In der Bekanntmachung ist als Voraussetzung für die Zulassung als Bieter nur eine Betriebsstätte im Stadtgebiet Stadt 1 oder die Einhaltung der vorgegebenen Reaktionszeit angegeben. Ausweislich der Leistungsbeschreibung, dort unter „2. Vertragsbedingungen“ ist das Vorhandensein eines befestigten Abstellplatzes als Verwahrgelände im Zeitpunkt der Auftragserteilung jedoch vorausgesetzt. Wörtlich heißt es unter Ziff. 2.1.: „Beim Abschluss von Rahmenverträgen können nur gewerbliche Abschleppunternehmen berücksichtigt werden. Sie müssen insbesondere folgende Voraussetzungen erfüllen: 2.1.1.: Es muss ein umzäunter und befestigter Abstellplatz vorhanden sein“.
Da der Vertrag durch Zuschlagserteilung zustande kommt, muss das Verwahrgelände – unabhängig davon, dass entsprechende Nachweise nicht schon mit Angebotsabgabe gefordert waren – bei Erteilung des Zuschlags und nicht erst bei Vertragsbeginn zur Verfügung stehen.
Eine Ergänzung unvollständiger Angebote und die Änderung von Angeboten, die die Anforderungen der Vergabeunterlagen nicht erfüllen, ist aber in jedem Fall ausgeschlossen (Gnittke/Hattig a.a.O. Rndr. 30). Gemäß § 18 EG Satz 2 VOL/A sind über die Aufklärung eines Angebots hinausgehende Verhandlungen unzulässig. Das Angebot des Bieters soll so, wie es vorgelegt wurde, geprüft, gewertet und je nach Ergebnis abgelehnt oder bezuschlagt werden (Gnittke/Hattig in: Müller-Wrede, VOL/A, 4. Aufl., § 18 EG VOL/A Rn. 28; Zeise in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 3. Aufl., § 18 EG VOL/A, Rdnr. 21). Jegliche Änderungen des Angebots in technischer oder preislicher Hinsicht sind den Beteiligten verwehrt. Auch wenn der Bieter nur Versäumnisse nachholen oder Lücken im Angebot füllen möchte, greift das Verhandlungsverbot ein.
Da nach Angebotsabgabe eine Verhandlung über die bzw. eine Vervollständigung der Angebote unzulässig ist, müssen die Bieter bereits bei Angebotsabgabe über das erforderliche Verwahrgelände verfügen, wenn die Angebote so gewertet werden sollen, wie sie abgegeben worden sind. Dahinstehen kann lediglich, ob aus der Formulierung, ein Abstellplatz müsse vorhanden sein, folgt, dass ein Bieter bereits im Zeitpunkt der Angebotsabgabe die unbegrenzte Verfügungsmöglichkeit über ein entsprechendes Gelände haben musste oder ob eine verbindliche Anmietoption ausgereicht hätte.
Vergaberechtswidrig ist es jedoch in jedem Fall, wenn die Auftraggeberin dem Bieter nach Angebotsabgabe Gelegenheit zur Suche nach einem geeigneten Gelände gibt und ihr „Schützenhilfe“ bis hin zur Beratung über die geeignete Formulierung einer Mietoption bietet.
Im Einzelnen:
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin hat im Juni 2014 die Vergabe eines Rahmenvertrages über das Abschleppen und Verwahren von Fahrzeugen im Stadtgebiet Stadt1 für eine Laufzeit von zwei Jahren mit einer Verlängerungsoption um ein weiteres Jahr u.a. bei der Hessischen Ausschreibungsdatenbank bekanntgegeben. Eine europaweite Auftragsbekanntmachung erfolgte nicht.
Ziffer d) der Ausschreibungsbekanntmachung (VA Bl. 01) lautet auszugsweise:
„Es werden nur Bieter zugelassen, die ihre Betriebsstätte im Stadtgebiet haben oder gewährleisten können, dass ihr Abschleppfahrzeug in einem Zeitraum von maximal 30 Minuten von ihrer Betriebsstätte am Einsatzort sein kann“.
Die gleichlautende Formulierung findet sich auch unter „Grundvoraussetzungen“ in Besondere Vertragsbedingungen (VA Bl. 20).
In der Leistungsbeschreibung (VA Bl. 22) heißt es auszugsweise:
„2. Vertragsbedingungen
2.1
Beim Abschluss von Rahmenverträgen können nur gewerbliche Abschleppunternehmen berücksichtigt werden. Sie müssen insbesondere folgende Voraussetzungen erfüllen:
2.1.1.
Es muss ein umzäunter und befestigter Abstellplatz vorhanden sein. Die Befestigung muss den Belangen des Umweltschutzes Rechnung tragen.
Die erforderlichen behördlichen Genehmigungen müssen erteilt sein. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, eine allseits umzäunte Verwahrungsfläche, welche die Unterbringung von Fahrzeugen (mindestens 20) ermöglicht, bereit zu stellen. ….
2.1.3.
Die Verwahrungsfläche, sowie die Räume für sichergestellte/beschlagnahmte Fahrzeuge müssen über Leichtflüssigkeitsabscheider oder andere geeignete Vorrichtungen zum Auffangen umweltschädlicher Flüssigkeiten verfügen.
2.1.4.
Die Preisgestaltung muss leistungsgerecht sein und marktüblichen Grundsätzen entsprechen. Die jeweils aktuelle Preiserhebung des Verbands der Bergungs- und Abschleppunternehmen e.V. (VBA) ist bei der Kalkulation zu berücksichtigen.
…..
2.2
…
Das Verwahrgelände muss innerhalb des Stadtgebietes der … Stadt1 inklusive der Vororte in den geltenden politischen Grenzen liegen und mit dem Öffentlichen Personennahverkehr erreichbar sein.
2.12.
Veränderungen im Fuhrpark hat der Auftragnehmer unverzüglich dem Auftraggeber mitzuteilen…“
Mit Email vom 18. Juni 2014 (VA Bl. 40) teilte das Mitglied der Antragstellerin A GmbH der Vergabestelle mit, bei der Durchsicht der Ausschreibung seien einige Ungereimtheiten aufgefallen. Diese betrafen u.a. den Termin der Angebotseröffnung, die Leistungsbeschreibung hinsichtlich der Herausgabezeiten und den Umstand, dass Fuhrparkveränderungen zu melden seien, aber keine Fuhrparkliste gefordert werde. Mit Email vom 26. Juni 2014 (VA Bl. 39) beantwortete die Antragsgegnerin die Fragen und wies darauf hin, dass eine Fuhrparkliste nicht gefordert sei.
