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OLG Stuttgart zu der Frage, ob Kosten für ein von der Partei beauftragtes Gutachten über Ursache und Ausmaß der eingetretenen und vielleicht noch zu erwartenden Mängel als Mangelfolgeschaden materiellrechtlich gemäß § 13 Nr. 7 VOB/B zu ersetzen sind

Kosten für ein von der Partei beauftragtes Gutachten über Ursache und Ausmaß der eingetretenen und vielleicht noch zu erwartenden Mängel können als Mangelfolgeschaden materiellrechtlich gemäß § 13 Nr. 7 VOB/B zu ersetzen sein (vgl. BGH NJW 2002, 141 f.; BGH NJW 1971, 99 ff.;). Dieser Schaden entsteht von vornherein neben dem Nachbesserungsanspruch, weshalb eine Fristsetzung nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B nicht Anspruchsvoraussetzung ist (BGH NJW 2002, 141 f.). Zu ersetzen sind die (Privat-) Gutachterkosten, soweit sie im Einzelfall erforderlich waren, um dem Bauherrn ein zuverlässiges Bild über die Mängel zu verschaffen und es ihm zu ermöglichen, seine diesbezüglichen Ansprüche richtig zu beurteilen (BGH NJW 1971, 99 ff.; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Auflage 2005, Rdnr. 159 ff.). Dabei kann der nicht sachkundige Auftraggeber unter Umständen sogar überhöhte Kosten der Untersuchungen durch den Sachverständigen – die objektiv nicht erforderlich waren – erstattet verlangen. Denn er muss sich grundsätzlich darauf verlassen können, dass der Sachverständige nur solche Untersuchungen durchführt, die zur zuverlässigen Beantwortung der anstehenden Fragen erforderlich sind (vgl. Ingenstau/Korbion, Kommentar zur VOB, 14. Auflage 2001, § 13 Nr. 7 VOB/B, Rdnr. 715).

OLG Stuttgart, Urteil vom 18.10.2007 – 7 U 69/07

Gründe

I.

Die Klägerin ist gewerblich auf dem Gebiet der Kanaltechnik und Kanalsanierung tätig. Sie verlangt von der beklagten Gemeinde restlichen Werklohn für Kanalsanierungsarbeiten am Kanalnetz der Beklagten. Die Beklagte ihrerseits verlangt von der Klägerin im Wege der Widerklage Schadensermittlungskosten in Zusammenhang mit Mängeln an der Werkleistung der Klägerin.

Die Klägerin hatte bereits im Jahre 1999 Kanalsanierungsarbeiten für die Beklagte durchgeführt, die abgeschlossen und bezahlt wurden. Mit Bauvertrag vom 20.06.2000 (Anlage A 1, nach Bl. 12 d.A.) wurde die Klägerin von der Beklagten mit der Durchführung weiterer Kanalsanierungsarbeiten mit einer Gesamtvergabesumme von 552.539,66 DM beauftragt. Unstreitig wurde zwischen den Parteien dabei die Geltung der VOB/B vereinbart. Gegenstand der Beauftragung war keine umfassende Gesamtsanierung des Kanalsystems, sondern die Sanierung punktueller Schäden.

Die Werkleistungen der Klägerin wurden in der Folgezeit erbracht und unstreitig von der Beklagten abgenommen. Die Klägerin erteilte unter dem 05.12.2001 Schlussrechnung (Anlage A 2, nach Bl. 12 d.A.). Diese weist nach Berücksichtigung verschiedener Teilzahlungen der Beklagten einen noch zu bezahlenden Betrag von 140.631,19 DM aus, was 71.903,58 EUR entspricht. Dieser Betrag, der mit der Klage nebst Zinsen geltend gemacht wird, wurde von der Beklagten unter Hinweis auf zahlreiche behauptete Mängel der klägerischen Werkleistung nicht bezahlt.

