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OLG Celle: Bauvertrag kann vom Auftraggeber fristlos gekündigt werden, wenn Auftragnehmer nicht willens oder nicht in der Lage ist, die Leistung vertragsgemäß auszuführen

vorgestellt von Thomas Ax

Die Klägerin hat zu Recht darauf abgestellt, dass die Beklagte entweder nicht willens oder nicht in der Lage war, die Leistungen vertragsgemäß zu erbringen. Sie vermochte es auch nach Hinweis und Fristsetzung nicht, eine auch nur ansatzweise vertragsgemäße Leistung zu erbringen. Eine weitere Gelegenheit zur Nachbesserung musste die Klägerin der Beklagten nicht geben. Die Beklagte war auch nach mehrfachen Hinweisen durch die Bauleitung entweder nicht willens oder nicht in der Lage, die Leistung vertragsgerecht auszuführen. Unter diesen Umständen war die Klägerin berechtigt, die Verträge mit der Beklagten fristlos zu kündigen.

 

OLG Celle, Urteil vom 26.09.2019 – 5 U 40/19
vorhergehend:
LG Hannover, 21.01.2019 – 12 O 115/15
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 02.12.2020 – VII ZR 231/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Werkvertrag. Die Klägerin als Auftraggeberin macht nach einer fristlosen Kündigung des Werkvertrages die Erstattung von Mehrkosten für die Fertigstellung und Sachverständigenkosten geltend, die Beklagte rechnet hilfsweise mit Vergütungsansprüchen auf.

 

Die Klägerin ließ auf dem M…flugplatz W. umfangreiche Bauarbeiten vornehmen. Sie schrieb die Leistungen aus und beauftragte die Beklagte unter dem 6. August 2012 mit Estricharbeiten im S…gebäude (Auftragsnummer …, Anlage K1 Blatt 1 ff. des Anlagenbandes Klägerin – ABK) und – „aus haushalterischen Gründen“ in einem weiteren Auftrag mit Estricharbeiten in der A…anlage (Auftragsnummer …, Anlage 1 Blatt 4ff des ABK). Die Leistungen waren zusammen ausgeschrieben worden, die Beklagte hatte ein Angebot für beide Bauteile eingereicht und die Leistungsbeschreibung (K 2, Blatt 7ff. ABK) umfasste alle zu bearbeitenden Gebäude.

Hinsichtlich der Wandanschlüsse an aufgehende Bauteile war unter anderem ein Kautschuk-Bitumenkeil geschuldet, auf den anschließend eine Bitumenschweißbahn vollflächig mit der erforderlichen Naht- und Stoßüberdeckung aufzuschweißen und mit der Flächenabdichtung zu verbinden war (vergleiche Ordnungsziffer 1.1.3, 2.1.3 und 3.1.3 des Leistungsverzeichnisses). Anschließend war die Dichtigkeit der Bitumenabdichtung in den T…zentralen durch Flutung mit Wasser zu testen (OZ 1.1.9, 3.1.9).

Am 23. November 2012 (Blatt 54 ABK) schrieb der von der Bauherrin mit der Bauleitung beauftragte Mitarbeiter V. (S. G…planung) an die Beklagte:

Wie bereits telefonisch mitgeteilt wird von Ihren Mitarbeitern eine starre Hohlkehle aus Mörtel bzw. Beton statt des ausgeschriebenen Kautschuk-Bitumen-Keils ausgeführt. Die Leistung ist vertragswidrig und mangelhaft. Wir fordern Sie auf, die bereits ausgeführte mangelhafte Leistung vollständig zurückzubauen und durch die vertragskonforme Leistung der Position 2.1.3 zu ersetzen. Hierdurch entstehende Zeitverzüge und Kosten gehen vollständig zu Ihren Lasten.

Fristsetzung: Die Leistung ist bis zum 28. November 2012 vertragsgemäß herzustellen. Mit der Bauleitung S. /Herrn V. ist ein Ortstermin zur Begutachtung am 28. November 2012 zu vereinbaren. Vorsorglich weisen wir darauf hin, dass der Bauherr nach fruchtlosem Ablauf der Frist Ihnen den Auftrag nach VOB/B 8.3 entziehen kann.

Darauf reagierte die Beklagte mit E-Mail vom 26. November 2012 (Blatt 55 ABK):

Die Mängelrüge bezüglich der Ausführung der Hohlkehle im T…geschoss des oben aufgeführten Bauvorhabens haben wir zur Kenntnis genommen. Die Arbeiten mit dem Bitumenkeil werden ab Donnerstag ausgeführt. Somit kann am Freitag die Flutung des T…geschosses realisiert werden. Das bestellte Material wird leider erst am Donnerstag geliefert.“

Darauf antwortete Herr V. ca. zwei Stunden später (Blatt 55 f. ABK):

„(…) Mir ist absolut unverständlich, warum die zur Ausführung des Wandanschlusses notwendigen Bitumenkeile erst ab Donnerstag 29.11. lieferbar sind (gängiges Produkt beim Dachdecker-Einkauf). Vermutlich deswegen, weil Sie zweimal versucht haben, eine nicht vertragsgemäße und dazu noch untaugliche Ausführung zu realisieren. Am Donnerstag, 22.11. mittels Polystyrol-Keil (brennbar und somit nicht verschweißbar und unterläufig) am Freitag 23.11. mittels starrer Mörtelfuge (auf die Bahn geschmiert und unterläufig) (siehe Fotos). Der dritte und letzte Versuch (LV-konform mit Heißbitumen und Bitumenkeil!) sollte somit klappen. Ihre bisherigen Ausführungsversuche, im Übrigen ohne jegliche Rücksprache, lassen vermuten, dass die gewollte aufwändige Ausführung nicht verstanden wurde.

