Ax Vergaberecht

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Tückische ca. Angaben in der Leistungsbeschreibung

von Thomas Ax

Zentrale Anforderung an die Leistungsbeschreibung ist, dass der Auftragsgegenstand in der Leistungsbeschreibung „so eindeutig und erschöpfend wie möglich“ beschrieben wird. Die Beschreibung soll für alle Unternehmen im gleichen Sinne verständlich und die auf dieser Basis gelegten Angebote miteinander vergleichbar sein. Entscheidend ist, wie die anzubietende Leistung üblicherweise beschrieben wird und nur beschrieben werden kann. Hier wird man Unterschiede zulassen können und müssen in Abhängigkeit von dem Produkt, das beschafft werden soll.

Schreibt der Auftraggeber bezogen auf Geräte einer Großküche ein ca. Maß „ca. … cm“ aus, ist das nach Auffassung des OLG Düsseldorf vergaberechtskonform. Dann darf das Maß des angebotenen Produktes nicht mehr als zehn Prozent von dem ca. Maß abweichen. „Die Tiefe der dem Angebot zu Grunde liegenden Kochblockgeräte von 85 cm entspricht dem ausgeschriebenen Maß von circa 80 cm. Die Abweichung liegt unter zehn Prozent und damit im Rahmen dessen, was nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als circa oder ungefähr bezeichnet wird. Nichts anders gilt, wenn sich bei zwei gegenüberstehenden Kochblöcken eine um 10 cm größere Tiefe als in den Circa-Angaben genannt ergeben würde. Hinsichtlich des Anschlusswerts der Druckgar-Braisiere GN 3/1 kippbar (Pos. 04.02.20 des Leistungsverzeichnisses) weichen die Zahlen zwar deutlicher voneinander ab. Ausgeschrieben waren ca. 23 bzw. 23,5 kW. Dem Angebot zugrunde lag ein Gerät mit etwa 19 kW. Gleichwohl ist auch ein Anschlusswert von 19 kW hier noch als „ca.“ 23 oder 23,5 kW anzusehen. Die hersteller- und produktoffene Ausschreibung verfolgt den Zweck, ein möglichst breites Feld von Angeboten zu erzielen. Die exakte Einhaltung bestimmter Maße und Anschlusswerte ist – wie auch aus der Angabe von „ca.“-Werten bei den technischen Daten des Leistungsverzeichnisses deutlich wird – demgegenüber nachrangig; könnte zudem zu einer unzulässigen produktspezifischen Ausschreibung führen. Bezüglich der Druckgar-Braisiere ist der Begriff „circa“ zudem weit auszulegen, denn der Auftraggeberin kommt es ersichtlich auf die Garleistung des Geräts an, von der die Kapazität der Großküche abhängt. Hierzu gibt Ziff. II.2.1 der europaweiten Bekanntmachung vor, dass Großküchentechnik, Geschirrtransportband mit Förderturm, Kühlzellen und Kältetechnik sowie Thekenanlage für eine Kantine mit 700 Essen in der Mittagszeit ausgeschrieben werden. Zur Bezeichnung der Leistung eines Geräts wird häufig der in kW gemessene Anschlusswert herangezogen. Dieser stellt aber lediglich einen Richtwert dar, denn er bezeichnet die – auch Scheinleistung genannte – elektrische Leistung, die einem Gerät als elektrischem Verbraucher zugeführt wird. Hiervon zu unterscheiden ist die vom elektrischen Verbraucher in Form thermischer, mechanischer oder anderer Energie weitergegebene Leistung. Diese wird von weiteren Faktoren mitbestimmt, hier etwa der Energieeffizienz und der Wärmedämmung. Die Auffassung der Antragstellerin, bei einer um etwa 17 % geringeren Leistungsaufnahme würden sich zwangsläufig die hieraus abzuleitenden Mindestgarzeiten verlängern, ist daher unzutreffend, zumal sich die Antragsgegnerin und die Beigeladene auf die Einhaltung der für die Erreichung der Garzeiten maßgeblichen DIN-Vorschrift berufen. …“ OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 – VII-Verg 61/11.
Schreibt der Auftraggeber ein Maß „ca. von … bis … cm“ aus, ist das nach Auffassung der VK Sachsen vergaberechtswidrig. Ein Maß (Mechanik) „Standard für Körpergewicht von ca. 50-130 kg; Mindestens zwei vorwählbare Sitzneigungen (ca. -1°/-4°)“, (Sitzfläche/Rückenlehne) „Sitzhöhe: ca. 40 bis 53 cm, Sitzbreite: ca. 45 bis 47 cm, Sitztiefe: ca. 37 bis 47 cm; Rückenlehne, Breite ca. 46 cm“. (Armlehnen) „Multifunktionsarmlehnen (5D), Höhenverstellbar ca. 10 cm, Breitenverstellbar (beidseitig ca. 2,5 cm mittels Klappverschluss), Armlehnenauflage tiefen- und breitenverstellbar ca. 4 cm“. Es sei in Bezug auf Bürodrehstühle an sich üblich, mit verbindlichen (und nicht ca.-) Minimal- und Maximalwerten zu arbeiten. Die Leistungsbeschreibung sei vorliegend nicht von allen Unternehmen im gleichen Sinne zu verstehen. Die Angebote seien folglich nicht miteinander vergleichbar. Dadurch sei für den Bieter nicht ersichtlich gewesen, was genau er habe anbieten müssen. Dann aber könne auch keine zum Ausschluss führende Änderung angenommen werden VK Sachsen, Beschluss vom 25.06.2019 – 1/SVK/013-19.