8
2. Die Antragstellerin hatte rechtzeitig ein Angebot eingereicht. In Ihrem Angebot hat sie bei allen 3 Losen in den Preisblättern „Splittingpreis Bearbeitung/Lieferung pro aufbereitetes Stück“ keine Eintragung vorgenommen. In den Preisblättern „Splittingpreis Miete pro Stück Wochenbestand“ hat sie bei allen 3 Losen Preise eingetragen.
9
3. Am 16.5.2019 stellte die Vergabestelle über die Vergabeplattform eine Aufklärungsfrage an die Antragstellerin hinsichtlich der fehlenden Eintragungen im Preisblatt „Splittingpreis Bearbeitung/Lieferung pro aufbereitetes Stück“.
10
Die Antragstellerin erklärte mit Nachricht vom 22.5.2019 über die Vergabeplattform, dass es sich nicht um ein Missverständnis handelt, sondern sie in den Preisblättern 0,00 € eingetragen hat. In den Preisblättern wurde die elektronische Eintragung als bloßer Strich erkennbar.
11
4. Mit Schreiben vom 27.6.2019 bat die Vergabestelle über die Vergabeplattform die Bieter um Verlängerung der Bindefrist bis zum 28.7.2019.
12
Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 28.6.2019 der Bindefristverlängerung zugestimmt.
13
5. Mit Schreiben vom 3.7.2019 stellte die Vergabestelle weitere Aufklärungsfragen. Sie teilte der Antragstellerin mit, dass bei Ihrem Angebot Indizien insbesondere für eine unzulässige Mischkalkulation vorliegen, und gab ihr Gelegenheit zur Aufklärung.
14
Die Antragstellerin übersandte mit Nachricht vom 9.7.2019 eine prozentuale Aufgliederung einzelner Kostenstellen, darunter unter anderem „Fuhrpark“, „Gehälter Verwaltung/..“, „Wasser, Strom, Gas, Öl für Gebäude“, und „Gewinn“.
15
Sie teilte mit, dass sie sich hinsichtlich der Höhe der Preise an dem Angebot aus 2013 orientiert habe. Diese Preiskalkulation habe über die Vertragsdauer hinweg gezeigt, dass sie richtig ist.
16
6. Mit Schreiben vom 25.7.2019 bat die Vergabestelle über die Vergabeplattform die Bieter erneut um Verlängerung der Bindefrist über den 28.7.2019 hinaus bis 6.8.2019.
17
Eine Zustimmung der Antragstellerin zur Verlängerung der Bindefrist ist bei der Vergabestelle nicht eingegangen.
18
7. Mit Informationsschreiben vom 25.7.2019 informierte die VSt über die Vergabeplattform, dass das Angebot der ASt ausgeschlossen wird, weil es nicht die geforderten Preisangaben enthält. Sie führte weiterhin aus, dass die eingereichten Preisblätter „Splittingpreis Bearbeitung/Lieferung pro aufbereitetes Stück“ für alle 3 Lose keine Einträge enthalten. In den Preisblättern „Splittingpreis Miete pro Stück Wochenbestand“ sei hingegen für alle 3 Lose ein auffallend hoher Betrag genannt. Diese Beträge lägen über den im Mittel erwartbaren marktüblichen Preisen für Miete und Bearbeitung/Lieferung zusammengenommen. Es bestehe die Vermutung, dass eine unzulässige Preisverlagerung stattgefunden hat. Die Ausführungen der Antragstellerin hätten die bestehende Indizwirkung für eine Mischkalkulation nicht ausgeräumt. Die prozentuale Angabe der Kalkulation sei nicht geeignet, die bestehenden Unklarheiten auszuräumen. Prozentuale Angaben ließen keine fundierten Rückschlüsse auf die der Kalkulation zugrundeliegenden Kosten des Unternehmens zu. Auch an Nachweisen fehle es. Die Antragstellerin habe die zwingende Vorgabe des Auftraggebers verletzt, die Preise für die Miete in dem einen und die Preise für die Bearbeitung in dem anderen Preisblatt einzukalkulieren. Es sei beabsichtigt am 5.8.2019 den Zuschlag auf das Angebot der … zu erteilen.
19
8. Mit Schreiben vom 29.7.2019 kündigte die Antragstellerin den bestehenden Interimsvertrag mit der Vergabestelle über die Wäschereileistung zum … fristgerecht.
20
9. Die ASt rügte am 31.7.2019 den Ausschluss ihres Angebots.
21
Sie trägt vor, dass die Null-Euro Preise keine fehlenden Preisangaben sind. Es handle sich weder um eine unzulässige Mischkalkulation noch um eine spekulativ erhöhte Preisbildung. Auch von einer offensichtlichen Verschiebung von Preispositionen könne keine Rede sein. Hierfür fehle es an belastbaren Tatsachen. Es lägen weder auffallend hohe Preise an der einen Stelle noch korrelierende niedrige Preise an anderer Stelle vor. Es handle sich um übliche Marktpreise. Ein Marktpreis reduziere sich nicht auf den Wettbewerbspreis eines anderen Bieters. Dieser hänge von weiteren Faktoren ab.
22
10. Mit Schreiben vom 1.8.2019 hat die VSt das Rügevorbringen der Antragstellerin abgelehnt.
23
11. Am 1.8.2019 legt die Vergabestelle der Vergabekammer eine Schutzschrift vor und beantragt:
1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen
2.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3.
Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin wird für notwendig erklärt.
24
Der Antrag sei unzulässig und unbegründet.
25
Die Antragstellerin habe schon keine Antragsbefugnis mehr. Sie habe die Verlängerung der Bindefrist verweigert. Sie bringe somit zum Ausdruck, dass sie kein Interesse mehr am Auftrag hat. Die Bindefrist sei am 28.7.2019 ausgelaufen.
26
Der Nachprüfungsantrag sei offensichtlich unbegründet.
