vorgestellt von Thomas Ax
1. Ob ein Rechtsgeschäft trotz eines Gesetzesverstoßes gültig ist, muss im Einzelfall durch Auslegung der jeweiligen Verbotsnorm ermittelt werden, wobei dem Normzweck eine entscheidende Bedeutung zukommt.
2. Der Vertrag kann nur aufrechterhalten werden, wenn er im Übrigen auch ohne die verbotene Abrede (hier: Erlangung nicht zustehender Fördermittel) zu denselben Bedingungen – insbesondere mit derselben Gegenleistung – abgeschlossen worden wäre.
3. Aus der Gesamtschau der Verbotsnorm des § 263 StGB in Verbindung mit den Vorschriften über die Förderung durch die KfW ergibt sich, dass durch die KfW lediglich energetisch förderungswürdige Vorhaben bezuschusst werden sollen. Diesem Förderungszweck lässt sich nicht entnehmen, dass vom Gesetzgeber beabsichtigt war, Rechtsgeschäfte (und auch den mit ihnen zusammenhängenden Leistungsaustausch) ähnlich den Schwarzarbeiter-Fällen in Gänze zu verhindern.
4. Die verbotswidrige und damit nichtige Absprache kann teilweise aufrechterhalten werden, wenn der Hauptzweck des Vertrags nicht das Erschleichen von Fördermitteln war.
5. Der Begriff der allgemein anerkannten Regeln der Technik umfasst alle überbetrieblichen technischen Normen, zu denen beispielsweise die DIN-Normen, die ETB, die Richtlinien des VDI, die Flachdachrichtlinien gehören, sowie die mündlich überlieferten technischen Regeln. Das WTA Merkblatt E-2-13 Ausgabe 04.2014/D (Wärmedämm-Verbundsysteme) beinhaltet anerkannte Regeln der Technik.
6. Die Höhe des Vorschussanspruchs zur Mängelbeseitigung bemisst sich nach den – aus Sicht eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden und sachkundig beratenen Bestellers – für die Mängelbeseitigung voraussichtlich erforderlichen Aufwendungen, die sich durch Gutachten oder Einholung von Angeboten ermitteln lassen. Der Besteller kann die Kosten bei Vorliegen greifbarer Anhaltspunkte auch laienhaft schätzen.
7. Die Anforderungen an die Darlegungslast sind deshalb nicht hoch, zumal der Vorschuss eine vorläufige Zahlung ist, über die am Ende abgerechnet werden muss. Erforderlich sind die Aufwendungen, die mit Sicherheit der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands dienen.
OLG Köln, Urteil vom 15.06.2023 – 7 U 5/23
vorhergehend:
LG Aachen, 07.12.2022 – 4 O 24/22
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 17.01.2024 – VII ZR 139/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 07.12.2022 zum Az. 4 O 24/22 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt die Beklagte.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 152.131,14 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten neben dem Ersatz von Sachverständigen- und Rechtsanwaltskosten Kostenvorschuss sowie Feststellung der Ersatzpflicht für den Vorschuss übersteigende Kosten wegen mangelhafter Ausführung von Arbeiten am Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS) am Objekt C.-straße N01 in N02 Y..
Der Kläger ließ an dem genannten Objekt umfangreiche Sanierungs- und Neubaumaßnahmen durchführen. Dazu erteilte der Kläger der Beklagten den Auftrag sowohl für das WDVS als auch für Innenputzarbeiten; streitig ist indes, zu welchen Konditionen. Die Beklagte begann mit den Arbeiten im März 2021. Der Kläger zahlte auf verschiedene Akontorechnungen (K1-K4, B2-B6, K15, K16) bzgl. des WDVS insgesamt 51.765,00 Euro.
