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OLG Köln zu der Frage, dass Verträge mit Architekten, Bauingenieuren, Statikern u.s.w. zwar in der Regel Werkverträge sind, Abweichendes aber dann gilt, wenn die Aufgabe des Architekten oder der anderen Baufachleute sich auf eine bauleitende, überwachende oder beratende Tätigkeit beschränkt und nicht die Bauführung umfasst

vorgestellt von Thomas Ax

1. Verträge mit Architekten, Bauingenieuren, Statikern u.s.w. sind zwar in der Regel Werkverträge. Abweichendes gilt dann, wenn die Aufgabe des Architekten oder der anderen Baufachleute sich auf eine bauleitende, überwachende oder beratende Tätigkeit beschränkt und nicht die Bauführung umfasst.
2. Auch der Vertrag mit einem Sachverständigen über die Erstattung eines Gutachtens ist als Werkvertrag zu qualifizieren, da der Gutachter ein geistiges Werk schuldet. Wird der Sachverständige aber über längere Zeit hinweg beratend oder überwachend tätig, liegt ein Dienstvertrag vor.
3. Ein Auftrag über die Dokumentation des Zustands eines Weges hat mit Blick auf den geschuldeten Erfolg werkvertraglichen Charakter. Umfasst der überwiegende Teil der beauftragten und erbrachten Leistungen indes die Beratung des Auftraggebers im Hinblick auf Ursachen und erforderliche Maßnahmen zur Beseitigung von Schäden am Weg, ist im Schwerpunkt kein bestimmter Erfolg oder ein konkretes geistiges Werk geschuldet, sondern eine laufende (beratende) Tätigkeit im Interesse des Auftraggebers.
4. Dem Dienstherrn stehen grundsätzlich keine Gewährleistungsansprüche zu. Insbesondere ist auch eine Minderleistung nicht als “nicht vertragsgemäße” Leistung zu sehen, die den Dienstherrn berechtigen würde, die Vergütung nicht zu zahlen.
5. Der Dienstverpflichtete hat keinen Anspruch auf Vergütung, wenn die erbrachten Dienste infolge einer von ihm zu vertretenden Schlechtleistung für den Dienstherrn ohne Interesse (i.S.v. völlig unbrauchbar) sind. Dann steht dem Dienstherrn ein Schadensersatzanspruch zu, der auf Befreiung von der Vergütungspflicht gerichtet ist.
OLG Köln, Beschluss vom 14.02.2023 – 8 U 193/22
vorhergehend:
LG Aachen, 20.10.2022 – 12 O 169/22
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 06.12.2023 – VII ZR 61/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
OLG Köln, Beschluss vom 20.03.2023 – 18 U 193/22 (Zurückweisungsbeschluss)


Gründe:

I.

Die Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senats keine Aussicht auf Erfolg, weil sie offensichtlich unbegründet ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) und die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Zu Recht hat das Landgericht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die zutreffenden Gründe der landgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen. Die hiergegen erhobenen Einwände der Berufung rechtfertigen keine andere, für den Beklagten günstigere Beurteilung. Im Einzelnen:

1. Zutreffend ist das Landgericht zunächst davon ausgegangen sein, dass das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis im Schwerpunkt als Dienstvertrag zu qualifizieren ist. Verträge mit Architekten, Bauingenieuren, Statikern u.s.w. sind zwar in der Regel Werkverträge; abweichendes gilt dann, wenn die Aufgabe des Architekten oder der anderen Baufachleute sich auf eine bauleitende, überwachende oder beratende Tätigkeit beschränkt und nicht die Bauführung umfasst (BGH NJW 1982, 438; insgesamt MüKoBGB/Spinner, 9. Aufl. 2023, § 611 Rn. 28). Auch der Vertrag mit einem Sachverständigen über die Erstattung eines Gutachtens ist als Werkvertrag zu qualifizieren (BGH NJW 1995, 392; 2006, 2472), da der Gutachter ein geistiges Werk schuldet. Wird der Sachverständige aber über längere Zeit hinweg beratend oder überwachend tätig, liegt ein Dienstvertrag vor (vgl. MüKoBGB/Spinner, 9. Aufl. 2023, § 611 Rn. 35).