27
Das Angebot der Antragstellerin sei wegen Mischkalkulation auszuschließen gem. § 57 Abs. 1 Nummer 5 VgV. Das Angebot enthalte nicht die vom Auftraggeber geforderten Preisangaben.
28
Die Antragstellerin habe im Rahmen der Aufklärung ihres Angebotes die Indizien für eine unzulässige Mischkalkulation nicht widerlegen können.
29
Die von der Antragstellerin eingereichten Preisblätter für die Stationswäsche würden für alle drei Lose auffällig niedrige Preise für Positionen ausweisen, wobei andere Positionen der Preisblätter auffallend hohe Preise ausweisen. Die Vergabeunterlagen hätten eine getrennte Ausweisung der Kostenarten „Bearbeitung/Lieferung“ und „Miete der Wäsche“ gefordert. Diese getrennte Ausweisung sei im Angebot der Antragstellerin nicht erfolgt. Zudem sei der Preis bei „Miete der Wäsche“ im Vergleich zum Gesamtpreis im Wettbewerb höher und liege auch über den erwartbaren Marktpreisen.
30
Im Rahmen der Aufklärung habe die Antragstellerin eine prozentuale Angabe der Zusammensetzung des Gesamtpreises beigebracht. Diese lasse keine fundierten Rückschlüsse auf die der Kalkulation zugrundeliegenden Kosten des Unternehmens zu. Auch der Verweis auf bestehende Vertragsverhältnisse lasse keinen Rückschluss darauf ziehen, welche Kosten der Antragstellerin bei der zukünftigen Leistung durch die Miete entstehen.
31
Das Angebot der Antragstellerin sei weiterhin wegen Verletzung zwingender Vorgaben zur Preiskalkulation auszuschließen, gemäß § 57 Abs. 1 Nummer 4 VgV. Sie habe die Vorgabe des Auftraggebers, die Preise für die Miete in dem einen und die Preise für die Bearbeitung in dem anderen Preisblatt einzukalkulieren, verletzt.
32
Die Beiträge für kalkulatorische Miete, Gehälter, Verwaltung, Wasser, Strom, Gas sowie Fuhrpark seinen offensichtlich nicht im Preisblatt „Bearbeitung/Lieferung“ einkalkuliert worden. Der von der Antragstellerin bei der Miete kalkulierte Gewinn gleiche Verluste der Antragstellerin an anderer Stelle (hier für die kostenintensive Bearbeitung/Lieferung) aus. Es handele sich jeweils um unzulässige Kostenverschiebungen.
33
Das Angebot der Antragstellerin sei weiterhin auszuschließen, da es spekulativ überhöhte Preise aufweist.
34
Das mitgeteilte prozentuale Kalkulationsmodell zur Miete der Stationswäsche belege überhöhte Kostenanteile und Beiträge im Vergleich zu einem marktüblich zu erwartenden Kalkulationsmodell.
35
Dies betreffe insbesondere die Beiträge für kalkulatorische Miete, Gehälter, Verwaltung unter anderem Wasser/Strom/Gas und andere, deren Höhe einen unangemessenen und marktunüblichen Anteil der Miete erreicht. Es sei nicht zulässig, die entsprechenden Beträge aus der Bearbeitung/Lieferung durch spekulative Erhöhung der Beiträge in der Miete abzudecken. Die Kostenkalkulation im Angebot der Antragstellerin ergäbe Summen, die teils das Doppelte, teils das Mehrfache der erwartbaren Kosten betragen.
36
Der Betrag Fuhrpark sei in der Kalkulationsgrundlage deutlich überhöht, da die Anlieferung zum Auftraggeber vollständig auf dem anderen Preisblatt (Bearbeitung/Lieferung) einzukalkulieren war.
37
Insgesamt seien die angebotenen Gesamtkosten allein für Miete höher als die marktüblichen Gesamtkosten für Miete und Bearbeitung/Lieferung.
38
Das Angebot sei gemäß § 241 Abs. 2 BGB auszuschließen.
39
Zwar sei die Kalkulation Sache der Bieter, es sei den Bietern jedoch verwehrt, bindende Vorgaben zur Zuordnung ihrer Preise zu missachten und Preisanteile zwischen einzelnen Preispositionen zu verschieben.
40
12. Am 1.8.2019 hat die ASt einen Nachprüfungsantrag gestellt und beantragt:
1. Die Antragsgegnerin in dem Vergabeverfahren „Wäschereileistungen“ EU Bekanntmachung Nummer xxxx zu verpflichten, das Angebot der Antragstellerin wieder in der Wertung zu nehmen und die Wertung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen,
2. hilfsweise sonstige geeignete Maßnahmen anzuordnen, um die Rechte der Antragstellerin im Vergabeverfahren zu sichern;
3. der Antragsgegnerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der der Antragstellerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandene Kosten aufzuerlegen und auszusprechen, dass für die Antragstellerin die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten im Nachprüfungsverfahren erforderlich ist.
41
Der Nachprüfungsantrag sei zulässig und begründet.
42
Der Angebotsausschluss verletze die Antragstellerin in ihren Rechten aus §§ 97 Abs. 1 und Abs. 2 und Abs. 6 GWB.
43
Der Ausschlussgrund nach § 57 Abs. 1 Nummer 5 VgV liege nicht vor. Im Angebot der Antragstellerin würden keine Preisangaben fehlen. Die Bearbeitungspreise pro Stück/Woche mit null Euro seien wahrhaftig.
44
Für den Vorwurf einer spekulativen Preisbildung fehle ein ernsthafter Beleg. Eine Mischkalkulation liege nicht vor. Es seien bei den Mietpreisen pro Stück/Woche keine überhöhten Preise angegeben.
45
Es handle sich um absolut übliche Marktpreise, mit denen die Antragstellerin auch in anderen Wettbewerben mit Erfolg angeboten hat.
46
Der Bieter sei in seiner Kalkulation frei. Er müsse nicht die hierfür entstehenden Kosten verlangen. Ein Unterkostenangebot sei ebenfalls nicht verwehrt.