Es folgt ein Hinweis auf weiterführende technische Informationen zu dem Keil.

In der Antwort der Beklagten vom 27. November 2012 (Blatt 58 ABK) heißt es, die Ausführungen bezüglich der Abdichtung seien schon verstanden worden. Die Bitumenkeile seien sofort am Freitag nach dem Telefonat bestellt worden. Der Lieferant habe sich jedoch eine Lieferzeit von 3-4 Tagen erbeten. Andere Baustoffhändler bzw. Dachdeckerfirmen seien überfragt gewesen bzw. hätten nicht so schnell liefern können. Die Arbeiten würden erst am Donnerstagvormittag ausgeführt.

Ein weiterer Mitarbeiter der S. Planung schrieb daraufhin der Beklagten am selben Tag (Blatt 59 ABK), sie werde nach VOB/B unverzüglich am 28. November 2012 schriftlich in Verzug gesetzt, sollten die vorgegebenen Fristen und Termine auf der Baustelle nicht wahrgenommen werden und eine Ausführung entsprechend dem Leistungsverzeichnis verweigert. Die termin- und sachgerechte Leistungserbringung sei Voraussetzung für alle Folgegewerke.

Am 3. Dezember 2012 setzte das staatliche Baumanagement der Beklagten unter Verweis auf die vorangegangenen E-Mails – per Fax am 4. Dezember 2012 vorab – eine Frist bis zum 7. Dezember 2012, die mangelhaften/vertragswidrigen Leistungen auf eigene Kosten durch mangelfreie zu ersetzen. Nach fruchtlosem Fristablauf werde der Auftrag entzogen, § 8 Abs. 3 VOB/B (Blatt 65 ABK).

Am 5. Dezember 2012 (Blatt 69 f. ABK) schrieb der Projektleiter der Auftraggeberin an die Beklagte, diese sei verpflichtet, sowohl bei den wöchentlich stattfindenden Baubesprechungen anwesend zu sein, als auch einen voll unterrichteten und verantwortlichen Bauleiter vor Ort zu benennen und zu entsenden. Bisher sei dies nicht erfolgt. Terminliche Zusagen zur Mängelbeseitigung seien nicht eingehalten worden, eine Koordination der Arbeiten vor Ort nicht durchgeführt. Zur Klärung des Sachverhaltes werde die Beklagte daher eingeladen, im Anschluss an die Baubesprechung am 6. Dezember 2012 zu erläutern, in welcher Form künftig die Einhaltung der vertraglichen Grundlagen sichergestellt werden solle. Es erfolgt ein Hinweis darauf, dass mit der verzögerten Herstellung des Estrichs die fristgerechte Fertigstellung des Gebäudes und der fristgerechte Baubeginn für die Folgegewerke Haustechnik gefährdet seien.

In dem „Protokoll der Besprechung“ vom 6. Dezember 2012 (Blatt 74 ff. ABK) heißt es, die Herren G. und S., also der Geschäftsführer der Beklagten und ihr Bauleiter, hätten erklärt, die angemahnte Fertigstellung der Abdichtungsarbeiten einschließlich Mängelbeseitigung und Flutung bis einschließlich 7. Dezember 2012 und die Fertigstellung der nachfolgenden Estricharbeiten bis einschließlich 14. Dezember 2012 sei überhaupt kein Problem. Anschließend habe eine ausführliche Begehung der T…geschosse stattgefunden. Der Vorarbeiter H. der Beklagten habe versichert, man werde die mangelhaften Arbeiten korrigieren und die Abklebearbeiten bis zum 7. Dezember 2012 gegen Mittag fertigstellen und anschließend mit der Flutung beginnen. Herr S. habe um Verlängerung der Mängelbeseitigungsfrist bis einschließlich Sonnabend 8. Dezember 2012 gebeten, was die Mitarbeiter der Projektsteuerung und Bauleitung vor Ort zurückgewiesen hätten. Man bestehe auf dem geforderten Termin 7. Dezember 2012 (Fertigstellung Abklebung inklusive vollständiger Mangelbeseitigung und Flutung). Die Beklagte habe daraufhin den Termin für spätestens Freitag 7. Dezember 2012 ca. 16:00 Uhr zugesagt.

Nach der Besprechung habe man die Estrichgeschosse nochmals mit dem Vorarbeiter, Herrn H., begangen und auf diverse Mängel, insbesondere im Bereich der Wandanschlüsse hingewiesen. Herr H. habe sich sofort einsichtig gezeigt und zugesichert, dass er von nun an für fachgerechte Ausführung sorgen werde und bis zum Beginn der vorgesehenen Flutung an der Baustelle verbleibe.

