Ax Vergaberecht

Kurz belichtet - Vermeidung von Maschinenumstürzen - insbesondere öffentliche Auftraggeber in der Pflicht

Maschinen des Spezialtiefbaus haben in der Regel ein hohes Eigengewicht und einen hoch liegenden Systemschwerpunkt. Außerdem tragen sie durch ihre Fahr- und Arbeitsbewegungen häufig zyklische und dynamische Lasten in den Untergrund ein. Sie unterliegen deshalb im Baustelleneinsatz dem Risiko umzustürzen. Der Vermeidung von Maschinenumstürzen kommt aus Gründen des Arbeitsschutzes und aus wirtschaftlicher Sicht eine herausragende Bedeutung zu, denn Umstürze von Großgeräten gehören zu den folgenreichsten Unfällen im Baugeschehen. Neben der Gefahr von schweren oder tödlichen Verletzungen bei Mitarbeitern, besteht auch ein hohes Risiko für unbeteiligte Dritte. Unfälle und „Beinahe-Unfälle“ führen außerdem zu einer hohen psychischen Belastung des Baustellenpersonals, die zu einer zeitweiligen oder vollständigen Arbeitsunfähigkeit führen kann. Oftmals ist dies verbunden mit massiven Produktionsausfällen und Mehrkosten durch Projektverzögerung. Nicht zuletzt kann es zu einem erheblichen Imageverlust für die Baubeteiligten und das Bauprojekt kommen.

Allen Baubeteiligten kommen mit Blick auf die Gesetze und Regelwerke auf Grund ihrer rechtlichen Stellung innerhalb des Bauprojektes und ihrer fachlichen Kompetenz unterschiedliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Unfallvermeidung zu.
Eine klare Regelung der Verantwortlichkeiten bei der Planung, Herstellung, Unterhaltung und Kontrolle der Arbeitsplattform ist hierfür unerlässlich. Neben den Pflichten der Auftragnehmer im Zuge der Vorbereitung und Ausführung der Bauarbeiten haben auch die Auftraggeber/Bauherren sowie die unterstützenden Fachplaner (Tragwerksplaner, Steuerer, Bodengutachter, Bauüberwachung) eine besondere Verantwortung für die Sicherheit der von ihnen veranlassten Bauarbeiten.

Der Auftraggeber/Bauherr und ihn unterstützende Fachleute sind in die gesamtheitliche Verantwortung für sicheres Arbeiten im Spezialtiefbau eingebunden.

Die gesetzlichen Regelungen (z. B. im Arbeitsrecht, Bauvertragsrecht, Strafrecht) fordern ein konsequentes und ernsthaftes Befassen mit der ordnungsgemäßen Erkundung, Planung und Herstellung sowie dem Unterhalt adäquater und hinreichend sicherer Arbeitsplattformen. Der Thematik standsicherer Arbeitsplattformen muss in besonderem Maße Rechnung getragen werden, denn viele der oben genannten Unfallursachen lassen sich durch eine vorausschauende, fachgerechte Planung und Steuerung des Baugeschehens vermeiden.

Der Bauherr/Auftraggeber ist verantwortlich für die Bereitstellung eines geeigneten Grundstücks sowie einer geeigneten und tragfähigen Arbeitsplattform (§ 4 Abs. 3 VOB/B in Verbindung mit u. a. DIN 18299 Abschnitte 0.1.9, 0.1.10, 0.1.15 und 0.1.16 sowie Abschnitt 2.1.3).

Der Bauherr ist weiterhin verpflichtet, vor Baubeginn im Zuge der Vorbereitung der Baumaßnahme eine entsprechende regelgerechte Untersuchung des Baufeldes, auch hinsichtlich der Belastbarkeit des Baugrunds für ein späteres Befahren mit schwerem Gerät zu veranlassen (gem. DIN EN 1997-2, DIN 4020). Hierzu zählt u. a. zwingend die Berücksichtigung der Thematik „Arbeitsplattform“ im Baugrundgutachten bzw. dem geotechnischen Bericht. Die sich hieraus ergebenden Erkenntnisse sind bei der Planung zu berücksichtigen. Die Arbeitsplattformen und alle damit im Zusammenhang stehenden Leistungen (z. B. Unterhalt und Rückbau) sind detailliert auszuschreiben.