Die Antragstellerin und die Beigeladene haben fristgerecht vor Ablauf der Angebotsfrist am 10.7.2014 Angebote abgegeben. Das Angebot der Beigeladenen lag preislich an erster Stelle. Am 05. August 2014 fand ein Aufklärungsgespräch mit der Beigeladenen statt. In dem hierüber errichteten Protokoll (VA Bl. 92) heißt es auszugsweise:
„Zur Zeit verfügt die Firma B über 20 Abschleppfahrzeuge, jedoch sind sie bestrebt fünf weitere Abschleppfahrzeuge anzuschaffen. Darüber hinaus beabsichtigt Herr C mit seinem Unternehmen zu expandieren und hat Interesse seine Dienstleistung in Stadt1 anzubieten. Die Firma B werde auf dem noch anzumietenden Verwahrgelände eine Niederlassung einrichten. Daraufhin wurde festgestellt, dass die Firma B über keinen Stellplatz für Pkws im Raum Stadt1 verfügt. Der Grund liegt darin, dass Herr C den Termin mit dem Ordnungsamt abwarten und sich über die Entscheidung der Stadt1 als möglicher Abschleppdienstleister vergewissern wollte. Es wurde festgehalten, dass die Firma B bis Ende August einen geeigneten Stellplatz in Stadt1 zu beschaffen hat und daher ein neuer Termin zur Besprechung der derzeitigen Sachlage erforderlich ist. Als Besprechungstermin wurde der 01.09.2014 …. festgelegt.“
Unter dem 14.08.2014 (VA Bl. 95) findet sich folgender Vermerk:
„Heute Morgen sprach Herr D, Firma B, hier vor, zur Vorstellung der geplanten Abstellfläche für abgeschleppte Fahrzeuge. Der Firma B wurde das ehemalige TÜV-Gelände in der …straße angeboten sowie eine Fläche in Stadt3. Da das TÜV-Anwesen zentral liegt, mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen ist, wurde von Seiten des Fachamtes diese Fläche für gut geeignet erachtet. Die Fläche in Stadt3 ist vom Zentrum zu weit entfernt und verkehrstechnisch nicht zu erreichen. Für das Anwesen …straße könnte ein Mietvertrag über zwei abgeschlossen werden, mit der Option einer Verlängerung. Herr D wurde angeraten, über die komplette Vertragslaufzeit, drei Jahre, einen Pachtvertrag abzuschließen. Bis zur geplanten Besprechung am 01.09.2014 wird ein detaillierter Vertrag vorliegen.“
Am 01.09.2014 fand ein weiteres „Aufklärungsgespräch“ mit der Firma B statt. Ausweislich des hierüber errichteten Protokolls wurden bei dieser Gelegenheit zwei beabsichtigte Verwahrflächen vorgestellt. Neben dem bereits erwähnten TÜV-Gelände ein Grundstück in Stadt4. Weiter heißt es in dem Protokoll (VA Bl. 95):
„Von Seiten des Fachamtes wird das Gelände im Gewerbegebiet Stadt4 als nicht geeignet erachtet, da die Örtlichkeit nur schlecht bzw. in den Abendstunden gar nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden kann. Diese Erreichbarkeit wird in der Leistungsbeschreibung gefordert und ist deshalb zwingend zu erbringen. Das Anwesen …straße liegt zentral und ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen. Unter Berücksichtigung der Ausschreibungskriterien sollte diese Fläche als Verwahrungsort für abgeschleppte Fahrzeuge genutzt werden. Für dieses ehemalige TÜV-Gelände ist beim Bauaufsichtsamt noch eine Bauberatung einzuholen, zwecks eventueller Genehmigung einer Nutzungsänderung. Da bisher dort Fahrzeuge abgestellt wurden, dürfte dies aber unproblematisch sein. Soweit dies rechtlich geklärt wurde, ist dem Ordnungsamt eine verbindliche Zusage des Vermieters über das beabsichtigte Mietverhältnis vorzulegen. Bis spätestens Freitag, 12.09.2014 muss die Zusage dem Fachamt vorliegen, damit fristgerecht die Entscheidung durch die Verdingungskommission erfolgen kann.“
Dieses Protokoll wurde von der Vergabestelle am 02. September 2014 mit der Bitte um inhaltliche Prüfung und Freigabe des Protokolls übermittelt. Unter dem 03. September 2014 antwortete der Mitarbeiter der Beigeladenen, Herr D, (VA Bl.109) wie folgt:
„Hallo Herr E, ich habe mir erlaubt Änderungswünsche in das Protokoll einzubringen, die hoffentlich im Hinblick auf die Verdingungskommission Akzeptanz erfahren“.
Mit Email vom 10. September 2014 übersandte Herr D der Vergabestelle eine „Vermietbekundung des TÜV“. Weiter heißt es in dieser Email (VA Bl.111):
„Ich hoffe, dass diese langt. Die Zusage auf Nutzung des Grundstücks durch die Stadt haben wir ja. Die nötigen Anträge werden wir bei der Bauaufsicht darüber hinaus stellen.“
Unter dem 10. und 11. September 2014 wurde innerhalb der Vergabestelle erörtert, ob die Vermietbekundung des TÜV ausreichend sei. Als Fazit wurde festgehalten, dass die Bekundung nicht ausreiche, sondern eine Option erforderlich sei. Unter dem 11. September 2014 teilte die Vergabestelle Herrn D mit, das Schreiben des TÜV entspreche derzeit nicht den Anforderungen der Stadt1. Es müsse eine konkrete Option für das Grundstück vorliegen. Unter dem 15.09.2014 erklärte die Beigeladene gegenüber der Antragsgegnerin (VA Bl.124):
„….. Hiermit geben wir Ihnen die Garantie, alle Aufträge, die uns das Ordnungsamt ab dem 01.01.2015 übermittelt, ordnungsgemäß nach den Vorgaben des Vertrages abzuarbeiten, soweit es zu einem Vertragsabschluss kommt.“
Am 16. September 2014 legte die Beigeladene eine neue Vermietungsbekundung des TÜV vor. Am 17. September teilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen mit, die erforderlichen Unterlagen lägen damit vor (VA Bl. 130).
Am 02. Oktober 2014 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin gemäß § 101 a GWB darüber, dass der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werde, da dieses Angebot günstiger sei. Mit Schreiben vom 08. Oktober 2014 rügte die Antragstellerin die Entscheidung als rechtswidrig. Sie bestritt, dass das Angebot der Beigeladenen leistungsgerecht sei, marktüblichen Preisen entspreche und die aktuelle Preiserhebung des VBA berücksichtige. Es habe daher ausgeschlossen werden müssen.
Die Ausschreibung sei im Übrigen unvollständig und fehlerhaft, weil von den Bietern keine Fuhrparkliste und kein Nachweis über das Verwahrgelände gefordert worden sei. Wegen des fehlenden Nachweises habe der Auftraggeber nicht prüfen können, ob die Anforderungen an das Gelände erfüllt sind.
Aufgrund der Ausschreibung sei völlig unklar, ob der begünstigte Bieter die Grundvoraussetzungen für die ordnungsgemäße Durchführung des Auftrags erfülle. Der begünstigte Bieter habe seinen Sitz in Stadt2. Vor diesem Hintergrund müsse bezweifelt werden, dass er die erforderliche Reaktionszeit einhalten könne.
Gerügt wurde weiter, dass die Ausschreibung keine Preisliste über abgebrochene Leistungen/Teilleistungen enthalte und die Regelung zur Haftung bei Schäden an abgeschleppten Fahrzeugen unklar sei. Die Ausschreibungsunterlagen hätten ein falsches Datum enthalten und seien im Hinblick auf die Herausgabezeiten widersprüchlich und unzutreffend gewesen.
Nachdem die Antragsgegnerin den Rügen nicht abhalf, reichte die Antragstellerin am 16. Oktober 2014 einen Nachprüfungsantrag ein, den sie im Wesentlichen mit den bereits vorgebrachten Rügen begründete. Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten und hat gemeint, die Rügen der Antragstellerin seien präkludiert. Ihre Email von 18. Juni 2014 enthalte keine Rügen, die Rügen im Schriftsatz vom 08. Oktober 2014 seien verspätet. Der Antrag sei auch unbegründet, da weder Vergabefehler noch Rechtsverletzungen zum Nachteil der Antragstellerin vorlägen.
Nachdem die Antragstellerin am 7.11.2014 teilweise Akteneinsicht erhalten hatte, rügte sie mit Schriftsatz vom 14. November 2014 u.a., bei den mit der Beigeladenen geführten „Aufklärungsgesprächen“ habe es sich in Wahrheit um ein unzulässiges Nachverhandeln gehandelt (VK Bl. 285, 295, 298).
Mit Beschluss vom 24. März 2015 hat die Vergabekammer den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Nachprüfungsantrag sei teilweise zulässig, jedoch unbegründet. Soweit die Antragstellerin rüge, dass die Beigeladene gegen die Vorgaben in Ziffer 2.1.4. der Leistungsbeschreibung verstoßen habe, sei sie nicht antragsbefugt. Die Antragstellerin habe eingeräumt, auch mit ihrem Angebot den einschlägigen Vorgaben der Leistungsbeschreibung nicht zu entsprechen. Demzufolge sei schon eine Verletzung eigener Rechte und ein dadurch entstandener oder drohender Schaden im Sinne von § 107 Abs. 2 GWB nicht ersichtlich. Zudem habe der in Betracht kommende § 19 EG Abs. 6 VOL/A grundsätzlich keine bieterschützende Wirkung. Für die Annahme von Verdrängungsabsicht reiche eine einzelne Auftragsvergabe nicht aus. Mit der Rüge einer fehlenden Forderung der Fuhrparkliste und eines Nachweises über das Verwahrgelände sei die Antragstellerin präkludiert. Insoweit sei der Inhalt ihrer Email vom 18. Juni 2014 nicht als Rüge zu werten, sondern als Aufklärungsverlangen. Die in dem Schreiben der Antragstellerin vom 08. Oktober 2014 enthaltene Rüge sei nicht mehr unverzüglich im Sinne von § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB. Gleiches gelte wegen der fehlenden Forderung des Nachweises über das Verwahrgelände und die widersprüchlichen Angaben zu den Herausgabezeiten. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin folge auch nicht aus dem Erfordernis einer europaweiten Auftragsbekanntmachung, weil der Antragstellerin hierdurch kein Schaden im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB entstanden sei oder zu entstehen drohe.
