Klägerin weg, hätte die Klägerin am Bieterverfahren weiter teilnehmen können und hätte daher .keinen Anlass gehabt, eine Rüge zu erheben oder einen Nachprüfungsantrag zu verfassen. Diese Kosten sind insbesondere unabhängig von der späteren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verfahren angefallen, da zum Zeitpunkt der mitgeteilten Nichtberücksichtigung für die Klägerin die weitere Teilnahme am Bieterverfahren auch nicht offenkundig aussichtslos wer; vielmehr hat sie tatsächlich letztlich das zweitbeste Angebot eingereicht.

Jedoch war das Angebot der Beklagten nicht vollständig, so dass ein Ausschluss nach den Vertragsbedingungen (vor allem. etwa Anlage B9), aber auch nach § 31 Abs. 2 Nr. 8 VSVgV möglich war. Nach letzterer Norm werden Angebote ausgeschlossen, die nicht die erforderlichen Preisangaben enthalten, es sei denn, es handelt sich um unwesentliche Einzelpositionen, deren Einzelpreise den Gesamtpreis nicht verändern oder die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen.

Die Beklagte hat konkret die Angabe zum „Kfz-Einsatz“ in ihrem Ausschluss gerügt. Sie hat ihr Fehlen in der Anlage 8.14.14 zum Vertrag gerügt sowie in der von ihr blanko vorgelegten Anlage 1 „Material- und Leistungsliste“ (Anlage 62). Dies hat sie im nachgelassenen Schriftsatz vom 10.05.2021 noch einmal klar gestellt, nachdem eine Zuordnung in der mündlichen Verhandlung nicht genau möglich war. Aus den von der Beklagten nach dem Termin überlassenen gesamten von der Klägerin eingereichten Unterlagen (Anlage B11) ergibt sich, dass die Anlage 1 „Material- und Leistungsliste“ nicht von der Klägerin eingereicht worden ist, weder blanko noch (teil-)ausgefüllt. Die Klägerin hat auch nicht bestritten, die Anlage erhalten zu haben bzw. dass diese Teil der Vertragsunterlagen gewesen ist.

Eine Angabe findet sich auch nicht im Vertragsmuster (Anlage 4.18.0), das die Klägerin mit ihren Unterlagen an die Beklagte zurückgesandt hat. Dort ist in § 12 die Vergütung geregeit und der Vertrag sieht in § 12.1.2 Angaben zu fünf Positionen bezüglich des Personals vor, die sich auch in Anlage 8.14.14. finden. Zusätzlich findet sich jedoch noch die Kategorie „1.2.6 Kfz-Einsatz _E/Monat“. Diese findet sich nicht in Anlage 8.14.14. Auch in dem Vertragsmuster, das die Klägerin auf der vorletzten Seite bereits unterschrieben und datiert hat, finden sich keine Eintragungen der entsprechenden Werte. Dabei handelt es sich vorliegend auch um Stellen, die für die Eintragung geeignet sind im Sinne von 1.1 der Aufforderung zur Angebotsabgabe. Dies wird schon durch das Layout deutlich, in dem vor der Größenangabe Euro/Std. bzw. E/Monat ein Leerraum ist. Auch ist jedem Wirtschaftsunternehmen deutlich, dass die Angabe des Preises eine der zentralen Angaben ist, die im Vertrag zu machen sind.

Auch an anderer Stelle der Vertragsunterlagen hat die Kammer eine entsprechende vorgesehene Möglichkeit, die Angabe dort einzutragen, nicht finden können.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Anlage 14 zum Vertrag (Anlage 8.14.14) keine Angabe zum Kfz-Einsatz enthält, sondern nur zu Personalkosten. Denn in dieser Anlage waren lediglich bestimmte vorgegebene Angaben zu machen, die die Klägerin komplett angegeben hat (vgl. die ausgefüllt Version als Anlage B3/Teil der Anlage B11). Da für die Position „Kfz-Einsatz“ schon keine Eintragung vorgesehen war, wäre eine Eintragung an dieser Stelle auch fehlerhaft, da solche gern. der Aufforderung zur Angebotsabgabe (dort S. 2 unter 1.1, Anlage K1) „an der dazu vorgesehenen Stelle“ zu machen waren, diese Stelle aber gerade nicht dafür vorgesehen war.