47
Der Auftraggeber könne lediglich prüfen, ob die einwandfreie Ausführung und Gewährleistung sichergestellt ist. Lediglich eine Verlagerung von Preisen in andere Positionen sei nicht zulässig. Dies sei hier aber nicht der Fall.
48
Die Vergabestelle mische sich vorliegend hingegen in die Kalkulationsfreiheit der Antragstellerin ein und gebe ihr vor, was sie zu kalkulieren habe.
49
Dies habe die VK Thüringen als nicht zulässig erachtet (Beschluss vom 15.1.2018-250-4003-9213/2017-E-0 22-EF).
50
13. Der Nachprüfungsantrag ist der VSt am 2.8.2019 übersandt worden mit der Aufforderung, die Vergabeunterlagen zu übersenden und Stellung zu nehmen.
51
14. Auf das Schreiben der Antragstellerin vom 2.8.2019 wird verwiesen.
52
15. Die VSt hat die Vergabeakte vorgelegt, und teilt mit Schreiben vom 5.8.2019 mit, dass sie zur Erwiderung auf den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin auf die Schutzschrift vom 1.8.2019 verweist.
53
Der Nachprüfungsantrag sei bereits offensichtlich unzulässig, nachdem die Antragstellerin auf die Bitte der Antragsgegnerin vom 25.7.2019 die Bindefrist ihres Angebots nicht über den 28.7.2019 hinaus verlängert hat. Das Angebot der Antragstellerin sei somit mit Ablauf des 28.7.2019 hinfällig geworden und die Antragstellerin habe die Antragsbefugnis verloren. Der Nachprüfungsantrag sei zudem offensichtlich unbegründet.
54
Dem Nachprüfungsantrag seien keine substantiierten Gründe zu entnehmen, die gegen den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin sprechen würden. Der Vortrag der Antragstellerin könne weder die Indizien einer Mischkalkulation widerlegen, noch die Indizien von spekulativ überhöhten Preisen, noch die Indizien wegen offensichtlicher Preisverschiebung. Auch der dargelegte Verstoß gegen die Vorgaben zur Ausweisung der Preise sei nicht widerlegt.
55
Der Nachprüfungsantrag enthalte keinerlei Auseinandersetzung mit der Thematik der angesprochenen Ausschlussgründe, sowie keinerlei Angaben zur Preiskalkulation. Es sei einzig der Hinweis darauf erfolgt, dass die Kalkulation sich an dem Angebot aus dem Jahre 2013 orientiert hat.
56
Hierzu verweist die Vergabestelle darauf, dass im Jahr 2013 keine Splittingpreise gefordert waren.
57
Vorliegend habe die Antragstellerin in ihren Preisen für die Miete offenkundig Anteile einkalkuliert, die der Bearbeitung/Lieferung zuzurechnen sind, insbesondere die Logistikkosten. Hinsichtlich der auffällig hohen Preise der Antragstellerin stütze sich die Vergabestelle gerade nicht ausschließlich auf ein anderes Wettbewerbsangebot. Hierbei handle es sich lediglich um ein Indiz.
58
Das Recht eines Bieters auf Kalkulationsfreiheit beinhalte nicht das Recht auf eine Änderung der Vergabeunterlagen. Die Vorgabe von Splittingpreisen seien zwingend zu berücksichtigen gewesen.
59
Die Antragstellerin meide in ihrem Nachprüfungsantrag eine rechtliche Auseinandersetzung zu den Vorgaben hinsichtlich der Mischkalkulation und der spekulativ überhöhten Preise. Sie verkenne die rechtlichen Folgen einer Mischkalkulation. Eine unzulässige Mischkalkulation führe dazu, dass die auf einer Mischkalkulation beruhenden Preise nicht zu berücksichtigen sind und als fehlende Preise gelten.
60
Die Vergabestelle sei verpflichtet, begründeten Indizien für eine unzulässige Preisgestaltung nachzugehen. Sie habe zwei Aufklärungen geführt und der Antragstellerin Gelegenheit gegeben, mögliche Missverständnisse offenzulegen und Unterlagen zu übergeben, die eine Mischkalkulation widerlegen.
61
16. Auf das Schreiben der ASt vom 6.8.2019 wird verwiesen.
62
17. Mit Schreiben vom 13.8.2019 teilte die Antragstellerin mit, dass sie auf das Ersuchen der Bindefristverlängerung vom 25.7.2019 die entsprechende Zustimmungserklärung über die Plattform hochgeladen hat. Vorsorglich habe die Antragstellerin zudem am 6.8.2019 gegenüber der Vergabestelle nochmal erklärt, dass sie sich an ihr Angebot gebunden sieht.
63
Selbst bei unterbliebener Bindefristverlängerung ist mit dem OLG München (Beschluss vom 23.6.2009-Verg 8/09) davon auszugehen, dass der Bieter sich bis zum Abschluss des Verfahrens an sein Angebot gebunden halten will. Etwas Gegenteiliges habe die Antragstellerin nie zum Ausdruck gebracht. Die Antragstellerin habe alles dafür getan, um den Auftrag zu erhalten. Ein abgelaufenes Angebot könne zudem vom Auftraggeber mit einem neuen Angebot bezuschlagt werden. Die Antragstellerin sei antragsbefugt.
64
Vorliegend gehe es nicht, wie von der Vergabestelle vorgetragen, um die Stationswäsche, sondern um die Berufswäsche.
65
Der kalkulierte Betrag für den „Fuhrpark“ im Bereich „Miete der Berufswäsche“ sei nicht überhöht. Auch für die mietweise Bereitstellung der Berufswäsche würden Logistik und Transport notwendig. Dies ergebe sich aus der Leistungsbeschreibung. In Ziffer 3b) der Leistungsbeschreibung sei eindeutig festgelegt, dass zur Vollversorgung mit Berufswäsche auch die Anlieferung der Wäschestücke gehört. In Teil E der Vergabeunterlagen „Vertrag zur Erbringung von Wäschereileistungen“ sei zwischen Wäscheaufbereitung (§ 2) einerseits und der Leasingwäsche (§ 3), andererseits differenziert. In § 3 Abs. 2 sei aufgeführt, dass die aufbereitete Wäsche gebrauchsfertig anzuliefern ist.
