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Nach § 127 Abs. 3 GWB müssen die Zuschlagskriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen

von Thomas Ax

Nach § 127 Abs. 3 GWB müssen die Zuschlagskriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen, was voraussetzt, dass sich ein Zuschlagskriterium auf Prozesse im Zusammenhang mit der Herstellung, Bereitstellung oder Entsorgung der Leistung, auf den Handel mit der Leistung oder auf ein anderes Stadium im Lebenszyklus der Leistung bezieht, auch wenn sich diese Faktoren nicht auf die materiellen Eigenschaften des Auftragsgegenstandes auswirken.

Die Festlegung der Zuschlagskriterien hängt folglich vom Auftragsgegenstand ab (EuGH, Urteil vom 10. Mai 2012, C-368/10, NZBau 2012, 445 Rn. 91 – Havelaar). Die Zuschlagskriterien müssen es ermöglichen, das Leistungsniveau jedes einzelnen Angebots im Verhältnis zu dem in den Spezifikationen beschriebenen Auftragsgegenstand zu bewerten sowie das Preis-Leistungs-Verhältnis jedes Angebots zu bestimmen (EuGH, Urteil vom 10. Mai 2012, C-368/10, NZBau 2012, 445 Rn. 91 – Havelaar). Qualitätskriterien müssen sich demnach auf die ausgeschriebene Leistung beziehen (Senatsbeschluss vom 19. November 2014, EuZW 2015, 157 Rn. 15); sie müssen auf den Inhalt des Angebots bezogen sein (Wiedemann in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 127 GWB Rn. 59).

Zwar ist diese Auftragsbezogenheit weit zu verstehen. So ist es nicht erforderlich, dass sich ein Zuschlagskriterium auf eine echte innere Eigenschaft eines Erzeugnisses bezieht, weshalb es einem öffentlichen Auftraggeber beispielsweise im Rahmen der Vergabe eines Auftrags über die Lieferung von Strom nicht verwehrt ist, ein Kriterium festzulegen, das die Lieferung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern verlangt (EuGH, Urteil vom 10. Mai 2012, C-368/10, NZBau 2012, 445 Rn. 91 – Havelaar). Auch kann er beispielsweise im Rahmen eines öffentlichen Auftrags über die Erbringung von städtischen Busverkehrsdienstleistungen Umweltschutzkriterien wie die Höhe der Stickoxidemissionen oder den Lärmpegel der Busse berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 17. September 2002, C-513/99, EuZW 2002, 628 Rn. 69 – Concordia Bus Finland).

Es ist aber stets der von § 127 Abs. 3 Satz 1 GWB geforderte Auftragsbezug zu wahren (Opitz in Burgi/Dreher, Beck`scher Vergaberechtskommentar, 4. Aufl. 2022, GWB § 127 Rn. 76). Der Gegenstand des Auftrags bildet daher die äußere Grenze für die Wahl und die Heranziehung der Kriterien für die wirtschaftliche Bewertung der Angebote (Opitz in Burgi/Dreher, Beck`scher Vergaberechtskommentar, 4. Aufl. 2022, GWB § 127 Rn. 97). Über die Grenzen des Inhalts eines an dem eindeutig bestimmten und bekanntgemachten Gegenstand des Auftrags orientierten Angebots darf ein Zuschlagskriterium nicht hinausgehen (Wiedemann in Röwekamp/ Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 127 GWB Rnrn. 59, 61 unter Verweis auf die englische Fassung des Art. 67 der Vergaberichtlinie 2014/24/EU “linked to the subject-matter of the public contract”). Auch soweit der Auftragnehmer nicht zu einem bestimmten Leistungserfolg verpflichtet werden soll, sondern nur zu einer Tätigkeit in bestimmter Qualität, darf der öffentliche Auftraggeber daher keine Konzepte verlangen und bewerten, die auf vom konkreten Auftrag losgelöste “Fähigkeiten” des Unternehmens zielen (Opitz in Burgi/Dreher, Beck`scher Vergaberechtskommentar, 4. Aufl. 2022, GWB § 127 Rn. 76). Vom Bieter darf folglich nicht anderes und auch nicht mehr verlangt werden, als das, was er später im Rahmen des Auftrags zu erbringen hätte.