Zum Vorgehen, einen Zuschlag nicht auf ein Angebot mit einer Leistungsbeschreibung zu erteilen, das dem Bedarf nicht oder in geringerem Umfange als ursprünglich angenommen entspricht
Ist der Auftraggeber gezwungen einen Zuschlag auf ein Angebot mit einer Leistungsbeschreibung zu erteilen, das seinem Bedarf nicht oder in geringerem Umfange als ursprünglich angenommen entspricht?
Nein, denn es ist grundsätzlich dem Willen des öffentlichen Auftraggebers überlassen, ob, wann und mit welchem Inhalt er einen Auftrag vergibt. Er ist insbesondere nicht gehalten, einen Zuschlag auf ein Angebot mit einer Leistungsbeschreibung zu erteilen, das seinem Bedarf nicht oder in geringerem Umfange als ursprünglich angenommen entspricht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. November 2009, VII-Verg 41/09).
Ist der Auftraggeber was die Behebung des Mangels anbelangt gebunden?
Nein, denn wie und in welchem Umfang ein öffentlicher Auftraggeber einen erkannten Fehler in seiner Ausschreibung behebt, unterliegt seiner Gestaltungsfreiheit, die an die vergaberechtlichen Gebote der Transparenz, Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung gebunden ist (§ 97 Abs. 2 GWB).
Gibt es dann eine Verletzung von Bieterrechten?
Nein, werden diese Gebote beachtet, bleibt ein ordnungsgemäß geführter und fairer Wettbewerb aufrechterhalten, und eine Verletzung von Bieterrechten ist nicht zu befürchten (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Januar 2015, VII-Verg 29/14).
Was ist dann zu tun?
Während vor Ablauf der Angebotsfrist der Auftraggeber die Vergabeunterlagen unproblematisch ändern kann und den Bietern neue Angebotsfristen gemäß § 20 Abs. 3 Satz 1 VgV einräumt, ist eine später erfolgende Änderung im Wege einer Teilaufhebung der Ausschreibung, die der Korrektur eines zuvor begangenen Fehlers dient, durchzuführen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Januar 2015, VII-Verg 29/14).
Geht das ohne weiteres?
Nein, der Auftraggeber muss vor dem Schritt zur (Voll-)Aufhebung stets die Möglichkeit der Aufrechterhaltung oder Heilung des Vergabeverfahrens prüfen. Auch eine bereits erfolgte Submission im Offenen Verfahren schließt eine Fehlerkorrektur nicht aus (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Mai 2017, VII-Verg 43/16; Beschluss vom 12. Januar 2015, VII-Verg 29/14).
Auch nach Submission?
Ja, dass eine solche Rückversetzung grundsätzlich auch nach Submission zulässig sein muss, ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass im Wege des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB eine Fehlerkorrektur durch Rückversetzung durch die Vergabekammer vorgegeben werden kann. Sehr häufig ist es in diesen Fallkonstellationen bereits zu einer Angebotsabgabe gekommen, eine Zuschlagsentscheidung zumeist gefallen und gemäß § 134 GWB mitgeteilt worden. Eine durch den öffentlichen Auftraggeber selbst eingeleitete Fehlerkorrektur, ohne dass es beispielsweise nach einer Rüge zu einem Nachprüfungsverfahren kommt, muss daher gleichermaßen möglich sein und stellt auch verfahrensökonomisch das mildere Mittel dar. Der öffentliche Auftraggeber kann ein Vergabeverfahren sogar dann noch aufrechterhalten, wenn ein Aufhebungsgrund nach § 63 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 VgV besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2006, X ZB 14/06; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. September 2022, VII-Verg 55/21).
Gibt es eine Pflicht zur Aufhebung?
Nein, die Entscheidung über die weitere Vorgehensweise zur Fehlerkorrektur steht im Ermessen des Auftraggebers und hat insoweit für den Einzelfall zu erfolgen. Eine Pflicht zur Aufhebung aufgrund einer abstrakten Manipulationsgefahr nach Submissionstermin – wie die Antragstellerin meint – scheidet mithin aus, vielmehr sind die konkreten Umstände des Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Die Entscheidung des Auftraggebers unterliegt im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze der Transparenz, Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung (§ 97 Abs. 2 GWB) der uneingeschränkten Kontrolle der Nachprüfungsinstanzen.