Am 10. Dezember 2012 (Blatt 90 ff. ABK) wandte sich die Bauleitung an das Projektmanagement der Bauherrin und teilte mit, die Arbeiten der Beklagten seien am 7. Dezember 2012 nicht so weit fertiggestellt gewesen, dass mit der Flutung im 2. OG habe begonnen werden können. Im 1. OG sei die Flutungsprobe bereits am 7. Dezember 2012 nach ca. 2 Stunden abgebrochen worden, weil hier bereits Leckagen an den Wandanschlüssen sichtbar geworden seien. Man habe dann festgestellt, dass die Beklagte mit untauglichen Mitteln, nämlich Aufschmieren von Kaltbitumen, versuche, die Dichtigkeit der bemängelten Wandanschlüsse herzustellen. Hierzu sei noch nicht einmal das Wasser entfernt worden. Teilweise sei die aufgebrachte Dickbeschichtung bereits mehr als 4 cm stark. Ein fachgerechter Einbau des Estrichs mit Trittschalldämmung sei so nicht mehr möglich. Mindestens drei Dachabläufe im 2. OG leckten. Alle Dacheinläufe in beiden Geschossen seien nicht fachgerecht eingerichtet worden. Der Anschluss der Dachgullis sei an jeder Verschraubung undicht. Durch die offensichtlich mangelnde Fachkunde würden vorhandene Mängel nicht beseitigt, sondern neue Mängel (zu hohe und mangelhafte Wandanschlüsse im Eckbereich zum Boden) entstünden, die erhebliche Bauzeitverlängerungen und nicht unerhebliche Rückbaukosten verursachten. Man bitte daher, die Beklagte zur Minderung bzw. Verhinderung weiterer Schäden und Verzögerung sofort von ihrer Leistung zu entbinden.

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2012 (Blatt 107 f. ABK) kündigte sodann die Bauherrin die Bauverträge vom 6. August 2012 unter Hinweis auf die Aufforderung zur Mängelbeseitigung bis zum 7. Dezember 2012 unter Verweis ua auf § 8 Abs. 3 VOB/B bezüglich der Errichtung des S…gebäudes und des Neubaus der A…anlage mit sofortiger Wirkung insgesamt.

Darauf reagierte die Beklagte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. Dezember 2012 (Blatt 109 f. ABK), in dem sie erklärte, das Schreiben vom 3. Dezember 2012 habe die Beklagte keineswegs per Einschreiben mit Rückschein und auch per Telefax erst als die Seiten 3 und 4 des Telefaxes vom 11. Dezember 2012 erreicht. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch die Fristsetzung auf den 7. Dezember 2012 bereits seit langem abgelaufen. Es falle zudem auf, dass es sich bei der vermeintlichen Fristsetzung mit Kündigungsandrohung um einen „Entwurf“ handele. Man müsse deshalb davon ausgehen, dass es unterlassen wurde, der Beklagten eine entsprechende Mangelbeseitigungsaufforderung unter Fristsetzung mit Androhung der Kündigung zu übersenden. Insofern fehle die Voraussetzung für eine beabsichtigte Kündigung nach § 8 Abs. 3 VOB/B, sodass das Kündigungsschreiben als freie Kündigung gemäß § 8 Absatz 1 VOB/B zu werten sei. Man gehe davon aus, dass eine freie Kündigung nicht beabsichtigt gewesen sei und betrachte daher das Telefax als erneute Aufforderung zur Mängelbeseitigung, wobei jedoch die Frist in angemessener Weise neu bestimmt werden müsse.

Die Klägerin beauftragte am 19. Dezember 2012/17. April 2013 den Sachverständigen Dipl.-Ing J. S. mit der Erstellung eines Gutachtens zur Beweissicherung (Blatt 112 ff. ABK). Der Sachverständige stellte dabei eine Vielzahl von Mängeln fest. Er führte aus, um die Stahlbetondecken dauerhaft und sicher abzudichten und zu verhindern, dass Wasser durch die Abdichtung dringe, bleibe nach seinem Kenntnisstand – auch wegen der Vielzahl der festgestellten Fehler – als einzige technisch richtige Maßnahme nur die Instandsetzung durch komplette Neuherstellung der Abdichtung unter Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik (Seite 15 des Gutachtens, Blatt 126 ABK).

Am 17. April 2013 betraute die Klägerin die K. R. E. GmbH mit den Estricharbeiten (Blatt 129 ff. ABK) und die H. H. GmbH mit Abdichtungsarbeiten (Bl. 192 ff. ABK). Diese Firmen rechneten die Arbeiten mit einem Mehrbetrag bzw. Mangelbeseitigungsaufwand im Vergleich zum Auftrag der Beklagten von 49.133,73 Euro ab (Blatt 181 ff. ABK). Der Sachverständige berechnete für sein Gutachten 4.068,01 Euro, korrigiert auf 4.068,02 Euro (Blatt 208 ABK).

Die Klägerin hat diese Kosten gegen die Beklagte geltend gemacht und weitere 2.027,76 Euro für die erneute Ausschreibung. Sie hat dazu die Auffassung vertreten, sie habe beide Aufträge berechtigterweise fristlos gekündigt. Das Vertrauen der Klägerin in die Sach- und Fachkunde sowie den Willen der Beklagten, die ihr übertragenen Werkleistungen den anerkannten Regeln der Technik gemäß ausführen zu wollen und zu können, sei verloren gegangen wegen der erheblichen Mängel sowie der untauglichen Versuche, diese zu beseitigen.

Die Klägerin hat später (Schriftsatz vom 27. September 2018, Blatt 316 ff.) mit abgetretenen Ansprüchen gegen eine Restwerklohnforderung der Beklagten aus anderen Bauvorhaben aufgerechnet und den Rechtsstreit in Höhe eines Betrages von 12.035,31 Euro in der Hauptsache für erledigt erklärt und zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 43.194,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 55.229,51 Euro seit dem 19. Juli 2014 zu zahlen, sowie im Übrigen festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in Höhe von 12.035,31 Euro in der Hauptsache erledigt hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und hilfsweise widerklagend,

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 12.035,31 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 9.842,88 Euro seit dem 22. Juni 2016 sowie aus 2.192,43 Euro seit dem 10. August 2016 zu zahlen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Hilfswiderklage abzuweisen.

