Architektenleistungen sollten stets im Leistungswettbewerb vergeben werden, da sie im Vorhinein nicht eindeutig beschrieben werden können. Nur so lässt sich verhindern, dass sich ein Auftraggeber durch die Auswahl des billigsten Angebots schlechte Planung einkauft. Das gilt ganz besonders nach der Neufassung der HOAI zum 1.1.2021.
Eine Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen ist am 24. August 2023, in Kraft getreten.
Ebenfalls wurde die Auftragswertberechnung geändert: Durch Streichung von § 3 Absatz 7 Satz 2 VgV haben sich die bisherigen Regelungen zur Auftragswertberechnung bei (gleichartigen) Planungsleistungen geändert. Unter Berücksichtigung, dass das zugrundeliegende Vertragsverletzungsverfahren noch nicht beendet ist, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen klarstellende Erläuterungen veröffentlicht:
…
die Streichung von § 3 Absatz 7 Satz 2 VgV, § 2 Absatz 7 Satz 2 SektVO und § 3 Absatz 7 Satz 3 VSVgV in der Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („e-Forms“) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen (eForms-VO, BGBl. 2023 I Nr. 222) war europarechtlich geboten. Diese Sonderregelung („gleichartige Planungsleistungen“) ist in der Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe und in der Richtlinie 2014/25/EU über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeberim Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste vom 26. Februar 2014 nicht enthalten.
Die Regelungen in § 3 Absatz 7 Satz 2 VgV, § 2 Absatz 7 Satz 2 SektVO wurden daher aufgehoben. Für § 3 Absatz 7 Satz 3 VSVgV war eine entsprechende Streichung als Folgeänderung ebenfalls erforderlich. Damit ist klargestellt, dass bei der Auftragswertberechnung nach § 3 Absatz 7 VgV, § 2 Absatz 7 SektVO und § 3 Absatz 7 VSVgV bei Planungsleistungen nicht nur Lose über gleichartige Leistungen zusammenzurechnen sind und dass für Planungsleistungen grundsätzlich dieselben Regeln zur Auftragswertberechnung wie für sonstige Dienstleistungen gelten.
Ergänzend zu den bereits in der Begründung zu der Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen gegebenen Hinweisen (vgl. S. 26 ff. der Bundestagsdrucksache 20/6118) werden in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen folgende klarstellenden Erläuterungen zur Verfügung gestellt. Sie sollen einer rechtssicheren, unionsrechtskonformen Anwendung der maßgeblichen Normen dienen, können einer Prüfung im Einzelfall durch die jeweilige Vergabestelle und einer etwaigen Auslegung durch die Spruchpraxis der Vergabekammern und der Oberlandesgerichte aber nicht vorgreifen:
1.
Die maßgeblichen Methoden zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts ergeben sich aus Art. 5 der Richtlinie 2014/24/EU bzw. Art. 16 der Richtlinie 2014/25/EU. Zu beachten ist insbesondere jeweils Absatz 3, wonach die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts nicht in der Absicht erfolgen darf, die Anwendung dieser Richtlinie zu umgehen. Eine Auftragsvergabe darf nicht so unterteilt werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, es sei denn, es liegen objektive Gründe dafür vor (keine willkürliche Aufteilung). Umgesetzt wurde dies in § 3 Absatz 2 VgV und § 2 Absatz 2 SektVO, eine vergleichbare Regelung enthält § 3 Absatz 2 VSVgV.
2.