Zwar hat die vom Beklagten beauftragte Dokumentation des Zustands des Weges mit Blick auf den geschuldeten Erfolg werkvertraglichen Charakter. Indes umfasste der überwiegende Teil der beauftragten und erbrachten Leistungen die Beratung des Beklagten im Hinblick auf Ursachen und erforderliche Maßnahmen zur Beseitigung der Schäden am Weg. Insbesondere aus den vorgelegten Rechnungen, Tätigkeitsauflistungen und Unterlagen ergibt sich eine langfristige beratende Tätigkeit. Der Beklagte hat den Kläger für eine Vielzahl von Fragen und Aufgaben im Zusammenhang mit den Straßenschäden in Anspruch genommen (vgl. Bl. 22, 84 ff., 102 ff., 117 f., 216 ff., insbes. Bl. 224 ff. eA LG). Es war daher im Schwerpunkt kein bestimmter Erfolg oder ein konkretes geistiges Werk geschuldet, sondern eine laufende (beratende) Tätigkeit im Interesse des Beklagten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der (streitigen) Behauptung des Beklagten, der Kläger sei auch mit der Prüfung der vorgelegten Statiken beauftragt gewesen. Einen solchen Auftrag unterstellt, beschränkte sich die Tätigkeit des Klägers auch insoweit auf eine Beratung des Beklagten zur Frage, was sich hieraus für die örtliche Situation ergibt, und umfasste keinen Erfolg im Sinne der Erstellung einer “Vergleichs”-Statik bzw. vollständigen Nachberechnung.

2. Ebenfalls zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte den Vertrag nicht wirksam angefochten hat. Eine allenfalls in Betracht kommende arglistige Täuschung nach § 123 BGB liegt bereits deswegen nicht vor, weil sich etwaige Täuschungshandlungen nicht auf den Abschluss des Vertrages zwischen den Parteien gerichtet haben. Auch wenn der Beklagte ausführt, das Verhalten des Klägers sei “von Anfang an darauf ausgelegt” gewesen, den Beklagten zu täuschen, trägt er keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass es der Kläger mit Blick auf eine beabsichtigte spätere Irreführung bereits vor Vertragsschluss darauf angelegt hätte, den Beklagte zu seiner Beauftragung zu bewegen. Anfechtungstatbestände nach § 119 BGB sind ebenfalls nicht ersichtlich.

3. Der demnach bestehende Vergütungsanspruch des Klägers ist nicht wegen einer vom Beklagten behaupteten Nicht- oder Schlechtleistung gemindert oder durch Aufrechnung erloschen. Aus dem gleichen Grund ist auch der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der bereits geleisteten Vergütung nicht gegeben.

a) Dem Dienstherrn stehen nach den gesetzlichen Bestimmungen des Dienstvertragsrechts grundsätzlich keine Gewährleistungsansprüche zu. Insbesondere ist auch eine Minderleistung nicht als “nicht vertragsgemäße” Leistung zu sehen, die den Dienstherrn nach § 614 BGB berechtigen würde, die Vergütung nicht zu zahlen; ebenso ist ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB nicht gegeben (vgl. insgesamt OLG Frankfurt a. M. MDR 1992, 347; OLG Köln MedR 1994, 199; BeckOK BGB/Baumgärtner, 64. Ed. 1.11.2022, § 611 Rn. 54). Die Rechtsprechung versagt aber dann einen Anspruch auf Vergütung, wenn die erbrachten Dienste infolge einer vom Dienstverpflichteten zu vertretenden Schlechtleistung für den Dienstberechtigten ohne Interesse (i.S.v. völlig unbrauchbar) sind. Dann wird ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB angenommen, der gem. § 249 Abs. 1 BGB (Naturalrestitution) auf Befreiung von der Vergütungspflicht gerichtet ist (OLG Köln MedR 1994, 198; OLG München OLGR 1998, 247).

