von Thomas Ax
Rahmenvereinbarungen sind ein flexibles und effizientes Beschaffungsinstrument – wenn man die von der Rechtsprechung gezogenen Grenzen kennt und einhält.
Eine zentrale Beschaffungsstelle gem. § 120 Abs. 4 GWB kann für eine Vielzahl öffentlicher Auftraggeber eine Rahmenvereinbarung schließen ohne selbst Vertragspartnerin zu werden, wenn sie zuvor darauf hinweist
VK Rheinland, Beschluss vom 23.06.2020 – VK 15/20
Aus einer einseitig verpflichtenden Rahmenvereinbarung folgt keine Abnahmeverpflichtung des öffentlichen Auftraggebers
VK Rheinland, Beschluss vom 23.06.2020 – VK 15/20
§132 GWB gilt auch für Rahmenvereinbarung bei Ausschöpfen der Abrufmenge trotz fortbestehender Laufzeit des Rahmenvertrags
Nach § 132 Abs. 1 Satz GWB erfordern wesentliche Änderungen eines öffentlichen Auftrags während der Vertragslaufzeit ein neues Vergabeverfahren. Nach Satz 2 sind Änderungen wesentlich, die dazu führen, dass sich der öffentliche Auftrag erheblich von dem ursprünglich vergebenen öffentlichen Auftrag unterscheidet. Die Regelung des § 132 GWB ist grundsätzlich auf die Vergabe von Rahmenvereinbarungen, die nach § 103 Abs. 5 Satz 1 GWB zwar keine öffentliche Aufträge sind, diesen aber gleichstehen, nach § 103 Abs. 5 Satz 2 GWB anzuwenden, soweit nichts anderes bestimmt ist. Eine solchermaßen ausdrücklich gesetzlich bestimmte Ausnahme der Anwendung des § 132 GWB auf Rahmenvereinbarungen gibt es allerdings nicht.
Werden die ursprünglichen Mengen überschritten, so dürfen nur im Rahmen des nach § 132 GWB Zulässigen ohne neues Vergabeverfahren weitere Einzelabrufe erfolgen. Allerdings besteht keine Verpflichtung, die Möglichkeiten des § 132 GWB auszuschöpfen; dies ist nur eine dem Auftraggeber eröffnete Möglichkeit. Entschließt sich der Auftraggeber stattdessen, ohne Inanspruchnahme der Möglichkeiten aus § 132 GWB ein neues Vergabeverfahren durchzuführen, so ist dies vor dem Hintergrund des Wettbewerbsgrundsatzes stets die bessere Alternative. Das erschließt sich schon daraus, dass Rahmenvereinbarungen öffentlichen Aufträgen gleichgestellt sind und auch vergebene öffentliche Aufträge im Nachhinein mengenmäßig nicht abgeändert werden können, sondern eine derartige nachträgliche wesentliche Veränderung nur unter den Voraussetzungen des § 132 Abs. 1 GWB beschafft werden könnte. Ein derartiges unkontrolliertes Anwenden einer Rahmenvereinbarung wäre missbräuchlich im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 3 VgV, weil sie den Wettbewerb über Gebühr behindert und im Hinblick auf die Norm unerwünschten Marktabschottungen Vorschub leistet. Interessierte Wettbewerber würden im Regelfall nichts davon mitbekommen, wenn ein einmal vergebener Rahmenvertrag mengenmäßig übermäßig ausgeschöpft würde, und hätten daher keine Möglichkeit, dagegen vorzugehen. Dieses Risiko hat der EuGH mit seinem Urteil vom 19. Dezember 2018 zutreffend herausgearbeitet (EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2018, Rs. C-216/17 Rn.57 ff., 69). Ein Auftraggeber, der erkennt, dass sein Bedarf, den er mit seiner Rahmenvereinbarung decken wollte, vorzeitig befriedigt wird, wird also, sofern er einen weiteren Beschaffungsbedarf hat, ein neues Beschaffungsverfahren durchführen müssen. Denn würde er diesen Beschaffungsbedarf mit der erledigten Rahmenvereinbarung weiter decken wollen, liefe das darauf hinaus, das sich die Rahmenvereinbarung ganz erheblich von der ursprünglich geschlossenen Rahmenvereinbarung und damit wesentlich unterscheiden würde.
VK Bund, 29.07.2019 – VK 2-48/19
Die Einbeziehung eines weiteren Auftraggebers in eine Rahmenvereinbarung ist ausschreibungspflichtig
Eine wesentliche Vorgabe für Rahmenvereinbarungen ist, dass nur die Auftraggeber, die in der Auftragsbekanntmachung genannt sind, Einzelabrufe tätigen dürfen. Ein öffentlicher Auftraggeber ist ohne die Durchführung eines Vergabeverfahrens nicht dazu berechtigt, einen weiteren öffentlichen Auftraggeber eine bereits abgeschlossene Rahmenvereinbarung hineinzuziehen und auch dessen Bedarf über die Rahmenvereinbarung zu decken.
VK Bund, Beschluss vom 12.10.2021 – VK 2-85/21