von Thomas Ax
• Darstellung der Rechtsgrundlagen nach der VgV und der UVgO
• Schadensersatzanspruch – Wann entsteht ein Schadensersatzanspruch? Wie wird der Schadensersatzanspruch geltend gemacht und durchgesetzt?
• Aufhebung der Aufhebung im Nachprüfungsverfahren
Rechtsgrundlagen
§ 63 VgV
Aufhebung von Vergabeverfahren
(1) Der öffentliche Auftraggeber ist berechtigt, ein Vergabeverfahren ganz oder teilweise aufzuheben, wenn
1kein Angebot eingegangen ist, das den Bedingungen entspricht,
2sich die Grundlage des Vergabeverfahrens wesentlich geändert hat,
3kein wirtschaftliches Ergebnis erzielt wurde oder
4andere schwerwiegende Gründe bestehen.
Im Übrigen ist der öffentliche Auftraggeber grundsätzlich nicht verpflichtet, den Zuschlag zu erteilen.
(2) Der öffentliche Auftraggeber teilt den Bewerbern oder Bietern nach Aufhebung des Vergabeverfahrens unverzüglich die Gründe für seine Entscheidung mit, auf die Vergabe eines Auftrages zu verzichten oder das Verfahren erneut einzuleiten. Auf Antrag teilt er ihnen dies in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit.
§ 48 UVgO
Aufhebung von Vergabeverfahren
(1) Der Auftraggeber ist berechtigt, ein Vergabeverfahren ganz oder teilweise aufzuheben, wenn
1kein Teilnahmeantrag oder Angebot eingegangen ist, das den Bedingungen entspricht,
2sich die Grundlage des Vergabeverfahrens wesentlich geändert hat,
3kein wirtschaftliches Ergebnis erzielt wurde oder
4andere schwerwiegende Gründe bestehen.
(2) Im Übrigen ist der Auftraggeber grundsätzlich nicht verpflichtet, den Zuschlag zu erteilen.
Amtliche Erläuterung
zu § 48 UVgO
Zu § 48 Aufhebung von Vergabeverfahren
§ 48 entspricht im Wesentlichen § 63 VgV und § 17 VOL/A. Von Nummer 1 erfasst sind einerseits Fälle, in denen alle eingereichten Teilnahmeanträge und Angebote nicht den inhaltlichen und formalen Anforderungen des Auftraggebers entsprechen, obwohl sie von an sich geeigneten und nicht ausgeschlossenen Bewerbern oder Bietern stammen. Erfasst sind aber auch solche Fälle, in denen die eingereichten Teilnahmeanträge und Angebote zwar den inhaltlichen und formalen Anforderungen des Auftraggebers genügen, aber ausschließlich von Unternehmen eingereicht wurden, die ungeeignet oder ausgeschlossen worden sind.
§ 14 VgV Wahl der Verfahrensart
(3) Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb oder im wettbewerblichen Dialog vergeben, wenn 5. im Rahmen eines offenen oder nicht offenen Verfahrens keine ordnungsgemäßen oder nur unannehmbare Angebote eingereicht wurden;
nicht ordnungsgemäß sind insbesondere Angebote, die nicht den Vergabeunterlagen entsprechen, nicht fristgerecht eingereicht wurden, nachweislich auf kollusiven Absprachen oder Korruption beruhen oder nach Einschätzung des öffentlichen Auftraggebers ungewöhnlich niedrig sind;
unannehmbar sind insbesondere Angebote von Bietern, die nicht über die erforderlichen Qualifikationen verfügen, und Angebote, deren Preis die vor Einleitung des Vergabeverfahrens festgelegten und dokumentierten eingeplanten Haushaltsmittel des öffentlichen Auftraggebers übersteigt;
der öffentliche Auftraggeber kann in diesen Fällen von einem Teilnahmewettbewerb absehen, wenn er in das Verhandlungsverfahren alle geeigneten Unternehmen einbezieht, die form- und fristgerechte Angebote abgegeben haben.