Nachdem die Arbeiten zu ca. 50 % fertiggestellt waren, zog der Kläger einen Privatsachverständigen hinzu, wobei auch Bauteilöffnungen vorgenommen wurden. Unter dem 20.12.2021 erstellte der Privatsachverständige K. sein Gutachten, welches im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangte, dass die Arbeiten am WDVS (einschließlich der Fensterbank-Arbeiten) dermaßen mangelbehaftet seien, dass eine Standsicherheit des WDVS nicht gewährleistet und nur durch vollständigen Rückbau und Neuaufbau hergestellt werden könne, dessen Kosten er (u.a. aufgrund hoher Entsorgungskosten und ohne Sowieso-Kosten für notwendige Untergrundvorbehandlung) auf 140.806,08 Euro brutto schätze. Wegen der weiteren Einzelheiten des Privatgutachtens wird auf die Anl. K 11, Bl. 23 ff. d.A. Bezug genommen. Der Sachverständige K. stellte dem Kläger für seine Tätigkeit 4.325,06 Euro in Rechnung (Anl. K14, Bl. 94ff d.A.), welche der Kläger auch bezahlte.
Es folgten verschiedene anwaltliche Schreiben, in denen die Beklagte zur Mangelbeseitigung aufgefordert wurde. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.04.2022 erklärte der Kläger schließlich aufgrund der unterbliebenen Mangelbeseitigung und Fertigstellung sowie der nach seiner Kenntnis erfolgten Gewerbeabmeldung und Aufgabe des Geschäftsbetriebs auf Beklagtenseite die Kündigung des Vertrages und räumte “rein vorsorglich nochmals Gelegenheit zur Nachbesserung” bis zum 13.05.2022 ein (Anl. K15, Bl. 126 GA LG). Eine Abnahme und/oder weitere Arbeiten beklagtenseits erfolgten nicht. Eine Schlussrechnung legte die Beklagte – trotz Hinweises des Gerichts und Fristsetzung (Bl. 140, 161 GA LG) – weder für die WDVS-Arbeiten noch für die Innenputzarbeiten vor.
Die Parteien streiten darüber, ob die Innenputzarbeiten gesondert abgerechnet werden sollten oder abgesprochen war, dass die Beklagte die Innenputzarbeiten nicht gesondert als solche, sondern verdeckt über die das WDVS betreffenden Abrechnungen abrechnen sollte, da der Kläger aus energetischen Gründen Fördermittel nur für das WDVS, nicht aber für den Innenputz beanspruchen konnte. Ferner ist die Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten streitig, insbesondere die Höhe der bei einem Rückbau anfallenden Entsorgungskosten. Streitig ist auch, ob und welchen Einfluss eine im Juli 2021 eingetretene Hochwasserkatastrophe und eine mögliche daraufhin erfolgte Regulierung durch eine Versicherung des Klägers auf den Schadensersatzanspruch haben könnte. Außerdem ist streitig, in wieweit restlicher Werklohn der Beklagten bei mangelfrei erbrachter Leistung in Höhe von 22.789,69 Euro brutto (Berechnung Bl. 231 GA LG) in Ansatz zu bringen ist. Hilfsweise erklärt die Beklagte die Aufrechnung bzw. ein Zurückbehaltungsrecht mit einem behaupteten Vergütungsanspruch für die Innenputzarbeiten i.H.v. 19.339,88 Euro, welcher sich aus der Aufstellung Anlage B 9 (Bl. 295 GA LG) ergebe.
Nachdem die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 06.07.2022 nicht aufgetreten ist, hat das Landgericht auf Antrag des Klägers ein vollständig klagestattgebendes Versäumnisurteil erlassen. Die Beklagte hat zur Abwehr der Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil mit Wertstellung des 05.08.2022 einen Betrag i.H.v. 151.008,30 Euro treuhänderisch auf das Konto der Prozessbevollmächtigten des Klägers gezahlt.
Hinsichtlich des weiteren Vortrages der Parteien und der von ihnen gestellten Anträge bis zur erstinstanzlichen Entscheidung wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das Urteil des Landgerichts vom 07.12.2022 Bezug genommen.