Die Beklagte ließ im Juni 2002 durch eine Drittfirma – die Kanal-B. GmbH, E. – die Arbeiten der Klägerin überprüfen. Dabei wurde eine Kanalbefahrung mit einer Videokamera durchgeführt. In der Folgezeit hat die Beklagte in großem Umfang Mängel an der klägerischen Werkleistung behauptet und die Mängelbeseitigungskosten auf einen Betrag von 100.978,00 EUR beziffert. Mit einem von ihr in dieser Höhe behaupteten Schadenersatzanspruch hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit gegen die Klagforderung aufgerechnet und den überschießenden Betrag von 29.074,42 EUR nebst Zinsen im Wege der Widerklage geltend gemacht. Daneben hat die Beklagte, ebenfalls jeweils im Wege der Widerklage, Schadensermittlungskosten in Höhe von 28.316,76 EUR geltend gemacht und Feststellung begehrt, dass die Klägerin auch den weiteren Schaden zu ersetzen habe, der durch die mangelhafte Kanalsanierung entstanden sei oder noch entstehen werde. Die Schadensermittlungskosten betreffen die von der Beklagten beauftragte Mängelermittlung und Auswertung durch die Firma E., S..

Auf die weiteren tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den behaupteten Mängeln die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 8.893,08 EUR nebst Zinsen zu bezahlen. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Auch die Widerklage wurde vom Landgericht abgewiesen. Beide Parteien haben gegen das Urteil des Landgerichts Berufung eingelegt, die Beklagte zudem auch Anschlussberufung.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihren Restwerklohnanspruch, soweit dieser noch nicht zuerkannt wurde, unter Vertiefung ihres bisherigen Vortrages weiter. Sie hält die von der Beklagten geltend gemachten Schadenersatzansprüche nach wie vor weder dem Grunde noch der Höhe nach für gegeben. Die Klägerin greift insbesondere die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. S. zur Mangelhaftigkeit ihrer Werkleistungen an. Außerdem ist die Klägerin der Auffassung, dass etwaige Schadenersatzansprüche der Beklagten jedenfalls ohne Umsatzsteuer geschuldet wären.

Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung die von ihr geltend gemachten Schadensermittlungskosten in Höhe von 28.316,76 EUR nebst Zinsen weiter. Sie hat dabei zuletzt Zahlung in Höhe eines Betrages von 12.667,20 EUR und Freistellung hinsichtlich des Restbetrages von 15.649,56 EUR verlangt. Zudem hat die Beklagte Anschlussberufung eingelegt und mit dieser eine Eventualwiderklage auf Feststellung erhoben, dass die Klägerin nach Ausführung der Mängelbeseitigungsarbeiten die anfallende Mehrwertsteuer zu erstatten habe. Die Eventualwiderklage ist für den Fall erhoben, dass die Aufrechnung gegen die Hauptforderung mit Schadenersatzansprüchen der Beklagten nur in Höhe des Nettobetrages oder nur in Höhe eines Mehrwertsteuersatzes von 16 % für begründet erachtet wird.

Die Klägerin beantragt wie folgt:

1. Das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 22. Februar 2007, Az: 3 O 516/02, wird abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, über den zuerkannten Betrag von 8.893,08 EUR nebst Zinsen hieraus von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 16. Januar 2002 hinaus weitere 63.010,50 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 16. Januar 2002 zu zahlen.

2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Anschlussberufung wird als unbegründet zurückgewiesen.

4. Die Eventualwiderklage wird als unzulässig abgewiesen, hilfsweise als unbegründet.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Widerklage hat die Beklagte zunächst wie folgt beantragt:

1. Das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 22.02.2007, Az: 3 O 516/02 III, wird abgeändert.

2. Auf die Widerklage der Beklagten wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 28.316,76 EUR nebst 8 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Widerklageschriftsatzes zu bezahlen.

Nunmehr beantragt die Beklagte hinsichtlich der Widerklage wie folgt:

1. Das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 22.02.2007, Az: 3 O 516/02 III, wird abgeändert.

2. Auf die Widerklage der Beklagten wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 12.667,20 EUR nebst 8 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Widerklageschriftsatzes zu bezahlen.

3. Die Klägerin wird verurteilt, die Beklagte von der Bezahlung einer Forderung in Höhe von 15.649,56 EUR der E. R. AG, S., freizustellen.

Im Rahmen ihrer Anschlussberufung beantragt die Beklagte – bedingt für den Fall, dass die Aufrechnung gegen die Hauptforderung mit Schadenersatzansprüchen der Beklagten nur in Höhe des Nettobetrages oder nur in Höhe eines Mehrwertsteuersatzes von 16 % für begründet erachtet wird -,

festzustellen, dass die Klägerin nach Ausführung der Mängelbeseitigungsarbeiten die anfallende Mehrwertsteuer zu erstatten hat.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Der ebenfalls zulässigen Berufung der Beklagten war hingegen stattzugeben. Die im Wege der Anschlussberufung zulässig erhobene Eventualwiderklage der Beklagten kommt nicht zum Tragen.

1. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Landgericht Heilbronn hat durch das angegriffene Urteil zu Recht lediglich einen Restwerklohnanspruch der Klägerin in Höhe von 8.893,08 EUR nebst Zinsen zuerkannt. Zutreffend hat das Landgericht Schadenersatzansprüche der Beklagten gegen die Klägerin in Höhe von 63.010,50 EUR bejaht. In dieser Höhe hat die Beklagte wirksam gegen die – im Ausgangspunkt unstreitige – Restwerklohnforderung aufgerechnet.

a) Die Parteien haben unstreitig die Geltung der VOB/B vereinbart. Angesichts des Datums des Vertragsschlusses (20.06.2000) ist von der Einbeziehung der VOB/B Ausgabe 1998 auszugehen. Die Anspruchsvoraussetzungen für die geltend gemachten Schadenersatzansprüche richten sich daher nach der Regelung des § 13 7 VOB/B in der damaligen Fassung. § 13 VOB/B enthält eine abschließende Regelung der Mängelrechte nach Abnahme (vgl. Palandt-Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Aufl. 2007, § 634 BGB, Rdnr. 28). Alle Leistungen der Klägerin sind unstreitig abgenommen.

b) Nach § 13 7 Abs. 1 VOB/B 1998 setzte die Schadenersatzpflicht einen wesentlichen Mangel voraus, der die Gebrauchsfähigkeit erheblich beeinträchtigt und auf ein Verschulden des Auftragsnehmers oder seiner Erfüllungsgehilfen zurückzuführen ist.

Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung meint, der Schadenersatzanspruch nach § 13 VOB/B setze Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit voraus, ist dies für den hier angesprochenen Bereich nicht richtig. Vielmehr regelte in der hier maßgeblichen Fassung der VOB/B lediglich § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B, dass ein ‑darüber hinausgehender, das heißt von Absatz 1 nicht erfasster, Schaden unter anderem dann zu ersetzen ist, wenn der Mangel auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht (vgl. nunmehr § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B 2002). Im Bereich von § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B 1998 war hingegen auch zum damaligen Zeitpunkt jede Form von Fahrlässigkeit haftungsbegründend.

c) Angesichts der vom Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. S. festgestellten Mängel sind die vom Landgericht zuerkannten Schadenersatzansprüche begründet. Es handelt sich durchweg um wesentliche Mängel, die die Gebrauchsfähigkeit der Bauleistung jeweils erheblich beeinträchtigen und auf ein Verschulden der Klägerin als Auftragnehmerin respektive ihrer Erfüllungsgehilfen zurückzuführen sind. Gegenstand des vorliegenden Werkvertrages war die Sanierung der Abwasserkanäle der beklagten Kommune. Der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. S. hat in der als Anlage zur gutachterlichen Stellungnahme vom Mai 2005 (Bl. 206 d.A.) beigefügten Tabelle für die insgesamt 123 Schadenspositionen jeweils in Spalte 13 eine Schadensbeschreibung aufgenommen, die im landgerichtlichen Urteil (Seiten 20 ff.) für die als mangelhaft eingestuften Einzelpositionen wiedergegeben ist. Es geht ganz überwiegend um nicht fachgerechte Rohrverbindungen mit sichtbarer Feuchtigkeit, des weiteren um Risse und um Stellen mit losem Verpressmaterial. Der Sachverständige Prof.-Dr.-Ing. D. S. hat im Rahmen seiner Anhörung im Berufungsverfahren ausgeführt, dass ein sanierter Kanal die Anforderungen erfüllen muss, die an einen neuen Kanal gestellt werden. Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, dass es sich bei den von ihm festgestellten Mängeln nicht etwa um Schönheitsfehler handelt. Die vorliegenden Mängel stellen den Erfolg der Sanierungsmaßnahmen in Frage. Bei der richtigen Wahl der technischen Verfahren wäre es – so der Sachverständige – möglich gewesen, aus technischer Sicht einen Sanierungserfolg zu erzielen. Angesichts dieser klaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen bestehen weder ernsthafte Zweifel an einer erheblichen Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit der Leistung noch am Verschulden der Klägerin.

