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Mein Hausbau - Schwerpunkt Nachbarrecht (4)

OLG Rostock – Az.: 3 U 3/20 – Beschluss vom 26.01.2021: Nachbarrechtlicher Beseitigungsanspruch von Zaun und einer Hecke vom Grundstück

Gründe

I.

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 05.12.2019, Az. 4 O 336/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.

II.

1.

Die Kläger begehren von den Beklagten Schadensersatz aufgrund eines Grundstückskaufes.

Die Kläger erwarben mit notariellem Vertrag vom 24.08.2012 von den Beklagten das im Grundbuch von P., Blatt 879, Gemarkung P., Flur 27, Flurstück 491/5 verzeichnete Grundstück.

Auf dem Nachbargrundstück befindet sich ein Zaun nebst Hecke, welche vor Übergabe des Grundstücks errichtet worden waren. Vor Abschluss des Kaufvertrages sahen die Kläger die dem Kaufvertrag beigefügte Flurkarte ein. Aus dieser war für sie der Grenzverlauf ersichtlich, während Zaun und Hecke vollständig auf dem nachbarlichen Grundstück belegen sind. Die tatsächliche Grundstücksgrenze ist durch Grenzsteine markiert und entspricht derjenigen, die in der Flurkarte verzeichnet ist.

Die Kläger haben behauptet, 2017 von den Nachbarn darauf hingewiesen worden zu sein, dass sich Zaun und Hecke auf deren Grundstück befinden. Auf diesen Umstand hätten die Nachbarn Jahre zuvor bereits die Beklagten hingewiesen.

Für die Rodung und Entsorgung der Hecke, die Entfernung und Entsorgung des Maschendrahtzaunes, das Umsetzen der Beeteinfassung und des Komposthaufens, die Lieferung und das Setzen eines neuen Maschendrahtzauns, die Rasenansaat sowie die Lieferung und Pflanzung von neuen Heckengehölzen würden Kosten von 6.064,60 € netto entstehen.

Die Kläger haben behauptet, dass der Zaun von den Beklagten gesetzt worden sei, hierfür aber keinen Beweis angeboten.

Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, dass sich die genaue Lage des Grundstücks aus der Flurkarte ergebe und dieses daher nicht mangelhaft sei. Es sei auch allein Sache der Nachbarn, auf ihrem Grundstück einen Zaun aufzustellen oder zu dulden.

Mit Urteil vom 05.12.2019 hat das Landgericht Neubrandenburg die Klage abgewiesen. Es hat einen Schadensersatzanspruch verneint, weil das Grundstück nicht mangelhaft sei. Dies würde einen Beseitigungsanspruch der Nachbarn gegenüber den Klägern voraussetzen, welcher nicht ersichtlich sei. Wegen der weitergehenden Entscheidungsgründe, der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen sowie der erstinstanzlichen Anträge nimmt der Senat auf das angefochtene Urteil Bezug.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger ihre erstinstanzlichen Anträge weiter.

Durch die Kläger sei ein Haus nebst Grundstück von den Beklagten gekauft worden. Mitverkauft sei auch die Umfriedung worden in Gestalt von Zaun und Hecke, die sich unstreitig auf dem Nachbargrundstück befinde. Es sei nunmehr bestritten worden, dass sich der Zaun teilweise auf dem Grundstück der Kläger befinde. Da die mitverkaufte Umfriedung die Nachbarn teilweise von ihrem Besitz ausschließe, hätten diese einen Anspruch nach § 1004 BGB bzw. nach § 985 BGB. Dies stelle einen Mangel der Kaufsache dar.

Das Landgericht habe nicht hinreichend geprüft, ob ein Mangel vorliege, obwohl es zwischen den Parteien unstreitig gewesen sei, dass sich der Zaun nebst Hecke auf der Grundstücksseite der Nachbarn befunden habe und diese einen Anspruch auf Beseitigung gehabt hätten.

Bereits in der Klageschrift sei vorgetragen worden, dass eine Beeteinfassung und ein Komposthaufen versetzt werden müssten. Dies sei nicht in den Tatbestand des angefochtenen Urteils aufgenommen worden, obgleich sich hieraus ergebe, dass die Kläger einen Teil des nachbarlichen Grundstücks nutzen würden.

Es dürfte auch feststehen, dass dann, wenn sich auf dem nachbarlichen Grundstück ein Zaun und eine Hecke befänden, die Nachbarn an der Nutzung eines Teils ihres Grundstücks gehindert seien.

Auf die Abgrenzung des Landgerichtes, ob sich der Zaun allein auf dem nachbarlichen oder auch auf dem Grundstück der Kläger befinde, komme es nicht an, weil der Zaun Zubehör sei, welches miterworben worden sei.