(4) Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben,
1. wenn in einem offenen oder einem nicht offenen Verfahren keine oder keine geeigneten Angebote oder keine geeigneten Teilnahmeanträge abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert werden;
ein Angebot gilt als ungeeignet, wenn es ohne Abänderung den in den Vergabeunterlagen genannten Bedürfnissen und Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers offensichtlich nicht entsprechen kann;
ein Teilnahmeantrag gilt als ungeeignet, wenn das Unternehmen aufgrund eines zwingenden oder fakultativen Ausschlussgrunds nach den §§ 123 und 124 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auszuschließen ist oder ausgeschlossen werden kann oder wenn es die Eignungskriterien nicht erfüllt,
Grundlage des Vergabeverfahrens wesentlich geändert
Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VgV ist der öffentliche Auftraggeber berechtigt, ein Vergabeverfahren ganz oder teilweise aufzuheben, wenn sich die Grundlage des Vergabeverfahrens wesentlich geändert hat. Anerkannt ist, dass die Änderung erst nach Einleitung des Vergabeverfahrens, d. h. nach Bekanntmachung, eingetreten sein darf. Zudem ist anerkannt, dass die Änderungen zum Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens nicht vorhersehbar gewesen sein durften. Dies gilt insbesondere für die Änderung des definierten Beschaffungsbedarfs. VK Nordbayern, Beschluss vom 06.07.2022 – RMF-SG21-3194-7-16
Tatsachen, die erst nach Versendung der Verdingungsunterlagen eingetreten sind
Soweit eine Ausschreibung aufgehoben werden kann, wenn die Vergabeunterlagen grundlegend geändert werden müssen, kann dieser Aufhebungsgrund nur auf Tatsachen gestützt werden, die erst nach Versendung der Verdingungsunterlagen eingetreten oder dem Auftraggeber bekannt geworden sind, ohne dass eine vorherige Unkenntnis auf mangelhafter Vorbereitung beruht. Bei der Aufhebungsentscheidung ist die Heranziehung von Gründen, die dem Auftraggeber bekannt waren und/oder mit deren Vorliegen oder Eintritt er bei der Vergabeentscheidung rechnen musste, ausgeschlossen. Auch darf der öffentliche Auftraggeber den Aufhebungsgrund nicht selbst schuldhaft herbeigeführt haben. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.08.2023 – Verg 3/23
Eine wesentliche Änderung der Grundlage des Vergabeverfahrens liegt vor, wenn sich die Rahmenbedingungen für bzw. die Anforderungen an die Leistungserbringung für Auftraggeber bzw. Bieter unvorhergesehen erheblich verändern und eine Fortführung des Vergabeverfahrens daher nicht mehr möglich bzw. zumutbar ist. VK Bund, Beschluss vom 07.05.2020 – VK 2-31/20. Die pandemische Verbreitung des neuartigen Coronavirus ab Januar 2020 ist ein weder dem öffentlichen Auftraggeber zurechenbares noch vorhersehbares Ereignis. VK Bund, Beschluss vom 07.05.2020 – VK 2-31/20
Änderungen der Finanzierungsgrundlagen
Änderungen der Finanzierungsgrundlagen stellen einen rechtmäßigen Aufhebungsgrund im Vergabeverfahren dar, wenn Haushaltsmittel durch unvorhergesehene Ereignisse überraschend gekürzt oder ganz zurückgezogen werden. VK Bund, Beschluss vom 07.05.2020 – VK 2-31/20
Kein wirtschaftliches Ergebnis erzielt