Die Beklagte hat dazu ausgeführt, die Klage sei weder dem Grunde noch der Höhe nach begründet. Vielmehr sei es so, dass die Beklagte ihrerseits Ansprüche aus § 8 Absatz 1 VOB/B in Verbindung mit § 649 BGB verfolge. Die Beklagte habe lediglich im ersten Vertrag überhaupt Leistungen erbringen können. Im zweiten hätte sie dazu noch gar keine Gelegenheit gehabt, sodass naturgemäß und aus logischen Gesichtspunkten im zweiten Vertrag keine mangelhafte Leistung vorgelegen haben könne. Die Beklagte habe vertragsgerecht und damit fristgemäß am 11. November 2012 mit ihren Leistungen begonnen. Schon unmittelbar nach Beginn der Arbeiten habe sich der Mitarbeiter des von der Klägerin eingesetzten G…planungsbüros, J. V., darüber erkennbar echauffiert, dass eine Verständigung mit den vornehmlich türkischstämmigen Mitarbeitern der Beklagten nicht möglich sei. Obgleich die Klägerin über ihre G…planung und damit über Herrn V. überhaupt kein Direktionsrecht über die Mitarbeiter der Beklagten gehabt habe oder hätte ausüben dürfen, seien diese immer wieder hinsichtlich der Leistungsausführung angesprochen und dabei zunehmend verunsichert worden. Infolge dieser Verunsicherung sei zunächst tatsächlich an einer einzelnen kleinen Stelle anstatt des ausgeschriebenen Kautschuk-Bitumen-Keils eine andere Ausführung begonnen worden, weil schlicht die Mitarbeiter der Beklagten die permanenten Anweisungen des Herrn V. nicht verstanden hätten. Sie hätten einfach nicht gewusst, was dieser wolle. Der Bauleiter der Beklagten habe das Missverständnis schon bei einem Telefonat mit Herrn V. geklärt und natürlich richtiggestellt, dass die vertraglich geschuldeten Leistungen ausgeführt würden. Die Klägerin habe über ihr Planungsbüro – offenkundig infolge eines aus dem Takt geratenen Bauvorhabens – völlig unangemessen Druck auf die Beklagte und deren Mitarbeiter ausgeübt und darauf gedrängt, dass möglichst schnell die „geschuldete Eigen-Dichtigkeitsprüfung (von der Klägerin als Flutung bezeichnet)“ vorgenommen werde. Sinn und Ziel einer solchen Dichtigkeitsprüfung sei, dass etwaige Undichtigkeiten von der Beklagten als Auftragnehmerin selbst erkannt würden und dann im Rahmen der weiteren Leistungsausführung auch beseitigt werden könnten. Hierzu habe die Klägerin der Beklagten jedoch überhaupt keine Zeit gegeben. Der Zugang des Schreibens vom 3. Dezember 2012 sei streitig. Auch nach Befragung der Büro-Mitarbeiter der Beklagten sei ihr dieses Telefax nicht zur Kenntnis gelangt. Eine von ihrem Prozessbevollmächtigten angeregte Überprüfung des Journals bei der Beklagten sei leider daran gescheitert, dass das damalige Gerät später kaputtgegangen sei und habe ausgetauscht werden müssen. Ein nachträgliches Auslesen des Journals sei daher nicht mehr möglich. Es komme daher allein auf die Erinnerungsfähigkeit der Büromitarbeiter an, die sich nicht an den Eingang des Telefaxes vom 3. Dezember 2012 erinnern könnten. Das Original mit der Nachfristsetzung auf den 7. Dezember sei der Beklagten erst am Tag des Fristablaufs, nämlich den 7. Dezember 2012, zugegangen.

Das von J. V. subjektiv gefertigte „Protokoll“ gebe den Inhalt der Besprechung nicht wieder. Richtig sei nur, dass die Beklagte zugesichert habe, die Arbeiten unverzüglich entsprechend den Vereinbarungen fortzusetzen. Richtig sei, dass unter dem vertraglich gar nicht vorgesehenen zeitlichen Druck des Bauleiters V. dann noch am 7. oder 8. Dezember 2012 mit der Dichtigkeitsprobe begonnen worden sei. Soweit sich bei dieser Probe Undichtigkeiten herausgestellt hätten, habe die Beklagte natürlich unmittelbar begonnen, diese Undichtigkeiten zu lokalisieren und entsprechende Arbeiten zur Fortführung ihrer Abdichtungsarbeiten einzuleiten. Die Arbeiten seien daher nicht mangelhaft gewesen, sondern schlicht unfertig. Völlig überraschend habe dann die Klägerin gekündigt.

Die Ortsbesichtigung durch den Sachverständigen habe erst am 19. Dezember 2012 stattgefunden, sodass mit Nichtwissen bestritten werden müsse, ob der vom Sachverständigen vorgefundene Zustand noch derjenige sei, den die Beklagte nach Verlassen der Baustelle infolge der Kündigung hinterlassen habe.

Selbst wenn man eine Mangelhaftigkeit unterstellen wolle, sei der Beklagten jedoch keine hinreichende Gelegenheit zur Mangelbeseitigung gegeben worden.