Das Landgericht hat das der Klage vollumfänglich stattgebende Versäumnisurteil nach Verhandlung über den Einspruch insgesamt aufrechterhalten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch ergebe sich aus §§ 631, 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sei nicht nichtig. Sinn und Zweck der Verbotsnorm (§§ 263/264 StGB) führten nicht dazu, dass man von einer Gesamtnichtigkeit ausgehen könne. Daher seien unabhängig davon, ob es überhaupt eine Absprache zwischen den Parteien über eine Einrechnung der Kosten für den Innenputz in die Kosten für das WDVS gegeben hat, jedenfalls Mangelgewährleistungsansprüche möglich. Die Mängel seien substantiiert dargelegt und das pauschale Bestreiten der Beklagten sei aufgrund der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast unbeachtlich. Der beklagtenseitige Vortrag zum Einfluss der Hochwasserkatastrophe auf den geltend gemachten Anspruch sei unsubstantiiert, im Übrigen unbeachtlich, da hypothetische spätere Ereignisse den Schaden nicht entfallen ließen. Die Höhe der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten sei substantiiert dargelegt und von der Beklagten als Fachunternehmen nur unsubstantiiert angegriffen. Insbesondere der Vortrag der Beklagten zu den Abbruchkosten sei unsubstantiiert. Restliche Werklohnforderungen der Beklagten bestünden nicht, weil diese nicht schlussabgerechnet und nicht schlüssig dargelegt seien. Der Vortrag zur Hilfsaufrechnung sei verspätet und mangels ordnungsgemäßer Schlussrechnung mangele es zudem an der Fälligkeit.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag, insbesondere hält sie ihre Auffassung aufrecht, dass der gesamte Vertrag wegen der von ihr behaupteten Abrede über die Abrechnung des Innenputzes über die Rechnungen betreffend das WDVS nichtig sei. Sie hält an ihrem Vortrag fest, dass eine Schadenskompensation durch Versicherungsleistungen im Rahmen der “Hochwasserkatastrophe” 2021 erfolgt sei. Die Höhe der Mangelbeseitigungskosten wird von ihr ebenfalls weiterhin bestritten. Schließlich ist sie der Auffassung, dass ihr Einwand der Aufrechnung Erfolg habe bzw. eine Verrechnung des klägerischen Vorschussanspruchs mit ihren behaupteten, noch offenen Vergütungsforderungen zu erfolgen habe. Das Landgericht habe nicht ohne Hinweis auf die Unschlüssigkeit darüber entscheiden dürfen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landgerichts Aachen vom 07.12.2022, Aktenzeichen 4 O 24/22, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält an seinem erstinstanzlichen Vortrag fest und verteidigt das angefochtene Urteil aus den seiner Auffassung nach zutreffenden Gründen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des in zweiter Instanz erfolgten Vortrags wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2023 (Bl. 138 ff. GA) Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der geltend gemachte Anspruch auf Kostenvorschuss findet seine Rechtsgrundlage in §§ 631, 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB.
a) Der Kläger ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH vom 19.01.2017 –VII ZR 235/15) berechtigt, sein Vorschussbegehren ohne die grundsätzlich erforderliche Abnahme geltend zu machen, wenn das Vertragsverhältnis mittlerweile in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. Hiervon ist vorliegend nach dem nicht bestrittenen Klägervortrag auszugehen, zumal der Kläger nach erfolgloser Fristsetzung keine Erfüllung, sondern nur noch Zahlungsansprüche geltend macht, der Vertrag klägerseits gekündigt wurde und die Beklagte ihr Gewerbe abgemeldet und den Geschäftsbetrieb aufgegeben hat.
b) Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht insgesamt nichtig gemäß § 134 BGB, weil er gegen ein gesetzliches Verbot verstößt.
Nicht jeder Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot führt zwingend zur Nichtigkeit des betroffenen Rechtsgeschäfts. Vielmehr tritt diese Rechtsfolge entsprechend dem Normzweckvorbehalt des § 134 HS 2 BGB nur dann ein, “wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt“. Ob das Rechtsgeschäft trotz eines Gesetzesverstoßes gültig ist, muss deshalb im Einzelfall durch Auslegung der jeweiligen Verbotsnorm ermittelt werden, wobei dem Normzweck eine entscheidende Bedeutung zukommt (BGH NJW-RR 2011, 1426; BGHZ 89, 369; NK-BGB/Looschelders Rn. 41; MüKoBGB/Armbrüster Rn. 177; Beater AcP 197 (1997), 505 (515 ff.); Krampe AcP 194 (1994), 1 (28) BeckOGK/Vossler, BGB, Stand 1.3.2023, § 134 Rn. 84-86.1).