Ein Vergabeverfahren kann aufgehoben werden, wenn kein wirtschaftliches Ergebnis erzielt wurde. VK Rheinland, Beschluss vom 23.04.2019 – VK 6/19 Voraussetzung für die Aufhebung ist, dass auch das wirtschaftlichste Angebot erheblich über dem Preis liegt, der nach einer ordnungsgemäßen Schätzung des Auftragswerts ermittelt worden ist. VK Bund, Beschluss vom 05.03.2021 – VK 1-124/20 Voraussetzung ist, dass der Auftraggeber eine Kostenschätzung vorgenommen hat, anhand derer er die Wirtschaftlichkeit der eingegangenen Angebote prüfen kann. VK Rheinland, Beschluss vom 23.04.2019 – VK 6/19 Die Kostenschätzung muss auf ordnungsgemäß und sorgfältig ermittelten Grundlagen beruhen. Es sind Methoden zu wählen, die ein wirklichkeitsnahes Schätzergebnis ernsthaft erwarten lassen. VK Rheinland, Beschluss vom 23.04.2019 – VK 6/19 Den geschätzten Kosten muss ein ganz beträchtlicher Aufschlag (“Puffer”) hinzugefügt werden, da es sich bei der Kostenschätzung um einen Vorgang mit hohem Prognoseanteil handelt. In welcher Höhe dieser Aufschlag angesetzt wird, ist vom Einzelfall abhängig. VK Rheinland, Beschluss vom 23.04.2019 – VK 6/19 Wann ein vertretbar geschätzter Auftragswert so “deutlich” überschritten ist, dass eine sanktionslose Aufhebung der Ausschreibung gerechtfertigt ist, lässt sich nicht durch allgemein verbindliche Werte nach Höhe oder Prozentsätzen festlegen. Vielmehr ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. VK Rheinland, Beschluss vom 23.04.2019 – VK 6/19 Die Überschreitung der Kostenschätzung um das Doppelte ist grundsätzlich geeignet eine erhebliche Überschreitung anzunehmen. VK Bund, Beschluss vom 05.03.2021 – VK 1-124/20
Aufhebung eines einzelnen Loses eines auf mehrere Lose aufgeteilten Gesamtauftrags
Die Aufhebung eines einzelnen Loses eines auf mehrere Lose aufgeteilten Gesamtauftrags aus wirtschaftlichen Gründen ist grundsätzlich möglich. Dabei kann eine Unwirtschaftlichkeit i.S.d. § 63 Abs. 1 Nr. 3 VgV auch dann bejaht werden, wenn lediglich das aufgehobene/aufzuhebende Einzellos ein unwirtschaftliches Ergebnis ausweist. Nicht erforderlich ist, dass das Gesamtergebnis den geschätzten Gesamtauftragswert für die Leistung deutlich übersteigt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine losspezifische Kostenschätzung vorliegt. Für eine gesamtbetrachtende Sichtweise gibt die Gesetzessystematik des § 63 Abs. 1 Satz 1 VgV insgesamt keinen Anlass. VK Sachsen, Beschluss vom 21.08.2018 – 1/SVK/016-18
Bisherige Vergabeabsicht des Auftraggebers entscheidend beeinflusst
Ein schwer wiegender Grund besteht nur dann, wenn er die bisherige Vergabeabsicht des Auftraggebers entscheidend beeinflusst. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2022 – Verg 55/21 Berücksichtigungsfähig sind grundsätzlich nur solche Mängel, die die Durchführung des Verfahrens und die Vergabe des Auftrags selbst ausschließen. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2022 – Verg 55/21
Feststellung eines schwerwiegenden Grunds erfordert Interessenabwägung
Die Feststellung eines schwerwiegenden Grunds erfordert eine Interessenabwägung, für die die jeweiligen Verhältnisse des Einzelfalls maßgeblich sind. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2022 – Verg 55/21
Entscheidung über die Aufhebung des Vergabeverfahrens ist Ermessensentscheidung
