Ax Vergaberecht

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Kurz belichtet: AB 1.10.2024: Die neue Verwaltungsvorschrift der Landesregierung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VwV Beschaffung) Vom 23. Juli 2024, - Az.: WM17-02-134/171 -

Hintergrund

Diese Verwaltungsvorschrift gilt für die entgeltliche Beschaffung von Liefer- und Dienstleistungen im Sinne der Definition des § 103 Absatz 1, 2 und 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der jeweils geltenden Fassung (öffentlicher Auftrag).

Diese Verwaltungsvorschrift findet keine Anwendung in den Fällen, die in §§ 102, 107, 108, 109, 116, 117 oder 145 GWB geregelt sind.

Diese Verwaltungsvorschrift ist von allen Behörden, Betrieben und Einrichtungen des Landes sowie den landesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts anzuwenden, die § 55 LHO unmittelbar (öffentliche Auftraggeber) oder nach § 105 LHO (Auftraggeber) zu beachten haben, soweit sie Mittel des Landeshaushalts bewirtschaften. Für juristische Personen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, findet Nummer 3 der VV zu § 55 LHO Anwendung.

Diese Verwaltungsvorschrift ist anzuwenden, sofern der geschätzte Auftragswert ohne Umsatzsteuer die Schwellenwerte gemäß § 106 GWB unterschreitet; die vorgenannte Einschränkung gilt nicht für die Gemeinsame Beschaffung nach Nummer 14.

Die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) ist in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden, sofern diese Verwaltungsvorschrift nichts Abweichendes bestimmt.

Neue Regeln zur angemessenen Beteiligung des Mittelstandes

Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sind mittelständische Interessen vornehmlich zu berücksichtigen. Entsprechend der Definition der Empfehlung 2003/361/EG in der jeweils geltenden Fassung, gehören zur mittelständischen Wirtschaft kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die weniger als 250 Beschäftigte haben und die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Millionen Euro beläuft (4.1).

Pilotprojekt für innovationsfreundliche Vergabe an Start-ups

Abweichend von § 14 UVgO und Nummer 7.2 dieser Verwaltungsvorschrift können Liefer- und Dienstleistungen unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gemäß § 7 LHO ohne ein Vergabeverfahren an Start-ups vergeben werden, wenn der Auftragswert unterhalb des jeweiligen Schwellenwerts gemäß § 106 Absatz 2 GWB liegt.

Sofern in der UVgO nicht abweichend geregelt, sind Start-ups junge innovative Unternehmen mit Wachstumsambitionen. Sie zeichnen sich durch ein innovatives Geschäftsmodell, ein innovatives Produkt oder eine innovative Dienstleistung aus. Außerdem haben sie Skalierungspotenzial, das heißt das Potenzial zu wachsen und sich zu entwickeln. Es empfiehlt sich, eine Markterkundung vorab durchzuführen und zu dokumentieren. Die Vertragsbedingungen nach Nummer 12 sind zu nennen.

Diese Ausnahme gilt nicht für die Gegenstände, die der gemeinsamen Beschaffung unterliegen (siehe Nummer 14)

Das Pilotprojekt endet drei Jahre nach Inkrafttreten dieser Verwaltungsvorschrift.

Die Auswirkungen des Pilotprojekts werden zum Ende des Jahres 2026 evaluiert. Dabei ist darzustellen, inwieweit das Pilotprojekt Wirkung entfaltet und, soweit notwendig, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um die Beteiligung von Start-ups an der Vergabe öffentlicher Aufträge weiter zu stärken (4.2).

Neue Regel zur Kommunikation und Informationsübermittlung (6)

Die elektronische Kommunikation einschließlich Angebotsabgabe kann bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen per E-Mail erfolgen, wenn eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb oder eine Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb durchgeführt wird. § 7 Absatz 4, § 39 Satz 1 und § 40 UVgO finden hierauf keine Anwendung. Die Auftraggeber haben durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass Manipulationsmöglichkeiten verhindert werden (zum Beispiel durch Einrichtung einer Funktions-E-Mail Adresse für die Angebotseinreichung, auf die nur Beschäftigte Zugriff haben, die nicht der Bedarfsstelle angehören).

Neue Regel zur Zulässigkeit der Beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb und Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb (7.1)

Zusätzlich zu den in § 8 Absätze 3 und 4 UVgO geregelten Voraussetzungen dürfen Beschaffungen unterhalb des jeweiligen Schwellenwerts gemäß §106 Absatz 2 GWB auch im Wege einer Beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb oder einer Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb vergeben werden.

Neue Regel zum Direktauftrag (7.2)

§ 14 UVgO findet mit der Maßgabe Anwendung, dass ein Direktauftrag bis zu einem Betrag von 100 000 Euro ohne Umsatzsteuer zulässig ist. Dies gilt auch für die Beschaffung freiberuflicher Leistungen.