Ax Vergaberecht

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Praxistipp: Abnahme nur bei unwesentlichen Mängeln

von Thomas Ax

Unwesentliche Mängel berühren nach der ausdrücklichen Regelung in § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB (in der durch Gesetz vom 30.03.2000 geänderten Fassung) die Abnahmepflicht nicht (mehr). Dem Besteller verbleiben die sonstigen Mängelrechte (d.h. § 634 BGB bzw. – wie hier – insbesondere § 641 Abs. 3 BGB. § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB ist § 12 Abs. 3 VOB/B nachgebildet, so dass die dazu ergangene Rechtsprechung zu beiden Vorschriften herangezogen werden kann (vgl. Motzke, NZBau 2000, 489, 494). Unwesentlich ist danach ein Mangel, wenn es dem Auftraggeber zumutbar ist, die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung anzunehmen und sich mit den sonstigen Mängelrechten (d.h. § 634 BGB, bzw. – wie hier – insbesondere § 641 Abs. 3 BGB) zu begnügen.

Dies ist anhand von Art und Umfang des Mangels sowie seiner konkreten Auswirkungen nach den Umständen des Einzelfalls unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 30.04.1992, VII ZR 185/90, juris; BGH, Urteil vom 26.02.1981, VII ZR 287/79, juris), auf Seiten des Auftraggebers sowohl objektiv anhand der Verkehrsauffassung über die Bedeutung des in Rede stehenden Mangels als auch subjektiv anhand des konkreten Interesses an einem insoweit mangelfreien Werk und auf Seiten des Auftragnehmers anhand des Aufwandes für die Mängelbeseitigung und eines etwaigen Verschuldens (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2007, I-23 U 164/05, juris). Beeinträchtigt der Mangel bzw. die Mängel die Gebrauchstauglichkeit des Werks für den Auftraggeber (wie z.b. beim Fehlen eines sicherheitsrelevanten Geländers), ist im Regelfall von einem wesentlichen Mangel auszugehen.

Handelt es sich nur um eine geringfügige (insbesondere nur optische) Beeinträchtigung, ist im Regelfall von einem unwesentlichen Mangel auszugehen. Bei einer Mehrzahl von Mängeln kann jeder für sich zwar unwesentlich sein, indes die notwendige Gesamtschau zur Annahme einer Wesentlichkeit der Mängel führen (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 77. Auflage 2018, § 640, Rn 9 mwN; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 4. Teil, Rn 4 mwN; vgl. auch 6. Teil, Rn 262 mwN). Darüber hinaus kann im Einzelfall als weiterer allgemeiner Maßstab der Grundsatz von Treu und Glauben herangezogen werden. Danach ist von einem unwesentlichen (weil unbedeutenden) Mangel auszugehen, wenn das Interesse des Auftraggebers an einer Beseitigung vor Abnahme nicht schützenswert und sich seine Abnahmeverweigerung deshalb als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 25.01.1996, VII ZR 26/95, juris; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage 2015, Rn 1833 ff. mwN).

Gemessen daran stellen sich die Mängel dann als wesentliche oder als unwesentliche Mängel dar.