Die Entscheidung über die Aufhebung des Vergabeverfahrens ist eine Ermessensentscheidung. Die Bieter haben daher Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung durch den Auftraggeber. VK Südbayern, Beschluss vom 29.05.2024 – 3194.Z3-3_01-24-8 Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung, die nachvollziehbar dokumentiert sein muss, sind die betroffenen Interessen in eine Abwägung einzustellen. Neben den Interessen des Auftraggebers sind daher insbesondere auch die Interessen der Bieter in die Abwägung mit einzubeziehen. VK Nordbayern, Beschluss vom 06.07.2022 – RMF-SG21-3194-7-16
Öffentlicher Auftraggeber ist grundsätzlich nicht zur Zuschlagserteilung verpflichtet
Ein öffentlicher Auftraggeber ist aufgrund eines einmal eingeleiteten Vergabeverfahrens grundsätzlich nicht zur Zuschlagserteilung verpflichtet. Auch dann, wenn kein in den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt, kann ein öffentlicher Auftraggeber von einem Vergabeverfahren Abstand nehmen. VK Berlin, Beschluss vom 09.09.2024 – VK B 1-39/23
Anders als die Zuschlagsentscheidung des öffentlichen Auftraggebers wirkt seine Aufhebungsentscheidung nicht als absolute, den Primärrechtsschutz ausschließende Zäsur, so dass die Aufhebungsentscheidung einer Kontrolle im Nachprüfungsverfahren unterzogen werden kann. VK Nordbayern, Beschluss vom 06.07.2022 – RMF-SG21-3194-7-16
Bereits erfolgte Submission schließt eine Fehlerkorrektur nicht aus
Stellt ein öffentlicher Auftraggeber vor Zuschlagserteilung einen erheblichen Fehler in den Vergabeunterlagen fest, ist er zu einer Fehlerkorrektur berechtigt. Eine bereits erfolgte Submission schließt eine Fehlerkorrektur nicht aus. VK Lüneburg, Beschluss vom 15.12.2020 – VgK-46/2020
Eine Zurückversetzung kann nicht voraussetzungslos ohne nachteilige Rechtsfolgen erfolgen. Zumindest orientieren sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Wirksamkeit und die Rechtmäßigkeit einer Zurückversetzung an den Vorgaben zur Aufhebung. VK Lüneburg, Beschluss vom 15.12.2020 – VgK-46/2020
Bei Aufhebung eines Vergabeverfahrens ist zwischen der Wirksamkeit und der Rechtmäßigkeit der (Teil-)Aufhebungsentscheidung öffentlicher Auftraggeber zu unterscheiden
Bei der rechtlichen Überprüfung einer vollständigen oder auch nur teilweisen Aufhebung eines Vergabeverfahrens ist zwischen der Wirksamkeit und der Rechtmäßigkeit der (Teil-)Aufhebungsentscheidung öffentlicher Auftraggeber zu unterscheiden. VK Berlin, Beschluss vom 09.09.2024 – VK B 1-39/23 Nur in Ausnahmefällen kann ein Anspruch auf Fortsetzung des Vergabeverfahrens angenommen werden. Das ist der Fall, wenn der öffentliche Auftraggeber für seine Aufhebungsentscheidung keinen sachlichen Grund vorweisen kann und sie deshalb willkürlich ist oder wenn die Aufhebung bei fortbestehender Beschaffungsabsicht nur zu dem Zweck erfolgt, Bieter zu diskriminieren. VK Berlin, Beschluss vom 09.09.2024 – VK B 1-39/23 Die Aufhebung einer Aufhebungsentscheidung kann dann veranlasst sein, wenn ein sachlich gerechtfertigter Grund fehlt und die Entscheidung sich daher als willkürlich darstellt oder der öffentliche Auftraggeber das ihm hinsichtlich der Entscheidung über die Verfahrensaufhebung zustehende Ermessen nicht oder fehlerhaft ausgeübt hat. VK Südbayern, Beschluss vom 29.05.2024 – 3194.Z3-3_01-24-8 Willkürlich ist ein Verwaltungshandeln dann, wenn es unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass es auf sachfremden Erwägungen beruht. Willkür liegt vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in eklatanter Weise missdeutet wird. VK Südbayern, Beschluss vom 29.05.2024 – 3194.Z3-3_01-24-8 Unabhängig davon, ob ein Aufhebungsgrund vorliegt, kann ein öffentlicher Auftraggeber von einem Vergabeverfahren grundsätzlich Abstand nehmen. VK Bund, Beschluss vom 13.06.2022 – VK 2-52/22 Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn die Aufhebung der Ausschreibung aufgrund Fehlens eines sachlich gerechtfertigten Grunds willkürlich ist oder wenn die Aufhebung bei fortbestehender Beschaffungsabsicht nur zum Schein und tatsächlich zu dem Zweck erfolgt, einen Bieter gezielt zu diskriminieren. VK Bund, Beschluss vom 13.06.2022 – VK 2-52/22 Die Korrektur von Vergaberechtsfehlern ist ein sachlicher Aufhebungsgrund, wenn eine Manipulation des Vergabeverfahrens hierdurch ausgeschlossen ist. Das gilt insbesondere auch für Aufhebungen, die nach unzureichender Bekanntmachung der Eignungskriterien eine regelrechte Eignungsprüfung der Bieter ermöglichen sollen. VK Bund, Beschluss vom 13.06.2022 – VK 2-52/22.
Vergabekammer kann nicht das Ermessen über die Aufhebung eines Vergabeverfahrens anstelle des Auftraggebers ausüben
Die Vergabekammer kann das Ermessen über die Aufhebung eines Vergabeverfahrens nicht anstelle des Auftraggebers ausüben und demzufolge auch keine möglicherweise bestehenden anderen Begründungsansätze für eine zumindest wirksame Aufhebung des Verfahrens heranziehen. Dies ist Aufgabe des öffentlichen Auftraggebers. VK Südbayern, Beschluss vom 29.05.2024 – 3194.Z3-3_01-24-8
BGH, Urteil vom 08.12.2020, XIII ZR 19/19
Das Nichtvorliegen eines in den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannten Aufhebungsgrunds führt zu auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzansprüchen der Bieter, die möglicherweise infolge der Aufhebung oder Zurückversetzung vergeblich ein Angebot erstellt haben oder ein vollständig neues und erneut kostenaufwändiges Angebot erstellen müssen. Eine vergaberechtswidrige Aufhebung begründet einen Anspruch des Klägers auf Ersatz des negativen Interesses, d.h. der Angebotsbearbeitungskosten. Hier fallen im wesentlichen Personalkosten bei Angebotserstellung an. Solche Kosten kann der leer ausgegangene Bieter ohne Weiteres ersetzt verlangen. Er muss dazu nicht nachweisen, dass er seine Mitarbeiter anderweitig hätte einsetzen können und dadurch Einnahmen erwirtschaftet hätte, die ihm nun entgangen sind. Die vom Bieter eingesetzte Arbeitskraft hat typischerweise einen Marktwert und ist daher bei wertender Betrachtung vom Schadensersatz nicht auszugrenzen. Entgangenen Gewinn kann ein Bieter aber nur beanspruchen, wenn der Zuschlag im laufenden Vergabeverfahren an den falschen Bieter erteilt wird. Dasselbe gilt, wenn der AG die Ausschreibung grundlos aufhebt und denselben Auftrag danach an einen anderen Bieter vergibt, obwohl dieser ihn im aufgehobenen Verfahren nicht hätte erhalten können. Der AG muss nach Ansicht des BGH die Ausschreibung in der Absicht aufgehoben haben, den Auftrag an einen anderen Bieter vergeben zu können.
… selbst wenn man als AG ein Vergabeverfahren rechtswidrig aufhebt, kann man praktisch immer den Schadensersatz des Bestbieters auf das positive Interesse vermeiden, solange nicht belegt werden kann, dass die Aufhebung nur dazu diente, diesen Bestbieter nicht beauftragen zu müssen?