Die ständige Rechtsprechung verlangt für die Nichtigkeitsfolge des gesamten Vertrags, dass Hauptzweck des Vertrags gerade die inkriminierte Handlung ist (vgl. etwa BGH 9.6.1954 – II ZR 70/53, BGHZ 14, 25, 30 f; 23.6.1997 – II ZR 220/95, BGHZ 136, 125, 132; 13.2.2003 – IX ZR 76/99, NJW-RR 2003, 1565, 1568; 14.12.2016 – IV ZR 7/15, NZG 2017, 476, 478; BAG 26.2.2003 – 5 AZR 690/01, NZA 2004, 313, 315). Ist das nicht der Fall, soll der Vertrag nicht ohne Weiteres unwirksam sein (BGH 17.12.1965 – V ZR 115/63, WM 1966, 161, 163; 23.2.1983 – IV a ZR 187/81, NJW 1983, 1843, 1844; 24.4.2008 – VII ZR 42/07, NJW-RR 2008, 1050 f). Unwirksam ist zweifelsfrei in allen Fällen die Abrede über die inkriminierte Handlung. Weil diese jedoch einen Teil des gesamten Geschäfts bildet, kann der Vertrag insgesamt gemäß § 139 BGB nur aufrechterhalten werden, wenn feststeht, dass er auch ohne die verbotene Abrede (etwa der Steuerverkürzung oder hier des Erlangens von nicht zustehenden Fördermitteln) zu denselben Bedingungen – insbesondere mit derselben Gegenleistung – abgeschlossen worden wäre (BGH 3.7.1968 – VIII ZR 113/66, NJW 1968, 1927; 2.7.2003 – XII ZR 74/01, NJW 2003, 2742; 14.12.2016 – IV ZR 7/15, NZG 2017, 476, 478; BGH, Urteil vom 2. Juli 2003 – XII ZR 74/01). Beispiele für Verträge, in denen die strafbare Handlung Hauptzweck ist, sind etwa der Beitrittsvertrag zur Beteiligung an einer KG, wenn die Beitrittserklärung zum Zweck der Steuerersparnis (Verlustzuweisung) rückdatiert wurde (vgl. hierzu OLG Koblenz 22.2.1979 – 6 U 365/78, WM 1979, 1435, 1436 f.), ein Darlehen zum Ankauf unverzollter Zigaretten (siehe Grüneberg/Ellenberger, BGB, 81. Aufl., § 134 Rn. 23) oder eine ausschließlich der Steuerhinterziehung dienende Kontoeröffnung (vgl. RG JW 1935, 420; Liesecke WM 1975, 214, 219). Auch wenn in einem Mietvertrag nur 1/7 der tatsächlich vereinbarten Miete festgehalten ist, liegt ein entsprechender Hauptzweck nahe; maßgeblich sind aber auch insoweit die Umstände des Einzelfalles (BGH 2.7.2003 – XII ZR 74/01, NJW 2003, 2742).
Diese Bewertungsmaßstäbe zu Grunde legend steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Vertrag, den Fall der verbotswidrigen Absprache unterstellt, nicht gesamtnichtig i.S.v. § 134 BGB ist.
Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber ähnlich wie im Falle des SchwarzArbG das Ziel verfolgte, derartige Rechtsgeschäfte und auch den insoweit erfolgten Leistungsaustausch in Gänze zu verhindern. Aus der Gesamtschau der Verbotsnorm des § 263 StGB in Verbindung mit den Vorschriften über die Förderung durch die KfW ergibt sich, dass durch die KfW lediglich energetisch förderungswürdige Vorhaben (WDVS) bezuschusst werden sollen, nicht etwa der Verschönerung dienende Verputzarbeiten im Innenbereich. Diesem Förderungszweck lässt sich aber nicht entnehmen, dass vom Gesetzgeber beabsichtigt war, solche Rechtsgeschäfte (und auch den mit ihnen zusammenhängenden Leistungsaustausch) ähnlich den Schwarzarbeiter-Fällen in Gänze zu verhindern. Bei Verträgen zur energetischen Sanierung von Gebäuden ist dies gerade nicht der Fall.