d) Nicht gefolgt werden kann auch der ebenfalls in Zusammenhang mit der Frage der Mangelhaftigkeit stehenden Argumentation der Klägerin, das Landgericht habe die Rolle und die Befugnisse des Bauleiters der Beklagten, Herrn Dipl.-Ing. Ch. M., verkannt. Die Ausführungen des Landgerichts zur Frage der vertraglich geschuldeten lokalen Einzelleistungen, zur ‑sparsamen Arbeitsweise und zu Einzelweisungen sind in jeder Hinsicht klar und überzeugend. Der Senat hat diesen Ausführungen nichts hinzuzufügen.

e) Auch die mit der Berufung (erneut) vorgetragenen Einwendungen gegen die vom Sachverständigen gewählten Methodik und zum Inhalt der von ihm getroffenen Feststellungen sind nicht überzeugend.

Der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. D. S. hat im Rahmen seiner Anhörung im Berufungsverfahren zunächst in grundsätzlicher Hinsicht ausgeführt, dass es heute üblich sei, Kanäle mittels einer Befahrung durch Fernsehkameras zu inspizieren. Die Auswertung dieser Befahrungen erfolgt dann in der Regel im Ingenieurbüro. Voraussetzung für tragfähige Feststellungen sei allerdings, dass die Videobänder aussagefähig sind, man also genug auf ihnen erkennen könne. Nach den klaren Darlegungen des Sachverständigen erfüllten die Videoaufnahmen, die ihm im Streitfall vorlagen, diese Voraussetzungen. Die Videoaufnahmen waren durch Geräte gefertigt, die dem Stand der Technik entsprachen. Insbesondere – so der Sachverständige weiter – entsprach auch die Ausleuchtung dem Stand der Technik. Der Sachverständige hat auch darauf hingewiesen, dass es entgegen der Auffassung der Klägerin eine feste Regel, wonach nur in Fließrichtung inspiziert werden dürfe, nicht gibt. Die Abnahmebefahrung der Klägerin wurde bei den Untersuchungen des Sachverständigen mitberücksichtigt. Die Vorgabe, dass vor Inspektionen die Innenflächen der Kanäle getrocknet sein müssen, war nach den Darlegungen des Sachverständigen ebenfalls erfüllt. Der Sachverständige hat bei alldem betont – und dies als Selbstverständlichkeit bezeichnet -, dass er seine Feststellungen unter Berücksichtigung der technischen Normen DIN EN-752-5 und DIN EN-1610 getroffen hat.

Im Weiteren hat der Sachverständige in überzeugender Weise zu den Einwendungen der Klägerin in Zusammenhang mit der Abgrenzung zwischen (bloßen) Glanzstellen und Feuchtigkeit Stellung genommen. Er hat sich, unter näherer Darstellung des Injektionsverfahrens mittel eines sogenannten Packers, erneut darauf festgelegt, dass die von ihm als Feuchtigkeitsstellen festgestellten Stellen tatsächlich feucht waren und es sich dort nicht um den sogenannten ‑Harzglanz handelte, sondern jeweils Infiltration von Wasser vorhanden war. Nachdem eine solche Festlegung nach den Ausführungen des Sachverständigen bereits anhand der vorhandenen Videoaufnahmen möglich war, bedurfte es hier auch keines Einweisungstermins.

Der Sachverständige hat schließlich auch in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass er anhand der Datierungen der ausgewerteten Videobänder einerseits und der Arbeitsberichte und Protokolle andererseits die Arbeitsstellen der Klägerin auf den Bändern verortet hat, um die Arbeitsergebnisse zu bewerten.

f) Das Landgericht hat auf der Grundlage der einzelnen Feststellungen des Sachverständigen die Schadensbeseitigungskosten zutreffend auf einen Gesamtbetrag von netto 52.950,- EUR addiert. Dass die Klägerin im Rahmen ihres Berufungsvortrages insoweit lediglich auf einen Betrag von 52.150,- EUR netto kommt, beruht darauf, dass die Klägerin in ihrer Auflistung die Schadensposition mit der laufenden Nummer 100 (‑Scherbenbildung im Sohlbereich ist nicht fachgerecht saniert) mit einem Nettobetrag von 800,- EUR nicht mit aufgeführt hat. Die Berechnung des Landgerichts ist demgegenüber zutreffend.