Soweit die Antragstellerin geltend mache, die Beigeladene habe die Vorgaben zur Betriebsstätte und zur maximalen Reaktionszeit nicht erfüllt sowie Preisangaben über Teilleistungen/abgebrochene Leistungen und die Herausgabe außerhalb der Herausgabezeiten unterlassen, sei der Antrag zulässig, aber unbegründet. Die Beigeladene habe den Vorgaben genüge getan. Zwar habe sie bei Angebotsabgabe nicht über eine Betriebsstätte bzw. ein Verwahrgelände in Stadt1 verfügt, dies sei jedoch nicht wörtlich vorgegeben gewesen. Die von ihr vor Vertragsschluss vorgelegte verbindliche Vermietungsbekundung eines Vermieters habe dem Rechnung getragen. Jedenfalls habe die Beigeladene die alternative Vorgabe zur maximalen Reaktionszeit erfüllt. Es komme allein darauf an, dass sie gewährleisten könne, die Reaktionszeit einzuhalten. Deshalb reiche die Übernahme einer Gewähr zur Erfüllung dieser Vorgabe aus, so dass es lediglich einer entsprechenden Verpflichtungserklärung bedürfe. Diese habe die Beigeladene mit ihrem Angebot vom 09. Juli 2014 abgegeben und durch ihre Garantieerklärung zur Erfüllung des Vertrags vom 16. September 2014 bekräftigt. Auch die fehlenden Preisangaben über Teilleistungen bzw. abgebrochene Leistungen und über die Herausgabe außerhalb der Herausgabezeiten sei vergaberechtskonform.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt: In dem Angebot der Beigeladenen sei die Preiserhebung des VBA unberücksichtigt geblieben. Hierin liege ein Verstoß gegen die Regelung in Ziffer 2.1.4. der Leistungsbeschreibung. Das Angebot der Beigeladenen unterschreite die Erhebung des VBA um ca. 20%. Bemerkenswert sei, dass die Antragsgegnerin noch in ihrem Schreiben vom 14. Oktober 2014, mit welchem sie die Rügen der Antragstellerin zurückwies, ausgeführt habe, die Preiserhebung des VBA sei nicht Gegenstand des Vergabeverfahrens. Damit stehe zugleich fest, dass die Antragsgegnerin bei der Prüfung der Angebote deren Einklang mit der Regelung in Ziffer 2.1.4. der Leistungsbeschreibung nicht geprüft habe. Die Regelung bedeute zwar keine feste Bindung an die Preiserhebung des VBA. Jedoch sollten damit erhebliche Abweichungen verhindert werden. Bei einer krassen Abweichung von ca. 20% nach unten, wie dies bei der Beigeladenen der Fall sei, könne keine Rede mehr von der Berücksichtigung der Preiserhebung des VBA sein. Zu Unrecht habe die Vergabekammer ausgeführt, dass sie, die Antragstellerin, hinsichtlich der erhobenen Rügen nicht antragsbefugt sei, weil § 19 EG Abs. 6 VOL/A keine bieterschützende Wirkung habe. § 19 EG Abs. 6 VOL/A sei für die Rüge der Nichtberücksichtigung der Preiserhebung des VBA nicht einschlägig. Der gerügte Fehler sei kausal für die Auswahlentscheidung. Sie, die Antragstellerin, habe sich bei der Abgabe ihres Preisangebots an die Leistungsbeschreibung und die Vorgabe in Ziffer 2.1.4. gehalten. Ihr Angebot weiche lediglich 9% von der Preisliste des VBA ab. Die Beigeladene habe dies nicht getan, sondern ihr Angebot „frei“ abgegeben, was sich zweifelsfrei aus der 20%igen Unterschreitung erschließe. Damit habe die Beigeladene einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gehabt. Hätte sie, die Antragstellerin, die Preiserhebung des VBA ebenfalls nicht berücksichtigt, hätte sie ein ganz anderes, respektive niedrigeres Preisangebot abgeben können. Hieran habe sie sich gerade aufgrund der Regelung in Ziffer 2.1.4. der Leistungsbeschreibung gehindert gesehen. Insofern habe sich die Beigeladene einen rechtswidrigen Wettbewerbsvorteil verschafft, der sich wettbewerbsverzerrend auswirke. Diesen Verstoß könne sie, die Antragstellerin, rügen, weil sie insoweit in ihren Rechten auf ein faires und chancengleiches Vergabeverfahren verletzt sei. Das Angebot der Beizuladenden sei im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung darüber hinaus ungewöhnlich niedrig und damit unwirtschaftlich. Es handele sich um einen bloßen Kampfpreis, bei dem sich für die Beigeladene monatlich ein negatives Ergebnis von 4.400,– EUR einstellen würde. Die Antragstellerin wiederholt ihre Rügen hinsichtlich der Unvollständigkeit und Fehlerhaftigkeit der Ausschreibung, weil keine Fuhrparkliste und kein Nachweis über das Verwahrgelände gefordert worden sei. Ohne Fuhrparkliste habe die Antragsgegnerin die Leistungsfähigkeit der Bieter gar nicht überprüfen können. Es sei unklar, ob die Beigeladene über zahlenmäßig ausreichende und technisch geeignete Fahrzeuge verfüge, um den Auftrag ordnungsgemäß durchführen zu können, zumal sie auch noch im Raum Stadt2 Abschleppaufträge durchführe. Mithin habe der Auftraggeber gar keine abschließende Überprüfung der Leistungsfähigkeit vornehmen und die Wirtschaftlichkeit des Angebots überprüfen können. Wegen des fehlenden Nachweises über das Verwahrgelände habe die Antragsgegnerin auch nicht prüfen können, ob die Anforderungen an das Gelände erfüllt sind. Zu Unrecht habe die Vergabekammer eine Präklusion dieser Rüge angenommen. Die Beanstandung hinsichtlich der fehlenden Fuhrparkliste in der Email vom 18. Juni 2014 sei dafür ausreichend. Zwar sei die Rüge über den fehlenden Nachweis über das Verwahrgelände erst mit Schreiben vom 08. Oktober 2014 erhoben worden, jedoch sei der Verstoß auch erst durch das Schreiben der Antragsgegnerin vom 02. Oktober 2014 erkennbar geworden, weil sie, die Antragstellerin, dadurch erstmals erfahren habe, dass ein auswärtiger Bieter den Zuschlag erhalten solle. Erst aufgrund dieser Information sei erkennbar gewesen, dass es für den Mitbieter aus Stadt2 gegebenenfalls Probleme hinsichtlich des Verwahrgeländes geben könne und insoweit der Nachweis in den Ausschreibungsunterlagen erforderlich gewesen wäre. Zu Unrecht habe die Vergabekammer auch angenommen, dass ihr, der Antragstellerin, durch die fehlende europaweite Ausschreibung kein Schaden entstanden sei oder zu entstehen drohe. Im Übrigen sei die Vergabekammer von Amts wegen befugt, den feststehenden Vergaberechtsverstoß nachzuprüfen und geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Rechtsverletzung zu beseitigen.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Erfüllung der Grundvoraussetzungen der Leistungsbeschreibung sei die Frist zur Abgabe des Angebots. Bis dahin habe die Beigeladene nachweisen müssen, dass sie über eine Betriebsstätte bzw. ein Verwahrgelände in Stadt1 verfüge. Da sie diesen Nachweis nicht habe erbringen können, habe sie nach den Grundvoraussetzungen der Ausschreibung als Bieterin vom weiteren Vergabeverfahren ausgeschlossen werden müssen. Die nachgereichte Vermietungsbekundung reiche nicht aus, um die Voraussetzungen der Leistungsbeschreibung zu belegen. Die Beigeladene habe auch nicht die alternative Vorgabe der Einhaltung einer maximalen Reaktionszeit von 30 Minuten nachgewiesen. Eine solche Erklärung sei zumindest dann unzureichend, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass ein Bieter die zugesicherte Tatsache nicht einhalten könne. In diesem Fall müsse die Vergabestelle zumindest eine Plausibilitätsprüfung zu der angegebenen Garantieerklärung durchführen. Eine solche Prüfung sei ersichtlich nicht erfolgt. Es könne ausgeschlossen werden, dass die Beigeladene von ihrer Betriebsstätte in Stadt2 aus mit ihren Einsatzfahrzeugen die maximale Reaktionszeit von 30 Minuten regelmäßig einhalten könne. Dies gelte in besonderem Maße während der Stoßzeiten morgens und abends. Da die Beteiligte weder eine Betriebsstätte bzw. ein Verwahrgelände im Stadtgebiet von Stadt1 nachgewiesen habe und ausgeschlossen werden könne, dass sie von Stadt2 aus die geforderte Reaktionszeit von 30 Minuten einhalten könne, erfülle sie nicht die Grundvoraussetzungen der Ausschreibung bzw. die Voraussetzungen der Leistungsbeschreibung. Sie wäre deshalb vom Vergabeverfahren auszuschließen gewesen. Ergänzend wird auf die Beschwerdebegründung vom 08. April 2015 Bezug genommen.