Ebenfalls kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin den Passus, Preisangaben seien „an der dafür vorgesehenen Stelle“ zu machen, so verstehen durfte, dass die Angabe nur einmal zu machen gewesen sei. Denn die Angabe ist in der Anlage 8.14.14 schon nicht enthalten, so dass es sich bei der Angabe zum Kfz-Einsatz an einer anderen Stelle um die einzige Angabe hierzu handeln würde.

Dem Zeugenbeweisantritt der Klägerin im Schriftsatz vom 15.09.2020 (dort S. 10 = Bl. 185 d.A.) war dabei nicht nachzugehen. Denn die Klägerin benennt schon keine konkreten Anknüpftatsachen, zu denen die Zeugen Angaben machen können. Sie erklärt lediglich, dass der Kfz-Einsatz in den Stundenverrechnungsatz einkalkuliert und dort ausgewiesen worden sei. In welcher Form dies geschehen sein soll bzw. inwiefern dies auch für den Adressaten des Angebotes erkennbar war, erklärt die Klägerin jedoch nicht. Auch fehlt es an einer Erklärung, warum die Kategorie „Kfz-Einsatz“ in den von der Klägerin überreichten Unterlagen (Anlage B11) nicht erwähnt oder näher kalkuliert wird.

Weder im Schreiben vom 25.03.2019 an die Beklagte noch im Laufe des Klageverfahrens konnte die Klägerin auch konkret die Stelle benennen, an der sie eine Angabe gemacht haben will.

Auf den Vortrag der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 10.05.2021, konkret sei die Materialliste, wie sie in Anlage B2 vorgelegt worden sei, nicht vorgelegt worden, ist die Klägerin in ihrer Erwiderung vom 26.05.2021 nicht mehr eingegangen.

Auch verstoßen die vorgelegten Unterlagen nicht gegen das Transparenzgebot in § 97 Abs. 1 GWB. Denn der Preis ist eine der zentralen Merkmale eines Angebots. Bereits der Vertrag als zentrales Dokument legt deutlich offen, dass sich der Preis sich aus Kosten für Personal und Kfz-Einsatz zusammensetzt (vgl. § 12.2 des Vertrages). Auch in § 1,3 werden noch einmal die unveränderlichen und veränderlichen Preisanteile beschrieben und eine Anpassung genau erläutert. Auch hierbei ist der Kfz-Einsatz in 1.3.1 genannt. Die geforderte Angabe ist auch klar gekennzeichnet. Dass hingegen in der Anlage 8.14.14 die Preisangabe nicht vorgesehen ist, ist unschädlich. Denn der Vertrag unterscheidet deutlich zwischen Sach- und Personalkosten, die zudem gemäß anderer Parameter berechnet werden (pro Monat bzw. pro Stunde) und zudem auch entweder veränderlich oder unveränderlich sind.

Dabei handelt es sich auch um eine wesentliche Preisangabe, die weder nachgefordert werden konnte noch eine unwesentliche Einzelposition darstellt, deren Einzelpreis den Gesamtpreis nicht verändern oder die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen kann im Sinne von § 31 Abs. 2 Nr. 8 VSVgV. Danach ist auch das Nachfordern von Preisangaben nur möglich, wenn es sich um unwesentliche Einzelpositionen handelt, deren Einzelpreise den Gesamtpreis nicht verändern oder die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen. Wesentliche Einzelpositionen oder aber Einzelpreise, die den Gesamtpreis verändern, dürfen hingegen nicht nachgefordert werden (Beck/VergabeR/Haak/Hogeweg, 3. Aufl. 2019, VgV § 57 Rn. 61, wobei die kommentierte Norm § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV dem Wortlaut nach genau der hier streitgegenständlichen entspricht).

Da sich der Gesamtpreis gem. § 12.1.3 des Vertrages aus den in § 12.1.2 genannten Vergütungen zusammensetzt, ergibt sich bei der Veränderung oder dem Weglassen eines Teilpreises zwangsläufig eine andere Kalkulation. Denn aufgrund des Volumens des Kfz-Einsatzes – es handelt sich um den Preis pro Monat für die Bewachung einer großen Bundeswehr-Liegenschaft – war damit nicht zu rechnen.

Zudem wurde gem. Anlage 8.14.12. zum Vertrag in Ziffer 2.7 festgelegt (vgl. Anlage B11), dass ein Fahrzeug stets durchgehend einsatzbereit gehalten werden sollte. Zudem ist der Preis unveränderlich und nicht kilometerabhängig, so dass Kosten ¬selbst bei einer faktischen Nichtnutzung der Fahrzeuge – anfallen.