Der zwischen den hiesigen Parteien geschlossene Vertrag kann auch – ohne die (hier unterstellte) verbotswidrige und damit nichtige Absprache – gem. § 139 BGB teilweise aufrecht erhalten werden: Vorliegend war Hauptzweck des Vertrags nicht das Erschleichen von Fördermitteln der KfW. Vielmehr beabsichtigte der Beklagte von vornherein, das in seinem Eigentum stehende Gebäude für die beabsichtigte weitere Nutzung umfassend energetisch zu sanieren, so dass davon auszugehen ist, dass der Vertrag über die Ausführung des WDVS, welches ohnehin als solches förderfähig war, auch ohne die Abrede über die Abrechnungsgestaltung betreffend die – als solche nicht förderfähigen – Innenputzarbeiten geschlossen worden wäre. Die Parteien wollten den ohnehin notwendigen Sanierungsmaßnahmen somit “nur” eine weitergehende Förderung als berechtigt zukommen lassen. Wie bereits ausgeführt, waren die Fördermittel für das Wärmedämmverbundsystem selbst auch berechtigt, sodass die Förderung “lediglich” für den die Innenputzarbeiten betreffenden Anteil der vorzulegenden Rechnungssummen nicht berechtigt gewesen wäre. Die Parteien haben also “nur” die Ausführung von Werkleistungen mit einer inhaltlich falschen Rechnung vereinbart. Schließlich wäre auch die Höhe der insgesamt vereinbarten Gegenleistung von der nach Behauptung der Beklagten getroffenen Absprache nicht berührt worden. Auch die Beklagte hat selbst vorgetragen, dass das angebotene Preisgefüge zum damaligen Zeitpunkt üblich gewesen sei.
c) Zur Überzeugung des Senats wurde das Wärmedämmverbundsystem von der Beklagten auch mangelhaft montiert. Der Kläger hat die Mängel schriftsätzlich konkret bezeichnet (vgl. Bl. 6 f. und Bl. 154 f. GA LG) und unter Bezugnahme auf das Privatgutachten Anl. K11, dort insbes. S. 13 ff. und S. 42 ff. (Bl. 35 ff. und 64 GA LG) hinreichend substantiiert dargelegt.
Das Bestreiten des Mangels durch die Beklagte (Bl. 132 d.A. LG) als Inhaberin eines Fachunternehmens ist vor diesem Hintergrund – gemessen an der sekundären Darlegungslast – als unzureichend anzusehen. Der Kläger hat sich umfangreich bemüht, die Beklagte in die Feststellungsermittlungen des von ihm beauftragten Sachverständigen K. einzubinden und ihr Gelegenheit zu eigenen Darlegungen und Begründungen ihres Vorgehens sowie zu frühzeitigen Verhinderungen vermeintlicher Fehleinschätzungen zu geben, was sie letztlich nicht wahrgenommen hat. Die offensichtlichen Mängel lassen sich für den Senat als Spezialsenat mit der Sonderzuständigkeit für Bausachen auch anhand der vorliegenden Lichtbilder (etwa im Privatgutachten, Anlage K11, Bl. 23 ff. GA LG) problemlos nachvollziehen.
Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 15.08.2022 (Bl. 227 ff. GA LG) lediglich dargelegt, die vom Privatgutachter bewerteten 5 Bauteilöffnungen seien nicht repräsentativ und der vom Privatgutachter bemängelte nicht tragfähige Untergrund könne durch eine – auch vom Privatgutachter dokumentierte – Verdübelung kompensiert werden. Diese beiden Aspekte sind jedoch nicht geeignet, Zweifel an der Mangelhaftigkeit des Gewerks hervorzurufen.
