Bei der Vergabe von Pflegearbeiten an Außenanlagen sowie von Leistungen im Landschaftsbau geht es um eine Vielzahl von Leistungen. Insbesondere in der kommunalen Praxis geht es bei derartigen Verträgen nicht nur um den Landschaftsbau selber, sondern auch um Baum- und Grünflächenpflege. Auch Leistungen des Winterdienstes oder Verkehrssicherungsdienste fallen sehr häufig an. Insbesondere bei Grünflächenpflegeleistungen ist in der Praxis umstritten, welche Vergabeordnung anwendbar ist.
Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der Anwendung der VOB/A und der UVgO können sich bei der Zuordnung von Pflegearbeiten an Außenanlagen ergeben. Fraglich ist, ob entsprechende Pflegearbeiten als Bauleistungen i. S. d. VOB einzuordnen sind, hierdurch also eine „bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, geändert oder beseitigt wird“ (vgl. § 1 VOB/A). In erster Linie zielen Bauleistungen auf die Schaffung, Erhaltung oder Änderung eines Bauwerkes ab. Bauwerk in dem Sinne meint eine unbewegliche, durch Verwendung und Material mit dem Erdboden verbundene Sache. Als Bauleistung sind insoweit alle Arbeiten zu verstehen, die auf eine bauliche Anlage bezogen sind. Die tatbestandliche Alternative der Instandhaltung in § 1 VOB/A eröffnet den Leistungsbegriff insoweit auch auf nachgelagerte Arbeiten, die nach der Schaffung dem Funktionserhalt der Anlage dienen. Hierunter können auch Pflegearbeiten gefasst werden.
Ein Indiz kann insoweit zumindest für Bauvergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte die Zuordnung in der VOB/C (Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen-ATV) sein. Entsprechend der ATV DIN 18320 „Landschaftsbauarbeiten“ gilt diese (Bauleistung) für „vegetationstechnische Bau-, Pflege-, Instandhaltungs- und Rodungsarbeiten“ sowie auch für „Bau-, Pflege- und Instandhaltungsarbeiten für Spiel- und Sportanlagen“ und für „Schutzmaßnahmen für Bäume. Pflanzbestände und Vegetationsflächen“ (ATV DIN 18320).
Ergänzend ist aber zu beachten, dass Arbeiten auch jenseits eines Funktionszusammenhanges zu Bauwerken als Bauleistungen gewertet werden können. Dies betrifft namentlich Arbeiten an einem Grundstück bzw. Erdarbeiten (vgl.: Korbion, in: Vygen/Katzenberg, VOB, § 1, Rn. 25). Zu solchen Erdarbeiten zählen etwa auch Pflanzarbeiten. Grundsätzlich kann vor diesem Hintergrund die fachgerechte Hegung von Außenanlagen durch Erneuerung von Bepflanzungen etc. als Bauleistung im Sinne der VOB definiert und auch vergeben werden (vgl. Marx, in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOB/A, § 1, Rn. 44). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Verjährungszeit für Mängelansprüche bei einer derartigen Zuordnung als nicht bauwerksbezogene Arbeiten an einem Grundstück bzw. Erdarbeiten vor dem Hintergrund von § 13 IV Nr. 1 VOB/B i. V. m. § 634a BGB nur zwei Jahre beträgt.