Die Antragstellerin beantragt:
1-.Die Entscheidung der 1. Vergabekammer des Landes Hessen vom 24.März 2015 – Az.: 69d – VK – 33/2014 – wird aufgehoben.
- Der Beschwerdegegnerin wird untersagt, der Beizuladenden den Zuschlag für den Vertrag über das Abschleppen, Verwahren und Umsetzen von widerrechtlich abgestellten Fahrzeugen aller Art im Gebiet der Beschwerdegegnerin zu erteilen, bevor nicht der Beschwerdeführerin Gelegenheit gegeben wurde, in einem neu durchzuführenden Ausschreibungsverfahren, das unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts durchzuführen ist, ein neues Angebot abzugeben;
hilfsweise:
Die Vergabekammer wird verpflichtet, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des angerufenen Gerichts über die Sache erneut zu entscheiden.
- Die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten durch die Beschwerdeführerin wird für notwendig erklärt.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin meint, der Nachprüfungsantrag sei offensichtlich unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Hinsichtlich des Vorwurfs, die Beigeladene habe bei ihrer Kalkulation die Preiserhebung des VBA nicht berücksichtigt, fehle der Antragstellerin die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB. Da auch ihr Angebot den als Vergleichsmaßstab heranzuziehenden Durchschnittspreis nach der Preiserhebung des VBA unterschreite, hätte es im weiteren Verfahren zwingend ausgeschlossen werden müssen. Soweit sie rüge, dass die Antragsgegnerin keine Nachweise über eine Fuhrparkliste und ein Verwahrgelände verlangt habe, sei die Antragstellerin nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB präkludiert. Diesen (vermeintlichen) Verstoß habe die Antragstellerin unmittelbar aus den Vergabeunterlagen erkennen können und deshalb spätestens bis zum Ablauf der Angebotsfrist rügen müssen.
Im Übrigen sei der Nachprüfungsantrag unbegründet. Der Hinweis auf die Preiserhebung des VBA sei im vorliegenden Vergabeverfahren ohne konkreten Aussagewert.
Die fehlende Abforderung einer Fuhrparkliste und eines Nachweises über das Verwahrgelände mit Angebotsabgabe sei nicht vergaberechtswidrig. Der Auftraggeber bestimme die Art der Eignungsnachweise sowie den Zeitpunkt der Vorlage dieser Nachweise. Das Angebot der Beigeladenen erfülle die Vorgaben des Auftraggebers an die Eignung. Die Eigenerklärung der Beigeladenen sei im Rahmen von zulässigen Aufklärungsgesprächen und mit der abgeforderten Vorlage bzw. dem Nachweis eines Verwahrgeländes verifiziert worden. Zu Recht habe die Vergabekammer angenommen, dass die Bieter nach den Vergabeunter- lagen im Zeitpunkt der Angebotsabgabe noch keinen verbindlichen Nachweis über eine Betriebsstätte bzw. über ein Verwahrgelände vorlegen mussten. Dies ergebe sich aus lit. d) der Bekanntmachung sowie den Besonderen Vertragsbedingungen der Vergabeunterlagen. Daraus folge mit keinem Wort, dass der mit dieser Vorgabe verbundene Nachweis einer Verfügungsgewalt über eine Betriebsstätte im Stadtgebiet bereits mit der Angebotsabgabe vorzulegen gewesen sei. Es reiche daher aus, dass die Beigeladene noch vor Vertragsschluss der Antragsgegnerin eine verbindliche Vermietungsbekundung eines Vermieters in Bezug auf eine Betriebsstätte/Verwahrgelände vorgelegt habe. Darüber hinaus habe sie die Alternative 2 der von der Antragsgegnerin insoweit aufgestellten Vorgaben erfüllt. Denn sie habe mit der Angebotsabgabe ausweislich der Ziffer 4 (Ausführungsfristen: Reaktionszeit maximal 30 Minuten) des von ihr unterschriebenen Angebotsschreibens erklärt, dass sie eine Reaktionszeit von maximal 30 Minuten einhalten werde und für deren Einhaltung auch einstehe. Die im Nachgang zur Angebotsabgabe von der Beigeladenen vorgelegte Garantieerklärung vom 15.09.2014 bestätige diese Gewährsübernahme nochmals.
Sie, die Antragsgegnerin, habe sich mit der Beigeladenen nicht über die Auswahl eines geeigneten Verwahrgeländes abgesprochen und die Beigeladene nach Angebotsabgabe auch nicht bei der Suche nach einem geeigneten Verwahrgelände unterstützt. Sie habe keine Nachweise zum Verwahrgelände mit der Angebotsabgabe verlangt. Sie habe lediglich fachlich – technische Anforderungen an die Art und Beschaffenheit des Geländes gemacht, ohne dass deren Einhaltung im Zeitpunkt der Angebotsabgabe zu belegen gewesen wäre. Dies sei vergaberechtlich zulässig. Zum Beleg verweist sie auf Entscheidungen des OLG München. Die Verhandlungen mit der Beigeladenen hätten nicht dazu gedient, ein unvollständiges Angebot zu vervollständigen. Bei dem geforderten Verwahrgelände handele es sich um die mit dem Angebot zugesicherte und im Auftragsfall geschuldete Leistung. Die Beigeladene habe deshalb kein unvollständiges, nicht zuschlagsfähiges oder den Ausschreibungsunterlagen widersprechendes Angebot eingereicht, sondern im Zuge der Aufklärungsgespräche Optionen für ein Verwahrgelände unterbreitet, von denen sich eine nach Prüfung durch die Antragsgegnerin als geeignet erwiesen habe. Selbst im Falle einer unzulässigen Nachverhandlung folge daraus kein Angebotsausschluss, solange das Angebot im Übrigen keinen zwingenden Ausschlussgrund aufweise. Da auch die Antragstellerin erst nach Angebotsabgabe den Nachweis eines Verwahrgeländes geführt habe, müsse andernfalls auch ihr Angebot ausgeschlossen werden.
Die Beigeladene habe auch die Anforderungen an eine Betriebsstätte im Stadtgebiet Stadt1 erfüllt. Insoweit genüge es, dass sie die Erfüllung der vertraglichen Pflichten im Auftragsfall versichert und zugesichert habe, eine Betriebsstätte in Stadt1 zu errichten. Die Beigeladene könne auch die vorgegebene Reaktionszeit einhalten, was sie, die Antragsgegnerin, anhand einer internetbasierten Auswertung mit Google – maps überprüft habe.
