Ax Vergaberecht

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Dringlichkeit und Risikobegrenzung als Begründung für eine Direktvergabe von Software

von Thomas Ax

Kommt es dem Auftraggeber mit Blick auf die Dringlichkeit und Risikobegrenzung zulässigerweise auf die Beschaffung einer bestehenden Software an, muss er einen über die programmtechnisch bereits vorgesehene und getestete Konfiguration hinausgehenden Eingriff in die Programmstruktur nicht hinnehmen.

Mit einer Umprogrammierung im Sinn eines Eingriffs in die Programmstruktur – und nicht lediglich einer programmtechnisch bereits vorgesehenen und getesteten Konfiguration des Systems – sind Risiken und Verzögerungen verbunden, zu deren Abschätzung sich der Auftraggeber nicht auf Angaben des Anbieters verweisen lassen muss (zur legitimen Risikobegrenzung siehe auch Willweber in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl., § 14 VgV (Stand: 22.04.2020), Rn. 99).

Auf eine vermeintliche Vergaberechtswidrigkeit der Direktvergabe kann sich ein Unternehmen dann nicht berufen, wenn die angebotene Software die zulässig gestellten zwingenden Anforderungen im Vergabezeitpunkt nicht erfüllte. Die vergaberechtliche Nachprüfung dient dem Schutz von Unternehmen vor Benachteiligung bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Deshalb können Unternehmen in dem Verfahren nur geltend machen, sie würden durch die konkrete Ausgestaltung des Vergabeverfahrens oder die Auswahlentscheidung in subjektiven Rechten verletzt und ihnen drohe dadurch ein Schaden. Eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle oder Überwachung des Handelns und der Entscheidungen öffentlicher Auftraggeber findet demgegenüber in diesem Rahmen nicht statt. Vielmehr genießt dann das Interesse an einer zügigen Beschaffung Vorrang. Deshalb muss – auch wenn die Antragsbefugnis als „Grobfilter“ bejaht wird – ein Nachprüfungsantrag letztlich ohne Erfolg bleiben, wenn sich im Rahmen einer eingehenden Prüfung auf Begründetheitsebene ergibt, dass der Antragsteller auf sein konkretes beziehungsweise potentielles Angebot einen Zuschlag zweifelsfrei gar nicht erhalten könnte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juni 2010 – VII-Verg 10/10 -; Blöcker in: Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB, 5. Aufl., § 168 Rn. 7 mwNachw.).

OLG Rostock, Beschluss vom 11.11.2021 – 17 Verg 6/21