Ax Vergaberecht

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Neues Vergaberecht für Rheinland-Pfalz nach Verwaltungsvorschrift 2021 auf einen Blick (2)

Nachgefragt bei … Rechtsanwalt Dr. Thomas Ax

Frage: Sind Vergabeverfahren und wenn ja wie elektronisch durchzuführen?

Wodurch zeichnet sich das neue Vergaberecht für Rheinland-Pfalz insoweit nach der Verwaltungsvorschrift 2021 aus?

Antwort: Kommunikation (eVergabe)

Vergabeverfahren mithilfe elektronischer Mittel

Für die Kommunikation zwischen öffentlichem Auftraggeber und Bietern oder Bewerbern in einem Vergabeverfahren gelten die einschlägigen Vergabeverfahrensordnungen. Es wird empfohlen, alle Vergabeverfahren grundsätzlich mithilfe elektronischer Mittel durchzuführen. Vergabeverfahren über Liefer- und Dienstleistungsaufträge mit einem geschätzten Auftragswert bis 20.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) können bis zum 31. Mai 2022 auch mittels einfacher E-Mail durchgeführt werden. § 7 Abs. 4, § 39 Satz 1 und § 40 UVgO gelten insoweit nicht.

Der öffentliche Auftraggeber gibt in der Auftragsbekanntmachung eine elektronische Adresse an, unter der die Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt abgerufen werden können (§ 29 Abs. 1 UVgO; § 11 Abs. 3 VOB/A). Interessenten müssen die Vergabeunterlagen direkt ohne Registrierung herunterladen können. Eine freiwillige Registrierung ist möglich und zu empfehlen, damit interessierte Unternehmen über ergänzende Bieterinformationen unterrichtet werden können. Ohne Registrierung müssen die Unternehmen selbst bemüht sein, solche Informationen in Erfahrung zu bringen (Holschuld).

Nutzung des Vergabemarktplatzes (VMP)

Die Vergabestellen der unmittelbaren Landesverwaltung und der landesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Sinne der Nummer 2.2.1 Buchst. a nutzen für die elektronische Durchführung öffentlicher Beschaffungen die Vergabeplattform des Landes Rheinland-Pfalz als Vergabemarktplatz (VMP). Das den vorgenannten Nutzern des VMP optional zur Verfügung stehende Vergabemanagementsystem (VMS) unterstützt die digitale rechtskonforme Abwicklung des gesamten internen arbeitsteiligen Vergabeprozesses.

Vergabedokumentation und Aufbewahrungspflichten

Mindestanforderungen an die Dokumentation

Das Vergabeverfahren ist nach § 6 UVgO beziehungsweise § 20 VOB/A von Beginn an fortlaufend in Textform zu dokumentieren, so dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen festgehalten werden.

Aufbewahrung von Vergabeunterlagen

Die Vergabeunterlagen (Dokumentation, Angebote, Teilnahmeanträge und ihre Anlagen) sind für mindestens fünf Jahre nach Vorlage der Schlussrechnung aufzubewahren. Sonstige, z. B. zuwendungsrechtliche Aufbewahrungsfristen bleiben unberührt.