Die Beigeladene hat sich den Ausführungen der Antragsgegnerin angeschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Beschwerdeerwiderung vom 17. April 2015 und den Schriftsatz der Beigeladenen vom 17.4.2015 Bezug genommen.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist zwar nicht bezüglich aller erhobenen Rügen zulässig.
a)
Die unterlassene EU – Bekanntmachung kann – wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat – zu keiner Beeinträchtigung der Bieterchancen der Antragstellerin führen (§ 107 Abs. 2 GWB). Das Abschleppen von widerrechtlich geparkten Fahrzeugen ist zwar als prioritäre Dienstleistung im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 1 VgV i.V.m. Anlage I Teil A VgV anzusehen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.3.2012, Verg 92/11). Die Auftragsvergabe hätte deshalb europaweit bekanntgemacht werden müssen. Die Antragstellerin hat von der Ausschreibung jedoch erfahren und ein Angebot abgegeben. Sie hat weder vorgetragen noch ist ersichtlich, dass der in der falschen Veröffentlichungsform liegende Rechtsverstoß ihre Aussichten auf Erteilung des Zuschlags gleichwohl verschlechtert oder ihre Angebotsmöglichkeiten ansonsten nachteilig beeinflusst haben könnte (ebenso Dicks in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 107 GWB, Rn.27 sowie die Nachweise Fn. 87; Senat, Beschluss v. 23.3.2011 – 11 Verg 2/11). Es besteht auch kein Anlass, das Vergabeverfahren wegen dieses Vergabeverstoßes „von Amts wegen“ aufzuheben. Das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren dient nicht einer allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle, sondern der Beseitigung subjektiver Rechtsverletzungen (OLG München, Beschl. v. 9.8.2010, Verg 13/10).
b)
Zu Recht hat die Vergabekammer angenommen, dass es sich bei der Email der Antragstellerin vom 18. Juni 2014 nicht um eine Rüge, sondern um eine Aufklärungsanfrage handelte. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen unter II. 1. b.) des angefochtenen Beschlusses der Vergabekammer Bezug genommen werden, denen sich der Senat anschließt. Da die in der Email angesprochenen Punkte von der Antragstellerin anhand der Vergabeunterlagen erkannt wurden, ist die Antragstellerin präkludiert, soweit sie ihre Rüge vom 8. Oktober 2014 ebenfalls darauf gestützt hat (§ 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB).
c)
Soweit die Antragstellerin rügt, die Beigeladene habe gegen die Vorgaben in Ziff. 2.1.4. der Leistungsbeschreibung verstoßen, kann sie damit im Ergebnis keinen Erfolg haben. Die Vergabekammer hat zunächst vertretbar angenommen, dass § 19 EG Abs. 6 VOL/A nach überwiegender Ansicht regelmäßig keinen bieterschützenden Charakter habe und die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise ein individueller Bieterschutz in Betracht komme, nicht vorlägen. Die Antragstellerin hat jedoch nicht (nur) gerügt, dass die Antragstellerin ein unauskömmliches Angebot abgegeben habe, sondern dass sie die expliziten Vorgaben in Ziff. 2.1.4. des Leistungsverzeichnisses nicht eingehalten habe. Im Ergebnis könnte auf die Unterschreitung der Vorgaben des VBA ein Ausschluss des Angebots der Beigeladenen aber nicht gestützt werden, weil die Bestimmung völlig unklar und so vage ist, dass nicht einmal die Antragsgegnerin als ausschreibende Stelle eine nachvollziehbare Erklärung zu deren Bedeutung bieten konnte. Insoweit spricht für sich, wenn die Antragsgegnerin auf die Rüge der Antragstellerin erwidert hat, die Preiserhebung des VBA sei nicht zum Gegenstand der Ausschreibung gemacht worden und auch nicht im Rahmen der Angebotswertung zu berücksichtigen gewesen bzw. im Nachprüfungsverfahren vortragen lässt, die Preiserhebung VBA sei im vorliegenden Vergabeverfahren „ohne konkreten Aussagewert“. Nicht gemeint war offenkundig, dass die Durchschnittspreise des VBA einzuhalten wären, da der Preis sonst kein Vergabekriterium hätte sein können. Fehlt nach allem jeglicher Maßstab dafür, in welchem Umfang Abweichungen von den Durchschnittspreisen noch zugelassen oder nicht mehr toleriert werden sollten, kann die Unterschreitung der Durchschnittspreise nicht zu einem Ausschluss des Angebots der Beigeladenen führen. Nicht gefolgt werden kann jedenfalls der Auffassung der Antragstellerin, die meint, ihr Angebot, das die Durchschnittswerte des VBA um ca. 9% unterschreite, entspreche noch den Anforderungen der Leistungsbeschreibung, während das Angebot der Beigeladenen wegen zu großer Abweichung auszuschließen sei. Unklare Anforderungen in den Vergabeunterlagen und Leistungsbeschreibungen, denen es an der erforderlichen Klarheit und Bestimmtheit fehlt, sind prinzipiell ungeeignet, den Ausschluss eines Bieters zu rechtfertigen (VK Baden Württemberg, Beschl. v. 11.2.2015, 1 VK 66/14 m.w.N.).
d)
Die Antragstellerin ist auch präkludiert, soweit sie rügt, dass die Antragsgegnerin keinen Nachweis zum Verwahrgelände gefordert habe. Dieser (vermeintliche) Mangel war für die Antragstellerin als mit Ausschreibungen der streitbefangenen Art vertrauter Bieterin ebenfalls aus den Vergabeunterlagen erkennbar. Dass sie erst durch die Bieterinformation erfahren hat, dass ein auswärtiger Bieter den Zuschlag erhalten solle, hat nichts mit der Frage zu tun, welche Eignungsnachweise in den Vergabeunterlagen gefordert bzw. nicht gefordert wurden.
3.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und hat Erfolg, soweit die Antragstellerin rügt, die Antragsgegnerin habe mit der Beigeladenen unzulässige Nachverhandlungen geführt.
a)
Die Antragstellerin ist insoweit nicht präkludiert. Vor dem Zugang des Informationsschreibens nach § 101 a GWB konnte die Antragstellerin nicht wissen, dass der Auftrag an einen nicht ortsansässigen Bieter erteilt werden soll, der im Zeitpunkt der Angebotsabgabe über kein Verwahrgelände verfügte. Dementsprechend hatte sie keinen Anlass zu einer diesbezüglichen Rüge. Anhaltspunkte hierfür hatte die Antragstellerin erst im Zuge des Nachprüfungsverfahrens nach Akteneinsicht am 7. November 2014. Danach hat sie mit Schriftsatz vom 14. November 2014 beanstandet, dass die Beigeladene lange nach Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe kein Verwahrgelände im Stadtgebiet der … Stadt1 hatte und damit die Anforderungen der Leistungsbeschreibung nicht erfüllt habe (dort Seite 14). Bei dem Aufklärungsgespräch vom 05.08.2014 handele es sich daher nicht um eine Aufklärung, sondern um ein unzulässiges Nachverhandeln. Da dieser Sachverhalt der Antragstellerin erst aufgrund der Akteneinsicht im Nachprüfungsverfahren bekannt wurde, genügte sie ihrer Rügeobliegenheit, indem sie den Vergaberechtsverstoß unverzüglich in das Nachprüfungsverfahrens eingeführt hat, ohne dass es einer gesonderten formellen Rüge bedurfte (Weyand, Vergaberecht, 4. Aufl., § 107 GWB, Rn. 392 ff. m.w.N.).
b)
Die Rüge ist begründet. Gemäß § 18 EG Satz 2 VOL/A sind über die Aufklärung eines Angebots hinausgehende Verhandlungen unzulässig. Das Angebot des Bieters soll so, wie es vorgelegt wurde, geprüft, gewertet und je nach Ergebnis abgelehnt oder bezuschlagt werden (Gnittke/Hattig in: Müller-Wrede, VOL/A, 4. Aufl., § 18 EG VOL/A Rn. 28; Zeise in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 3. Aufl., § 18 EG VOL/A, Rdnr. 21). Jegliche Änderungen des Angebots in technischer oder preislicher Hinsicht sind den Beteiligten verwehrt. Auch wenn der Bieter nur Versäumnisse nachholen oder Lücken im Angebot füllen möchte, greift das Verhandlungsverbot ein. Danach besteht kein Zweifel, dass die Verhandlungen zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen über die Anmietung eines geeigneten, erst noch zu beschaffenden Geländes nach Angebotsabgabe eine vergaberechtlich unzulässige Nachverhandlung darstellen.