Die Kündigung des zweiten Vertrages sei nur als freie Kündigung gemäß § 8 Absatz 1 VOB/B zu verstehen, weil die Beklagte mit ihren Leistungen diesbezüglich noch gar nicht begonnen habe. Diesbezüglich rechne sie mit einer vereinbarten Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen in Höhe von 40.995,63 Euro auf.

Es werde davon ausgegangen, dass die Aufträge an das Nachfolgeunternehmen erteilt worden seien, ohne das andere Unternehmen am Vergabeverfahren beteiligt wurden, sodass etwa geschlossene Verträge gegen ein gesetzliches Verbot verstießen und damit von Anfang an nichtig seien. Ansprüche aus nichtigen Verträgen könnten jedoch nicht bestehen.

Das Landgericht hat ein Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. S. A. eingeholt (Aktendeckel). Er ist nach der Fotodokumentation zu dem Ergebnis gekommen, dass die von der Beklagten erbrachten Arbeiten zahlreiche Mängel aufwiesen, in dessen Folge die Abdichtungen auf beiden Geschossdecken offensichtlich undicht gewesen seien. Zur Beseitigung der Mängel und zur Herstellung der vertraglich geschuldeten Leistung sei es erforderlich, die Abdichtungen rückzubauen und neu herzustellen. Die Kosten für den Rückbau und die Neuerstellung der Abdichtung schätze er auf 24.976,49 Euro netto. Davon seien die Leistungen der Position 1.1.7 und 1.1.8 in Höhe von 6.015,34 Euro (netto) abzuziehen, weil diese Leistungen zum Zeitpunkt der Vertragskündigung noch nicht fertiggestellt gewesen seien, es handele sich um Sowieso-Kosten.

Der Sachverständige hat sein Gutachten am 18. Dezember 2017 (Aktendeckel) ergänzt und es in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 18. Juni 2018 erläutert. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll (Blatt 253 ff., Blatt 257 ff.) Bezug genommen. Das Landgericht hat Zeugen vernommen (Sitzungsprotokoll vom 18. Juni 2018, Blatt 253 ff. und vom 26. November 2018, Blatt 327 ff.) und die Beklagte sodann verurteilt, an die Klägerin 41.166,44 Euro nebst Zinsen zu zahlen, festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in Höhe von 12.035,31 Euro in der Hauptsache erledigt hat und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Dazu hat es zum Anspruchsgrund im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei berechtigt gewesen, den Vertrag über die Estricharbeiten im S…gebäude nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B in Verbindung mit § 5 Abs. 4 VOB/B außerordentlich zu kündigen. Daneben sei auch ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gegeben, § 242 BGB bzw. § 314 BGB analog. Das Gericht sei aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Leistungen der Beklagten so grob mangelhaft gewesen seien, dass der Klägerin die Fortführung der Zusammenarbeit mit ihr unzumutbar gewesen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil (Blatt 347 ff.) Bezug genommen.

Gegen das Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihren Klagabweisungsantrag weiterverfolgt sowie den widerklagend bereits in 1. Instanz geltend gemachten Restwerklohn in Höhe von 12.035,31 Euro aus anderen Bauvorhaben.

Die Beklagte meint, das Landgericht habe gegen seine Hinweispflicht verstoßen, § 139 ZPO. Es habe nämlich nicht darauf hingewiesen, dass es die Kündigung beider Verträge in eine solche wegen nicht eingehaltener Vertragsfristen umdeute. Die Klägerin selbst habe ihre Kündigung auf nicht fristgemäß beseitigte Mängel gestützt. Hätte das Landgericht darauf hingewiesen, hätte die Beklagte dies bestritten und vorgetragen, dass es in dem Vertragsverhältnis selbst gar keine Vertragsfristen im Sinne des § 5 Abs. 1 VOB/B gegeben habe.

Das Landgericht habe nicht darauf hingewiesen, dass es die Kündigung des zweiten mit der Klägerin geschlossenen Vertrages über das A…gebäude entgegen dem Wortlaut des Kündigungsschreibens als außerordentliche Kündigung wegen der Unzumutbarkeit der Fortführung des Vertrages werte. Dies sei umso überraschender, als auch die Klägerin diesen Kündigungsgrund gar nicht vorgetragen habe. Man gewinne den Eindruck, das Ausgangsgericht sei bemüht gewesen, einen passenden Kündigungsgrund in das Kündigungsschreiben vom 11. Dezember 2012 hineinzuinterpretieren, obwohl es sich dem Wortlaut nach gar nicht ergebe und auch die Klägerin selbst einen Sachverhalt, aus dem sich die Unzumutbarkeit einer weiteren Vertragsfortführung ergebe, gar nicht vorgetragen habe. Im ersten Vertrag habe die Beklagte zunächst mit den streitgegenständlichen Abdichtungsarbeiten als Vorbereitung der Estricharbeiten begonnen. Dies seien strukturell andere Arbeiten, sodass auch nicht erkennbar sei, wie man aus gegebenenfalls mangelhaften Abdichtungsarbeiten herleiten könne, dass auch die nachfolgenden Estricharbeiten ebenso mangelhaft ausgeführt würden.

Das Landgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend erörtert, Verstoß gegen § 136 Abs. 3 ZPO.