66
Weiterhin habe der Bieter „Organisationsmittel“ (z.B. Gittercontainer) zum Wäschetransport zur Verfügung zu stellen. Dies ist in Ziffer I.1.lit. i) der Leistungsbeschreibung gefordert. Die Leistungsposition Miete der Berufswäsche sei somit keinesfalls frei von Transport- und Logistikelementen.
67
Die Kalkulation der Antragstellerin sei marktüblich. Dies könne sie durch eine Bestätigung der Wirtschaftsprüfer vom ….2019 belegen. Die Bestätigung legt die Antragstellerin ihrem Schriftsatz bei. Zudem sei auf die unternehmerische Kalkulationsfreiheit und auf Art. 12 Grundgesetz zu verweisen. Was die Vergabestelle für marktüblich halte, sei nicht nachvollziehbar und ohne Grundlage.
68
Es sei zudem nicht zulässig, Angebote wegen angeblich marktunüblicher Kalkulation auszuschließen. Die von der Vergabestelle als marktüblich angegebenen Preise werden von der Antragstellerin bestritten.
69
Ein Ausschluss nach § 241 Abs. 2 BGB bedürfe einer tatsächlich belegten und nachvollziehbaren Grundlage hinsichtlich des Vorwurfs der spekulativen Preisüberhöhung oder der Mischkalkulation.
70
Eine Kostenverschiebung liege nicht vor.
71
Bei dem Preis für Miete, Gehälter, Verwaltungen, Wasser/Strom/Gas/Fuhrpark seien keine Aufwendungen für die Bearbeitung/Lieferung der Wäsche eingerechnet worden. Die Vergabestelle stelle lediglich die falsche Annahme auf, dass die Kalkulation der Antragstellerin „marktunüblich“ sei. Diese Behauptung sei nicht nachvollziehbar und können nicht zu einem Ausschluss führen.
72
Insbesondere liege eine Mischkalkulation bzw. eine Kostenverschiebung nicht vor, nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 19.6.2018 – X Z R 100/16), wenn die vom Bieter herangezogenen Preisangaben gerade den tatsächlich gewollten entsprechen. Es komme allein darauf an ob ein Bieter eine bestimmte Leistung weit unter einem marktüblichen Preis erbringen will, bzw. ob er an anderer Stelle ungewöhnlich hoch abrechnen will.
73
Der kalkulierte Gewinn sei ebenfalls üblich und werde nicht zur Finanzierung der Bearbeitung/Anlieferung verwendet. Im Übrigen seien Gewinn-Mischkalkulation nicht vergaberechtswidrig.
74
Im Übrigen seien die Bieter in der Kalkulation ihrer Preise grundsätzlich frei. Es müsse nicht für jede Position im Leistungsverzeichnis mindestens den hierfür entstehenden Kosten entsprechen. Die Antragstellerin dürfe die Erfahrungen aus der Erbringung des vorangegangenen Dienstleistungsauftrags einbeziehen. Es sei nicht richtig, dass sich die vorherige Ausschreibung nicht mit der jetzigen Ausschreibung deckt. Die Leistungsinhalte der § 2 und § 3 der Verträge entsprächen sich wortgetreu.
75
In der jetzigen Ausschreibung seien hingegen in erheblichem Umfang Logistik und Transportleistungen auch für die Miet-Berufswäsche im Leistungssoll abgebildet. Die Antragstellerin habe einkalkuliert, an welcher Stelle sich vergleichsweise höhere Kosten und Kostenrisiken ergeben können mit Blick auf die Erfahrungen aus der bisherigen Leistungserbringung.
76
Hinsichtlich der prozentualen Angabe der Kosten im Rahmen der Aufklärung des Angebots trägt die Antragstellerin vor, dass die Kostenpositionen nachvollziehbar sind. Der Ansatz für einzelne Kostenstellen beinhalte zwischenzeitlich eingetretene, allgemeine und auch weiter zu erwartende Lohnerhöhungen, die Geltung von Mindestlohnvorgaben, und die stetige Erhöhung der Personalkosten. Dies sei in einem langjährigen Vertrag einzukalkulieren. Die Ansätze in einzelnen Kostenstellen seien an die allgemeine Entwicklung anzupassen gewesen. Der Gewinnfaktor ergebe sich aus dem unternehmerischen Geschick eines Unternehmens. Die Kalkulation entspräche der Kalkulation in anderen erfolgreichen Vergabeverfahren.
77
Eine Mischkalkulation liege nicht vor.
78
Bei einer Mischkalkulation fehle es an den wahren Preisangaben des betroffenen Bieters. Die bloße Feststellung ungewöhnlich niedriger Preise an einer Stelle des Angebots und ungewöhnlich hoher an anderer Stelle rechtfertige nicht die Annahme einer Mischkalkulation. Der Bieter dürfe eine Leistung auf Grundlage einer Nullkalkulation erbringen. Unschärfen im Leistungsverzeichnis, die der Bieter vorteilhaft nutzt, seien Risiko des Auftraggebers. Die Antragstellerin möchte die Bearbeitung Dienstleistungen dem Auftraggeber nicht in Rechnung stellen. Dies sei zulässig.
79
Ihre Erfahrung habe schließlich gezeigt, dass die Bearbeitung der Wäsche oft nicht mehr erfolgt zugunsten einer Neuzulieferung. Dies verursache Logistik- und Transportleistungen. Dies sei in der Mietwäsche zu kalkulieren. Die Preise der Antragstellerin seien marktüblich. Die Preisansätze der Vergabestelle seien hingegen eine bloße Behauptung ohne Grundlage.
