Ax Vergaberecht

AP: KITA-Projekte VG Koblenz: Verbandsgemeinde hat Anspruch auf weitere Förderung für den Neubau einer Kindertagesstätte

vorgestellt von Thomas Ax

Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 KitaG hat sich der Träger des Jugendamtes entsprechend seiner Verantwortung für die Sicherstellung ausreichender und bedarfsgerechter Kindertagesstätten an den notwendigen Kosten „angemessen“ zu beteiligen. Als notwendig sind dabei die Kosten einzustufen, die der Träger einer Kindertagesstätte zur Erfüllung seiner Aufgaben nach dem Kindertagesstättengesetz aufzuwenden hat, um zu gewährleisten, dass die anspruchsberechtigten Kinder (vgl. § 5 KitaG) aus seinem Einzugsbereich einen Platz in einer Kindertagesstätte finden können. Zu diesen Kosten gehören auch solche, die durch den Neubau einer Kindertagesstätte, die eine bestehende Einrichtung ersetzt, entstehen, wenn der Neubau durch die Erweiterung einer Kindertagesstätte mit einer Gruppe veranlasst ist und mit ihm dauerhaft der örtlichen Gemeinschaft die notwendigen Kindergartenplätze im Sinne des § 5 KitaG zur Verfügung gestellt werden. Denn durch eine solche Maßnahme wird der Gewährleistungsanspruch des Jugendamtsträgers gemäß §§ 1, 5 bis 7 und 9 KitaG sichergestellt.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 03.09.2013 – 7 A 10599/13.OVG –) ist der Begriff der „Angemessenheit“ der Beteiligung an diesen Kosten im Sinne dieser Vorschrift als unbestimmter Rechtsbegriff einzustufen, der gerichtlich voll überprüfbar ist. Es hat in dieser Entscheidung betreffend die Zulassung einer Berufung gegen ein Urteil des VG Trier vom 25. April 2013 – 2 K 972/12.TR – ausgeführt, der Senat neige dazu, die Frage, ob die Finanzkraft des Trägers der Jugendhilfe – hier also des Beklagten – bei der Prüfung der Angemessenheit einer Beteiligung von Bedeutung sei, zu verneinen. Es spreche angesichts der bestehenden Restfinanzierungspflicht des Jugendamtes in Fällen des § 15 Abs. 2 KitaG einiges für die Annahme, dass der Träger des Jugendamtes seiner Pflicht, sich angemessen zu beteiligen, zumindest nicht stets durch das Tragen der Bau- und Ausstattungskosten einer Kindertagesstätte zu einem bestimmten Vomhundertsatz genüge, sondern dass sowohl die Dringlichkeit der Schaffung neuer Kindergartenplätze als auch die Finanzkraft des Einrichtungsträgers Kriterien für eine im Einzelfall differenzierende Kostenbeteiligung seien. Darüber hinaus wird in dieser Entscheidung Bezug genommen auf eine Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur vom 15. September 2008 (ABL. S. 396 ff) und festgestellt, dass das Land ausweislich dieser Verwaltungsvorschrift als regelmäßige Voraussetzung für eine Förderung durch das Land die Förderung durch den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe von immerhin mindestens 40 % der Kosten vorsehe. Die Kammer teilt diesen Ansatz des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz jedenfalls insoweit, als es als Kriterium für die Höhe der Beteiligung neben der Dringlichkeit der Schaffung neuer Kindergartenplätze auch die Finanzkraft des Trägers der Einrichtung ansieht und die Finanzkraft des Beklagten keine Bedeutung hat. Aus den gesetzlichen Bestimmungen des Kindertagesstättengesetzes sowie dessen Entstehungsgeschichte ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzlage des Trägers des Jugendamtes Einfluss auf die Höhe der Kostenbeteiligung haben könnte. Des Weiteren sieht § 15 Abs. 2 Satz 3 KitaG vor, dass bei Kindertagesstätten freier Träger die im Einzugsbereich liegenden Gemeinden zur Deckung der Kosten entsprechend ihrer Finanzkraft beitragen sollen. Hierdurch bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Finanzkraft einer Kommune, die Trägerin einer Kindertagesstätte ist, ein Gesichtspunkt für die Angemessenheit der in Streit stehenden Kostenbeteiligung ist. Ebenso wird die Berücksichtigung der Finanzkraft des örtlichen Trägers einer Kindertagesstätte im Zusammenhang mit der Finanzierung von Kindertagesstätten in § 12 Abs. 6 Satz 2 KitaG erwähnt. Angesichts dieser gesetzlichen Systematik ist die Finanzkraft des örtlichen Trägers der Kindertagesstätte, nicht aber die des Trägers der Jugendhilfe für die Bemessung des streitgegenständlichen Anspruchs von Bedeutung. Unter dem Begriff der Finanzkraft in diesem Sinne sind wiederum die finanziellen Möglichkeiten zu verstehen, die eine Kommune zur Bewältigung ihrer Pflichtaufgaben und ihrer freiwilligen Aufgaben hat. Die Finanzkraft hängt somit von der kommunalen Finanzausstattung ab, die ein Saldo aus Einnahmen und Abschöpfungen ist. Auf der Einnahmenseite tragen zur Finanzausstattung – neben Entgelten für spezielle Leistungen – Einnahmen aus Steuern (sogenannte Steuerkraft) sowie ergänzende Zuweisungen aus Landesmitteln nach Maßgabe des kommunalen Finanzausgleichs bei; dem stehen in negativer Hinsicht Bestimmungen in den Finanzausgleichs- und anderen Gesetzen über Umlagen gegenüber, die den Gemeinden Finanzmittel zugunsten anderer – regelmäßig höherstufiger – Verwaltungsträger wieder entziehen, sei es zugunsten der Kreise (Kreisumlage), sei es zugunsten von anderen Gemeindeverbänden (wie die Verbandsgemeindeumlage) oder sei es wie bspw. die Gewerbesteuerumlage zugunsten von Land oder Bund (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – 8 C 1/12 –, juris, Rn. 12). Von daher ist die Bestimmung der Finanzkraft einer Kommune Schwankungen unterzogen, die auch von zukünftigen Entwicklungen und Planungen abhängt.

