von Thomas Ax
Vergeben wird die bezuschusste Betriebsträgerschaft für eine Kindertagesstätte.
Die Besonderheit:
Besteht darin, dass es sich um kein Vergabeverfahren gemäß VgV oder UVgO handelt, vielmehr soll die Trägerschaft als sogenannte Dienstleistungskonzession vergeben werden.
Die Interessenten können ihre Angebote jederzeit zurückziehen, jedoch für ihre Beteiligung an dieser Interessenbekundung keine Kosten geltend machen.
Alle Bewerber in diesem Verfahren werden als unbekannt behandelt, auch wenn diese möglicherweise aus anderen Zusammenhängen bekannt sein sollten.
Hintergrund ist:
Kommunen erleben einen deutlichen Zuzug und damit eine deutliche Steigerung der Einwohnerzahlen und damit verbunden auch der Kinder und Jugendlichen. Die Vergabe von Betriebsträgerschaften kann vereinfacht mittels Interessenbekundungsverfahren erfolgen.
Grundsätzliche Teilnahmebedingungen und Anforderungen an die Einrichtungen sind:
Der Betrieb der Kindertageseinrichtungen erfolgt nach SGB VIII und jeweiligem KiTaG. Die neuen Einrichtungen bedürfen einer Betriebserlaubnis gemäß § 45 SGB VIII. Die Entgelte und Betreuungszeiten sind entsprechend der jeweils gültigen Gebührenordnung der jeweiligen Kommune anzusetzen und sind vom Träger einzuziehen. Die Anerkennung der geltenden Zuschussrichtlinien der jeweiligen Kommune zur Förderung von Kindergärten und anderen Tageseinrichtungen. Die verbindliche Anwendung der Vormerkliste der Kommune und die Aufnahme von Kindern nach den festgelegten Kriterien zur Platzvergabe. Der Träger ist für die Einstellung, Eingruppierung und Bezahlung des Personals zuständig. Mitarbeitende dürfen nicht über- oder untertariflich entlohnt werden. Es findet der TVöD (in Anlehnung) Anwendung.
Vorteil: Die Auswahl von Betriebsträgerschaften für bezuschusste Kindertagesstätten erfolgt transparent und gleichbehandelnd. Trägervielfalt wird ermöglicht. Die Qualität des Angebotes wird entwickelt.
Wann passt das Verfahren? Das Interessenbekundungsverfahren wird angewandt bei Kindertageseinrichtungen. Erfolgt der KiTa-Neubau auf einem nicht trägereigenen Grundstück, kommt es zum Interessensbekundungsverfahren. Es kommt auch dann zu einem Verfahren, wenn z.B. ein Investor das Grundstück mitbringt und eine Präferenz für einen bestimmten Träger hat. Wird eine KiTa auf einem Grundstück des Trägers neu errichtet, gibt es kein Interessenbekundungsverfahren. Dieses gilt auch dann, wenn es sich um ein Investorenmodell handelt.
Grundlage für die Ausschreibung der Betriebsträgerschaft sind:
Die Bedarfsfeststellung der Kommune und der Finanzierungsrahmen. Darauf basierend wird ein Anforderungsprofil erstellt, das die Zielvorgaben für die Einrichtung enthält. Dieses wird von der fachlich zuständigen Verwaltung erstellt.
Wie läuft das Verfahren ab?
In der Ausschreibung werden Zweck, Anforderungen an die Einrichtung sowie die Auswahlkriterien benannt. Die Ausschreibung erfolgt öffentlich. Sie wird über die ortsübliche Bekanntmachung und durch direkte Bewerbungsaufforderung in der Fachöffentlichkeit/ den Trägern der freien Jugendhilfe bekanntgegeben. Ein Kriterienkatalog und erforderliche Bewerbungsunterlagen zum Trägerauswahlverfahren werden zur Verfügung gestellt. Die Bewerbung hat ein inhaltliches Konzept, eine Leistungsbeschreibung, ein Finanzierungs- und Organisationskonzept sowie Aussagen zur Kooperationsbereitschaft zu umfassen.
Die Verwaltung nimmt eine Bewertung der Angebote nach den Kriterien Referenzen, Fachlichkeit, Wirtschaftlichkeit und Pluralität sowie Eignung der Träger vor. Das Ergebnis wird dem zuständigen politischen Gremium zur Entscheidung vorgelegt. Der Gemeinderat trifft seine Entscheidung auf der Grundlage des Verwaltungsvorschlags. Bei Bewerbungen entscheidet eine Bewertungskommission. Der zukünftige Träger verpflichtet sich zum Abschluss eines Betriebsführungsvertrages. Ebenso verpflichtet sich der Träger auf die von der Kommune für alle städtisch bezuschussten Einrichtung geltenden Regelungen.
Der Träger schließt mit dem Vermieter einen Mietvertrag in Höhe der zugrunde liegenden Mietpreiskalkulation ab. Ein Mietzuschuss wird vorbehaltlich der Zustimmung der Kommune gewährt. Beurteilt wird die Übereinstimmung zwischen Anforderungsprofil und Bewerbungsprofil. Der Träger muss die fachlichen Voraussetzungen für die Maßnahme erfüllen, die Gewähr für eine zweckentsprechende und wirtschaftliche Verwendung der Mittel bieten, die erforderliche Leistung erbringen und die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit leisten.