Der Kläger hat im Schriftsatz vom 01.09.2022 unter Bezugnahme auf eine weitere Stellungnahme des Privatsachverständigen K. vom 30.08.2022 nebst Merkblatt der WTA Wärmedämm-Verbundsysteme Merkblatt E-2-13 Ausgabe 04.2014/D (Anl. K 21, Bl. 279 ff. GA LG, hier letzter Absatz auf S. 6 des Merkblatts) dargelegt, dass bei einem Objekt wie dem vorliegenden vier Bauteilöffnungen angemessen und repräsentativ seien, wenn bei den Bauteilöffnungen übereinstimmende Ergebnisse vorgefunden würden, was der Sachverständige bestätigt hat. Vorliegend handelt es sich um ein Objekt mit zwei Wohneinheiten und einer Gewerbeeinheit. Das Merkblatt der WTA (der Wissenschaftlich-Technischen Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege) beinhaltet durch eine maßgebliche Anzahl fachkundiger Personen zusammengefasste anerkannte Regeln der Technik, wonach die Überprüfung in 4 Bereichen ausreicht. Der Begriff der allgemein anerkannten Regeln der Technik umfasst alle überbetrieblichen technischen Normen, zu denen beispielsweise die DIN-Normen, die ETB (Einheitliche Technische Baubestimmungen des Instituts für Bautechnik), die Richtlinien des VDI, die Flachdachrichtlinien usw. gehören, sowie die mündlich überlieferten technischen Regeln (Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, Teil 5 Rn. 48). Auch das o.g. Merkblatt der WTA gibt solche allgemein anerkannten Regeln der Technik wieder (vgl. dazu auch Eßmann in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 5. Auflage 2022, Teil I Rn. 627). Bedenken an der Feststellung des Mangels durch das beschriebene Vorgehen des Sachverständigen bestehen daher seitens des Senats nicht. Dem ist die Beklagte fachlich auch nicht ausreichend entgegengetreten.
Der Behauptung der Beklagten, dass das Wärmedämmverbundsystem durch nachträgliche Verdübelung nachgebessert werden könnte, vermag der Senat ebenfalls nicht zu folgen. Bereits aus der als solcher von der Beklagten nich bestrittenen Stellungnahme des Herstellers (Anlage A1 zum Gutachten des Sachverständigen K., Bl. 64 GA LG) ergibt sich, dass der Hersteller des Wärmedämmverbundsystems, der das Vorliegen der Voraussetzungen seiner eigenen bauaufsichtlichen Zulassung technisch zu beurteilen vermag, selbst der Ansicht ist, das Wärmedämmverbundsystem sei nicht nachbesserungsfähig. Überdies hat die Beklagte nicht einmal vorgetragen, was sie wie und wo verdübeln will. Schließlich sind auch weder die Mängel der Brandriegel noch die fehlerhaften Anschlüsse an den Fensterbänken und die nicht ausreichend eingebrachte Armierung durch zusätzliche Verdübelungen zu beheben. Letztlich ist das ganze “System” nur punktuell technisch ordnungsgemäß ausgeführt und es besteht daher jedenfalls die Gefahr, dass das System als Ganzes auch hinsichtlich des Brandschutzes, Wärmeschutzes und Witterungsschutzes nicht ausreichend funktioniert. Das muss der Besteller nicht hinnehmen.
d) Soweit die Beklagte vorträgt, dass das Bauvorhaben des Klägers im Juli 2021 durch die sogenannte Hochwasserkatastrophe beschädigt worden sei und der Kläger infolgedessen auch Versicherungsleistungen für die beschädigten bereits angebrachten Teile des Wärmedämmverbundsystems in Anspruch genommen habe, führt das Landgericht zu Recht aus, dass dies klägerseits bestritten worden ist und weitere Ausführungen der Beklagten nicht erfolgten. Die Beklagte hat schon nicht bewiesen, dass die Außendämmung überhaupt von dem Hochwasser betroffen war, geschweige denn infolgedessen Schadensersatzleistungen durch die Versicherung an den Kläger gezahlt wurden. Es handelt sich offensichtlich um Behauptungen ins Blaue.