Auch für eine Kündigung gemäß § 4 Abs. 7, § 8 Abs. 3 VOB/B fehlten die Voraussetzungen. Die Klägerin habe einen einzigen Mangel gerügt, nämlich den anzubringenden Keil zwischen Rohfußboden und aufgehenden Wänden. Die Klägerin habe eine zu kurze Frist gesetzt und unberechtigterweise sogleich mit einer Kündigungsandrohung versehen. Nach dem Vertrag sei es die alleinige Dispositionsbefugnis der Beklagten, wann sie welche Arbeiten im Rahmen der zu erbringenden Abdichtung vornehme. Wenn die Klägerin bestimmte Zwischentermine hätte vorgeben wollen, hätte sie diese auch vereinbaren müssen. Dementsprechend habe die Beklagte über ihren damaligen Bauleiter die Frist zurückgewiesen und mitgeteilt, selbstverständlich würden die gerügten Mängel beseitigt, sobald das geschuldete Material (Kautschuk-Bitumenkeil) geliefert werde. In ihrem Schreiben vom 3. Dezember 2012 habe die Klägerin nochmals mangelhafte Leistungen unter Fristsetzung zum Beheben bis zum 7. Dezember 2012 gesetzt verbunden mit einer Kündigungsandrohung, die Mängel jedoch gar nicht mehr spezifiziert. Wegen der genannten Position des Leistungsverzeichnisses habe die Beklagte diese Rüge erneut auf den ursprünglich nicht vertragsgemäß ausgeführten Keil bezogen. Die Beklagte habe die geschuldeten Keile dann noch eingebaut. Damit sei der einzig gerügte Mangel vor der Flutung der T…zentrale innerhalb der gesetzten Frist beseitigt worden. Dass die Dichtigkeitsprüfung im Anschluss erfolglos verlief, bedeute, dass der Beklagten Gelegenheit zur Nachbesserung habe gegeben werden müssen.

Hinsichtlich des A…gebäudes habe die Beklagte noch gar nicht mit Arbeiten begonnen. Von dem Kündigungsgrund „erschüttertes Vertrauen“ habe die Klägerin selbst keinen Gebrauch gemacht. Da es sich um einen anderen Vertrag handele, könnten die Kündigungsgründe nicht übertragen werden.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Hannover vom 21. Januar 2019, Az. 12. O 115/15 wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 12.035,31 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 9.842,88 Euro seit 22. Juni 2016 sowie aus 2.192,43 Euro seit dem 10. August 2016 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie meint, es handele sich um ein einziges Vertragsverhältnis, das die Klägerin nur aus buchungstechnischen Gründen unter zwei Vertragsnummer habe abrechnen müssen. Die Klägerin bzw. die von ihr beauftragten Architekten hätten demgemäß in sämtlichen Schreiben immer beide Gebäude genannt, in denen die Beklagte Leistungen auszuführen habe. Auch in dem Schreiben der Klägerin vom 3. Dezember 2012 (Anlage K8) sei ausdrücklich auf beide Auftragsnummern verwiesen. Dementsprechend umfasse ihre außerordentliche Kündigung die Arbeiten in beiden streitgegenständlichen Gebäuden.

Zudem – zwei Verträge unterstellt – sei die Klägerin wegen der dargestellten Versäumnisse der Beklagten berechtigt gewesen, beide Vertragsverhältnisse außerordentlich zu kündigen. Die Leistungen der Beklagten seien mangelhaft gewesen, was die Klägerin vor Abnahme gerügt habe. Trotz mehrfacher Fristsetzung habe sie die Mängel nicht beseitigt. Die Beklagte hätte die Dichtigkeitsprüfung spätestens am 24. November 2012 durchführen müssen. Sie habe darüber hinaus die Durchführung für den 30. November 2012 zugesagt. Geschehen sei dies nicht fristgerecht. Sie habe sich daher in Verzug befunden. Weil die Beklagte die gerügten Mängel nicht beseitigt habe, sei es zu der „katastrophalen“ Dichtigkeitsprüfung gekommen. Sie habe die Baustelle trotz Dringlichkeit der Arbeiten über mehrere Zeiträume nicht mit Mitarbeitern besetzt. Sie habe zugesagt, die Dichtigkeitsprüfung am 7. Dezember 2012 durchzuführen, aber zuvor die hierfür notwendigen Arbeiten noch nicht fertiggestellt. Sie habe die ihr übertragenen Leistungen nicht dem Stand der Technik entsprechend ausgeführt, auch die Beseitigungsversuche nicht und damit die Einhaltung des geplanten Gesamt-Fertigstellungstermins gefährdet.

Das Landgericht sei seinen Hinweispflichten nachgekommen. Schon in seinem Beschluss vom 20. August 2018 habe es deutlich darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 VOB/B und dem folgend auch diejenigen des § 8 Abs. 3 VOB/B erfüllt sein dürften.

In den besonderen Vertragsbedingungen sei unter Ziffer 1.1 klar der Ausführungsbeginn festgelegt. Des Weiteren habe die Beklagte auf Grundlage dieser Fristen ihr Angebot abgegeben. Diese Zeiten seien im Rahmen der Bauanlaufbesprechung nochmals abgestimmt worden. Die Berechtigung der Klägerin zur außerordentlichen Kündigung aufgrund von der Beklagten nicht eingehaltener Fristen sei neben der mangelhaften Leistung der Beklagten Kern des Rechtsstreits 1. Instanz gewesen. Die Klägerin habe der Beklagten mehrfach Fristen gesetzt, um die während der Ausführung erkennbaren Mängel, nämlich die fehlende Dichtigkeit, zu beseitigen. Diese Fristen seien fruchtlos verstrichen.