Für die Auftragswertberechnung ist – unabhängig von einer etwaigen Losbildung – zunächst zu bestimmen, inwieweit ein einheitlicher Auftrag vorliegt. Hierbei ist eine „funktionale Betrachtung“ heranzuziehen. Diese hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 05.10.2000, Kommission/Frankreich, C-16/98, für Bauaufträge entwickelt. Im Urteil vom 15.03.2012, Autalhalle, C-574/10, hat der EuGH diese funktionale Betrachtung auch auf Dienstleistungsaufträge angewandt. Ein einheitlicher Gesamtauftrag liegt demnach vor, sofern dessen Teilleistungen in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht eine innere Kohärenz und eine funktionelle Kontinuität aufweisen. Beide Entscheidungen liegen vor den heute maßgeblich geltenden Vergaberichtlinien. Die Europäische Kommission geht dabei davon aus, dass eine „andere Natur von Dienstleistungsaufträgen“ nicht als Begründung herangezogen werden kann, um von einer funktionalen Betrachtungsweise abzusehen. Ob Planungsleistungen, die in ihrer Art auf unterschiedliche Weise erbracht werden, in funktionalem Zusammenhang stehen und zusammenzurechnen sind, ist daher im Einzelfall von der jeweiligen Vergabestelle zu prüfen und zu dokumentieren. In Betracht kommt diese Prüfung insbesondere z.B. bei Bodengutachten oder Machbarkeitsstudien in einer frühen Vorplanungsphase.
3.
Ausweislich Erwägungsgrund 8 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2014/24/EU bzw. Erwägungsgrund 10 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2014/25/EU sollen die öffentlichen Auftraggeber sowohl die getrennte als auch die gemeinsame Vergabe von Aufträgen für die Planung und die Ausführung von Bauleistungen vorsehen können. Die Richtlinien bezwecken nicht, eine gemeinsame oder getrennte Vergabe für die Planung und die Ausführung von Bauleistungen vorzuschreiben. Im nationalen Recht sind öffentliche Bauaufträge definiert in § 103 Absatz 3 GWB, die Vergabe öffentlicher Bauaufträge richtet sich nach § 2 VgV. Für die Auslegung von Begriffen sind außerdem die Begriffsbestimmungen der Richtlinie 2014/24/EU in Art. 2 maßgeblich. Zu beachten ist, dass danach „öffentliche Bauaufträge“ öffentliche Aufträge mit einem der folgenden Ziele sind: a) Ausführung oder sowohl die Planung als auch die Ausführung von Bauleistungen im Zusammenhang mit einer der in Anhang II der Richtlinie genannten Tätigkeiten; b) Ausführung oder sowohl die Planung als auch die Ausführung eines Bauvorhabens; c) Erbringung einer Bauleistung durch Dritte — gleichgültig mit welchen Mitteln — gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber, der einen entscheidenden Einfluss auf die Art und die Planung des Vorhabens hat, genannten Erfordernissen.
4.
Ungeachtet von Art. 5 Absätze 8 und 9 können nach Art. 5 Absatz 10 der Richtlinie 2014/24/EU (bzw. der entsprechenden Regelungen in den Richtlinien 2014/25/EU und 2009/81/EG) öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe einzelner Lose von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichen, wenn der geschätzte Wert des betreffenden Loses ohne MwSt. bei Lieferungen oder Dienstleistungen unter 80 000 EUR und bei Bauleistungen unter 1 000 000 EUR liegt (vgl. § 3 Absatz 9 VgV). Allerdings darf der kumulierte Wert der in Abweichung von dieser Richtlinie vergebenen Lose 20 Prozent des kumulierten Werts sämtlicher Lose, in die das Bauvorhaben, der vorgesehene Erwerb gleichartiger Lieferungen oder die vorgesehene Erbringung von Dienstleistungen unterteilt wurde, nicht überschreiten, vgl. Art. 5 Absatz 10 RL 2014/24/EU (sowie Art 16 Absatz 10 RL 2014/25/EU bzw. Art. 9 Absatz 5 RL 2009/81/EG).
5.
Mittelständische Interessen sind – unter Beachtung der unionsrechtlichen Regelungen zur öffentlichen Auftragsvergabe – in Ausschreibungen für Planungsleistungen weiterhin zu wahren (vgl. § 97 Absatz 4 GWB).
Diese sollen Orientierung und Unterstützung bieten. Sie können jedoch nicht eine Prüfung durch die jeweilige Vergabestelle, die Rechtsanwendung oder Rechtsberatung im Einzelfall oder die Rechtsauslegung durch die Vergabekammern und Oberlandesgerichte vorwegnehmen oder ersetzen.
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