Der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. S. hat im Rahmen der Berufungsverhandlung klarstellend erläutert, dass sich die Schadensbeseitigungskosten jeweils auf die konkrete Schadensstelle beziehen und lediglich in den wenigen Fällen, in denen mehrere Schadensstellen eng beieinander lagen, eine sogenannte Renovierung vorgeschlagen wurde, die dort günstiger ist als einzelne Reparaturen in jenen Bereichen. Die Beklagte erhält daher durch den Schadensausgleich keineswegs mehr als durch den ursprünglichen Auftrag, der unstreitig lediglich auf eine punktuelle Kanalsanierung (sogenannte Reparatur) ausgerichtet war.

g) Zu Recht hat das Landgericht im Rahmen der Berechnung der Schadenersatzansprüche der Beklagten jeweils die Umsatzsteuer aus den Nettobeträgen mitberücksichtigt.

aa) Dem Einwand der Klägerin, es handle sich um eine ‑echte Schadenersatzforderung, die nicht steuerbar sei, weil ein Austauschverhältnis insoweit fehle, kann nicht gefolgt werden. Beim Schadensausgleich in Geld gemäß § 13 7 VOB/B ist die Umsatzsteuer in der vorliegenden Konstellation grundsätzlich ersatzfähig (OLG München, IBR 2000, 114; vgl. Wirth in: Ingenstau/Korbion, VOB, 16. Auflage, § 13 Nr. 7 VOB/B, Rdnr. 117). Im Rahmen des Schadenersatzes werden Mängelbeseitigungskosten geltend gemacht. Es handelt sich um Aufwendungen, die der Auftraggeber selbst zur Schadensbeseitigung erbringen muss. Hierzu gehört die Umsatzsteuer (OLG München, a.a.O.). Zur Erreichung der Baumängelfreiheit fällt die Umsatzsteuer auf die erforderlichen Bauleistungen an (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 18.01.2007, 12 U 120/06, zit. nach JURIS). Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn als Schaden entgangener Gewinn oder ein merkantiler Minderwert verlangt wird (OLG München a.a.O.).

Ob die zur Mangelbeseitigung erforderlichen Bauleistungen tatsächlich ausgeführt werden, ist unerheblich. Die Regelung des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB, die verlangt, dass die Umsatzsteuer tatsächlich anfällt, ist schon wegen der Übergangsregelung des Art. 229 § 8 EGBGB hier nicht anwendbar. Die Vorschrift des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB bezieht sich im Übrigen nur auf den Schadenersatz wegen Beschädigung einer Sache. Vorliegend geht es aber gerade nicht um den Ausgleich eines Integritätsschadens.

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus Haushaltsvorschriften und einer aus diesen gegebenenfalls resultierenden Zweckgebundenheit der streitgegenständlichen Schadenersatzansprüche.

bb) Nicht im Rahmen des Schadenersatzes zu berücksichtigen ist die Umsatzsteuer im Ergebnis allerdings auch dann, wenn der Auftraggeber vorsteuerabzugsberechtigt ist. Denn dann entsteht ihm wegen § 15 UStG gar kein Schaden, weil er die zu zahlenden Mehrwertsteueranteile hinsichtlich der Schadensbehebungsmaßnahmen als Vorsteuerbetrag gegenüber dem Finanzamt wieder abziehen kann (vgl. OLG Celle, IBR 2004, 564; vgl. bereits BGH NJW 1972, 1460). Eine Vorsteuerabzugsberechtigung der beklagten Gemeinde kann aber für den hier konkret in Rede stehenden Bereich, nämlich der Sanierung des Abwasserkanalsystems, nicht festgestellt werden. Die Beklagte handelt hier nicht als Unternehmen bzw. auch nicht wie ein Unternehmen im Rahmen gewerblicher Tätigkeit. Gemäß § 2 Abs. 3 UStG sind die juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 , § 4 des Körperschaftssteuergesetzes) und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Die Beklagte betreibt nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag die Abwasserbeseitigung als Pflichtaufgabe der Gemeinde im Wege eines sog. Regiebetriebs der Gemeinde als sog. Hoheitsbetrieb. Sie handelt demnach bei der Abwasserbeseitigung ‑hoheitlich im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG und nicht im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art. Die Abwasserbeseitigung durch Personen des öffentlichen Rechts wird seit jeher als Ausübung öffentlicher Gewalt beurteilt (vgl. BFH DB 1998, 850).