80
Eine spekulativ überhöhte Einzelpreisbildung liege nicht vor.
81
§ 241 Abs. 2 BGB sei schon kein vergaberechtlicher Ausschlussgrund. Seine Voraussetzungen lägen auch nicht vor. In der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 18.12.2008, XVII ZR 201/06) geht es um baurechtliche Rechtsprechung für spekulativ überhöhte Einzelpreise eines Bauvertrags. Hierbei ging es um einen 800-fach überhöhten Einheitspreis. Eine Überhöhung des Einheitspreises um das …-fache könne hingegen nicht als spekulativ überhöht eingestuft werden. Dies sei allenfalls für den 8-fachen des üblichen Marktpreises in der Rechtsprechung entschieden (OLG Nürnberg, Urteil vom 8.3.2010, 2 U 1709/09). Dies sei vorliegend nicht annähernd erreicht durch den Vortrag der Vergabestelle. Die Rechtsprechung des BGH vom 19.6.2018 (a.a.O.) greife ebenfalls nicht. Vorliegend gehe es nicht um unzumutbar hoch kalkulierte Mehrmengen nach VOB/B, deren Eintritt nicht gänzlich fernliegend ist. Vorliegend sei insbesondere weder der Mietpreis überhöht, noch sei der Eintritt eine Vermehrung naheliegend.
82
18. Auf das Schreiben der VSt vom 14.8.2019 und die Schreiben der ASt vom 19.8.2019 und 20.8.2019 wird verwiesen.
83
19. Unter Wahrung des Geheimschutzes hat die Vergabekammer am 20.8.2019 der Antragstellerin Auszüge der Vergabeakte übermitteln.
84
20. Mit Schreiben vom 21.8.2019 hat die Vergabekammer die Firma … zum Verfahren beigeladen.
85
21. Mit Schreiben vom 21.8.2019 teilte die Vergabestelle mit, dass eine Bindefristverlängerung am 6.8.2019 unbeachtlich ist, da zu diesem Zeitpunkt die Bindefrist bereits abgelaufen und das Angebot damit erloschen ist.
86
Die behauptete Verlängerung der Bindefrist über die Vergabeplattform bleibe ohne Nachweis. Es sei nicht einmal vorgetragen, an welchem Tag und zu welcher Zeit die Erklärung erfolgt sein soll. Eine rechtzeitige Erklärung sei seitens der Antragstellerin über die Plattform nicht erfolgt. Fehler beim Hochladen seien dem Risikobereich der Antragstellerin zuzurechnen.
87
Vorliegend habe die Vergabestelle ausdrücklich um eine Verlängerung der Bindefrist ersucht. Dieses Ersuchen habe die Antragstellerin nicht rechtzeitig bestätigt. Dies führe zum Rechtsverlust. Ihr Angebot lebe nicht mehr auf. Mit dem Erlöschen des Angebotes erlöschte die Möglichkeit der Antragstellerin, sich in einen Auftrag hineinzuklagen.
88
Das Einrechnen der Fuhrparkkosten in die Miete belege die unzulässige Verschiebung der Preise für die Anlieferung in die Miete. Die Angaben im Vertrag zur Anlieferung und zu den geforderten Organisationsmitteln stehe den Vorgaben für die Preisblätter nicht entgegen. Die Bearbeitung und Anlieferung sei unter dem Punkt „Bearbeitung/Anlieferung“ zu kalkulieren gewesen. Im Rahmen der Aufklärung habe die Antragstellerin diesbezüglich gerade angegeben, die Anlieferung nicht in Rechnung stellen zu wollen.
89
Die Antragstellerin habe die Marktüblichkeit ihrer Preise nicht belegt. Hinsichtlich der Marktüblichkeit habe die Vergabestelle einen fachkundigen Spezialisten zugezogen. Der Preisabstand zwischen den Mietpreisen der Angebote im Bereich der Splittingpreise für die Stationswäsche belege die Unangemessenheit der Mietpreise der Antragstellerin bereits. Die Ausführungen des Wirtschaftsprüfers erschöpfen sich in allgemeinen Ausführungen zur Preisbildung. Sie seien kein Beleg dafür, dass die Preisanteile in der angegebenen Höhe für die Miete anfallen. Sie enthielten hierzu keine Ausführungen.
90
Es sei offenkundig, dass der kalkulierte Gewinn für die Miete die Kosten für die Bearbeitung und Anlieferung ausgleicht.
91
Vorliegend gehe es nicht um die Auskömmlichkeit der Kalkulation als Ganzes, sondern um unzulässige Preisanteile. Die Angemessenheit einzelner Preisanteile sei vorliegend weiterhin nicht nachgewiesen.
92
Es obliege der Antragstellerin, Indizien einer unzulässigen Preisverschiebung auszuräumen. Dies habe sie versäumt. Die Antragstellerin habe einen Preis aufgepreist und einen anderen Preis abgepreist. Dies indiziere eine Preisverschiebung, die der Bieter ausräumen muss. Der BGH entbinde den Bieter nicht von Kalkulationsvorgaben des Auftraggebers, wie sie hier vorliegen. Ein Verstoß gegen die Kalkulationsvorgaben führe als Änderung der Vergabeunterlagen zum Angebotsausschluss.
93
§ 241 BGB stelle einen eigenständigen Ausschlussgrund dar. Vorliegend habe die Antragstellerin überhöhte Fuhrparkkosten für die Miete kalkuliert, obwohl kaum Fuhrparkkosten anfallen werden, wohl wissend, dass die Miete immer anfallen wird. Unangemessen überzogene Preise seien dem Auftraggeber nach der Rechtsprechung des BGH nicht zumutbar. Die Verschiebung von Preisen sei durch die Angaben der Antragstellerin, einerseits mit Null-Euro – Preisen und andererseits bei der Miete mit überhöhter Gewinnkalkulation, bewiesen. In diesem Fall müsse man eine Mischkalkulation annehmen. Andernfalls könnte eine Mischkalkulation stets mit hoher Gewinnkalkulation gerechtfertigt werden.
