Ax Vergaberecht

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Im Rahmen einer Bewertungsskala von 0 bis 5 Punkten ist die Festlegung eines Mindestwerts von 2 Punkten sachlich gerechtfertigt

von Thomas Ax

Die die Berücksichtigung qualitativer Aspekte bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots gestattenden Vorschriften §§ 127 Abs. 1 Satz 3 GWB und § 58 Abs. 2 Satz 2 GWB sind im Lichte des Art. 67 der Vergaberichtlinie 2014/24/EU auszulegen, dessen Umsetzung sie dienen. Art. 67 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 der Vergaberichtlinie 2014/24/EU, der an die Stelle der Vorgängervorschrift Art. 53 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2004/18 getreten ist, legt fest, dass das “wirtschaftlich günstigste Angebot” “aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers” zu bestimmen ist und räumt somit dem öffentlichen Auftraggeber einen größeren Ermessensspielraum ein (EuGH, Urteil vom 26. März 2015, C-601/13, EuWZ 2015, 433 Rn. 28 – Ambisig). Dabei darf der öffentliche Auftraggeber im Interesse für ihn bestmöglicher Bedarfsdeckung qualitative Gesichtspunkte der Leistungserbringung hervorheben, solange den qualitativen Wertungskriterien nicht einzeln oder in ihrer Gesamtheit ein Gewicht zugemessen wird, das sachlich nicht zu rechtfertigen ist und deshalb die Annahme nahelegt, dass die Kriterien so ausgestaltet wurden, dass nur ein oder einzelne Unternehmen realistische Aussichten auf den Zuschlag haben, während andere Anbieter trotz Vergabe im offenen Verfahren (§ 119 Abs. 3 GWB) und objektiv gegebener Eignung (§ 122 GWB) von vornherein chancenlos wären (BGH, Beschluss vom 4. April 2017, X ZB 3/17, NZBau 2017, 366 Rnrn. 37, 38 – Postdienstleistungen).

Die Festlegung einer Mindestpunktzahl von zwei Punkten hält sich in diesem Ermessensspielraum.
Sieht die Bewertungsmatrix der Auftraggeberin die Vergabe von 0 bis 5 Punkten vor, also eine an den Schulnoten orientierte Bewertung, bei der 0 Punkte der Note 6, ungenügend, und 5 Punkte der Note 1, sehr gut, entspricht, begegnet ein derartiges am Notensystem orientiertes Wertungssystem als solches keinen vergaberechtlichen Bedenken (BGH, Beschluss vom 4. April 2017, X ZB 3/17, NZBau 2017, 366 Rn. 39 – Postdienstleistungen; Senatsbeschluss vom 8. März 2017, VII-Verg 39/16, NZBau 2017, 296 Rn. 26).

In diesem Wertungssystem entspricht folglich die von der Auftraggeberin festgelegte Mindestpunktzahl von zwei Punkten der Note ausreichend. Die Note ausreichend ist im Notensystem die schlechteste Note, mit der die Leistungsprüfung bestanden ist. Leistungen, die nicht zumindest mit glatt ausreichend bewertet worden sind, stellen jedenfalls in der Sekundarstufe II zum Bestehen nicht hinreichende Minderleistungen dar. Die Festlegung einer Mindestpunktzahl von 2 Punkten ist von daher folgerichtig.
Die Auftraggeberin ist auch ansonsten nicht gehindert, Leistungen, die den Anforderungen nur mit erheblichen Einschränkungen entsprechen, für die ihre Bewertungsmatrix 1 Punkt vorsieht, als zur Erfüllung ihrer Qualitätserwartungen nicht hinreichend zu betrachten und auf einer die Anforderungen mit Einschränkungen entsprechenden Leistung, für die ihre Bewertungsmatrix den festgelegten Mindestwert von 2 Punkten vorsieht, zu bestehen. Hierdurch erhält das einzelne Wertungskriterium kein sachlich nicht gerechtfertigtes Gewicht. Die Festlegung der Mindestanforderung ist sachlich gerechtfertigt. Gerade in Bezug auf die Außenkommunikation einer obstersten Bundesbehörde bestehen Verkehrserwartungen, denen eine den Anforderungen nur mit erheblichen Einschränkungen entsprechende Beantwortung von Bürgerfragen nicht gerecht würde.