Die Übertragung der Pflicht zur Bereitstellung eines geeigneten Grundstücks und einer geeigneten Arbeitsplattform auf seine Planer oder andere Erfüllungsgehilfen sollte zu Beweiszwecken schriftlich festgehalten werden. Die sehr frühzeitige Freigabe der Arbeitsplattformen ist schriftlich zu dokumentieren und rechtzeitig an die Baubeteiligten als Voraussetzung für den Baubeginn zu übergeben.
Anderenfalls können Verzögerungen beim Baubeginn oder Arbeitsunterbrechungen drohen.
Die Kosten für die Bereitstellung der Arbeitsplattformen sowie die damit verknüpften Untersuchungen und Planungsleistungen trägt im Regelfall der Bauherr/Auftraggeber. Hier ist eine frühzeitige Abklärung unter Herbeiführung notwendiger Erkenntnisse für die Belastbarkeit des Bodens zu empfehlen (vgl. ATV DIN 18299, Abschnitt 0.1.9 und 0.1.10).

Die Kostentragung für eine etwaige Beseitigung von vorhandenen oder aufgefundenen Störkörpern oder schädlichen Inhomogenitäten im Untergrund oder ähnlichen Umständen, welche die Belastbarkeit des Bodens und der darauf zu errichtenden Arbeitsplattform gefährden könnten, sind grundsätzlich ebenfalls Aufgabe des Auftraggebers/Bauherrn (vgl. ATV DIN 18299 Abschnitte 4.2.15, DIN 18300 Abschnitte 3.1.5, 3.1.6, 4.2.1; DIN 18301, Abschnitte 3.1.7, 3.1.8, 4.2.1).

Werden im Zuge der Baumaßnahmen Störkörper oder Inhomogenitäten im Untergrund (z. B. alte Kabel, Schächte, Hohlräume, Weichstellen und dergleichen) angetroffen bzw. besteht der Verdacht, dass solche das sichere Befahren der Arbeitsplattform gefährden könnten, ist unverzüglich eine schriftliche Anordnung zur Baueinstellung zu treffen. Sind danach entsprechende Sicherungsmaßnahmen zu veranlassen, trägt grundsätzlich der Auftraggeber die sich daraus ergebenden Kosten (vgl. ATV DIN 18299 Abschnitte 4.2.15, DIN 18300 Abschnitte 3.1.5, 3.1.6, 4.2.1; DIN 18301, Abschnitte 3.1.7, 3.1.8, 4.2.1).
Der Vereinbarung realistischer Bauzeiten (Beachtung der Witterung, Zusammenwirken verschiedener Gewerke etc.) – die eine fachgerechte Herstellung der Arbeitsplattformen berücksichtigt – kommt eine wesentliche Bedeutung zu.

Der Bauherr/Auftraggeber ist bei den von ihm veranlassten Bauarbeiten für die zeitliche und örtliche Koordination der Gewerke auf der Baustelle (u. a. durch SiGeKo) verantwortlich. Hierzu zählen auch klare Regelungen zu den spezifischen Verantwortlichkeiten der Baubeteiligten bzgl. der Thematik Arbeitsplattformen.

Die vorstehenden Verpflichtungen gelten grundsätzlich für öffentliche wie für private Auftraggeber, da die zugrunde liegenden Vorschriften anerkannte Regeln der Technik darstellen. Diese sind allgemein verbindlich. Bei privaten Auftraggebern ist eine abweichende Vereinbarung im Einzelfall möglich, setzt aber eine konkrete Risikozuweisung voraus.

Geotechnischer Bericht bzw. geotechnisches Gutachten

Unabdingbare Grundlage der Planung zur Herstellung einer tragfähigen Arbeitsplattform ist ein geotechnischer Bericht bzw. geotechnisches Gutachten entsprechend den Anforderungen der DIN EN 1997-2:2010-10 (Ec) und DIN 4020: 2010-12.

Geotechnische Untersuchungen nach dieser Norm sind die Voraussetzung für Standsicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau nach DIN EN 1997-1: 2014-03 (Ec 7-1) und DIN 1054:2010-12.

Der geotechnische Bericht bzw. das geotechnische Gutachten dürfen sich deshalb nicht nur ausschließlich auf die Gründungssituation des zukünftigen Bauwerks beziehen. Vielmehr müssen auch alle Bereiche der erforderlichen Arbeitsplattformen hinsichtlich der Tragfähigkeit normgerecht untersucht und eventuell vorhandene Hohlräume, verfüllte Keller, ehemalige Wasserläufe, Torflinsen, Weichstellen, Leitungen oder Schürfgräben dokumentiert und berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang sind auch die Erkundungsleistungen für die i.d.R. erforderlichen Maßnahmen zur Wasserableitung, Wasserhaltung/Drainage vorzunehmen.

