Ax Vergaberecht

Ax Projects: Sichere Handhabung eines bei der Vorbereitung von Vergabeverfahren vergaberechtlich relevanten Informationsaustauschs

von Thomas Ax

Sofern bei der Vorbereitung von Vergabeverfahren vergaberechtlich relevanter Informationsaustausch stattgefunden hat oder vertragliche Leistungen beauftragt wurden, ist sicherzustellen, dass in der folgenden Phase (Realisierungsphase: Durchführung des Vergabeverfahrens) der Wettbewerb durch die vorherige Zusammenarbeit nicht verfälscht wird.

1. Potenzielle Wettbewerbsverzerrung infolge des Projektantenstatus

Als Projektant gilt ein „vorbefasstes Unternehmen“. Vorbefasst ist, wer auf Grund einer vorhergehenden Beratung des öAG oder auf andere Art und Weise an der Vorbereitung eines Vergabeverfahrens beteiligt war.

Üblich, jedoch nicht zwingend, ist, dass die Vorbereitungshandlung auf vertraglicher Basis erfolgt ist.

Unproblematisch ist dies mit Blick auf das spätere Vergabeverfahren dann, wenn das unterstützende Unternehmen die Leistung, deren Einkauf es beratend unterstützen soll, nicht selbst am Markt anbietet bzw. anbieten möchte. In der Regel ist jedoch der benötigte qualifizierte Sachverstand gerade bei solchen Unternehmen vorhanden, die die Leistung auch selbst anbieten.

Die Teilnahme eines Unternehmens am Vergabeverfahren, welches den Auftraggeber bereits in dessen Vorfeld beraten oder unterstützt hat, kann jedoch zu einer erheblichen Wettbewerbsverzerrung führen. Grund hierfür ist, dass ein solches Unternehmen in der Regel die an die ausgeschriebene Leistung gestellten Anforderungen besser beurteilen und sein Angebot deshalb leichter an die Bedürfnisse des Auftraggebers anpassen kann als andere, vorher unbeteiligte Unternehmen (Informationsvorsprung). Zudem kann es ggf. schneller anbieten (Zeitvorsprung). Ein Wettbewerbsvorteil kann ferner daraus resultieren, dass ein Projektant den Gegenstand und die Bedingungen des Auftrags mit Blick auf seine eigene spätere Bieterstellung beeinflusst hat (Bedarfsbestimmung).

Dabei ist nicht nur die Teilnahme am Vergabeverfahren des vorbefassten Unternehmens selbst entscheidend, sondern die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung kann sich auch bei rechtlichen, wirtschaftlichen oder personellen Verflechtungen zwischen einem Projektanten und einem am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen ergeben.

Gleichwohl ist die Teilnahme eines Projektanten am Vergabeverfahren nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) grundsätzlich zulässig. Ein genereller Ausschluss wäre unverhältnismäßig und damit gemeinschaftswidrig. Entscheidend ist daher, ob sich aus der Vorbefasstheit eines Unternehmens tatsächlich ein Wettbewerbsvorteil ergibt bzw. ob dieser nicht durch geeignete Maßnahmen ausgeglichen werden kann (vgl. § 124 Abs. 1 Nr. 6 GWB). Dies ist von der zuständigen Vergabestelle zu prüfen.

2. Maßnahmen zur Vermeidung der Wettbewerbsverzerrung

Eine potentielle Ungleichbehandlung kann dadurch vermieden werden, dass durch den öAG angemessene Maßnahmen zum Informationsausgleich getroffen werden. Diese müssen geeignet sein, sicherzustellen, dass der spätere Wettbewerb durch die Teilnahme des vorbefassten Unternehmens nicht verzerrt wird. Maßnahmen zum Informationsausgleich umfassen insbesondere:

  • vor dem Beginn des Vergabeverfahrens: zeitnahe Transparentmachung aller relevanten Ergebnisse, Studien und Informationen, soweit der Veröffentlichung nicht der Vertraulichkeitsschutz und/oder besondere sicherheitsrelevante Gründe entgegenstehen;
  • bei Durchführung des Vergabeverfahrens: Unterrichtung der anderen am Vergabeverfahren teilnehmenden Unternehmen in Bezug auf die einschlägigen Informationen, die im Zusammenhang mit der Einbeziehung des vorbefassten Unternehmens in der Vorbereitung des Vergabeverfahrens ausgetauscht wurden oder daraus resultieren. Dies gilt nicht für Informationen, die dem Vertraulichkeitsschutz unterliegen und deshalb nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen.

Anhand der gefertigten Protokolle (insb. Anlagen 1 und 2), Dokumentationen, Ausschreibungsunterlagen etc. muss die Vergabestelle prüfen, ob eine Wettbewerbsverzerrung eingetreten ist und falls ja, welche Informationen im Vergabeverfahren bekannt zu geben sind (Vorteilsausgleich). Dabei ist ggf. zu beachten, dass nicht weitergabefähige, vertrauliche Hintergrundinformationen außen vor bleiben müssen.

Insbesondere folgende Maßnahmen stehen zum Vorteilsausgleich zur Verfügung:

  • Eindeutige, erschöpfende, produkt-/herstellerneutrale Leistungsbeschreibung,
  • Informationsgleichstand herstellen in Bezug auf (1) eigene Informationen des öAG und (2) „einschlägige“ Informationen, die im Rahmen einer Vorbefassung ausgetauscht wurden oder daraus resultieren (z.B. Konzeptstudien, Ergebnisberichte, Entwurfsplanung),
  • Aufnahme sämtlicher wettbewerbsrelevanter Informationen in die Vergabeunterlagen,
  • Ausgleich eines Zeitvorsprungs durch Bemessung ausreichender Fristen (z.B. für den Eingang der Angebote und Teilnahmeanträge),
  • U.U. Ortsbesichtigung für die Teilnehmer (Möglichkeit zur Besichtigung des Bezugsobjekts beim öAG) sowie
  • „Gutbuchen“ bestimmter Preisvorteile in der Angebotsauswertung zugunsten eines Wettbewerbsbenachteiligten (Einzelfallentscheidung).

3. Bieterausschluss

Nur falls im Einzelfall keine der genannten Maßnahmen einen bestehenden Wettbewerbsvorteil des vorbefassten Unternehmens ausgleichen kann, ist dieses Unternehmen zur Vermeidung einer Wettbewerbsverzerrung grds. vom Vergabeverfahren auszuschließen (vgl. § 124 Abs. 1 Nr. 6 GWB).

Vor dem Ausschluss muss die Vergabestelle dem vorbefassten Unternehmen die Gründe für den Ausschluss schriftlich mitteilen. Da der Ausschluss eines Bieters nur als „ultima ratio“ in Betracht kommt, muss dem möglicherweise auszuschließenden Unternehmen vor dem Ausschluss die Möglichkeit gegeben werden, nachzuweisen, dass eine Beteiligung an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens den Wettbewerb nicht verzerren kann bzw. konnte (§ 124 Abs. 1 Nr. 6 GWB, § 5 Abs. 3 UVgO).

Ax Vergaberecht
Datenschutz-Übersicht

Diese Website verwendet Cookies, damit wir dir die bestmögliche Benutzererfahrung bieten können. Cookie-Informationen werden in deinem Browser gespeichert und führen Funktionen aus, wie das Wiedererkennen von dir, wenn du auf unsere Website zurückkehrst, und hilft unserem Team zu verstehen, welche Abschnitte der Website für dich am interessantesten und nützlichsten sind.