Zutreffend habe das erstinstanzliche Gericht auch ausgeführt, dass neben dem der Klägerin zustehenden Kündigungsgrund nach § 5 Abs. 4 VOB/B auch ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gegeben sei. Die von der Beklagten erbrachte Leistung sei trotz Nachbesserungsversuchen grob mangelhaft, was sich nach der Flutung des Raumes gezeigt habe. Die Beklagte sei entweder nicht in der Lage oder nicht willens gewesen, diese Mängel fachgerecht zu beseitigen, auch nicht fristgerecht, sodass es der Klägerin nicht zumutbar gewesen sei, das bestehende Vertragsverhältnis mit der Beklagten fortzuführen. Zu diesem Kündigungsgrund trage die Beklagte in der Berufungsbegründung nichts vor, sodass dieser Punkt als nicht angegriffen und somit akzeptiert gelte.

Die Interpretation der Beklagten in Bezug auf das Kündigungsschreiben der Klägerin vom 11. Dezember 2012 sei erstaunlich. Wegen der Vor-Korrespondenz sei es deutlich geworden, dass zum einen der Kündigungsgrund Ablauf der Frist zur Beseitigung des festgestellten Mangels und zum anderen Überschreiten der vereinbarten (Zwischen-)Fristen zusammenfielen. Zudem dürfe die Klägerin Kündigungsgründe nachschieben.

Nach der misslungenen Flutungsprobe am 7. Dezember 2012 habe die Beklagte versucht, die Wandanschlüsse abzudichten. Diese Versuche seien ebenfalls nicht geeignet gewesen, die vorhandenen Mängel zu beseitigen. Es seien mindestens drei Dachabläufe im 2. Obergeschoss undicht gewesen. Die Beklagte habe zugesagt, die vorhandenen Mängel bis zum 7. Dezember 2012 zu beseitigen. Geschehen sei dies nicht. Zuvor habe die Klägerin der Beklagte mit Schreiben vom 23. November 2012 eine Frist zur Beseitigung der bis dahin erkannten Mängel (Keil) bis zum 28. November 2012 gesetzt. Mit Schreiben vom 3. Dezember 2012 habe die Klägerin der Beklagten eine Nachfrist gesetzt und nochmals angedroht, der Beklagten bei fruchtlosem Fristablauf den Auftrag zu entziehen. Bei der Dichtigkeitsprüfung habe es sich natürlich nicht um eine interne Prüfung gehandelt, sondern um eine von der Beklagten geschuldete Leistung, die die Klägerin sogar vergütet habe.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze und Anlagen der Parteien Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Das Landgericht hat der Klage zurecht weitgehend stattgegeben und die Hilfswiderklage abgewiesen. Die dagegen vorgebrachten Einwendungen der Beklagten führen nicht zu einem anderen Ergebnis.

Die Klägerin hat zu Recht darauf abgestellt, dass die Beklagte entweder nicht willens oder nicht in der Lage war, die Leistungen vertragsgemäß zu erbringen. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass die Beklagte zunächst entgegen den vertraglichen Vorgaben keinen Bitumen-Keil einbaute, sondern dies erst tat, nachdem die Bauleitung sie auf die beiden vertragswidrigen Ansätze hinwies. Sie vermochte es auch nach Hinweis und Fristsetzung nicht, eine auch nur ansatzweise vertragsgemäße Leistung zu erbringen. Es ist unstreitig, dass die Beklagte eine Fertigstellung ihrer Arbeiten bis zur Flutung zusagte. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, was inhaltlich an den Schreiben der Bauleitung und der Klägerin unrichtig gewesen sein sollte. Auf den – unglaubhaften – Vortrag der Beklagten, die Fristsetzungen der Klägerin seien ihr nicht zugegangen bzw. ihre Mitarbeiter könnten sich an den Zugang nicht erinnern, kommt es nicht an. Die vorangegangenen und bereits mit Fristsetzungen und Kündigungsdrohungen versehenen E-Mails (23., 26. und 27. November) haben die Beklagte erreicht; sie hat darauf jeweils reagiert. Die Beklagte hat nicht bestritten, dass eine Frist für den Abschluss der Abdichtungsarbeiten auf den 7. Dezember 2012 gesetzt war. Notwendigerweise müssen diese Arbeiten abgeschlossen sein, bevor die Dichtigkeit durch Flutung geprüft wird.

Die von der Klägerin vergütete Flutung diente nicht etwa der „Eigenüberprüfung“ der Beklagten, sondern sollte der Bauherrschaft Gewähr dafür bieten, dass dieser für den Baufortschritt besonders bedeutsame Zwischenstand der Dichtigkeit erreicht ist. Bei dieser Überprüfung zeigten sich nicht etwa lediglich einige, mit übersichtlichem Aufwand behebbare Mängel, sondern es wurde deutlich, dass die Leistung der Beklagten zur Erreichung des Vertragszwecks untauglich war und insgesamt zurückgebaut werden musste. Das hat das Landgericht nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme rechtsfehlerfrei festgestellt.