Abfragen aus dem Wettbewerbsregister

Einführung eines bundesweiten Wettbewerbsregisters

Mit dem Gesetz zur Einrichtung und zum Betrieb eines Registers zum Schutz des Wettbewerbs um öffentliche Aufträge und Konzessionen (Wettbewerbsregistergesetz – ­WRegG) vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2739), geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 18. Januar 2021 (BGBl. I S. 2) wurde die Rechtsgrundlage für ein bundeseinheitliches Wettbewerbsregister geschaffen. Das Wettbewerbsregister wird beim Bundeskartellamt in Form einer elektronischen Datenbank geführt (§ 1 Abs. 1 und 3 WRegG). Einzelheiten des Melde- und Abfrageverfahrens sind in der Wettbewerbsregisterverordnung (WRegV) vom 16. April 2021 (BGBl. I S. 809) geregelt. Das BMWi hat das Vorliegen der Voraussetzungen für die elektronische Datenübermittlung festzustellen und im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Die Meldepflichten durch die Strafverfolgungsbehörden und der Behörden, die zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten berufen sind, werden nach Ablauf des Monats, der auf den Tag der Bekanntmachung durch das BMWi folgt, wirksam. Die Abfraepflichten der Auftraggeber beginnen sechs Monate nach Ablauf des Monats der Bekanntmachung (§ 12 WRegG). Sobald das Wettbewerbsregister nach § 6 ­WRegG verpflichtend abzufragen ist, wird hierdurch die bisher bestehende Pflicht des öffentlichen Auftraggebers zur Abfrage beim Gewerbezentralregister bei öffentlichen Aufträgen mit einem Wert von mehr als 30.000 Euro nach § 21 Abs. 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes vom 23. Juli 2004 (BGBl. I S. 1842), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 30. März 2021 (BGBl. I S. 448), nach § 19 Abs. 3 des Mindestlohngesetzes vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1348), zuletzt geändert durch Artikel 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1657), und nach § 21 Abs. 3 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 799), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1657), ersetzt. Gleiches gilt für die Abfragepflicht nach Nummer 4.3.5 Abs. 8 der Verwaltungsvorschrift „Korruptionsprävention in der öffentlichen Verwaltung“. Für die Dauer von drei Jahren nach Inbetriebnahme des Wettbewerbsregisters bleibt den öffentlichen Auftraggebern die Möglichkeit erhalten, ergän[1]zend auch das Gewerbezentralregister abzufragen.

Aufgabe des Wettbewerbsregisters

Mit dem Wettbewerbsregister werden den öffentlichen Auftraggebern Informationen über Ausschlussgründe im Sinne der §§ 123 und 124 GWB zur Verfügung gestellt. Die eintragungspflichtigen Rechtsverstöße sind in § 2 ­WRegG abschließend aufgezählt. Die Entscheidung über die Eintragung trifft die Registerbehörde auf der Grundlage der meldepflichtigen Informationen, die ihr von den Strafverfolgungsbehörden und der zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständigen Behörden übermittelt werden. Eine Eintragung im Register wird entweder nach Ablauf der Eintragungsfrist (§ 7 ­WRegG) oder vorzeitig nach einer erfolgreichen Selbstreinigung des Unternehmens (§ 8 WRegG) wieder gelöscht. Die grundsätzlichen Anforderungen an eine Selbstreinigung ergeben sich aus § 8 Abs. 1 WRegG in Verbindung mit § 123 Abs. 4 Satz 2 und § 125 Abs. 1 GWB. Nach § 6 Abs. 5 ­WRegG entscheidet der öffentliche Auftraggeber in eigener Verantwortung über den Ausschluss eines Unternehmens von einem Vergabeverfahren nach den §§ 123 bis 125 GWB. Eine Registereintragung hat daher nicht automatisch einen Ausschluss vom Vergabeverfahren zur Folge.

Abfragepflicht, Abfragemöglichkeit

Öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB sind verpflichtet, vor Erteilung des Zuschlags in einem Vergabeverfahren mit einem geschätzten Auftragswert ab 30.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) das Wettbewerbsregister zu demjenigen Bieter, an den der öffentliche Auftraggeber den Auftrag zu vergeben beabsichtigt, abzufragen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 ­WRegG). Damit besteht grundsätzlich die Abfragepflicht oberhalb und unterhalb der EU-Schwellenwerte. Registerabfragen können nur von öffentlichen Auftraggebern und nur im Rahmen von konkreten Vergabeverfahren vorgenommen werden. Bei Bietergemeinschaften betrifft die Abfragepflicht alle an der Bietergemeinschaft beteiligten Unternehmen. Eine Verpflichtung zur Abfrage besteht nicht bei Sachverhalten, für die das Vergaberecht Ausnahmen von der Anwendbarkeit des Vergaberechts vorsieht (§ 6 Abs. 1 Satz 3 ­WRegG). Auf eine erneute Anfrage zu konkreten Unternehmen kann verzichtet werden, wenn innerhalb der letzten zwei Monate zu dem Unternehmen bereits eine Auskunft aus dem Wettbewerbsregister erteilt wurde (§ 6 Abs. 1 Satz 5 ­WRegG). Neben der Abfragepflicht besteht für öffentliche Auftraggeber und Konzessionsgeber im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift die Möglichkeit, vor der Vergabe eines öffentlichen Auftrags oder einer Konzession auch unter[1]halb der jeweiligen Wertgrenzen das Wettbewerbsregister abzufragen (§ 6 Abs. 2 ­WRegG).