von Thomas Ax
Nach § 122 Abs. 4 S. 2 GWB sind die Eignungskriterien in der Auftragsbekanntmachung aufzuführen. Nach § 48 Abs. 1 VgV ist in der Auftragsbekanntmachung neben den Eignungskriterien ferner anzugeben, mit welchen Unterlagen (Eigenerklärungen, Angaben, Bescheinigungen und sonstige Nachweise) Bewerber oder Bieter ihre Eignung gemäß den §§ 43 bis 47 und das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen zu belegen haben.
VK Südbayern, Beschluss vom 28.10.2019 – Z3-3-3194-1-32-09/19
Gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 VgV kann der Auftraggeber im Hinblick auf die technische und berufliche Leistungsfähigkeit der Bewerber oder Bieter Anforderungen stellen, die sicherstellen, dass die Bewerber oder Bieter über die erforderlichen personellen und technischen Mittel sowie ausreichende Erfahrung verfügen, um den Auftrag in angemessener Qualität ausführen zu können. Nach § 46 Abs. 3 S. 1 VgV kann der öffentliche Auftraggeber als Beleg der erforderlichen technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit des Bewerbers oder Bieters geeignete Referenzen über früher ausgeführte Liefer- und Dienstleistungsaufträge in Form einer Liste der in den letzten höchstens drei Jahren erbrachten wesentlichen Liefer oder Dienstleistungen verlangen. Bei der Bewertung der Referenzen steht dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Nachprüfungsinstanzen nur daraufhin überprüft werden kann, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten worden ist, der Auftraggeber die von ihm selbst aufgestellten Bewertungsvorgaben beachtet hat, der zugrundeliegende Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt worden ist, keine sachwidrigen Erwägungen angestellt worden sind und nicht gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßen worden ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9.07.2010 – VII-Verg 14/10).
VK Südbayern, Beschluss vom 28.10.2019 – Z3-3-3194-1-32-09/19
Der Beurteilungsspielraum ist überschritten, wenn der Auftraggeber bei der Ausschlussentscheidung Anforderungen an die Referenzen stellt, die sich der Vergabebekanntmachung (in Verbindung mit den Vergabeunterlagen) nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit entnehmen lassen. Die in der Auftragsbekanntmachung zu benennenden Nachweise zur Beurteilung der Eignung von Bietern müssen im Einzelnen aufgeführt werden, damit sich die Bieter darauf einstellen und sich rechtzeitig die entsprechenden Nachweise beschaffen können. Die Angaben der Bekanntmachung zu den mit dem Angebot vorzulegenden Eignungsnachweisen müssen zudem klar und widerspruchsfrei sein. Der Auftraggeber ist an seine Festlegung in der Bekanntmachung gebunden und darf in den Verdingungsunterlagen keine weiteren Nachforderungen stellen, sondern die in der Bekanntmachung verlangten Eignungsnachweise nur konkretisieren (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 24.04.2014 – 13 Verg 2/14; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.11.2012 – VII-Verg 8/12; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 28.06.2016 – 54 Verg 2/16). Nachträgliche Einschränkungen oder Klarstellungen in Formblättern bei den Vergabeunterlagen reichen nicht aus.
VK Südbayern, Beschluss vom 28.10.2019 – Z3-3-3194-1-32-09/19
Es reicht nicht aus, als Mindestanforderung die „Vorlage von 3 geeigneten Referenzen (Bezeichnung der Leistung, des Auftragswertes, des Liefer- bzw. Erbringungszeitpunkt und des Auftraggebers) über früher ausgeführte Liefer- und Dienstleistungen der in den letzten (höchstens drei) Jahren erbrachten wesentlichen Leistungen“ zu fordern. Aus dem Wortlaut der Forderung von geeigneten Referenzen in der Bekanntmachung, lässt sich nicht ableiten, dass nur weitgehend identische Leistungen mit im Wesentlichen gleichen Umfang referenziert werden durften. Denn eine „geeignete Referenz“ bedeutet nach dem hier maßgeblichen verobjektivierten Empfängerhorizont, mit anderen Worten aus Sicht eines sachkundigen, verständigen Bieters, gerade nicht per se „vergleichbarer Leistungsumfang“ hinsichtlich Größe der bewachten Einrichtung oder Auftragswert (vgl. VK Bund, Beschluss vom 18.09.2017 – VK 2-96/17).
VK Südbayern, Beschluss vom 28.10.2019 – Z3-3-3194-1-32-09/19
Die Forderung geeigneter Referenzen ist auch nicht ohne weiteres mit der Forderung vergleichbarer Referenzen gleichzusetzen, so dass sie als bloße Konkretisierung anzusehen wäre. Den Begriff der Vergleichbarkeit der Referenzen hat die Rechtsprechung in den vergangenen Jahren ausreichend geklärt. Vergleichbarkeit von Referenzprojekten liegt dann vor, wenn die erbrachten Leistungen dem Auftragsgegenstand nach Art und Umfang nahekommen oder ähneln und somit einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung ermöglichen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6.03.2008, VII-Verg 53/07; OLG München, Beschluss vom 12.11.2011, Verg 23/12). Die erbrachten Leistungen müssen nicht mit dem Ausschreibungsgegenstand identisch sein.
VK Südbayern, Beschluss vom 28.10.2019 – Z3-3-3194-1-32-09/19
Es reicht nicht aus, wenn nicht in der Bekanntmachung, sondern erst in den nicht direkt verlinkten Formblättern L 211 EU und L 124 EU von vergleichbaren Referenzen die Rede ist. Die Änderung der Anforderungen an die einzureichenden Unterlagen von „geeigneten Referenzen“ auf „vergleichbare Referenzen“ durch die Formblätter L 211 EU und L 124 EU ist im Vergleich zu der in der Bekanntmachung gestellten Forderung keine bloße Konkretisierung, sondern eine unzulässige Verschärfung und nachträgliche Erhöhung der Anforderungen, die damit nicht als Maßstab für die Eignungsprognose des Antragsgegners herangezogen werden darf. Mit der Vergleichbarkeit der Referenzen würde nämlich nicht mehr lediglich gefordert, dass der Bieter überhaupt bereits Bewachungsleistungen für Unterkünfte für Asylbewerber erbracht hat, sondern dass die erbrachten Bewachungsleistungen dem Auftragsgegenstand auch im finanziellen und personellen Umfang ähneln müssten, wovon bei einem Auftragsvolumen der Referenz von weniger als der Hälfte der ausgeschriebenen Leistung in der Regel nicht mehr auszugehen wäre.
VK Südbayern, Beschluss vom 28.10.2019 – Z3-3-3194-1-32-09/19