Ax Vergaberecht

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Antragsbefugnis im Nachprüfungsverfahren?

Nachgefragt bei … Rechtsanwalt Dr. Thomas Ax

Frage: Unter welchen Voraussetzungen ist von einer Antragsbefugnis im Vergabeverfahren auszugehen?

Antwort: Gemäß § 160 Abs. 2 GWB ist jedes Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, sofern ihm durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
Sinn und Zweck der in Übereinstimmung mit Art. 1 Abs. 3 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG vom 21. Dezember 1989 stehenden Berechtigungsvoraussetzung eines entstandenen oder drohenden Schadens ist, zu verhindern, dass ein Bieter, der auch bei ordnungsgemäß durchgeführtem Vergabeverfahren keinerlei Aussicht auf Berücksichtigung seines Angebotes und Erteilung des Zuschlags gehabt hätte, ein – investitionshemmendes Nachprüfungsverfahren einleiten kann (BT-Drucks. 13/9340, S. 40, Nr. 22; Senatsbeschluss vom 16. Februar 2006, Verg 6/06BeckRS 2006, 4700 Rn. 12).
Der in der Vorschrift verwandte Schadensbegriff muss demnach unter dem Gesichtspunkt des Primärrechtsschutzes betrachtet und ausgelegt werden. Der Schaden kann nur darin bestehen, dass durch den beanstandeten Vergaberechtsverstoß die Aussichten der antragstellenden Partei auf den Zuschlag zumindest verschlechtert worden sein können (Senatsbeschluss vom 16. Februar 2006, Verg 6/06BeckRS 2006, 4700 Rn. 13).

Der Schaden muss auf die Zuschlagschance bezogen sein (Horn/Hofmann in Burgi/Dreher, Beckscher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl. 2017, § 160 Rn. 33).

Schaden im Sinne des § 160 Abs. 2 Satz 2 GWB ist folglich allein die tatsächliche oder drohende Nichterteilung des Auftrags, denn es ist die tatsächliche Erteilung des Auftrags, welche die Vermögenslage von Bietern beeinflusst (BGH, Beschluss vom 10. November 2009, X ZB 8/09NZBau 2010, 124 Rn. 32).
Aus jenseits der Zuschlagschance liegenden Beeinträchtigungen rechtlicher oder wirtschaftlicher Art kann die Antragsbefugnis folglich grundsätzlich nicht hergeleitet werden (Horn/Hofmann in Burgi/Dreher, Beck’scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl. 2017, § 160 Rn. 33).
Mit dem Verlust der Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB hat sich das Nachprüfungsverfahren in sonstiger Weise gemäß § 168 Abs. 2 Satz 2 Var. 3 GWB i.V.m. § 178 Satz 4 GWB erledigt. Der Grundsatz, dass die Hauptsache erledigt ist, wenn die Klage im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und durch das behauptete Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde (BGH, NJW 2003, 3134), gilt auch für das Vergabenachprüfungsverfahren mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Klagezustellung die Zustellung des Nachprüfungsantrags tritt.