Unser Vorschlag: Suchverfahren
Phasen:
Ein Suchverfahren muss, anders als beim VgV-Verfahren, nicht strikt in eine Eignungs- und eine Zuschlagsphase getrennt werden. Meist werden Auftraggeber*innen von sich aus den Wettbewerb nur auf drei Bewerber*innen beschränken, deren Eignung ihnen bekannt ist. Beim Suchverfahren gibt es also nur eine Phase, welche eine angepasste Eignungsprüfung umfasst und alle weiteren Kriterien zu Zuschlagskriterien macht.
Verfahrensbeginn
Bedarfsplanung, Aufgabenbeschreibung, Auftragswert:
Voraussetzung für den Beginn eines Vergabeverfahrens ist, dass Auftraggeber*innen ihren Bedarf möglichst gut eingegrenzt haben. Dies stellen sie durch eine „Bedarfsplanung“ sicher. Dabei sollten sie sich an der DIN 18205 „Bedarfsplanung im Bauwesen“ orientieren. Ohne Bedarfsplanung können Auftraggeber*innen grundsätzlich kein Suchverfahren durchführen. Die „Abarbeitung“ der in der Norm aufgeführten Checkliste in einem Umfang, der dem jeweiligen Projekt entspricht, hat die Aufgabenbeschreibung zum Ergebnis. Eine solche Aufgabenbeschreibung sollte mindestens folgende Gliederungspunkte umfassen: Veranlassung, Randbedingungen (z. B. ergänzt durch ein Foto) und wesentliche Ziele. Als Nächstes ermitteln die Auftraggeber*innen den Auftragswert. Damit kommen sie ihrer Pflicht nach § 3 VgV nach. Dabei geht es zunächst darum, dass zu dokumentieren ist, dass der Auftragswert unterhalb des EU-Schwellenwerts liegt. Je näher der Auftragswert dem Schwellenwert kommt, umso genauer ist der Auftragswert zu ermitteln.
Weiter sollten Auftraggeber*innen eine eigene Vorstellung von der Höhe eines angemessenen Honorars entwickeln. Dafür berücksichtigen sie die gewünschte Bearbeitungsintensität. Soweit die Leistungen in der HOAI verordnet sind, ist der Auftragswert HOAI-konform zu ermitteln. Im anderen Fall ist der Stundenaufwand zu schätzen und mit angemessenen Stundensätzen zu multiplizieren. In schwierigen Fällen sollten Honorarsachverständige hinzugezogen werden. Auftraggeber*innen haben eine Prognose anzustellen und zu dokumentieren, dass kein grenzüberschreitendes Interesse an dem Auftrag gegeben ist.
Vergabevermerk:
Der Vergabevermerk ist auch beim Suchverfahren anzuraten (§ 6 UVgO), dokumentiert dieser doch die transparente Vorgehensweise. Im Vergabevermerk werden die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen dokumentiert. Er sollte kurz und prägnant alle wichtigen Informationen enthalten. Entsprechend ist dieser mit Verfahrensbeginn zu starten und zeitnah fortzuschreiben und mit der Vergabe oder Aufhebung (§ 48 UVgO) abzuschließen.
Die Gliederung sollte sich an § 8 Abs. 2 VgV orientieren und Folgendes beinhalten:
− Name und Anschrift des Auftraggebers
− Aufgabenbeschreibung
− Wert des Auftrags
− Namen der berücksichtigten Bewerber und Gründe für ihre Auswahl (Streuung beachten!)
− Darstellung der Verfahrensdurchführung
− Name des erfolgreichen Bewerbers und die Gründe für die Auftragserteilung
− evtl. Gründe, aus denen auf die Auftragsvergabe verzichtet wurde.
In den Bundesländern, in denen es Nachprüfungsbehörden gibt, ergibt sich aus dem Vergabevermerk, ob eventuelle Beanstandungen berechtigt sind.
Verfahrensdurchführung
Bekanntmachung, Auswahl und Aufforderung zum Einreichen von Unterlagen und Angebot:
Auftraggeber*innen können beim Suchverfahren auf eine Bekanntmachung der Vergabeabsicht und eine formelle erste Auswahlphase verzichten. Sie werden mehrere Bewerber*innen ansprechen, deren grundsätzliche Eignung ihnen bekannt ist. Sollten ihnen keine solchen Bewerber*innen bekannt sein, können sie ihre Beschaffungsabsicht auf den üblichen Portalen bekannt machen und eine Auswahlphase vorschalten.
Auftraggeber*innen fordern die von ihnen gewünschten Unterlagen schriftlich an. Dies könnte so erfolgen, dass sie diese Unterlage und die in der Bedarfsplanung erstellte Aufgabenstellung übersenden. Damit sollte den Bewerber*innen klar sein, welche Referenzen sie angeben und im Gespräch präsentieren. Die Übersendung erzeugt die erforderliche Transparenz des Leistungswettbewerbs. Seit 01.01.2021 gilt eine HOAI ohne verbindliche Mindest- und Höchstsätze.
