von Thomas Ax
Die Dialogphase kann erfolgreich abgeschlossen werden, wenn der Auftraggeber (AG) nach seinem subjektiven Ermessen in dem vorgestellten und erarbeiteten Lösungsvorschlag des Dialogpartners seine Bedürfnisse und Anforderungen befriedigt sieht. Die Dialogphase hat dann ihren Zweck erfüllt, das Verfahren kann zur Angebotsphase fortschreiten. Hier sind alle im Dialogverfahren verbliebenen Teilnehmer von der Beendigung zu informieren. Gleichzeitig sind die verbliebenen Teilnehmer aufzufordern, auf Basis der vorgelegten Projektlösungen ein Angebot zu legen. Nach Abschluss des Dialogs fordert der AG den Dialogpartner auf, ein endgültiges Angebot auf Basis der entwickelten Lösungen einzureichen.
Hier gelten folgende Besonderheiten:
I
Die Aufforderung zur Angebotsabgabe gibt dem Auftraggeber nochmals die Gelegenheit, die Beschreibung den Ergebnissen der Dialogphase anzupassen, andernfalls die Dialogphase, mit der Möglichkeit der umfassenden Verhandlung über den Auftragsgegenstand, ins Leere laufen würde. Die Anpassung hat jedoch ihre Grenzen darin, dass keine grundlegenden Elemente der Bekanntmachung oder der Beschreibung geändert werden dürfen.
II
Möglich ist auch eine Vervollständigung bzw. Anpassung der Zuschlagskriterien. Aus den Geboten der Gleichbehandlung der Teilnehmer und der Transparenz ergibt sich jedoch, dass die Kontinuität der Zuschlagskriterien gewahrt bleiben muss und daher unter Vervollständigung und Anpassung wohl auch beim wettbewerblichen Dialog keine grundlegende Änderung der Gewichtung und Reihung der Zuschlagskriterien zu verstehen ist. Diese Gebote setzen somit der Flexibilität des wettbewerblichen Dialoges diesbezüglich Schranken. Bei der Vervollständigung und Anpassung der Zuschlagskriterien ist vor allem an die, jedoch nur in engen Grenzen zulässige, Aufstellung von Unterkriterien zu denken.
Zulässig ist es auch, sofern die Zuschlagskriterien bislang nur nach ihrer Bedeutung gereiht wurden, eine Gewichtung im Sinne dieser Reihung vor Einholung der Angebote vorzunehmen und alle Teilnehmer davon zu informieren. Sämtliche Änderungen gegenüber der Bekanntmachung oder der Beschreibung müssen sich auf die Verhandlungen im Dialog beziehen. Dies bedeutet, dass Aspekte des Projektes, die in der Dialogphase nicht erörtert wurden, einer Änderung unzugänglich sind. Unzulässig ist schließlich auch eine Änderung der Beschreibung, welche zur Folge hätte, dass in der Dialogphase ausgeschiedene Lösungsvorschläge, nun als bestgeeignete Lösung anzusehen wären.
III
Auch am Ende der Dialogphase werden somit keine Ausschreibungsunterlagen vom Auftraggeber erstellt, sondern werden allenfalls die Bedürfnisse und Anforderungen an das Vorhaben den Ergebnissen der Dialogphase im Zuge der Aufforderung zur Angebotslegung ergänzt und angepasst.
IV
Festzuhalten ist weiter, dass am Ende der Dialogphase mehrere Lösungen und Konzepte zur Durchführung des Projektes nebeneinander existieren können. Das Ergebnis am Ende der Dialogphase besteht also nicht zwingend in der Ausarbeitung der ultimativ besten Lösung.
V
Die aus dem Dialogverfahren mit ihren Vorschlägen „erfolgreich“ gebliebenen Teilnehmer können nur auf der Grundlage ihres eigenen Lösungsvorschlages ein Angebot legen. Bei den verschiedenen Angeboten handelt es sich, da sie auf einer jeweils anderen Grundlage basieren, um inhaltlich unterschiedliche Angebote. Die Angebote müssen gemäß den allgemeinen Grundsätzen sämtliche zur Ausführung des Projektes erforderlichen Elemente detailgenau enthalten.
VI
Die Verfahrensart des wettbewerblichen Dialoges wurde mit der Intention eingeführt, dem Auftraggeber ein Verfahren zur Vergabe besonders komplexer Aufträge zur Verfügung zu stellen, welches ein höheres Maß an Flexibilität aufweisen soll als die klassischen Vergabeverfahren. Der Kernbereich dieser starken Flexibilität soll vor allem durch den größtmöglichen Verhandlungsspielraum in der Dialogphase erreicht werden. Da es sich jedoch bei den im wettbewerblichen Dialog zu vergebenden Projekten um definitionsgemäß besonders komplexe handelt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Ausführung des Projektes in allen Einzelheiten und bis ins letzte Detail in der Dialogphase besprochen und ausverhandelt wird. Dies würde sogar diesen weit abgesteckten Rahmen sprengen. Demgegenüber haben jedoch die auf den Ergebnissen der Dialogphase basierenden Angebote alle zur Ausführung des Projekts erforderlichen Angaben, also sämtliche Details zu enthalten.
VII
Um dem Vergabeverfahren des wettbewerblichen Dialoges auch in der Angebotsphase Flexibilität zu verleihen, wäre es sinnvoll, den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit einzuräumen, auch über die Angebote der Bieter – und nicht nur über die Lösungsvorschläge während der Dialogphase -, verhandeln zu können. Dies würde zwar dem Grundsatz des Verhandlungsverbots widersprechen, doch wird dieser bereits im Verhandlungsverfahren, in dem Verhandlungen über Angebote statthaft sind, durchbrochen. Demgegenüber ist das Verhandlungsverbot beim offenen und nicht offenen Verfahren durchgezogen. Bei diesen Verfahren ist nach Einreichung der Angebote zu beachten, dass diese im Zuge von zulässigen Aufklärungsgesprächen und Erörterungen in ihren Hauptpunkten nicht verändert werden, es also nicht zu einer Nachbesserung der Angebote kommen darf.
VIII
Zusammenfassend muss man zu dem Schluss kommen, dass sich beim wettbewerblichen Dialog kein Spielraum für Verhandlungen nach Einreichung der endgültigen Angebote der Bieter eröffnet. Hätte diese Möglichkeit eröffnet werden sollen, wäre ein ausdrückliches Festlegen die logische Konsequenz gewesen. Andererseits reicht die Erlaubnis zur Präzisierung, Klarstellung und Ergänzung nicht aus, um ein Verhandeln über Angebote zu rechtfertigen. Unter Präzisierung ist nämlich die nähere Bestimmung von bereits ausgeführten Inhalten zu verstehen. Durch Klarstellungen sollen wiederum mehrdeutige Verständnismöglichkeiten vermieden werden und das Ergänzen soll lediglich Feinjustierungen zulassen.