Ax Vergaberecht

Die Koalition plant das sogenannte „Tariftreuegesetz“-ein Zwischenruf

von Thomas Ax

Die Koalition plant das sogenannte „Tariftreuegesetz“. Beschäftigte in der Privatwirtschaft, die öffentliche Aufträge abarbeiten, sollen tarifvertraglich bezahlt werden. Unternehmen, die sich auf staatliche Aufträge ab 50.000 Euro bewerben, sollen tarifvertragliche Bedingungen, wie Tariflöhne, Weihnachtsgeld, Urlaubsansprüche, Ruhezeiten und Ruhepausenzeiten auch dann einhalten, wenn sie nicht tarifgebunden sind.

Probleme sind vorprogrammiert

Es gibt im Mittelstand und bei Start-ups viele Unternehmen ohne Tarifbindung. Tarifverträge gelten nur für knapp ein Viertel aller Unternehmen und etwa die Hälfte der Beschäftigten. Das Tariftreuegesetz will das ändern: Es soll auch für Subunternehmer gelten, allerdings nicht für Aufträge der Bundeswehr.

Bürokratie-Monster

Das Bundesarbeitsministerium will in einer Rechtsverordnung festlegen, welche Bedingungen für welche Aufträge sowie Branchen eingehalten werden müssen. Die Unternehmen müssen dokumentieren, dass sie sich bei der Durchführung des staatlichen Auftrags an die Tarifbedingungen halten und ihre Mitarbeiter über die Konditionen informieren. Nicht-tarifgebundene Unternehmen, die am Vergabeverfahren teilnehmen wollen, müssten stundengenaue Lohn-, Urlaubs- und Arbeitszeitabrechnungen in die Kalkulation einstellen und nachweisen.

Für den zusätzlichen bürokratischen Aufwand müssen neue, zusätzliche Kapazitäten im Unternehmen aufgebaut werden. Dies wäre extrem aufwendig, weshalb damit zu rechnen ist, dass sich noch weniger Betriebe auf staatliche Aufträge bewerben.

Verfassungsmäßigkeit zweifelhaft

Unternehmen, die sich – in der Regel aus Kostengründen – gegen eine Mitgliedschaft in einem Arbeitsgeberverband entscheiden und deshalb an Tarifverträgen auch nicht mitwirken, werden gezwungen, die Tarifvereinbarungen zu übernehmen. Dies stellt einen staatlichen Eingriff nicht nur in die Tarifautonomie, sondern auch in die unternehmerische Freiheit dar. Und das obwohl Unternehmer grundgesetzlich geschützt darin frei sind, innerhalb des gesetzlichen Rahmens (Mindestlohngesetz, Urlaubsgesetz, Arbeitszeitgesetz etc.) die Arbeitsbedingungen im Betrieb festzulegen. Der Eingriff ist erheblich, da das Auftragsvolumen öffentlicher Aufträge des Bundes bei jährlich immerhin knapp 40 Milliarden Euro liegt. Hinzu kommt das kreditfinanzierte „Sondervermögen“ für Infrastrukturmassnahmen in Höhe von 500 Milliarden Euro, das innerhalb von zwölf Jahren investiert werden soll.

Praktikabilität des Gesetzes zu bezweifeln

Die Einhaltung der Tarifbedingungen gilt nur für die Dauer des staatlichen Auftrags und nur für die Arbeitnehmer, die den Auftrag ausführen. Arbeitnehmer eines Betriebs werden zeitweise für gleiche Arbeit unterschiedlich entlohnt. Das stört den Betriebsfrieden und hat unnötige Arbeitsprozesse zur Folge. Wenn Mitarbeiter nur zum Teil an staatlichen Aufträgen arbeiten und zum Teil Privataufträge erledigen oder Mitarbeiter sich krankheitsbedingt vertreten, sind die Abrechnungen für den Arbeitgeber, insbesondere im Mittelstand, praktisch nicht leistbar. Es kommt hinzu, dass sie Tarifvertragsregelungen, die ihnen nicht vertraut sind, für jeden Arbeitnehmer gesondert anwenden müssen.

Überbordende Dokumentationspflichten

Erneut zeigt sich, dass den Unternehmen misstraut wird und Dokumentationspflichten einem Verstoß gegen das Gesetz vorbeugen bzw. ihn erschweren sollen. Pikanterweise handelt es sich hier auch noch um einen Vertragspartner der öffentlichen Hand, also um privatwirtschaftliches und nicht hoheitliches Handeln. Bei Zuwiderhandlung droht dem Unternehmen eine „Vertragsstrafe“, die es aber nicht etwa bei Schlechtleistung zahlen muss, sondern bei Verletzung von Arbeitnehmerschutzregeln. Der Staat vermischt hier Gemeinwohlinteressen und fiskalisches Handeln.

Es soll eine neue Behörde gegründet werden

Und on top soll eine neue Prüfstelle bei der Deutschen Rentenversicherung Bund errichtet werden. Reduzierung von Behörden und Aufgaben sowie Bündelung von Zuständigkeiten. Fehlanzeige!

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