94
Die vorgetragene Kalkulationsfreiheit des Bieters rechtfertige weder diese Preisverschiebungen, noch das Zuwiderhandeln gegen Kalkulationsvorgaben der Vergabestelle.
95
Die Preisblätter aus einer vorangegangenen Ausschreibung seien nicht identisch mit der aktuellen Vergabe. Es komme auf die vorliegende Vergabe und deren Formblätter an.
96
Die Antragstellerin habe es versäumt, eine Preisverschiebung sowie eine spekulative Erhöhung von Preisbestandteilen zu widerlegen. Sie habe weder konkrete Berechnungen aus Löhnen und weiteren Personalkosten, noch Angebote und Verträge von Lieferanten vorgelegt. Ohne solche Belege bleibe es bei den Indizien und im Ergebnis der Feststellung überhöhter Preisansätze.
97
Es bestehe die hinreichende und naheliegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Antragstellerin nach einem Zuschlag an sie von überhöhten Mietpreisen zum wirtschaftlichen Nachteil der Antragsgegnerin profitieren würde, nämlich immer dann, wenn die Stationswäsche zwar gemietet, aber nicht gewaschen wird. Dies werde insbesondere dann auftreten, wenn Stationen nicht belegt sind. Dies sei ein wesentlicher Grund dafür, dass die Antragsgegnerin Splittingpreise vorgegeben hat.
98
22. Auf die Schreiben der VSt vom 27.8.2019 und 2.9.2019 und das Schreiben der BGI vom 27.8.2019 wird verwiesen.
99
23. Die Vergabekammer hat die Fünf-Wochen-Frist des § 167 Abs. 1 Satz 2 GWB aufgrund tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten bis einschließlich 13.09.2019 verlängert.
100
24. Am 4.9.2019 hatten die Parteien Gelegenheit zur umfassenden Äußerung in der mündlichen Verhandlung. Auf die Niederschrift zu der Verhandlung wird verwiesen.
101
Die ASt bekräftigt ihre Anträge aus dem Schreiben vom 1.8.2019.
102
Die VSt bekräftig ihre Anträge aus dem Schreiben vom 1.8.2019.
103
Die BGI stellt keine Anträge.
Gründe
104
1. Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig und unbegründet.
105
a) Die Vergabekammer Nordbayern ist für das Nachprüfverfahren nach § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 2 Satz 2 BayNpV sachlich und örtlich zuständig.
106
b) Die VSt ist öffentlicher Auftraggeber nach § 99 GWB.
107
c) Bei dem ausgeschriebenen Dienstleistungsauftrag handelt es sich um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von § 103 Abs. 1 GWB.
108
d) Der Auftragswert übersteigt den Schwellenwert, § 106 Abs. 1 GWB.
109
e) Die ASt hat mit Schreiben vom 31.7.2019 rechtzeitig nach Erhalt des Informationsschreibens gemäß § 134 GWB vom 25.7.2019 die beabsichtigte Vergabeentscheidung gerügt.
110
f) Der Zuschlag wurde noch nicht erteilt, § 168 Abs. 2 Satz 1 GWB.
111
g) Die ASt ist nicht mehr antragsbefugt.
112
Zwar hat sie i.S.d. § 160 Abs. 2 GWB vorgetragen, dass sie ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag hat, und eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend gemacht. Sie hat geltend gemacht, dass ihr durch den Ausschluss ihres Angebotes ein Schaden zu entstehen droht.
113
Die Antragstellerin ist jedoch nicht der Aufforderung der Vergabestelle vom 25.7.2019 gefolgt, der Verlängerung der Bieterfrist bis zum 6.8.2019 zuzustimmen. Die Bieterfrist wurde zuletzt auf Anfrage der Vergabestelle vom 27.6.2019 mit Zustimmung der Antragstellerin vom 28.6.2019 bis 28.7.2019 verlängert.
114
Mangels Zustimmung der Antragstellerin zur Verlängerung der Bindefrist, ist diese am 28.7.2019 ausgelaufen.
115
Das Interesse an der Auftragsvergabe ist eine Sachentscheidungsvoraussetzung und muss während des gesamten Verfahrens vorhanden sein. Erforderlich ist ein unbedingtes Interesse. Stimmt ein Bieter, trotz Anfrage der Vergabestelle, der Verlängerung der Bieterfrist nicht zu, bringt er unmissverständlich zum Ausdruck, dass er sich an sein Angebot nicht mehr gebunden fühlt. Dies ist mit der Annahme eines Interesses i.S.d. § 160 Abs. 2 GWB nicht zu vereinbaren (Summa in Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 160 GWB, Rn. 76/80).
116
Vorliegend hat die Antragstellerin kein unbedingtes Interesse zum Ausdruck gebracht. Sie hat die Bindefrist trotz Aufforderung durch die Vergabestelle zur Verlängerung auslaufen lassen.
117
Entgegen der Fallkonstellation des OLG München vom 11.5.2007 (Verg-4/07) liegt vorliegend keine konkludente Verlängerung der Bindefrist durch die Antragstellerin vor. In dieser Fallkonstellation hat die Vergabestelle die Antragstellerin gerade nicht ausdrücklich zur Verlängerung der Bindefrist aufgefordert.
118
Der Vortrag der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren, sie habe eine entsprechende Zustimmungserklärung über die Plattform hochgeladen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Vortrag der Antragstellerin ist unsubstantiiert. Es ist nicht vorgetragen, wann eine solche Zustimmungserklärung hochgeladen wurde und mit welchem Wortlaut. Das Risiko der fehlerhaften Übermittlung einer elektronischen Erklärung trägt zudem der Erklärende (VK Südbayern, 19.03.2018 – Z3-3194-1-54-11/17).