Überdies hätte solches aber auch – wie das Landgericht zutreffend ausführt – keinen Einfluss auf die hier in Rede stehenden Mangelbeseitigungsansprüche, weil zum Zeitpunkt des Hochwassers im Juli 2021 das Wärmedämmverbundsystem nach den erstinstanzlichen Feststellungen bereits irreparabel mangelhaft war und zurückgebaut werden musste. Eine Vergrößerung des Schadens und damit einhergehend der Mangelbeseitigungskosten kann also schon nicht mehr eingetreten sein. Der Mangelbeseitigungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte bestand bereits. Die Arbeiten wurden auch nicht mehr weiter geführt. Wenn dann durch ein anderes zeitlich nachfolgendes Ereignis eine Vergrößerung des Schadens eingetreten wäre (was indessen bestritten ist), kann dies dem Erstschädiger nicht zum Vorteil gereichen, sofern das Hochwasser nicht als Schadensanlage bereits vorhanden war. Denn der Anspruch auf Mangelbeseitigung war bereits im Vermögen des Klägers vorhanden (dazu auch BGH VI ZR 229/92).
e) Die Beklagte rügt weiterhin zu Unrecht die seiner Ansicht nach deutlich übersetzten Mängelbeseitigungskosten insbesondere im Hinblick auf die Abbruchkosten.
Die Höhe des Vorschusses bemisst sich nach den – aus Sicht eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden und sachkundig beratenen Bestellers – für die Mängelbeseitigung voraussichtlich erforderlichen Aufwendungen (BGHZ 54, 82; BGHZ 47, 272; BGH BauR 1999, 631; NJW-RR 1993, 522; NJW-RR 1991, 789; NJW-RR 1989, 86; BeckOK BGB/Voit Rn. 12; BeckOGK/Rast, BGB, Stand 1.4.2022, § 634 Rn. 204; Staudinger/Peters, 2019, § 634 Rn. 88) die sich ggf. durch Gutachten oder Einholung von Angeboten ermitteln lassen. Der Besteller kann die Kosten bei Vorliegen greifbarer Anhaltspunkte auch – laienhaft – schätzen (BGH BeckRS 2010, 16186; OLG Düsseldorf BeckRS 2020, 7833 Rn. 184; NZBau 2017, 280 Rn. 62; OLG Hamburg NJW-RR 2019, 336 Rn. 104; OLG München BeckRS 2018, 23495 Rn. 284). Die Anforderungen an die Darlegungslast sind deshalb nicht hoch, zumal der Vorschuss eine vorläufige Zahlung ist, über die am Ende abgerechnet werden muss. Erforderlich sind die Aufwendungen, die mit Sicherheit der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands dienen (BGH NJW 2014, 620; NJW-RR 2010, 1604).
Unter Berücksichtigung der o.g. Grundsätze hat der Kläger schriftsätzlich und durch Vorlage des Gutachtens Anl. K 11 substantiiert dargelegt, dass zur Beseitigung der mangelhaften Ausführung des WDVS umfangreiche Arbeiten erforderlich sind, welche voraussichtlich Kosten in Höhe von 140.806,08 Euro brutto (Bl. 55 d.A.) auslösen werden. Insbesondere hat der Privatsachverständige ausführlich, detailliert und inkl. Aufmaß seine Kostenschätzung begründet (Bl. 49-62 d.A.), so dass das pauschale Bestreiten der Beklagten, einem Fachunternehmen, (Bl. 132 d.A.) nicht ausreichend ist.
Dass die Beklagte die Mängelbeseitigung bzw. dessen Kostenvorschuss wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigern dürfte, ist weder substantiiert dargelegt noch ersichtlich. Voraussetzung hierfür wäre zudem, dass der Aufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem objektiven Interesse des Bestellers an einer vertragsgemäßen Leistung steht und deshalb das Bestehen auf Vertragserfüllung sich unter Berücksichtigung aller Umstände als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt (Grüneberg/Retzlaff, BGB, 81. Aufl., § 635 Rn. 11 m.w.N.). Davon ist vorliegend jedoch gerade nicht auszugehen. Insoweit schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil, dort S. 18 f., zur Vermeidung von Wiederholungen an.
Zu ergänzen ist lediglich, dass, soweit die Beklagte die Ansicht vertritt, zwar für das Anbringen von WDVS Fachunternehmen zu sein, indes nicht für den Abbruch, so dass einfaches Bestreiten hinsichtlich der Abbruchkosten ausreichen dürfe, dies nicht zutrifft: Derjenige, der die Dämmstoffe montiert, kennt sich naturgemäß auch mit der Entsorgung und den diesbezüglichen Kosten aus. Schon beim Aufbringen ergeben sich immer wieder Abfallstücke, die später zu entsorgen sind. Trotz entsprechender Hinweise im angefochtenen Urteil hat die Beklagte zudem auch mit der Berufungsbegründung ihren diesbezüglichen Einwand nicht näher substantiiert erläutert.