Auch hätte der Vortrag der Kläger, dass sich der Zaun auch teilweise auf ihrem Grundstück befinde, nicht als verspätet zurückgewiesen werden dürfen. § 282 Abs. 2 ZPO sei nicht anzuwenden, weil sich die Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht darauf berufen hätten, dass sie zunächst noch Erkundigung würden einholen müssen.

Mit Schriftsatz vom 06.05.2020 haben die Kläger vorgetragen, dass eine umschließende Umzäunung gegeben sei, die sich teils auf dem Grundstück der Kläger sowie teils auf dem Grundstück der Nachbarn befinde.

Wegen des weiteren Vorbringens des Klägers nimmt der Senat auf die Berufungsbegründung vom 04.02.2020 und den Schriftsatz vom 06.05.2020 Bezug.

Die Beklagten begehren die Zurückweisung der Berufung und verteidigen das angefochtene Urteil.

2.

Der von den Klägern geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht diesen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Insbesondere können die Kläger sich nicht auf eine Mangelhaftigkeit des durch sie von den Beklagten erworbenen Grundstücks berufen.

Ist die Kaufsache mangelhaft, kann der Käufer vom Verkäufer gemäß § 437 Nr. 3 BGB nach den §§ 440, 280, 281 BGB Schadensersatz verlangen. Dabei kann die Mangelhaftigkeit der Kaufsache – wie dies vorliegend die Kläger geltend machen – auch in einem Rechtsmangel liegen. Gemäß § 435 BGB ist die Sache frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte geltend machen können. Hieran fehlt es schon deshalb, weil keine Rechte in Bezug auf das Kaufgrundstück durch Dritte geltend gemacht werden. Auch die Voraussetzungen eines Sachmangels liegen nicht vor, da die Geltendmachung von Ansprüchen durch Nachbarn keine Frage der Beschaffenheit der Kaufsache ist.

Die Kläger möchten ihren Schadensersatzanspruch darauf stützen, dass sie von ihren Grundstücksnachbarn auf Beseitigung eines Zaunes und einer Hecke von deren Grundstück sowie der Räumung des nachbarlichen Grundstückes von einem Komposthaufen und einer Beeteinfassung in Anspruch genommen werden könnten. Ein solcher Beseitigungsanspruch steht den Eheleuten G. als den Grundstücksnachbarn der Kläger diesen gegenüber jedoch nicht zu.

Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, kann der Eigentümer gemäß § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Der Anspruch ist gemäß § 1004 Abs. 2 BGB jedoch ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist, weil sich die Beeinträchtigung nicht als rechtswidrig darstellt.

Der Eigentümer einer Sache kann gemäß § 903 BGB, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit dieser nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Die Grenzen des Eigentumsrechts für Grundstücke regeln im Wesentlichen die §§ 903 ff. BGB, die in einigen Bundesländern durch landesrechtliche Regelungen ergänzt werden. Ein ergänzendes Nachbarschaftsrecht ist in Mecklenburg-Vorpommern nicht erlassen worden.

Ein Anspruch der Eheleute G. gegen die Kläger auf Beseitigung von Zaun und Hecke aus § 1004 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass diese Eigentümer des Grundstücks sind, auf welchem sich diese befinden. Die Beklagten haben die Eigentümerstellung der Eheleute G. nicht in Abrede gestellt. Die Kläger ihrerseits haben dies wiederholt vorgetragen. Dass dieser Teil des nachbarlichen Grundstückes ihnen rechtswirksam übereignet worden sei, haben sie zu keinem Zeitpunkt substantiiert vorgetragen, so dass der Senat die Eigentümerstellung der Eheleute G. voraussetzen kann.

Gleichzeitig aber müssen die Kläger Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB sein. Der Beseitigungsanspruch setzt voraus, dass der Beklagte für die Beeinträchtigung als Störer verantwortlich ist. Dazu reicht nach der Rechtsprechung des BGH der bloße Umstand des Eigentums an demjenigen Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht, nicht aus. Die Beeinträchtigung muss vielmehr wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers zurückgehen (BGH, Urt. v. 18.04.1991, III ZR 1/90, a.a.O.; BGH, Urt. v. 12.02.1985, VI ZR 193/83, NJW 1985, 1773).

Als Handlungsstörer kommen die Kläger nicht in Betracht. Handlungsstörer ist, wer die Beeinträchtigung durch seine Handlung oder pflichtwidrige Unterlassung adäquat verursacht hat (Palandt/Herrler, BGB, 80. Aufl., § 1004, Rn. 16). Es ist unstreitig, dass die Kläger Zaun und Hecke nicht errichtet haben. Somit scheiden sie als Handlungsstörer aus. Ob hingegen die Beklagten, als diese noch Eigentümer des klägerischen Grundstücks waren, Zaun und Hecke errichtet haben, kann dahinstehen, denn sie werden von den Nachbarn im vorliegenden Prozess nicht in Anspruch genommen.