Ist damit aber die beklagte Gemeinde hier nicht als Unternehmen bzw. wie ein Unternehmen tätig, scheidet eine Vorsteuerabzugsberechtigung gemäß § 15 UStG aus.

cc) Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht der Schadensberechnung den gegenwärtig geltenden Umsatzsteuersatz von 19 % zugrunde gelegt. Der Anspruch auf Schadenersatz in Geld bemisst sich grundsätzlich nach den Wert- und Preisverhältnissen im Zeitpunkt der Erfüllung (vgl. Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Auflage 2007, Vorb. zu § 249 BGB, Rdnr. 174 m.w.N.). Im gerichtlichen Verfahren ist grundsätzlich von den Verhältnissen der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatrichter auszugehen, wobei die weitere Entwicklung der Nach- und Vorteile bis zur voraussichtlichen Erfüllung zu berücksichtigen ist (vgl. BGH NJW-RR 2001, 1450). Durch die Mehrwertsteuererhöhung zum 01.01.2007 ist der Schaden der Beklagten gestiegen, da sie für eine mangelfreie Herstellung des Werks nunmehr erhöhte Kosten hat. Nachdem die in Rede stehenden Schadenersatzansprüche nun Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, ist der jetzt geltende Mehrwertsteuersatz maßgebend.

Die allein die Widerklage betreffende Berufung der Beklagten hat Erfolg.

a) Die im Schriftsatz vom 24.09.2007 enthaltene geänderte Antragstellung hinsichtlich der Widerklage begegnet keinen prozessualen Bedenken (§§ 533, 529 ZPO in Verbindung mit § 264 2 ZPO). Es handelt sich um eine qualitative Änderung des Antrages bei gleich bleibendem Klagegrund (vgl. Zöller-Greger, Zivilprozessordnung, 26. Auflage 2007, § 264 ZPO, Rdnr. 3 b m.w.N.).

b) Kosten für ein von der Partei beauftragtes Gutachten über Ursache und Ausmaß der eingetretenen und vielleicht noch zu erwartenden Mängel können als Mangelfolgeschaden materiellrechtlich gemäß § 13 7 VOB/B zu ersetzen sein (vgl. BGH NJW 2002, 141 f.; BGH NJW 1971, 99 ff.;). Dieser Schaden entsteht von vornherein neben dem Nachbesserungsanspruch, weshalb eine Fristsetzung nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B nicht Anspruchsvoraussetzung ist (BGH NJW 2002, 141 f.). Zu ersetzen sind die (Privat-) Gutachterkosten, soweit sie im Einzelfall erforderlich waren, um dem Bauherrn ein zuverlässiges Bild über die Mängel zu verschaffen und es ihm zu ermöglichen, seine diesbezüglichen Ansprüche richtig zu beurteilen (BGH NJW 1971, 99 ff.; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Auflage 2005, Rdnr. 159 ff.). Dabei kann der nicht sachkundige Auftraggeber unter Umständen sogar überhöhte Kosten der Untersuchungen durch den Sachverständigen – die objektiv nicht erforderlich waren – erstattet verlangen. Denn er muss sich grundsätzlich darauf verlassen können, dass der Sachverständige nur solche Untersuchungen durchführt, die zur zuverlässigen Beantwortung der anstehenden Fragen erforderlich sind (vgl. Ingenstau/Korbion, Kommentar zur VOB, 14. Auflage 2001, § 13 Nr. 7 VOB/B, Rdnr. 715).

c) Das Landgericht hat im vorliegenden Fall den geltend gemachten Anspruch auf Ersatz der Schadensermittlungskosten zu Unrecht verneint.