Darüber hinaus war der Vortrag erstinstanzlich bereits verspätet und kann auch in zweiter Instanz nicht mehr berücksichtigt werden: Die Höhe der Mangelbeseitigungskosten im Hinblick auf die Abbruchkosten wurde erstmalig mit Schriftsatz vom 28.11.2022 angegriffen. Zum Zeitpunkt des neuen Vortrags bzw. Bestreitens unter Vorlage eines Gegenangebots war der Termin zur Verhandlung über den Einspruch gegen das erlassene Versäumnisurteil bereits beendet und Verkündungstermin anberaumt (auch wenn dieser nochmals aus dienstlichen Gründen verschobenen wurde). Den Parteien war zwar Schriftsatznachlass jedoch hinsichtlich bestimmter anderer Punkte gewährt worden, welcher aber ebenfalls abgelaufen war. Daher konnte der neue Vortrag gem. § 296a ZPO erstinstanzlich nicht mehr berücksichtigt werden. Ein Grund für die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung i.S.v. § 156 ZPO ist nicht erkennbar. Schließlich wurden auch keine Gründe dafür vorgetragen, den neuen Vortrag gemessen an den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zweitinstanzlich zuzulassen.
f) Die Beklagte vermag sich auch nicht darauf zu berufen, ihr stehe noch ein fälliger Werklohnanspruch aus der Ausführung der WDVS-Arbeiten zu, den sie dem Kostenvorschuss des Klägers entgegenhalten könne.
Im Grundsatz zutreffend gehen allerdings beide Parteien davon aus, dass ein Anspruch auf Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung nur insoweit besteht, als sich der Auftraggeber aus zurückbehaltenem Werklohn nicht befriedigen kann (OLG München, Beschluss vom 08. Oktober 2015 – 27 U 1614/15 Bau, nachgehend BGH, Beschluss vom 07. Februar 2018 – VII ZR 253/15, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen; OLG Dresden, Teilurteil vom 02. Februar 2017 – 10 U 672/12; OLG Celle, Urteil vom 03.03.2016 – 16 U 129/15).
Vorliegend hat die Beklagte jedoch einen fälligen Anspruch auf Werklohn aus der Ausführung der WDVS-Arbeiten nicht schlüssig dargelegt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil (dort S. 19 d. Urteils unter Ziff. 8.) Bezug genommen, zu denen die Beklagte in der Berufungsinstanz keinen weitergehenden Vortrag geleistet hat.
Gleiches gilt auch, soweit die Beklagte mit einem ihr ihrer Auffassung nach zustehenden Werklohnanspruch aus der Ausführung von Innenputzarbeiten am Bauvorhaben die Hilfsaufrechnung erklärt hat. Auch insoweit hat die Beklagte einen fälligen Werklohnanspruch nicht schlüssig dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat diesbezüglich ebenfalls Bezug auf die zutreffenden, nicht ergänzungsbedürftigen Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung (dort S. 20 d. Urteils unter Ziff. 9.), denen die Beklagte gleichfalls in der Berufungsinstanz nicht sachlich entgegengetreten ist.
2. Dem Kläger steht weiterhin ein Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten gem. §§ 631, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 249 BGB i.H.v. 4.325,06 Euro zu. Die Kosten der Schadens- bzw. Mängelfeststellung sind Teil des zu ersetzenden Schadens, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Anspruchs erforderlich und zweckmäßig war (BGH, Urteil vom 28. Februar 2017 – VI ZR 76/16). Einwände, dass das Privatgutachten nicht erforderlich oder dessen Kosten überhöht seien, sind erst- wie zweitinstanzlich weder vorgetragen noch ersichtlich.
3. Schließlich ist der zulässige Feststellungsanspruch nach den vorstehenden Ausführungen auch begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 S. 2 ZPO bestand keine Veranlassung. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Vielmehr hat der Senat den Fall nach Maßgabe der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles entschieden.