Die Kläger sind auch nicht Zustandsstörer. Zustandsstörer ist der Eigentümer/Besitzer oder Verfügungsbefugte einer Sache, von der eine Beeinträchtigung ausgeht, wenn die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf seinen Willen zurückgeht (Palandt/Herrler, a.a.O., § 1004, Rn. 19). Ausreichend ist, dass der das Eigentum beeinträchtigende Zustand durch den maßgebenden Willen des Eigentümers aufrechterhalten wird, von dessen Grundstück die Beeinträchtigung ausgeht und damit die Beseitigung von dessen Willen abhängt (BGH, Urt. v. 22.09.2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 23; BGH, Urt. v. 26.01.2017, III ZR 465/15, juris). Die Beeinträchtigung der Eheleute G., welche darin besteht, dass sich Zaun, Hecke und Beeteinfassung sowie Komposthaufen auf deren Grundstück befinden, geht nicht vom Grundstück der Kläger aus. All jene Gegenstände, deren Beseitigung die Kläger ihrem Schadensersatzanspruch zugrunde legen möchten, befinden sich auf dem Grundstück der Eheleute G.

Die Beeinträchtigungen hängen darüber hinaus nicht maßgeblich vom Willen der Kläger ab. Sie können zwar die Nutzung des zwischen ihrem Grundstück und dem Zaun liegenden Grundstücksteils des Nachbargrundstückes einstellen. Bestandteile des Grundstückes – wie Zaun und Hecke – können sie jedoch nicht ohne Zustimmung der Eheleute G. von deren Grundstück entfernen, erstrecht nicht gegen deren Willen.

Darauf, ob sich der Zaun vollständig auf dem Grundstück der Eheleute G. befindet, wie dies die Kläger in erster Instanz bis zur mündlichen Verhandlung vorgetragen und auch wieder zum Gegenstand ihres Berufungsvorbringens gemacht haben, kann für diese rechtliche Beurteilung dahinstehen. Der Beseitigunganspruch der Eheleute G. kann sich allein auf den Teil von Zaun und Hecke beschränken, der sich auf deren Grundstück befindet. An einem sich ggf. auf dem Grundstück der Kläger befindenden Teil des Zaunes steht ihnen ein solcher Anspruch mangels Eigentümerstellung nicht zu.

Auch aus den nachbarrechtlichen Vorschriften der §§ 903 ff. BGB lässt sich ein Beseitigungsanspruch nicht in Verbindung mit § 1004 Abs. 1 BGB herleiten.

Aus § 912 BGB könnten die Nachbarn der Kläger nichts für sich herleiten. Die Norm setzt voraus, dass der Grundstückseigentümer ein Gebäude über eine Grenze gebaut hat. Bei Zaun, Hecke und Komposthaufen handelt es sich bereits nicht um ein Gebäude.

Auch der Vortrag der Kläger in der mündlichen Verhandlung erster Instanz, der Zaun verlaufe auch zu einem kleinen Teil auf ihrem Grundstück, ist ungeeignet, einen Beseitigungsanspruch der Eheleute G. zu begründen, dem sich die Kläger ausgesetzt sehen wollen. Der Senat kann es daher auch offenlassen, ob das Landgericht diesen Vortrag zurecht als verspätet und damit nicht mehr berücksichtigungsfähig behandelt hat. Zwar können Zäune und Hecken durchaus Grenzanlagen sein. Das aber setzt voraus, dass sie ganz oder zumindest zu einem beachtlichen Teil unmittelbar auf der Grenze stehen, also von dieser geschnitten werden. Überdies regelt § 921 BGB lediglich die Befugnis zur Benutzung einer Grenzanlage und § 922 BGB deren Unterhaltung. Regelung über deren Beseitigung enthalten die nachbarrechtlichen Vorschriften des BGB nicht. Handelt es sich um eine Grenzanlage, gehört jedem Grundstückseigentümer der auf seinem Teil stehende Teil ohne Beteiligung des Nachbarn (Palandt/Herrler, a.a.O., § 921, Rn. 4). Auch bei einer Grenzanlage kann sich ein Beseitigungsanspruch nur aus § 1004 BGB ergeben, wenn diese ohne Zustimmung des Nachbarn errichtet worden ist. Auch hierzu wäre nichts vorgetragen.

Schließlich hilft den Klägern ihre Behauptung nicht weiter, sie hätten den Zaun als Zubehör zum Grundstück erworben. Ein Maschendrahtzaun erfüllt bereits nicht die Voraussetzungen des § 97 BGB. Er ist vielmehr in der Regel Bestandteil des Grundstückes, auf welchem er errichtet ist.

III.

Im Interesse der Meidung von Kosten wird anheim gegeben die Rücknahme der Berufung zu prüfen.