Gleichwohl wäre es verfehlt, jegliche Pflegemaßnahme im Außenbereich als Bauleistung auf Grundlage der VOB zu vergeben. Immerhin ordnen europarechtliche Vorgaben bei Vergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte Instandhaltungs- und Reparaturmaßnahmen auch den Dienstleistungen zu (vgl. etwa RL 2004/18/EG, Anhang II, Teil A, Kategorie 1). Nähere Zuordnungskriterien hat insoweit die Vergabekammer Berlin mit ihrer Entscheidung vom 02.06.2009 (VK-B2-12/09) definiert. Die Tatbestandsalternative der Instandsetzungsmaßnahme in § 1 VOB/A ist demnach vor dem Hintergrund von § 99 Abs. 3 GWB und weiterer europarechtlicher Vorgaben (vgl. Richtlinie 2004/18/EG, Anhang I) zu interpretieren. Für die Abgrenzung von Maßnahmen nach VOB und UVgO ist insoweit maßgeblich, ob es durch die in Rede stehende Maßnahme zu „nennenswerten Eingriffen in die Bausubstanz“ kommt. Vor diesem Hintergrund kann eine Pflegemaßnahme dann keine Bauleistung sein, wenn die Maßnahme der bloßen Erhaltung des zum bestimmungsgemäßen Gebrauch geeigneten (Soll-)Zustandes dient. Geht die Leistung hingegen über die Sicherung der laufenden Bestimmungsgemäßheit hinaus, indem diese durch einen nicht unwesentlichen Substanzeingriff erst wieder hergestellt werden muss, liegt eine Zuordnung als Bauleistung nahe (vgl.: Eschenbruch, in: Kulartz/Kus/Portz, GWB, § 99, Rn. 182).
Für Pflegemaßnahmen an Außenanlagen ist insoweit eine Unterscheidung nach dem Charakter und dem Schwerpunkt der zu vergebenden Leistung vorzunehmen. Erst wenn vom Schwerpunkt her eine Leistung zu vergeben ist, die Instandsetzungen von einer Dimension, die vergleichbar mit einer Neuanlage sind, zum Inhalt hat, stellt die VOB die Rechtsgrundlage dar. Dies dürfte z. B. bei umfassenderen Neugestaltungen von Parkanlagen oder dem Ersatz einer großflächigen Bepflanzung der Fall sein. Beschränkt sich der Auftragsgegenstand hingegen auf regelmäßige und untergeordnete Pflegearbeiten, wie etwa Rasenmähen, Heckenrückschnitte oder vergleichbare Maßnahmen, die dem schlichten und dauerhaften Erhalt der Anlage dienen, und liegt daher der Schwerpunkt der Aufgabe in einer Dienstleistung, dürfte die UVgO für die Vergabe zur Anwendung kommen.
Sollte der EU-Auftragswert erreicht oder überschritten sein und eine nach GWB/ VgV gebotene EU-Vergabe unterbleiben, wäre der Vertrag schwebend unwirksam.
Das OLG München sieht einen drohenden Schaden auch bei dem Bieter, der an einem unzutreffend national durchgeführten Verfahren beteiligt wurde. Sofern Auftraggeber nationale Vergabeverfahren durchführen, obwohl eigentlich eine europaweite Ausschreibung geboten wäre, stellt sich immer wieder die Frage der Rügepräklusion, wenn sich ein Bieter zunächst auf dieses unzutreffende Verfahren eingelassen hat. Allein die Rüge eines am unzutreffenden Verfahren teilnehmenden Bieters, der Auftrag müsse europaweit ausgeschrieben werden, dürfte aber für sich noch keine Rechtsverletzung des Rügenden bedeuten – er nimmt ja gerade am Verfahren teil.
In einer Entscheidung hat das OLG München (B. v. 02.06.2016, Verg 15/15) dies allerdings anders beurteilt. Der Vergabesenat nimmt einen drohenden Schaden bereits deshalb an, weil der rügende Bieter sein Angebot evtl. günstiger kalkuliert hätte und eine entsprechend höhere Chance auf den Zuschlag gehabt hätte, wenn er von einem unbeschränkten Wettbewerb hätte ausgehen müssen.
Zunächst bestätigt der Senat die Vergabekammer dahingehend, dass der Auftrag bei zutreffender Schätzung des Auftragswertes europaweit hätte ausgeschrieben werden müssen.