Nach § 286 Satz 1 ZPO entscheidet das erstinstanzliche Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder unwahr zu erachten ist. Nach der ZPO-Reform ist die Berufungsinstanz nicht mehr Wiederholung der erstinstanzlichen Tatsacheninstanz, sondern dient der Fehlerkontrolle und -beseitigung. Deshalb bestimmt § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, dass das Berufungsgericht an die vom erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden ist, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachen begründen. Konkrete Anhaltspunkte im vorgenannten Sinn können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, wenn etwa die Beweiswürdigung nicht den von der Rechtsprechung zu § 286 ZPO entwickelten Grundsätzen genügt. Dies ist der Fall, wenn das Gericht die von einer Partei unter Beweis gestellten Behauptungen nicht berücksichtigt oder die Beweiswürdigung in sich widersprüchlich ist oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Eine erneute Tatsachenfeststellung ist darüber hinaus geboten, wenn sich das Berufungsgericht aufgrund konkreter Anhaltspunkte von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nicht zu überzeugen vermag, weil es die durchgeführte Beweisaufnahme anders wertet (BGHZ 158, 269162, 313).

Gemessen daran ist die Beweiswürdigung des Landgerichts beanstandungsfrei. Gegen die Feststellungen des von der Klägerin beauftragten Sachverständigen Dipl.-Ing J. S., den Fotos und dem auf dieser Basis erstellten Gutachten des vom Gericht beauftragten Sachverständigen Dipl.-Ing. S. A. hat die Beklagte erhebliche Einwendungen nicht erhoben. Da die Beklagte auf der Baustelle tätig war, reicht es nicht aus zu bestreiten, dass die vorgelegten Fotos diese Baustelle nach ausgesprochener Kündigung zeigen, sondern die Beklagte hätte dartun müssen, welche nachträglichen Veränderungen darauf zu sehen sein sollen und wie sie die Baustelle verlassen haben will, wenn die vorgelegten Fotos dies nicht zutreffend wiedergeben sollten.

Beide Sachverständige haben plausibel und gut nachvollziehbar ausgeführt, dass und warum die Leistungen der Beklagten insgesamt untauglich sind, zurückgebaut werden müssen und durch neue, vertragsgemäße zu ersetzen sind.

Eine weitere Gelegenheit zur Nachbesserung musste die Klägerin der Beklagten nicht geben. Die Beklagte war auch nach mehrfachen Hinweisen durch die Bauleitung entweder nicht willens oder nicht in der Lage, die Leistung vertragsgerecht auszuführen. Das zeigt sich daran, dass zu Beginn gar nicht erst versucht wurde, den vertragsgemäßen Bitumen-Keil einzubauen und auch nach Hinweis andere, untaugliche, Versuche unternommen wurden, die Bauteile abzudichten. Dass die schriftlichen Hinweise der Bauleitung etwa inhaltlich unrichtig gewesen wären, hat die Beklagte nicht behauptet. Danach haben ihre Mitarbeiter zunächst eine nicht vertragsgemäße Mörtel-/Betonkehle zu erstellen versucht, ungeeignetes Abdichtungsmaterial eingebracht (Styropor) und später durch Auftragen von Bitumen untaugliche Nachbesserungsversuche unternommen. Das zur Vertragserfüllung erforderliche Material hat die Beklagte erst nach Mängelrügen bestellt. Nach ihrer Zusage, die Abdichtung nunmehr vertragsgerecht vorzunehmen, hat sie keine hinreichenden Anstrengungen unternommen, dies auch zu erreichen. Das haben die Flutung und die Feststellungen beider Sachverständigen deutlich aufgezeigt. Die Beklagte hat nicht etwa angeboten, ihre Leistungen – wie dies erforderlich gewesen wäre – zurückzubauen und durch neue, vertragsgerechten zu ersetzen, sondern sie wollte die vorhandenen – untauglichen – Leistungen nacharbeiten. Zu einer Mangelbeseitigung hätte das nach den in 1. Instanz festgestellten Tatsachen hinsichtlich des Mangelumfangs nicht genügt.

Unter diesen Umständen war die Klägerin berechtigt, die Verträge mit der Beklagten fristlos zu kündigen. Das hat das Landgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt. Der Senat tritt den dortigen Erwägungen bei.

Es kann dahinstehen, ob es sich um zwei gesonderte Verträge, um lediglich einen Vertrag oder um zwei eng verbundene Verträge handelt. Denn jedenfalls war die Klägerin nach dem Versagen der Beklagten hinsichtlich der Leistungen bei dem einen Vertragsteil berechtigt, auch den Vertrag hinsichtlich des anderen Vertragsteils fristlos zu beenden. Die Klägerin war nicht gehalten, der Beklagten etwa weitere Möglichkeiten einzuräumen, bei dem zweiten Bauteil vertragsgerechte Leistungen zu erbringen. Auch in diesem Teil war u.a. der Bitumen-Keil einzubauen, an dem die Beklagte beim ersten Bauteil gescheitert war. Dass und warum die Beklagte hätte in der Lage sein sollen, dies bei dem Gebäudeteil zu leisten, auf das sich der zweite Vertrag bezieht und warum die Klägerin etwa darauf hätte vertrauen können, ist weder dargetan noch ersichtlich.

Hinzu kommt, dass auch bei den weiteren Leistungen der Beklagten eine Vielzahl von Mängeln festzustellen war mit der Folge, dass sie insgesamt zurückzubauen und durch neue zu ersetzen waren. Schon zur Schadensminderung war die Klägerin daher gehalten, die Verträge mit der Beklagten dieses Bauvorhaben betreffend sofort zu beenden.

Die erforderlichen Kosten für die Ersatzvornahme sind vom Landgericht rechtsfehlerfrei ermittelt. Einwendungen dagegen bringt die Beklagte auch nicht vor.

Die Berufung der Beklagten war daher mit der Kostenfolge des § 97 Absatz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711709 Satz 2 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Absatz 2 ZPO.