Ax Vergaberecht

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Antragsbefugnis bei unzulässiger nationaler Vergabe?

von Thomas Ax

Nach § 160 Abs. 2 GWB sind nur solche Unternehmen antragsbefugt, denen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Da das Nachprüfungsverfahren kein abstraktes Instrument zur Fehlerkontrolle ist, sondern dem Individualrechtsschutz dient, kann ein Nachprüfungsantrag eines am Auftrag interessierten Marktteilnehmers nur dann erfolgreich sein, wenn Vergabefehler eine Beeinträchtigung seiner Bieterrechte nach sich ziehen (OLG Thüringen, Beschluss vom 12. April 2012, 2 Verg 2/12, Rn. 116; OLG München, Beschluss vom 11. April 2013, Verg 3/13, BeckRS 2013, 7174).

Ein Schaden droht, wenn der Antragsteller im Fall eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte (BGH, Beschluss vom 10. November 2009, X ZB 8/09, NZBau 2010, 124 Rn. 32), wenn also die Aussichten dieses Bieters auf die Erteilung des Auftrags zumindest verschlechtert worden sein können (BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2004, 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564, 565; Senatsbeschluss vom 10. Februar 2021, Verg 23/20, BeckRS 2021, 21311 Rn. 26).

Das ist regelmäßig der Fall, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren nicht ohne Weiteres durch Zuschlag beendet werden darf, und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt (BGH, Beschluss vom 10. November 2009, X ZB 8/09, NZBau 2010, 124 Rn. 32). An die Darlegung des entstandenen oder drohenden Schadens sind deshalb keine sehr hohen Anforderungen zu stellen (Senatsbeschlüsse vom 10. Februar 2021, Verg 23/20, BeckRS 2021, 21311 Rn. 26, und vom 30. September 2020, Verg 15/20).

Erst wenn eine Verschlechterung der Zuschlagschancen durch den geltend gemachten Vergaberechtsverstoß offensichtlich ausgeschlossen ist, ist der Nachprüfungsantrag mangels Antragsbefugnis unzulässig (Senatsbeschlüsse vom 10. Februar 2021, Verg 23/20, BeckRS 2021, 21311 Rn. 26, und vom 30. September 2020, Verg 15/20).

So kann der Umstand, dass die Absicht der Vergabe des Auftrags nicht europaweit, sondern nur national ausgeschrieben wurde, dann unbeachtlich sein, wenn der Antragsteller sich am Verfahren beteiligen konnte (OLG München, Beschluss vom 11. April 2013, Verg 3/13, BeckRS 2013, 7174) und sein Angebot gegenüber dem der Beigeladenen schon aus anderen Gründen chancenlos war, weil seine Auftragschancen durch den gerügten Vergabeverstoß dann nicht geschmälert wurden (Senatsbeschluss vom 1. August 2012, Verg 10/12, BeckRS 2012, 18205).