Eine völlige Unbrauchbarkeit im vorgenannten Sinne ist im Streitfall nicht gegeben. Auch wenn der Beklagte meint, zwingende Hinweise auf eine Korrumpierung des Klägers zu sehen, sind hierfür tatsächliche Anhaltspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich vielmehr, dass sich der Kläger mit den Fragen und Aufgaben befasst hat, die ihm der Beklagte aufgetragen hat. Insbesondere sind seine Dokumentationen und Erkenntnisse im einstweiligen Verfügungsverfahren LG Aachen 11 O 348/17 zugunsten des Beklagten verwertet worden. So ist auf dessen Antrag unter dem 22.09.2017 eine einstweilige Verfügung gegen die Bauherrin des Nachbargrundstücks erlassen worden mit dem Inhalt, dass dieser untersagt wurde, ihr Grundstück so zu bebauen und zu vertiefen, dass die Straße des (hiesigen) Beklagten beschädigt wird, sowie für eine genügende Befestigung zu sorgen (Bl. 56 ff. Beiakte 11 O 348/17). Diese einstweilige Verfügung wurde u.a. auch nach Anhörung des Klägers durch Urteil bestätigt. Dabei kam es nicht entscheidend darauf an, in welchem Umfang die Straße vor den Bauarbeiten belastbar war, und dass die Trägerbohlwand ausweislich des vorgelegten Prüfberichts des Prof. Dr. ### für einen Lastfall von 12 t ausgelegt ist. Denn nach den Urteilsgründen sei ihr jedenfalls die erforderliche Stütze genommen worden, weshalb Risse und Absackungen – wie vom Kläger dokumentiert – entstanden sind. Dass sich etwaige Falschangaben des Klägers für den Beklagten nachteilig ausgewirkt hätten, ist daher schon nicht ersichtlich. Zudem ergeben sich aus der Aktenlage keinerlei greifbare Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger gegen die Interessen des Beklagten gearbeitet hätte.

b) Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass dem Beklagten ein sonstiger Schadensersatzanspruch zustehen könnte, der dem klägerischen Anspruch im Wege der Aufrechnung oder der Widerklage entgegen gehalten werden könnte. Mit Blick auf die Ausführungen zu lit. a) lässt sich insbesondere keine Treuepflichtverletzung gemäß § 241 Abs. 2 BGB feststellen. Zudem fehlt es seitens des Beklagten an Darlegungen dazu, welcher konkrete Schaden ihm hinsichtlich einer etwaigen Pflichtverletzung des Klägers entstanden sein soll. Unabhängig von der Frage, ob der Kläger in Anbetracht der vorgelegten Unterlagen – insbesondere des Prüfberichts des SV-Büros ### – überhaupt eine Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann, ist schon nicht ersichtlich, welche konkreten Vermögensnachteile dem Beklagten daraus erwachsen sein sollen. Das einstweilige Verfügungsverfahren ging in erster Instanz zu seinen Gunsten aus und die Trägerbohlwand wurde verstärkt. Dass es infolge einer Pflichtverletzung des Klägers zu einer Vergrößerung des schon vorhandenen Schadens gekommen wäre, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

c) Soweit der Beklagte im Wege der Widerklage eine Schadensersatzpflicht des Klägers feststellen lassen will, fehlt es schließlich – wie bereits das Landgericht zutreffend ausführt – an einem Feststellungsinteresse. Welche Schäden infolge einer Pflichtverletzung noch eintreten oder derzeit noch nicht beziffert werden können, ist nicht dargetan.

II.

Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

III.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 23.224,85 EUR festzusetzen.