Im Sinne eines wirtschaftlichen Arbeitens kann es je nach Baustellensituation sinnvoll sein, die Arbeitsplattformen je nach geplanter Nutzung in verschiedene Bemessungsszenarien zu unterteilen.

Hier könnte z. B. unterschieden werden in:
• reine Fahrwege
• Zufahrten und Rampen
• Arbeitsplattform „Typ A“ mit max. Bodenpressungen, z. B. für die Herstellung von vertikalen Standardpfählen
• Arbeitsplattform „Typ B“ mit zeitweise erhöhten max. Bodenpressungen (z. B. Sonderpfähle in Eckbereichen mit lokal sehr hohen max. Bodenpressungen)

In allen Fällen ist sicherzustellen, dass das Baustellenpersonal informiert ist und die Bereiche unterschiedlicher Tragfähigkeit eindeutig erkennbar und dauerhaft gekennzeichnet sind.

Eine Ausschreibung sollte auf Grundlage einer fachgerechten Planung mindestens nachfolgend aufgeführte Sachverhalte in detaillierten Leistungspositionen enthalten:
• Sicherstellung der Kontaminations- und Kampfmittelfreiheit
• Baufeld-Beräumung, Abschieben von ungeeignetem Oberboden – bei Bedarf.
• Endgültige Bemessung der Arbeitsplattformen, Zufahrten, Rampen etc. für den Einsatz von Geräten des Spezialtiefbaus durch den Sachverständigen für Geotechnik auf Grundlage des Baugrundgutachtens bzw. des geotechnischen Berichts. (Hinweis: Als Grundlage für die endgültige Bemessung dienen die Maschinen-Kenndaten gemäß DIN 16228-1 Anhang F der tatsächlich auf der Baustelle eingesetzten, maßgeblichen Geräte. Die entsprechenden Kenndaten sind dem Auftraggeber/Bauherrn für die endgültige Planung der Arbeitsplattformen vom Auftragnehmer spätestens im Zuge der Auftragsvergabe auf Verlangen zu übergeben.)
• Erstellung des Einbaukonzeptes für die vorgesehenen Materialien einschl. zeichnerischer Darstellung in Grundriss und Schnitten. Hierbei ist die Lage von Böschungskanten, Rampen und unterirdischen Einbauten besonders zu berücksichtigen. Die Arbeitsplattformen sind vor Ort eindeutig erkennbar und dauerhaft zu markieren.
• Herstellung der Arbeitsplattform nach den Vorgaben des Fachplaners: u. a. Materialanforderungen, Angabe von ggf. erforderlichen Geokunststoffen und dem Einsatz von (hydraulischen) Bindemitteln, Schichtstärken, Zulageund Alternativpositionen für ggf. notwendige Änderungen/Anpassungen an die tatsächliche Baustellensituation, Festlegung der Einbau- und Verdichtungsanforderungen sowie der spezifischen Prüfanforderungen.
• Unterhaltung der Arbeitsplattform im Zuge der Bauarbeiten mit Sicherstellung der Gebrauchstauglichkeit (inkl. Materialien/Gerätschaften für Nacharbeiten, inkl. Leistungen zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Entwässerungs- und Drainagesystems, inkl. Beseitigung Bohrschlamm, Stundenlohnleistungen, Zuordnung der Verantwortlichkeiten) – sofern es sich bei diesen Arbeiten nicht ganz oder teilweise um eine Nebenleistung gemäß VOB/c handelt.
• Rückbau und Entsorgung der Arbeitsplattform unter Berücksichtigung der Verschmutzung im Zuge der Bauarbeiten und ggf. eingebauter Geokunststoffe o. ä.

Es sei in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hingewiesen, dass die Leistungen zum „Herstellen, Befestigen, Ertüchtigen und Entfernen des Arbeitsplanums, von Stell- und Lagerflächen, Zufahrtswegen …“ u. a. gemäß ATV DIN 18304 Ramm-, Rüttel- und Pressarbeiten „Besondere Leistungen“ darstellen.

Quelle
MERKBLATT ZUR VERMEIDUNG VON MASCHINENUMSTÜRZEN IM SPEZiALTIEFBAU
Herausgegeben vom Verein zur Förderung fairer Bedingungen am Bau e.V. in Zusammenarbeit mit dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.
(Bundesfachabteilung Spezialtiefbau)

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