Das gilt im Ergebnis selbst dann, wenn man der von der Vergabestelle in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung folgte, bei der Verfügungsmöglichkeit über und den Anforderungen an ein Verwahrgrundstück habe es sich um Vertragsbedingungen und nicht um Zuschlagskriterien gehandelt, für deren Erfüllung der Auftragnehmer vertraglich einstehen müsse und deren Nichterfüllung ausschließlich zivilrechtlich als Leistungsstörung abzuwickeln wäre.
aa)
Der Senat hat freilich erhebliche Zweifel, dass die Vergabestelle selbst ihre Ausschreibung in diesem Sinn verstanden hat. Ein derartiges Verständnis würde bedeuten, dass die Vergabestelle weitgehend auf eine Prüfung der von ihr gestellten Anforderungen verzichtet und selbst bei Zweifeln an der LV – Konformität eines Angebots gezwungen sein könnte, den Zuschlag zu erteilen, um sich nach Auftragserteilung auf vertragliche Leistungsstörungsansprüche zu beschränken. Selbst wenn ein so weitgehender Verzicht des Auftraggebers auf die Prüfung von Angeboten vor Zuschlagserteilung im Hinblick auf die Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung der Bieter noch zulässig wäre, spricht das Verhalten der Vergabestelle nach Angebotsabgabe eindeutig gegen ein solches Verständnis der streitbefangenen Ausschreibung.
(a)
Ausweislich des Aufklärungsgesprächs vom 5.8.2014 hat die Vergabestelle es der Beigeladenen keineswegs überlassen, ein den Anforderungen entsprechendes Gelände erst nach Auftragserteilung im Rahmen der vertraglichen Erfüllungspflicht zu beschaffen, sondern hat den Nachweis eines entsprechenden Geländes zur Voraussetzung für die Auftragserteilung gemacht. Wörtlich heißt es in dem Protokoll über das „Aufklärungsgespräch“ vom 5.8.2015, nachdem festgestellt wurde, dass die Beigeladene über keinen Stellplatz für PKWs im Raum Stadt1 verfügt: „Es wurde festgehalten, dass die Firma B bis Ende August einen geeigneten Stellplatz in Stadt1 zu beschaffen hat und daher ein erneuter Termin zur Besprechung der derzeitigen Sachlage erforderlich ist (VA 92).“
(b)
In der Folgezeit hat die Vergabestelle die Bemühungen der Beigeladenen um Anmietung eines Geländes sogar aktiv unterstützt. So geht aus einem Vermerk vom 14.8.2014 hervor, dass die Beigeladene „zur Vorstellung der geplanten Abstellfläche“ vorgesprochen habe und ihr angeraten worden sei, über die komplette Vertragslaufzeit von drei Jahren einen Pachtvertrag abzuschließen (obgleich über die Verlängerungsoption erst während der Vertragsdurchführung entschieden werden sollte). Bis zu der geplanten Besprechung am 1.9.2014 werde ein detaillierter Vertrag vorliegen (VA 94). Ausweislich des Protokolls vom 1.9.2014 hat die Beigeladene an diesem Tag zwei mögliche Verwahrflächen vorgestellt und hat die Vergabestelle dazu Stellung genommen, welches Gelände sie präferiert. Weiter heißt es wörtlich: „…ist dem Ordnungsamt eine verbindliche Zusage des Vermieters über das beabsichtigte Mietverhältnis vorzulegen. Bis spätestens Freitag, 12.9.2014, muss die Zusage dem Fachamt vorliegen, damit fristgerecht die Entscheidung durch die Verdingungskommission erfolgen kann (VA 96)“.
(c)
Es schließt sich eine interne Email – Korrespondenz zwischen den mit der Vergabe befassten Abteilungen und Stellen der Antragsgegnerin zu der Frage an, wie die Anmietoption formuliert sein müsse, „um aus vergaberechtlicher Sicht ein Verwahrgelände nachzuweisen“ (vgl. etwa Email v. 10.9.2014, VA 110). In Beantwortung dieser Frage heißt es etwa in einer Email vom 11.9.2014: „Nein, das reicht noch nicht….ob das Grundstück dann tatsächlich zu Vertragsbeginn zur Verfügung steht, ist (…bei der zunächst vorgeschlagenen unverbindlichen Formulierung) in keiner Weise absehbar (VA 115)“. In Reaktion auf diese interne Abklärung teilte die Vergabestelle der Beigeladenen mit Email vom 11.9.2014 mit: „Sie haben…eine verbindliche Zusage des Vermieters über das beabsichtigte Mietverhältnis vorzulegen (VA 116)“.
Deutlicher kann seitens der Vergabestelle nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass sie auf dem verbindlichen Nachweis eines Verwahrgeländes bereits vor Auftragserteilung bestand und das Vorhandenseins eines Geländes bzw. die unbeschränkte Verfügungsmöglichkeit Auftragsvoraussetzung war.
(d)
Das entspricht auch dem objektiven Verständnis der Vergabeunterlagen.
Zwar ist in der Bekanntmachung als Voraussetzung für die Zulassung als Bieter nur eine Betriebsstätte im Stadtgebiet Stadt1 oder die Einhaltung der vorgegebenen Reaktionszeit angegeben. Ausweislich der Leistungsbeschreibung, dort unter „2. Vertragsbedingungen“ ist das Vorhandensein eines befestigten Abstellplatzes als Verwahrgelände im Zeitpunkt der Auftragserteilung jedoch vorausgesetzt. Wörtlich heißt es unter Ziff. 2.1.:
„Beim Abschluss von Rahmenverträgen können nur gewerbliche Abschleppunternehmen berücksichtigt werden. Sie müssen insbesondere folgende Voraussetzungen erfüllen:
2.1.1.: Es muss ein umzäunter und befestigter Abstellplatz vorhanden sein“.
Da der Vertrag durch Zuschlagserteilung zustande kommt, musste das Verwahrgelände – unabhängig davon, dass entsprechende Nachweise nicht schon mit Angebotsabgabe gefordert waren – bei Erteilung des Zuschlags und nicht erst bei Vertragsbeginn zur Verfügung stehen. Da nach Angebotsabgabe eine Verhandlung über die bzw. eine Vervollständigung der Angebote unzulässig ist, mussten die Bieter bereits bei Angebotsabgabe über das erforderliche Verwahrgelände verfügen, wenn die Angebote so gewertet werden sollten, wie sie abgegeben worden sind. Dahinstehen kann lediglich, ob aus der Formulierung, ein Abstellplatz müsse vorhanden sein, folgt, dass ein Bieter bereits im Zeitpunkt der Angebotsabgabe die unbegrenzte Verfügungsmöglichkeit über ein entsprechendes Gelände haben musste oder ob eine verbindliche Anmietoption ausgereicht hätte. Vergaberechtswidrig war es jedoch in jedem Fall, wenn die Antragsgegnerin der Beigeladenen nach Angebotsabgabe im Rahmen mehrerer sogenannter „Aufklärungsgespräche“ Gelegenheit zur Suche nach einem geeigneten Gelände gab und ihr „Schützenhilfe“ bis hin zur Beratung über die geeignete Formulierung einer Mietoption bot.