Darüber hinaus erachtet die Kammer in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht Trier (a.a.O.; siehe auch Hötzel/Baader/Flach/Lerch/Zwick, Kindertagesstättengesetz Rheinland-Pfalz, Kommentar, in Praxis der Kommunalverwaltung, Band G 2, Stand 2015, § 15 KitaG, Erläuterungen Ziffer 3) für Gemeinden, die über keine überdurchschnittliche Finanzkraft verfügen, eine Förderung von mindestens 40 % der zuwendungsfähigen Kosten für angemessen. Hierzu hat dieses Gericht ausgeführt: „Schließlich bietet die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen vom 12. Dezember 2013 (Gewährung von Zuwendungen aus dem Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung“ 2013-2014 sowie Gewährung von Landeszuwendungen zu den Bau- und Ausstattungskosten von Kindertagesstätten: MinBl 2014, 13) für die Beurteilung der „angemessenen“ Kostenbeteiligung im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 2 KitaG eine Orientierung. Diese sieht als Voraussetzung für eine Förderung des Landes bezüglich der Tagesbetreuung von Schulkindern einen Zuschuss zu den Bau- und Ausstattungskosten durch den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Höhe von 40 v. H. der Kosten vor (Ziffer 2.1). Die Vorgängerregelung sah für Kinder unter drei Jahren eine vergleichbare Regelung vor. Da der örtliche Jugendhilfeträger die Gewährung der Landesbeteiligung nicht gefährden darf, ist auch mit dieser Vorgabe eine Orientierung für die eigene Beteiligung gesetzt.“ Die Kammer hält diese Beurteilung angesichts der gemeinsamen Verpflichtung, die der Beklagte als Träger der Jugendhilfe und die Klägerin als örtlicher Träger der Kindertagesstätten für die Bewältigung der Aufgaben aus dem Bereich der Daseinsvorsorge haben, für zutreffend und auf den vorliegenden Fall für übertragbar, zumal sich aus den gesetzlichen Bestimmungen keine sonstigen Maßstäbe ergeben, mit deren Hilfe sich ein anderes Kostenverhältnis zwischen den Beteiligten begründen ließe.

VG Koblenz, 14.05.2021 – 1 K 499/20.KO

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