Damit sind Auftraggeber*innen frei, wie sie Honorare anfragen. Sie könnten die HOAI völlig unbeachtet lassen und auch Pauschalen oder Stundensätze abfragen. Dennoch müssen Auftraggeber*innen die Angebote vergleichen und das auch dann, wenn sich bei der Planung später Änderungen ergeben. Das gelingt, wenn sie die Parameter nach § 6 HOAI für das Angebot als zwingend für die Kalkulation vorgeben und nur am Ende Zu- oder Abschläge vom so ermittelten Honorar abfragen.
Die zwingend vorzugebenden Parameter sind: Objekte (§ 11 HOAI), anrechenbare Kosten (§ 4 HOAI), Honorarzone (§ 5 HOAI), Leistungsphasen und deren Bewertung (eventuell auch nur Teilleistungen und deren Bewertung nach üblichen Tabellen) und anzuwendende Honorartafeln. Damit Honorare von Anfang an angemessen sind, sollten Auftraggeber*innen den Mittelsatz als Ausgangspunkt für Zu- und Abschläge vorgeben (ausführlich nachfolgend zum Honorar und zur Angebotsprüfung).
Preis-Leistungsverhältnis:
Grundsätzlich erfolgt eine Vergabe nach dem besten Preis-/Leistungsverhältnis (§ 43 Abs. 2 UVgO).
Wird das Verhältnis konsequent angewandt, erhalten der Preis und die Leistungsfähigkeit dieselbe Gewichtung, nämlich jeweils 50 %. So kann ein Bewerber einen sehr guten Projektleiter für das Projekt vorsehen, der bei ihm grundsätzlich auch etwas höhere Kosten erzeugt, und dafür seinen Preis entsprechend höher ansetzen, wenn er erwartet, dass ein konkurrierender Bewerber keinen vergleichbaren Projektleiter präsentiert.
Bei der nachfolgend vorgeschlagenen Bewertung der Leistung könnte z. B. der Bewerber ein bis zu 10 % höheres Angebot machen, wenn er erwartet, dass der Auftraggeber ihm beim Kriterium D.1. einen Punkt mehr gibt als seinem Mitbewerber.
Um das beste Preis-/Leistungsverhältnis zu bestimmen, werden zunächst Leistungspunkte L und dann Preispunkte P bestimmt und aus diesen eine Kennzahl Z ermittelt. Damit keine sehr kleinen Kennzahlen Z entstehen, wird ein Faktor 10.000 verwendet.
So ergibt sich die Kennzahl Z wie folgt:
Z = L/P*10.000
Derjenige mit der höchsten Kennzahl Z erhält den Auftrag.
Preispunkte P:
P ist der Angebotspreis in € (nach Preisprüfung, siehe nachfolgend).
Leistungspunkte L:
Für die Leistungspunkte sollte die Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Fachkunde bewertet werden (Unterabschnitt 5 UVgO). Dazu ist es üblich, z. B. Umsatzzahlen und Referenzen zu fordern und zu bewerten. Die in dieser Unterlage vorgeschlagene Bewertung erfolgt mittels Punktesystem ähnlich einer Nutzwertanalyse. Dafür werden die Kriterien mit einer Bewertung von 1 bis 5 versehen und gewichtet. Die Punkte ergeben sich durch Multiplikation von Wichtung und Bewertung.
Auftraggeber*innen ist zu empfehlen, Unterlagen nur in dem Umfang zu fordern, wie es durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist. Dies reduziert den Aufwand der Bewerber*innen für die Zusammenstellung der Unterlagen und den Aufwand der Auftraggeber*innen für die Auswertung.
Zur Absicherung bei späteren Haftungsfällen sollten Auftraggeber*innen bei allen Vergaben eine Eigenerklärung über eine bestehende Haftpflichtversicherung in der gewünschten Höhe verlangen und sich diese vor Auftragserteilung belegen lassen.
Fehlt in der Bewerbung eine gewünschte Erklärung, können Auftraggeber*innen diese nachfordern. Um dem Gleichbehandlungsgebot zu genügen, müssen fehlende Unterlagen bei allen Bewerbern nachgefordert werden. Bewerber*innen, die trotz Nachfrage keine Erklärung abgeben, sollten für die Auftraggeber*innen nicht mehr interessant sein und bei der konkreten Vergabe unberücksichtigt bleiben. Im Verhältnis L/P stellen L die Leistungspunkte dar, die gemäß nachfolgender Liste mit bis zu 500 Punkten bewertet werden.