119
Die Zustimmungserklärung zur Bindefristverlängerung vom 6.8.2019 erfolgte nach Ablauf der Bindefrist und verlängert die abgelaufene Bindefrist nicht.
120
Es kann der Vergabestelle nicht zugemutet werden, dass nach ausdrücklicher Aufforderung zur Bindefristverlängerung, der Bieter seine Zustimmung nicht erteilt, und diese zu einem späteren Zeitpunkt einseitig verlängern kann. Der Bieter hätte es somit in der Hand, sich zwar nicht mehr an sein Angebot zu binden, sich aber offenzuhalten, ob er den Zuschlag der Vergabestelle zu einem späteren Zeitpunkt annimmt. Damit wäre die Vergabestelle im Vergabeverfahren voll und ganz von der späteren Entscheidung des Bieters abhängig. Der Bieter könnte, zu einem späteren Zeitpunkt frei entscheiden, ob er noch für die Vergabestelle tätig werden möchte oder lieber doch nicht. Dies widerspricht dem Grundsatz des Vergaberechts. Das Vergabeverfahren endet grundsätzlich mit dem Zuschlag. Dies kann sich allenfalls umkehren, wenn die Vergabestelle von sich aus nicht zur Bindefristverlängerung auffordert. Fordert die Vergabestelle jedoch zur Bindefristverlängerung auf, ist kein Raum mehr für eine Ausnahme von dem Grundsatz. Der Bieter ist insoweit nicht schützenswert. Es ist kein Grund ersichtlich eine Missbrauchsmöglichkeit zu eröffnen und das Vergabeverfahren hinsichtlich der Bindung an die Angebote unsicher zu stellen.
121
Im Ergebnis ist diese Frage nicht entscheidungserheblich, da der Antrag ebenfalls unbegründet ist.
122
2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet.
123
Die Durchführung des Vergabeverfahrens verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB.
124
Der Ausschluss des Angebots der Antragstellerin ist nicht zu beanstanden.
125
a) Die Vergabestelle durfte das Angebot der Antragstellerin wegen Nichtbeachtung zwingender Kalkulationsvorgaben ausschließen. Weicht ein Bieter von den Kalkulationsvorgaben nach den Vergabeunterlagen ab, so besteht ein Ausschlussgrund gemäß § 57 Abs. 1 Nummer 4 VgV (vgl. zu § 19 Abs. 3 lit. d VOL/A-EG a.F., OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2012 – Verg 42/12).
126
Die Vergabestelle hat von den Bietern im Rahmen der Ausschreibung für alle drei Lose mehrere Preisblätter gefordert. Für jedes Los war unter anderem ein Preisblatt für die Leasing-Berufskleidung Leasinggebühr und ein Preisblatt für die Leasing-Berufskleidung Bearbeitung mit dem Angebot einzureichen. Die genaue Bezeichnung der beiden Preisblätter lautet „Splittingpreis Miete pro Stück Wochenbestand“ und „Splittingpreis Bearbeitung/Lieferung pro aufbereitetes Stück“.
127
Die Antragstellerin hat mit ihrem Angebot eines der beiden Preisblätter, hier das Preisblatt „Splittingpreis Bearbeitung/Lieferung pro aufbereitetes Stück“, erklärtermaßen mit Null-Euro-Preisen eingereicht. Die Antragstellerin begründet die Null-Euro-Preise mit der Kalkulationsfreiheit der Bieter. Sie trägt vor, dass sie für die Bearbeitung und Lieferung der Wäschestücke nichts berechne. Insbesondere seien die Kosten der Bearbeitung und Lieferung nicht in den Splittingpreis Miete einkalkuliert.
128
Bei den Vorgaben der Vergabestelle in den Vergabeunterlagen handelt es sich um Kalkulationsvorgaben. Die Vergabestelle bringt mit den detaillierten Preisblättern zum Ausdruck, dass es ihr auf eine getrennte Kalkulation von Bearbeitung/Lieferung und Miete ankommt. Sie erfragt gezielt die Kalkulation der beiden Bereiche. Hierzu trägt sie vor, dass es Zeiträume gibt, in denen die Wäsche zwar gemietet, jedoch nicht gewaschen wird, weshalb es ihr gerade auf die Offenlegung der jeweiligen Splittingpreise ankommt.
129
Kalkulationsvorgaben durch den öffentlichen Auftraggeber sind vergaberechtlich zugelassen. Sie beschränken zwar die Kalkulation der Bieter und „kanalisieren“ in gewissem Umfang auch den Preiswettbewerb, beruhen jedoch auf der Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers hinsichtlich der Regularien des Vergabeverfahrens. Zudem begrenzen sie Spekulationsmöglichkeiten der Bieter und fördern insoweit die Chancengleichheit bei der Bewerbung um den Auftrag. Wie die sonstige Festlegung des Auftraggebers in den Vergabeunterlagen unterliegen auch sie dem Gebot der Eindeutigkeit und Bestimmtheit (OLG Düsseldorf, a.a.O.).
130
Die Kalkulationsvorgaben der Vergabestelle sind ausreichend eindeutig und bestimmt.
131
Die Kalkulationsvorgaben der Vergabestelle beschränken die Antragstellerin vorliegend insoweit in ihrer Kalkulationsfreiheit, als dass die Bieter ihre Kalkulation gesplittet nach Miete und Bearbeitung/Lieferung darzulegen haben.
132
Die Vergabestelle hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 3.7.2019 zur Aufklärung ihrer Kalkulation aufgefordert.
133
Hierauf übersandte die Antragstellerin eine prozentuale Aufgliederung einzelner Kostenstellen. Eine Darlegung der Kalkulation im Einzelnen, getrennt nach dem angefragten Splittingpreis für Bearbeitung/Lieferung und dem angefragten Splittingpreis für Miete, erfolgte nicht. Auch die Höhe einzelner Kostenposition ist nicht im Einzelnen begründet oder zugeordnet worden. Auch Nachweise hinsichtlich einzelner Kostenpositionen und deren Zuordnung sind nicht eingereicht worden.