Durch die gesetzlichen Vorgaben des Kindertagesbetreuungsgesetzes (KiTaG) und des Sozialgesetzbuchs (SGB VIII §§ 22 ff) müssen Träger hohe Anforderungen im Rahmen der Kindertagesbetreuung erfüllen. Die Kenntnis der Anforderungen an frühkindliche Pädagogik, das Vorhalten von qualifizierter Fachberatung und die Flexibilität zwischen mehreren Einrichtungen (z. B. Personalflexibilisierung bei Ausfallzeiten etc.) sind heute wichtige Voraussetzungen, um diese gesetzlichen Standards erfüllen zu können. Für den Betrieb einer Einrichtung ist das Vorhalten aktueller Referenzeinrichtungen deshalb ein wesentliches Kriterium.
Grundlage der Überprüfung der Fachlichkeit sind:
die einschlägigen gesetzlichen Anforderungen, die Kooperationserfordernisse mit der Kommune und das Anforderungsprofil für die Einrichtung. Die Fachlichkeit bestimmt sich aufgrund des Rahmenkonzeptes der Einrichtung, der Leistungsbeschreibung und der Organisationsstruktur sowie der Aussagen zu den qualitätssichernden Maßnahmen.
Die Fachlichkeit wird differenziert bewertet nach den Bereichen:
a) Rahmenkonzept für die Einrichtung,
b) Leistungsbeschreibung,
c) Organisationsstruktur und qualitätssichernde Maßnahmen.
Rahmenkonzept für die Einrichtung:
Hier werden Aussagen zu folgenden Punkten getroffen:
– Darstellung der Kompetenzen, Werthaltungen und Schwerpunkte des Trägers;
– Konzeptionelle Schwerpunkte der Einrichtung (schwerpunktmäßige Ausrichtung der Angebote und Leistungen der Einrichtung);
– Aussagen zu Querschnittsaufgaben (beispielsweise interkultureller Ansatz, geschlechtsdifferenzierter Arbeitsweise, Partizipation sowie Inklusion von Kindern mit Behinderung);
– Herstellung von Bezügen zu regionalen Gegebenheiten des Einzugsbereichs (Sozialraumorientierung) und zu Lebenslagen der Zielgruppen.
Die Leistungsbeschreibung:
zeigt auf, mit welchen qualitativen Standards und in welchem Umfang (quantitative Standards) die Leistungen der Einrichtung angeboten werden sollen. Ebenso die Darstellung der Kooperationsbereitschaft mit der Kommune.
Organisationsstruktur und qualitätssichernde Maßnahmen:
Im Gegensatz zum Rahmenkonzept für die Einrichtung im engeren Sinne, das sich auf das unmittelbare Tätigkeitsfeld bezieht, soll mit der Darstellung der Organisationsstruktur und den qualitätssichernden Maßnahmen die Umsetzung der Leistungen überprüft werden. Hierzu gehören Fragen nach der Personalstruktur und -entwicklung, der Aufbaustruktur und des Managements, nach dem Aufbau der Organisation und nach dem Qualitätsmanagement.
Besonderer Wert wird auf das Vorhandensein von Qualitätsmanagementverfahren gelegt. Die Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung müssen dokumentiert und nach innen und außen transparent und an geltenden wissenschaftlichen Standards orientiert sein. Vom zukünftigen Träger ist ausreichend darzulegen, dass die Voraussetzungen zur Erteilung einer Betriebserlaubnis der jeweiligen Kindertageseinrichtung gemäß § 45 SGB VIII erbracht und die genannten Bedingungen erfüllt werden.
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit:
Die Kommune vergibt die Trägerschaft an Träger, welche sich den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verpflichten.
– Sparsamkeit
Nach dem Grundsatz der Sparsamkeit sind einzusetzende Mittel auf den zur Erfüllung der Aufgaben unbedingt notwendigen Umfang zu beschränken.
– Wirtschaftlichkeit
Bei allen Maßnahmen ist die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln anzustreben (Ökonomisches Prinzip). Dazu muss versucht werden, ein bestimmtes Ergebnis mit einem möglichst geringen Mitteleinsatz (Minimalprinzip) oder mit einem bestimmten Mitteleinsatz das bestmögliche Ergebnis (Maximalprinzip) zu erzielen.
Zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit hat der Bewerber einen Kosten- und Finanzierungsplan zu erstellen. Eigenmittel, evtl. Drittmittel und ggfls. eigene Ressourcen sind auszuweisen. Soweit zutreffend, sind Investitionen und laufende Kosten pro Platz darzulegen. Dabei ist sicherzustellen, dass die Voraussetzungen für staatliche oder sonstige Förderung erfüllt sind. Es muss deutlich gemacht werden, mit welchem Mitteleinsatz (Sach- und Personalkosten) welche Leistungen erbracht werden können.
Pluralität
Die Kommune fördert die Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertorientierung und die Vielfalt von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen. Diese unterstützen das Wunsch- und Wahlrecht für die Familien. Im Rahmen der Bedarfsplanung ist die Pluralität der Trägerstruktur von wesentlicher Bedeutung. Deshalb können Träger mit besonderen konzeptionellen Schwerpunkten, die noch nicht im Planungsraum vertreten sind, bewusst berücksichtigt werden.
Tarifbindung
Eine Vergabe von Betriebsträgerschaften ist nur möglich, wenn die Beschäftigten in Anlehnung an die Bestimmungen des jeweils für die Kommune gültigen Tarifwerkes angestellt werden.
Verbindlichkeit der zugesicherten Eigenschaften des Trägers und der Einrichtung
Insofern die vom Träger dargestellten Aussagen der Bewerbung zu obigen Punkten Ausgangspunkt für die Betriebsträgerschaftsvergabe sind, bilden sie eine verbindliche Grundlage einer späteren Förderung auf vertraglicher Grundlage.
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