Das Landgericht hat darauf verwiesen, dass die Beklagte, die über ein eigenes Bauamt verfüge, sowohl die Planung der Kanalisationsarbeiten als auch die anschließende Durchführung ‑in eigener Zuständigkeit bzw. mit dem Streithelfer als Bauleiter erbracht habe. Es hätte nach Ansicht des Landgerichts unter Schadensminderungsgesichtspunkten (§ 254 BGB) nahe gelegen und wäre ausreichend gewesen, die der Beklagten vorliegenden Videobänder von einer fachkundigen Person wie dem Streithelfer auswerten zu lassen. Die Beklagte hat hierzu indessen ausgeführt, sie verfüge zwar über ein Bauamt, aber nicht über Mitarbeiter mit einer technischen Ausbildung. Deshalb sei sie gezwungen gewesen, fachkundige Personen – wie das Landgericht zutreffend feststelle – mit der Schadensermittlung zu beauftragen, was mit der Beauftragung der auf Kanalsanierungsarbeiten spezialisierten E. mit ihren Mitarbeitern Dipl.-Ing. St. und K. geschehen sei.

Angesichts der technisch durchaus schwierigen Materie liegt es auf der Hand, dass sich die Beklagte hier externer Fachleute bedienen musste, um sich ein Bild von Art und Ausmaß der Mängel zu verschaffen und diese in den vorliegenden Rechtsstreit einführen zu können.

d) Die Widerklageforderung ist auch der Höhe nach begründet.

Der von der E. abgerechnete Stundensatz von 120,- DM bzw. 60,- EUR ist gerichtsbekannt angemessen, jedenfalls nicht überhöht. Dies zeigen nicht zuletzt auch die Stundensätze des § 9 JVEG.

Die Beklagte hat unter Vorlage von Stundenlisten (Anlagen B 20 und B 21, nach Bl. 157 d.A.) und unter Abgrenzung zu anderen von der E. durchgeführten Aufträgen (Anlage B 22, nach Bl. 157 d.A.) dargetan, dass die Ingenieure der E. im Zeitraum vom 01.09.2001 bis 30.09.2002 insgesamt 182 Stunden und im Zeitraum zwischen dem 01.10.2002 und dem 31.01.2004 224,85 Stunden mit der Mangelermittlung und Auswertung befasst waren. Ob dieser Tätigkeitsumfang für die Schadensermittlung objektiv tatsächlich erforderlich war, was die Klägerin in Abrede stellt, kann nach dem oben Gesagten letztlich offen bleiben. Die Beklagte, die über eigene Sachkunde nicht verfügt, durfte sich darauf verlassen, dass die Ingenieure der E. nur die zur Schadensermittlung erforderlichen Untersuchungen durchführen würden.

e) Die Beklagte hat durch Vorlage eines Kontoauszuges nebst Buchungsaufstellung (Anlage B 26, Bl. 473-475 d.A.) bewiesen, dass sie einen Betrag von 12.667,20 EUR an die E. AG geleistet hat. Insoweit war die Klägerin zur Zahlung zu verurteilen. Der Anspruch auf Verzinsung dieses Betrages beruht auf § 291

Soweit die Beklagte ihrerseits noch nicht an die E. AG geleistet hat, war die Klägerin zur Freistellung zu verurteilen (§ 257 BGB), wobei die Verbindlichkeit, von der freizustellen ist, zur Klarstellung im Tenor näher bezeichnet wurde.

3. Die im Wege einer Anschlussberufung erhobene Eventualwiderklage auf Feststellung, dass die Klägerin nach Ausführung der Mängelbeseitigungsarbeiten die anfallende Mehrwertsteuer zu erstatten hat, ist bedingt für den Fall erhoben, dass die Aufrechnung gegen die Hauptforderung mit Schadenersatzansprüchen nur in Höhe eines Nettobetrages oder nur in Höhe eines Mehrwertsteuersatzes von 16 % für begründet erachtet wird. Beide Bedingungen sind nicht eingetreten.

III.

Der nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung noch eingegangene Schriftsatz der Klägerin vom 10.10.2007 bot keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. In rechtlicher Hinsicht ist allerdings darauf hinzuweisen, dass eine vorbehaltlose Abnahme nach § 640 Abs. 2 BGB a.F. – die VOB/B enthielt insoweit keine Sonderregelung – nicht zum Ausschluss des Rechts auf Schadenersatz führte. Ausgeschlossen waren vielmehr lediglich die Rechte aus §§ 633, 634 BGB.

IV.

Die Zulassung der Revision war nicht geboten. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 ZPO. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.