(e)
Nach alledem hat die Antragsgegnerin selbst das Angebot der Beigeladenen für unvollständig gehalten, da sie andernfalls nicht auf die Vorlage einer verbindlichen Anmietoption vor einer Entscheidung der Verdingungskommission bestanden hätte. Eine Ergänzung unvollständiger Angebote und die Änderung von Angeboten, die die Anforderungen der Vergabeunterlagen nicht erfüllen, ist aber in jedem Fall ausgeschlossen (Gnittke/Hattig a.a.O. Rndr. 30). Der vorliegende Sachverhalt ist insbesondere nicht vergleichbar mit den von der Antragsgegnerin angeführten Entscheidungen OLG München, Beschl. v. 15.11.2007 – Verg 10/07; Beschl. v. 2.9.2010 – Verg 17/10; Beschl. v. 29. 10.2013 – Verg 11/13. Nach diesen Entscheidungen ist es vergaberechtlich nicht zu beanstanden, dass der öffentliche Auftraggeber im Leistungsverzeichnis keine Angaben des Bieters zu dem von ihm angebotenen Fabrikat oder Typ fordert, sondern dies erst im Rahmen einer Aufklärungsverhandlung abfragt. Die Entscheidungen sind vor dem Hintergrund des Gebots der produktneutralen Ausschreibung zu verstehen. Da die Leistung grundsätzlich produktneutral zu beschreiben ist, darf im Leistungsverzeichnis kein konkretes Leitprodukt genannt werden. Gerade wenn der Auftraggeber die Ausschreibung produktneutral gestaltet hat, besteht für ihn ein ureigenes Interesse an der Information über das angebotene Produkt, um feststellen zu können, ob es den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses entspricht. Bei der Frage nach dem angebotenen Produkt handelt es sich deshalb um eine zulässige Aufklärung des Angebotsinhalts. Abweichend davon gab es im vorliegenden Fall hinsichtlich des Verwahrgeländes (noch) keinen vergleichbaren Aufklärungsbedarf, weil die Beigeladene über kein Verwahrgelände verfügte, über das ein Informationsgespräch statthaft und erforderlich gewesen wäre. Ergebnis des „Aufklärungsgesprächs“ war keine Information der Antragsgegnerin über das Angebot, sondern die Weisung an die Beigeladene, vor Zuschlagserteilung ein Verwahrgrundstück zu finden, da ihr andernfalls der Zuschlag nicht erteilt worden wäre. Verhandlungen, die auf eine Ergänzung des Angebots hinauslaufen, um die Zuschlagsfähigkeit des Angebots nachträglich herzustellen, sind von §§ 15 VOL/A, 18 EG VOL/A nicht gedeckt (Gnittke/Hattig a.a.O. § 18 EG Rn. 28). Das Aufklärungsgespräch darf sich nur auf einen feststehenden Sachverhalt beziehen und den Inhalt des Angebots nicht verändern. Darin liegt der Unterschied zwischen den mit der Antragstellerin und der Beigeladenen geführten Gesprächen. Die Antragstellerin hat zwar erst im Rahmen des mit ihr geführten Aufklärungsgesprächs erklärt, dass sie das von ihr bisher genutzte Verwahrgelände weiter nutzen werde. Darin liegt aber lediglich eine Information über einen feststehenden Sachverhalt. Lediglich der formelle Nachweis war nach den Vergabeunterlagen nicht bereits bei Angebotsabgabe gefordert. Der Beigeladenen wurde als Ergebnis der „Aufklärung“ aufgegeben, ein Verwahrgelände zu besorgen, also einen vergleichbaren Sachverhalt erst zu schaffen.
(f)
Die über eine Angebotsinformation deutlich hinausgehende Verhandlung wäre selbst dann unzulässig gewesen, wenn die Beigeladene aufgrund einer möglicherweise missverständlichen Formulierung in den Vergabeunterlagen dem – entschuldbaren – Irrtum unterlegen sein sollte, dass sie bei Abgabe ihres Angebots noch nicht über ein Verwahrgelände verfügen müsse, weil entsprechende Nachweise nicht gefordert waren. Unklarheiten und Widersprüche der Vergabeunterlagen hat die Vergabestelle zu vertreten. Sie rechtfertigen keine nachträglichen Verhandlungen, die zu einer Abänderung bzw. Berichtigung des Angebots führen (Gnittke/Hattig a.a.O. Rn. 53; Franke/Grünhagen, VOB/A, 3. Aufl., § 24 VOB/A Rn. 10).
bb)
Macht man sich indes die in der mündlichen Verhandlung vertretene Auffassung der Vergabestelle zu eigen, bei den mit dem Angebot zugesicherten Eigenschaften des Verwahrgeländes habe es sich nur um Vertragsbedingungen gehandelt, die erst im Auftragsfall geschuldet gewesen seien und deren Nichteinhaltung ggfs. nur Leistungsstörungsansprüche ausgelöst hätte, so hätte aus Sicht der Antragsgegnerin erst recht kein Anlass und keine Rechtfertigung dafür bestanden, auf die Beschaffung eines Verwahrgeländes noch vor Erteilung des Zuschlags hinzuwirken, da sich die Vergabestelle in diesem Fall auf vertragliche Ansprüche wegen Leistungsstörung hätte verweisen lassen müssen.
cc)
Der Verstoß gegen das Nachverhandlungsverbot führt zum Ausschluss des Angebots der Beigeladenen. Unzulässige Nachverhandlungen müssen als Konsequenz nicht die Wiederholung des gesamten Vergabeverfahrens oder den automatischen Ausschluss des verhandelten Angebots zur Folge haben. Da das zu Unrecht Verhandelte jedoch unberücksichtigt bleiben muss und das Angebot der Beigeladenen ohne Verwahrgelände nicht annahmefähig ist, bleibt dessen Ausschluss die einzig mögliche Folge.
4.
Die Antragstellerin rügt ferner zu Recht, dass die Beigeladene weder eine Betriebsstätte in Stadt1 hat noch davon ausgegangen werden kann, dass sie die alternative Vorgabe zur maximalen Reaktionszeit erfüllen kann. Auch diese Rüge ist rechtzeitig erhoben und hat Erfolg.
a)
Soweit die Vergabekammer gemeint hat, selbst wenn man nach Sinn und Zweck der Vorgabe im Vergabeverfahren eine ortsansässige Verfügbarkeit schon bei Angebotsabgabe fordern würde, habe die Beigeladene die alternative Vorgabe zur maximalen Reaktionszeit erfüllt, hat sie offenbar Betriebsstätte und Verwahrgelände verwechselt. Die alternative Vorgabe zur maximalen Reaktionszeit in der Vergabebekanntmachung bezieht sich nicht auf das Verwahrgelände, sondern auf die Betriebsstätte eines Bieters. Die Berücksichtigung eines Bieters setzt nach der Bekanntmachung voraus, dass er eine Betriebsstätte im Stadtgebiet Stadt1 hat oder gewährleisten kann, dass das Abschleppfahrzeug in einem Zeitraum von maximal 30 Minuten von seiner (außerhalb des Stadtgebiets Stadt1 liegenden) Betriebsstätte am Einsatzort sein kann. Diese Anforderung besteht unabhängig von dem Erfordernis eines Verwahrgeländes innerhalb des Stadtgebietes. Das Verwahrgelände soll so gelegen sein, dass die Abholung der verwahrten Fahrzeuge zumutbar und für die Abholer mit dem öffentlichen Personennahverkehr erreichbar ist. Auf die Lage der Betriebsstätte bzw. die alternative Reaktionszeit kommt es dagegen an, damit ein Abschleppfahrzeug innerhalb einer vertretbaren Zeitspanne am Einsatzort eintreffen kann. Die Vorgabe zur maximalen Reaktionszeit ist deshalb keine alternative Vorgabe zur Anforderung hinsichtlich eines Verwahrgeländes, sondern zur Betriebsstätte. Die Vorgabe zur maximalen Reaktionszeit musste deshalb unabhängig von den Anforderungen an ein Verwahrgelände erfüllt sein.