Da aufgrund der Preisbildung die Angabe eines Preisbestandteils auch Einfluss auf die gesamte Kalkulation gehabt hätte, war dieser Preisbestandteil auch nicht nachzufordern.

Auch musste die Beklagte die fehlende Angabe nicht so verstehen, dass die Klägerin diese mit 0,00 Euro angeben wollte. Bei einer Einpreisung der Kosten an anderer Stelle wäre mit einem entsprechenden Hinweis der Klägerin auf ihre Kalkulation zu rechnen gewesen, gerade aufgrund der gerade aufgezeigten Bedeutung dieses Preises.

Zuletzt kann die Klägerin einen Anspruch auch nicht damit begründen, dass die Beklagte mit Schreiben vom 29.03.2019 der Rüge abgeholfen hat. Denn dieses Schreiben macht deutlich, dass die Beklagte – bzw. der Zeuge Ruprecht als Verfasser des Schreibens – an seiner Rechtsauffassung festhalten möchte. Sie gibt damit zu erkennen, dass sie ein Eingeständnis nicht machen möchte.

2. Es besteht kein Anspruch auf Ersatz der Kosten, die der Klägerin für die Erstellung des Nachprüfungsantrages entstanden sind, in Höhe von (nunmehr noch) 4.329,26 Euro.

Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 311 Abs. 2 BGB.

Denn die Vorbereitung eines einreichungsfähigen Nachprüfungsantrages bereits am 27., 28. oder 29.03.2019 entsprach nicht der Schadensminderungspflicht der Klägerin. Denn ein solche war zu diesem Zeitpunkt noch nicht geboten. Denn zum einen hat die Klägerin der Beklagten selbst eine letzte Frist bis 29.03.2019, 10 Uhr gesetzt, um die Sache erneut zu prüfen. Bis zu diesem Fristende – das die Beklagte eingehalten hat – musste die Klägerin sich an ihre eigene Erklärung festhalten lassen und daher abwarten, ob die Beklagte, wie geschehen, ihre Bewertung noch ändert und der Rüge nicht doch noch stattgibt. Andernfalls würde sie sich in Widerspruch zu ihrer eigenen Erklärung setzen. Zum anderen bestand insbesondere auch nicht aufgrund der Besonderheiten des Nachprüfverfahrens eine besondere Eile, die eine Stellung des Antrages direkt im Anschluss an den Fristablauf notwendig gemacht hätte und damit auch eine Abfassung bereits vor Fristablauf, um ein derartiges komplexes rechtliches Dokument noch abfassen zu können. Insbesondere war die von der Klägerin unter Bezug auf die Frist von § 134 Abs. 2 GWB vorgetragene besondere Eile vorliegend nicht geboten. Hiernach darf ein Vertrag in einem Vergabeverfahren erst 15 bzw. 10 Tage (bei Versendung per Fax oder in elektronischer Form) nach Absendung der Information nach Absatz 1 geschlossen werden, nachdem öffentliche Auftraggeber die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren haben. Dies bedeutet, dass Rechtsschutz der Klägerin, der zu einer Berücksichtigung im Vergabeverfahren hätte führen könne, nur vor der Erteilung des Zuschlages an einen dritten Bieter aussichtsreich gewesen wäre. Ausgehend von einer Mitteilung vom 19.03.2019 wäre dies tatsächlich der 29.03.2019. Jedoch hatte die Beklagte bereits selbst erklärt, dass mit einer solch frühen Entscheidung nicht zu rechnen sei. Im Schreiben vom 19.03.2019 hatte sie selbst erklärt: „Frühester Zeitpunkt des Vertragsschlusses: 02.04.2019“. Im Schreiben vom 26.03.2019 (Anlage B10) hat sie diesen Termin sogar noch auf den 17.04.2019 weiter verschoben. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Rüge am 26.03.2019, insbesondere nach Erhalt des o.g. Schreibens vom 26.03.2019 war daher für die Klägerin deutlich, dass eine Nachprüfung nicht sofort einzuleiten war, sondern auch nach Ablauf der Frist am 29.03.2019 noch genügend Zeit bestand, einen Nachprüfauftrag erstellen zu lassen.

Auf die Frage, ob bereist eine Beauftragung an die Prozessbevollmächtigten erteilt worden war, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, da unabhängig von einer

konkreten Auftragserteilung Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch wäre, dass die Auftragserteilung auch objektiv geboten im Sinne der oben aufgezeigten Kriterien gewesen wäre.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91269 Abs. 3, 709 ZPO.