von Thomas Ax
Im Streit steht häufig die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Bietergemeinschaften. Ausgeschlossen werden Angebote von Bietern, die in Bezug auf die Vergabe eine unzulässige wettbewerbsbeschränkende Abrede getroffen haben oder gegen Wettbewerbsregeln verstoßen. Ob ein Verstoß gegen das Kartellrecht vorliegt, ist inzident im Rahmen der vergaberechtlichen Anknüpfungsnorm zu prüfen. Die Bildung einer Bietergemeinschaft und Abgabe eines gemeinsamen Angebots kann gegen § 1 GWB und Art. 101 AEUV verstoßen, wenn sie eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt (Oberlandesgericht Düsseldorf Senat, Beschluss v. 01.07.2015, VII-Verg 17/15, juris Rn. 13 mwN). Wettbewerbsrechtlich unbedenklich sind Bietergemeinschaften zwischen konzernangehörigen Unternehmen, da diese gemäß § 36 Abs. 2 GWB als ein Unternehmen anzusehen sind (sog. Konzernprivileg, vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf Senat, Beschluss v. 29.07.2015, VII-Verg 5/15, juris Rn. 24), ebenso zwischen auf unterschiedlichen Märkten tätigen Unternehmen, wenn unter ihnen kein Wettbewerb besteht (Senat, Beschluss v. 17.02.2014, VII-Verg 2/14, juris Rn. 35 mwN).
Handelt es sich um Unternehmen, die auf demselben Markt tätig sind und zueinander in einem potentiellen Wettbewerbsverhältnis stehen, ist die Bildung einer Bietergemeinschaft wettbewerbsunschädlich, wenn
– die beteiligten Unternehmen jedes für sich zu einer Teilnahme an der Ausschreibung mit einem eigenständigen Angebot aufgrund ihrer betrieblichen und geschäftlichen Verhältnisse (z.B. mit Blick auf Kapazitäten, technische Einrichtungen und/oder fachliche Kenntnisse) nicht leistungsfähig sind und erst der Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft sie in die Lage versetzt, sich daran mit Erfolgsaussicht zu beteiligen (Fallgruppe 1), oder
– die Unternehmen für sich genommen zwar leistungsfähig sind (insbesondere über die erforderlichen Kapazitäten verfügen), Kapazitäten aufgrund anderweitiger Bindung aktuell jedoch nicht einsetzbar sind (Fallgruppe zwei), oder
– die beteiligten Unternehmen für sich genommen leistungsfähig sind, aber im Rahmen einer wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Entscheidung erst der Zusammenschluss ein erfolgversprechendes Angebot ermöglicht (Fallgruppe 3).
In den vorgenannten Fällen wird durch die Zusammenarbeit der Wettbewerb nicht nur nicht beschränkt, sondern aufgrund des gemeinsamen Angebots gestärkt (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf Senat, Beschluss v. 01.07.2015, VII-Verg 17/15, juris Rn. 14 mwN).
Die Entscheidung eines Unternehmens, sich als Mitglied einer Bietergemeinschaft an einer Ausschreibung zu beteiligen, unterliegt der Einschätzungsprärogative der beteiligten Unternehmen, die nur beschränkt auf die Einhaltung ihrer Grenzen kontrollierbar ist. Sie muss freilich auf objektiven Anhaltspunkten beruhen, deren Vorliegen uneingeschränkt zu überprüfen ist, so dass die Entscheidung zur Eingehung einer Bietergemeinschaft vertretbar erscheint (Senat, aaO, juris Rn. 16 mwN). Auf Aufforderung haben die beteiligten Unternehmen hierzu vorzutragen, um dem Auftraggeber eine gezielte kartellrechtliche Einzelfallprüfung zu ermöglichen (Oberlandesgericht Düsseldorf Senat, Beschluss v. 17.02.2014, VII-Verg 2/14, juris Rn. 36 mwN).
Die Bildung einer Bietergemeinschaft setzt überdies nicht voraus, dass die beteiligten Einzelunternehmen objektiv nicht in der Lage sind, sich alleine mit Erfolgsaussicht an der Ausschreibung zu beteiligen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf Senat, Beschluss v. 01.07.2015, VII-Verg 17/15, juris Rn. 14).
Wie bereits ausgeführt, sind auch solche Bietergemeinschaften zulässig, die wegen anderweitiger Bindung der Kapazitäten geschlossen werden und solche, bei denen – wie im Streitfall – die beteiligten Unternehmen oder einzelne Mitglieder der Bietergemeinschaft für sich genommen leistungsfähig sind, aber im Rahmen einer wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Entscheidung erst der Zusammenschluss ein erfolgversprechendes Angebot ermöglicht.
Auch die Zulassung von Bietergemeinschaften mit dem Ziel einer besseren Sortimentsabdeckung ist zulässig und steht nicht im Widerspruch zur Senatsentscheidung vom 17.02.2014 (VII-Verg 2/14). Es handelte sich dort um eine Einzelfallentscheidung, zudem eine solche nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB, vor dem Hintergrund, dass für die Verfahrensbeteiligten aufgrund ihrer damaligen rechtlichen Beratung keine Veranlassung und ebenso wenig Gelegenheit bestanden hat, zu den objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Zulässigkeit der Bietergemeinschaft vorzutragen (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 29.07.2015, VII-Verg 5/15, juris Rn. 36).