Diesen Verstoß hätte der Auftraggeber auch aus den Vergabeunterlagen nicht erkennen können. Zwar hätte den Vergabeunterlagen entnommen werden können, dass eine nationale Ausschreibung durchgeführt würde. Allerdings sei der Auftragswert, von dem der Auftraggeber ausgegangen sei, nicht ersichtlich gewesen. Von einem durchschnittlichen Unternehmen in diesem Bereich (kleines Busunternehmen mit kleinem Fuhrpark und regionalem Tätigkeitsschwerpunkt) könnten keine genauen Kenntnisse über maßgebliche Schwellenwerte und die Berechnung des Auftragswertes erwartet werden. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Ausschreibung von Beförderungsleistungen der öffentlichen Hand eher die Ausnahme darstelle. Der Antragsteller sei daher mit seinem Vorbringen auch nicht präkludiert.
Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH (B. v. 10.11.2009, Az.: X ZB 8/09) habe der Antragsteller ferner dargelegt, dass ihm durch einen Vergaberechtsverstoß ein Schaden entstanden sei bzw. zu entstehen drohe. Hierzu genüge es, wenn sich aus dem Vortrag ergebe, dass der Antragsteller für den Fall eines neuerlichen Verfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte als in dem beanstandeten Verfahren. Es sei unerheblich, dass nicht abzusehen sei, ob der Antragsteller in dem neuen Verfahren tatsächliche Chancen auf den Zuschlag hätte.
In dem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte der Auftraggeber zwar statt eines gebotenen Offenen Verfahrens ein Verhandlungsverfahren durchgeführt. Die vorstehenden wesentlichen Grundsätze dieser Entscheidung seien jedoch nach Ansicht des Senats auf den hiesigen Sachverhalt zu übertragen. Ein Schaden könne daher nicht allein mit der Begründung verneint werden, dass er Antragsteller in dem nationalen Verfahren unterlegen sei. Vielmehr könne er sich darauf berufen, in einem europaweiten Verfahren bessere Chancen auf den Zuschlag zu haben.
In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigten, dass durch ein europaweites Verfahren nicht nur der Bieterkreis erweitert werden würde. Vielmehr ergebe sich auch ein Unterschied in Bezug auf die durchzuführenden Verfahrensschritte und die erhöhten formellen Bindungen des Auftraggebers. Der Senat unterlegt seine Ansicht mit Verweis auf weitere obergerichtliche Rechtsprechung, insbesondere auf einen Beschluss des OLG Rostock vom 06.11.2015 (Az.: 17 Verg 27/15). Gleichfalls wird darauf hingewiesen, dass es sich bei der Entscheidung des Senats vom 31.01.2013 (Az.: Verg 31/12), durch welchen ein Nachprüfungsantrag zurückgewiesen wurde, da der Antragsteller zu Recht wegen Änderung der Vergabeunterlagen ausgeschlossen wurde, um eine Einzelfallentscheidung handele.
Vorliegend sei lediglich entscheidend, ob der Antragsteller nachvollziehbar dargelegt habe, im Falle einer europaweiten Ausschreibung bessere Chancen auf den Zuschlag zu haben. Dies sei deswegen gelungen, da der Antragsteller vorgetragen habe, er hätte in diesem Fall seinen Angebotspreis nicht gegenüber dem vorangegangenen Auftrag erhöht bzw. aufgrund der Konkurrenzsituation sogar günstiger kalkuliert.
Der Nachprüfungsantrag sei daher wegen eines Verstoßes gegen die Informationspflicht nach § 134 Abs. 1 GWB und des Unterlassens eines europaweiten Verfahrens begründet, die Unwirksamkeit des Vertrags entsprechend festzustellen.
Einem Bieter, der sich an dem beanstandeten Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Gebots beteiligt hat, droht also regelmäßig auch dann (allein deshalb) ein Schaden durch eine Verletzung von Vergabevorschriften, wenn statt einer europaweiten Ausschreibung ein nationales Vergabeverfahren eingeleitet wurde.
Wir raten dringend: Bitte führen Sie im Zweifel ein EG-Vergabeverfahren nach GWB/ VgV durch.