Ax Vergaberecht

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VergabePraxis: Kurz belichtet: Ausschlusstatbestand des § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV kann auch dann eingreifen, wenn erforderliche Preise zwar eingetragen wurden und damit formal nicht fehlen, die angegebenen Preise jedoch offensichtlich unzutreffend sind

Nach § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV sind Angebote von der Wertung auszuschließen, die nicht die erforderlichen Preisangaben enthalten, es sei denn, es handelt sich um unwesentliche Einzelpositionen, deren Einzelpreise den Gesamtpreis nicht verändern oder die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen.

Der Ausschlusstatbestand des § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV kann auch dann eingreifen, wenn erforderliche Preise zwar eingetragen wurden und damit formal nicht fehlen, die angegebenen Preise jedoch offensichtlich unzutreffend sind; Bieter dürfen trotz ihrer grundsätzlichen Kalkulationsfreiheit die Gesamtkosten im Hinblick auf § 53 Abs. 7 S. 2 VgV nicht beliebig einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses zuordnen und dadurch möglicherweise Zahlungspflichten des Auftraggebers bei Vertragsabwicklung manipulieren (VK Bund, Beschluss vom 2. März 2023 – VK 2 – 10/23 – unter Hinweis auf grundlegend OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Oktober 2021 – Verg 4/21).

So sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nach der Vorschrift nicht nur solche Angebote grundsätzlich von der Wertung auszuschließen, in denen die erforderlichen Preisangaben gänzlich fehlen, sondern auch solche Angebote, die auf einer Mischkalkulation beruhen, bei der durch sogenanntes “Abpreisen” bestimmter ausgeschriebener Leistungen und sogenanntes “Aufpreisen” anderer angebotener Positionen Preise benannt werden, die die für die jeweiligen Leistungen geforderten tatsächlichen Preise weder vollständig noch richtig wiedergeben (BGH, Beschluss v. 18.5.2004 – X ZR 7/04, Rdnr. 24 – ).

Dazu muss es sich aber handeln um erforderliche Preisangaben im Sinne des § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV.

Die Parallelvorschrift für oberschwellige Bauleistungen des § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A erfasst mit fehlenden “geforderten Preisen” nur Preisangaben, die für die Wertung des Angebots anhand der Zuschlagskriterien maßgeblich sind (VK Bund, Beschluss v. 18.7.2018 – VK 1-55/18). Dass nur das Unterlassen wertungsrelevanter Preisangaben zum Ausschluss des Angebots führen kann, ergibt sich für die genannte Vorschrift aus einer Gesamtschau der insoweit relevanten Normen (§ 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A und § 16 EU Nr. 3 VOB/A sowie des im Bereich der VOB/A grundsätzlich geltenden Nachforderungsgebots gemäß § 16a EU VOB/A). Ein darüber hinaus gehender Anwendungsbereich, der das Unterlassen jedweder Preisangaben erfasst, kann der Norm indes nicht entnommen werden und ist auch aus übergeordneten Transparenz- und Gleichbehandlungsgründen nicht geboten, weil eine Nachforderung der insoweit fehlenden Erklärungen keine Auswirkung auf den Wettbewerb um das wirtschaftlichste Angebot hat. Nichts anderes gilt nach Auffassung der Kammer für die Auslegung von § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV. Erforderliche Preisangaben im Sinne dieser Vorschrift können demnach nur solche Preisangaben sein, die für die Wertung des Angebots anhand der Zuschlagskriterien maßgeblich sind. Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich im Umkehrschluss aus § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV 2. HS dass es sich bei den erforderlichen Preisangaben zudem jedenfalls um (nicht unwesentliche) eigenständige Preispositionen (“Einzelpositionen”) handeln muss.

Darüber hinaus müssen im Angebot Anhaltspunkte für eine unzulässige Preisverlagerung zwischen Leistungspositionen und ein Spekulationspotential im Sinne einer unzulässigen Mischkalkulation erkennbar sein.

Eine ausschlusswürdige Mischkalkulation ergibt wirtschaftlich für einen Bieter nur dann einen Sinn, wenn er regulär zu bepreisende Positionen entsprechend abpreist, um so den Preis niedriger zu kalkulieren, als er bei korrekter Bepreisung der betreffenden Positionen wäre, während er Positionen, die nicht regulär anfallen, von denen er aber annimmt, dass sie bei der Vertragsdurchführung oft anfallen werden, entsprechend aufpreist, um darin die anderweitig abgepreisten Leistungen einzukalkulieren. Nur bei einer solchen Sachlage könnte ein entsprechendes Kalkül überhaupt aufgehen (VK Bund, Beschluss vom 2. März 2023 – VK 2 – 10/23).

Für Erwägungen, die die Auskömmlichkeit des Angebots betreffen, ist im Übrigen im Rahmen der Prüfung des Ausschlussgrundes gem. § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV kein Raum. Das Erfordernis, alle geforderten Erklärungen abzugeben und insbesondere jeden in der Leistungsbeschreibung vorgesehenen Preise so wie gefordert vollständig mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird, dient nicht dem Zweck, unangemessen hohe oder niedrige Angebote aus der Wertung auszuscheiden; vielmehr soll sichergestellt werden, dass die Wirtschaftlichkeit des Angebots im Vergleich zu anderen Angeboten auf transparenter und alle Bieter gleichbehandelnder Grundlage festgestellt wird (BGH, Beschluss v. 18.5.2004 – X ZR 7/04).