b)
Das Angebot der Beigeladenen durfte ungeachtet des fehlenden Verwahrgeländes deshalb nur berücksichtigt werden, wenn die Beigeladene, die keine Betriebsstätte in Stadt1 hat, die Einhaltung der alternativen Reaktionszeit gewährleisten kann. Der Senat kann den Vergabeunterlagen – entgegen der Auffassung der Vergabekammer – nicht entnehmen, dass die Beigeladene diese Bedingung erfüllt. Es handelt sich dabei um eine Frage der (technischen) Leistungsfähigkeit des Bieters und damit um einen im Rahmen der Eignungsprüfung aufklärungsbedürftigen Punkt, zudem um eine nach der Bekanntmachung zwingende Voraussetzung für die Zulassung eines Angebots. Für die Prüfung dieser Voraussetzung genügt es nicht, dass die Beigeladene mit ihrem Vertragsangebot die Ausführungsfrist (Reaktionszeit) von maximal 30 Minuten bestätigt haben will und unter dem 15.09.2014 eine „Garantie“ abgegeben hat, alle Aufträge ordnungsgemäß nach den Vorgaben des Vertrages abzuarbeiten. Zwar ist der öffentliche Auftraggeber grundsätzlich frei, wie er sich die für die Eignungsbeurteilung erforderlichen Kenntnisse verschafft. Jedenfalls aber dann, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte vorhanden sind, z. B. die Leistungsfähigkeit eines Bieters anzuzweifeln, muss der öffentliche Auftraggeber seine Prüfung auch von Amts wegen hierauf erstrecken. Dabei reicht es aus, dass seine Eignungsentscheidung methodisch vertretbar getroffen wurde, sich auf eine befriedigende Erkenntnislage stützt und die Prognose unter Berücksichtigung der aufgrund zumutbarer Aufklärung gewonnenen Erkenntnisse noch vertretbar erscheint (Dittmann in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a.a.O. § 16 VOL/A, Rdnr. 205).
c)
Dass die Antragsgegnerin diese Prüfungstiefe eingehalten hat, ist nicht ersichtlich. Es liegt nicht einmal eine verbindliche Eigenerklärung der Beigeladenen vor. Ihre Erklärung, alle Aufträge nach den Vorgaben des Vertrags abzuarbeiten, ist eine inhaltsleere Selbstverständlichkeit, weil die Beigeladene nach Vertragsschluss ohnehin verpflichtet wäre, die vertraglichen Vorgaben einzuhalten. Inwieweit die Beigeladene bereits mit der Abgabe ihres Angebots eine entsprechende Erklärung abgegeben haben soll, ist dem Senat nicht erkennbar. Da es sich nach den Vorgaben der Ausschreibungsbekanntmachung um eine Bedingung für die Berücksichtigung des Bieters handelt, kommt es darauf an, dass die Beigeladene die vorgegebene Reaktionszeit „gewährleisten“, also objektiv einhalten kann. Eine bloße Verpflichtung oder ein Versprechen kann die Überprüfung, ob die Einhaltung der Vorgabe realistisch gewährleistet werden kann, nicht ersetzen. Das gilt erst recht, weil nach den allgemein bekannten Verkehrsbedingungen zwischen Stadt2 und dem Stadtgebiet Stadt1 erhebliche Zweifel daran bestehen, dass die Einhaltung der Vorgabe – unabhängig von der Tageszeit und dem Einsatzort – möglich ist. Wenn die Antragsgegnerin auf eine Überprüfung der Reaktionszeitangaben verzichtet und sich mit einer bloßen – eher unrealistisch erscheinenden – Zusicherung begnügt, verletzt sie zugleich das Gleichbehandlungsgebot, weil sie gegenüber einem einzelnen Bieter nachträglich geringere Anforderungen stellt, als in der Ausschreibung von ihr vorgegeben wurden. Das gilt auch, soweit sie in der Vorinstanz vorgetragen hat, sie habe die Einhaltung der Reaktionszeit mit Hilfe von „google – maps“ verifiziert. Es ist allgemein bekannt, dass sich die dortigen Zeitangaben nur auf normalen bzw. durchschnittlich fließenden Verkehr beziehen. Die Verkehrsverhältnisse zwischen Stadt2 und Stadt1 sind jedoch insbesondere morgens und nachmittags während des Berufsverkehrs nicht immer normal, von einem fließenden Verkehr kann insoweit häufig keine Rede sein. Das ist dem Senat aus eigener Anschauung bekannt. Unter diesen Umständen wird eine Überprüfung der Einhaltung der vorgegebenen Reaktionszeit allein auf der Basis von im Computer ermittelten Durchschnittswerten den Anforderungen methodisch nicht gerecht.
d)
Der Senat verkennt nicht, dass eine Benachteiligung nicht ortsansässiger Bieter grundsätzlich unzulässig und nicht im Interesse des Wettbewerbs wäre. Standortnachteile, die sich bei Ausschreibungen der vorliegenden Art zwangsläufig einstellen, können aber nicht ausgeglichen werden, indem mit solchen Bewerbern vergaberechtswidrige Nachverhandlungen geführt oder die übrigen Wettbewerber benachteiligende, da gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßende Entscheidungen getroffen werden, indem sich die Vergabestelle nicht an ihre Vorgaben zur Reaktionszeit hält bzw. diese nicht ernstlich prüft, sondern eine unangemessen großzügige Handhabung an den Tag legt.
Im Übrigen weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, im öffentlichen Interesse Aufträge nur an geeignete, leistungsfähige Bewerber zu erteilen, die Gewähr für die Einhaltung der Vertragsbedingungen bieten können. Die Möglichkeit zur Einhaltung dieser Bedingungen muss der öffentliche Auftraggeber in angemessenem Umfang prüfen. Dem Senat erscheint fraglich, ob der öffentliche Auftraggeber dieser Verpflichtung noch angemessen gerecht werden kann, wenn er in der Ausschreibung auf Leistungsparameter (angeblich) weitgehend verzichtet und sich auf den Standpunkt stellt, bei Nichteinhaltung der Bedingungen könne er sich auf vertragliche Leistungsstörungsansprüche beschränken, zumal der weitgehende Verzicht auf die Prüfung von technischen und wirtschaftlichen Eignungsvoraussetzung eine Angebotswertung im Hinblick auf die Grundsätze der Gleichbehandlung und Transparenz zunehmend angreifbar machen dürfte. So ist z.B. weder ersichtlich, wie sich der Auftraggeber ohne Informationen zum Fuhrpark von der Leistungsfähigkeit eines Bieters überzeugen will, noch wie er die Auskömmlichkeit eines Angebots prüfen kann, wenn ein Bieter die Kosten des Verwahrgeländes nicht in die Kalkulation einbezieht, weil ein solches bei Angebotsabgabe noch gar nicht vorhanden ist.
5.
Der Senat sieht gleichwohl keine Handhabe für eine Aufhebung der Ausschreibung. Eine Aufhebung des gesamten Ausschreibungsverfahrens kommt als Maßnahme im Sinne von §§ 114 Abs. 1, 123 GWB nur als „ultima ratio“ in Betracht, wenn eine Korrektur im laufenden Verfahren nicht möglich ist (Brauer in: Ziekow/Völlink a.a.O. § 114 GWB, Rn. 18). Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Verstöße derart schwerwiegend sind, dass eine Fortsetzung des Verfahrens ohne Korrektur schlechterdings unvertretbar wäre (OLG München, Beschl. v. 9.8.2010, Verg 13/10 Rn. 21). Um derart schwerwiegende Verstöße geht es hier nicht. Die Verletzung der subjektiven Bieterrechte der Antragstellerin kann durch den Ausschluss des nachverhandelten Angebots beseitigt werden. Die weitere Entscheidung über die Beendigung des Vergabeverfahrens obliegt der Vergabestelle. Diese wird darüber zu befinden haben, ob sie den Zuschlag auf das verbleibende Angebot der Antragstellerin erteilen oder im Hinblick auf die zahlreichen Unklarheiten und Mängel der Ausschreibung die Leistung neu und transparent ausschreiben will, um allen interessierten Bietern nochmals die Chance zur Auftragserteilung zu bieten.
6.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 128, 120 Abs. 2, 78 GWB. Hinsichtlich der Kosten nach § 128 Abs. 3 GWB haften die unterlegenen Beteiligten als Gesamtschuldner, im Übrigen nach Kopfteilen. Die Beigeladene war zu den Kosten heranzuziehen, weil sie die unterlegene Antragsgegnerin unterstützt und sich aktiv durch Antragstellung und die Einreichung von Schriftsätzen am Verfahren beteiligt hat.
Der Streitwert war gem. § 50 Abs. 2 GKG festzusetzen.