Ax Vergaberecht

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VertragsMan Bau – Der praktische Fall (1)

Frage:

Guten Morgen Herr Dr. Ax,
für ein Bauvorhaben aus dem Jahr 2017/2018, welches wir am 05.11.2018 schlussgerechnet haben (Abnahme war am 24.07.2018), stellt nun die GPA (Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg) Rückforderungen und bezgl. einer Position auch die Öffnung der Urkalkulation. Das bauüberwachende Ing.-Büro hat die Beanstandungen der GPA bestätigt. Die Schlusszahlung seitens des Bauherrn ist erst am 12.08.2019 erfolgt.

Können wir uns in einem solchen Fall auf die Einrede der Verjährung berufen?

Dürfen wir der Öffnung der Urkalkulation zustimmen bzw. an dieser teilnehmen?

Antwort:

Zuerst ist zu prüfen, ob diese Rückforderung verjährt ist. Rückforderungen sind so lange möglich, wie noch keine Verjährung der Forderung eingetreten ist.

§ 195 BGB regelt die Verjährungsfrist von Ansprüchen wie folgt: „Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.“

Die ganz früher geltenden 30 Jahre sind mit Änderung des BGB zum 31.12.2001 nicht mehr maßgeblich. Wie die Frist zu berechnen ist, ergibt sich aus § 199 Abs. 1 BGB. Dieser lautet: „Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem 1. der Anspruch entstanden ist und 2.

der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.“ Übersetzt in die Sprache der Praktiker heißt das, dass die dreijährige Verjährungsfrist am 01.01. des folgenden Jahres beginnt, nachdem die Schlussrechnung dem Auftraggeber vorlag.

So lange noch keine Verjährung eingetreten ist, kann ein Auftraggeber Rückforderungen geltend machen oder ein Auftragnehmer noch Nachforderungen stellen. Ob und wie diese dann durchsetzbar sind, hängt vom Einzelfall ab.

Wenn die Schlussrechnung dem Auftraggeber in 2018 zuging, beginnt die dreijährige Verjährungsfrist am 01.01.2019 zu laufen. Dabei kann der Auftraggeber auch nicht einwenden, dass der Verjährungsbeginn erst mit dem Zugang der Mitteilung der Rechnungsprüfungsbehörde beginnt (KG, Urteil vom 19.11.2010 – 7 U 97/10, BGH, Beschluss vom 14.06.2012 – VII ZR 213/10 (Nzb. zurückgewiesen), BGH, Urteil vom 08.05.2009 – VII ZR 106/07).

Damit endet nach § 195 BGB die dreijährige Verjährung mit Ablauf des 31.12.2021.

Am 01.01.2022 liegt Verjährung vor.

Die Rückforderung ist also verjährt. Auch für eine Öffnung der Urkalkulation besteht jetzt keine Veranlassung. Ein Bedarfsfall liegt nicht vor und kann ja auch nicht mehr vorliegen.

Eine Urkalkulation belegt üblicherweise die dem Angebot zugrunde liegende Kalkulation der Preise. Wird sie in einem verschlossenen Umschlag hinterlegt, wird damit regelmäßig die bis zum Bedarfsfall geheim zu haltende Preisermittlung offengelegt.“

Das aber heißt nichts anderes, als dass die geheim zu haltende Preisermittlung regelmäßig erst im Bedarfsfall offengelegt wird.

„Der Bedarfsfall sind Nachträge, Mengenveränderungen oder andere Umstände, die dazu führen, dass der Vertragspreis verändert werden kann.“ BGH, Beschl. v. 20.12.2007 – VII ZR 137/07, BauR 2008, 512; NZBau 2008, 251; IBR 2008, 201 (Stemmer).

Das sollte so mitgeteilt werden.