134
Eine Aufklärung hinsichtlich der konkreten Kalkulation der Splittingpreise Bearbeitung/Lieferung und der konkreten Kalkulation der Splittingpreise Miete ist vorliegend durch die Antragstellerin nicht erfolgt. Dem Bieter steht es nur insoweit frei, erwartete oder bereits erzielte Vorteile und Gewinne in anderen Position zu verrechnen, solange keine Kalkulationsvorgaben des Auftraggebers bestehen (Wagner in Heiermann/Zeiss/Summa, juris PK-Vergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 57 VgV). Die Kalkulationsvorgaben der Vergabestelle sind vorliegend nicht eingehalten. Die Antragstellerin hat im Rahmen der Aufklärung nicht ausreichend dargelegt, wie sich die Null-Euro-Preise und die demgegenüber hohen Mietpreise kalkulatorisch erklären lassen.
135
b) Die Vergabestelle durfte das Angebot der Antragstellerin weiterhin wegen Mischkalkulation ausschließen. Die Antragstellerin hat im Rahmen der Aufklärung die von der Vergabestelle vorgetragenen Indizien einer unzulässigen Preisverlagerung nicht entkräftet. Eine Mischkalkulation ist ein Ausschlussgrund gemäß § 57 Abs. 1 Nummer 5 VgV. Eine Mischkalkulation liegt vor, wenn der Einheitspreis einer Leistungsposition nicht dem vom Bieter kalkulierten (wahren) Preis entspricht, sondern der Einheitspreis auf einem extrem niedrigen (oder einem Preis von 0,00 €) „abgepreist“ und die Preisdifferenz zum kalkulierten (wahren) Preis auf einen oder mehrere Einheitspreise anderer Leistungsposition umgelegt wird; die jeweiligen Einheitspreise mithin „aufgepreist“ werden. Mit anderen Worten „versteckt“ der Bieter den für die jeweilige Leistung tatsächlich geforderten Preis im Wege des „Auf- und Abpreisens“ in der Gesamtheit seines Angebots (Wagner in Heiermann/Zeiss/Summa, juris PK-Vergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 57 VgV).
136
Im Hinblick auf die Entscheidung des OLG München vom 17.4.2019-Verg 13/18 ist eine Mischkalkulation vorliegend gegeben.
137
Zwar ist es einem Bieter schlechthin nicht verwehrt, einzelne Position unter seinen Kosten anzubieten. Dies bedeutet aber nicht, dass der Bieter seine zu deckenden Gesamtkosten nach Belieben einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses zuordnen darf. Öffentliche Auftraggeber haben grundsätzlich ein Interesse daran, dass die Preise durchweg korrekt angegeben werden; denn Zahlungspflichten der Auftraggeber können durch Verlagerung einzelner Preisbestandteile manipuliert werden. Verlagert der Bieter die für einzelne Positionen seines Leistungsverzeichnisses eigentlich vorgesehenen Preise ganz oder teilweise in andere Positionen, greift § 57 Abs. 1 Nummer 5 VgV (vgl. bezüglich der VOB/A, OLG München, a.a.O.).
138
Die Vergabestelle muss sich bei der Aufklärung nicht mit jeder beliebigen Erklärung des Bieters zufriedengeben. Zwar kommt der Erklärung eines Bieters, wonach seine Preise der tatsächlichen Kalkulation entsprechen, erhebliches Gewicht zu. Liegen jedoch konkrete Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme vor, ist die Vergabestelle nicht gezwungen, sich mit einer solchen Auskunft zufrieden zu geben (OLG München, a.a.O.). Vorliegend indizieren die von der Antragstellerin angebotenen Splittingpreise Bearbeitung/Lieferung und Splittingpreise Miete eine Mischkalkulation.
139
Für die Bearbeitung/Lieferung gab die Antragstellerin einen Null-Preis an. Im Unterschied hierzu zeigt die Kostenschätzung der Vergabestelle einen mehr als nur unerheblichen Preis an. Auch die Preisdifferenz zum Angebot der Beigeladenen ist nicht unerheblich. Umgekehrt fordert die Antragstellerin für die Miete einen Preis, der ganz erheblich über der Kostenschätzung der Vergabestelle und dem Angebot der Beigeladenen liegt. Die Antragstellerin hat diese Indizwirkung im Rahmen der Aufklärung nicht erschüttert. Sie beruft sich auf die Kalkulationsfreiheit und die Zulässigkeit von Null-Euro-Preisen. Die Nennung der prozentualen Anteile einzelner Kostenstellen in Ihrem Schreiben vom 9.7.2019 ermöglicht es der Vergabestelle nicht, die Höhe der einzelnen Kostenpositionen und Preise nachzuvollziehen. Auch der Verweis auf frühere bzw. vergleichbare Ausschreibungen klärt nicht auf, wie sich die angebotenen Einzelpreise zusammensetzen und wie sich die Null-Euro-Preise plausibel erklären lassen.
140
Im Ergebnis vermögen die Ausführungen die erhebliche Differenz zwischen den von der Antragstellerin angesetzten Preisen und denjenigen der Vergabestelle und der Beigeladenen nicht zu erklären.
141
Der nachträgliche Vortrag der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren, die kalkulierten Transportkosten würden nicht die Kosten der Bearbeitung/Lieferung der Wäscheleistung beinhalten und die Transportkosten seien laut Vergabeunterlagen in großen Teilen bei der Miete einzukalkulieren gewesen, überzeugt nicht. Die Preisblätter haben die klare Vorgabe gemacht, dass die Kosten der Bearbeitung/Lieferung in ein anderes Preisblatt einzutragen sind als die Kosten der Miete. Selbst wenn im Rahmen der Miete Transportkosten einkalkuliert werden, war ein nicht unerheblicher Teil offensichtlich bei der Bearbeitung/Lieferung einzukalkulieren. Die angegebenen Preise und Kostenstellen werden auch insoweit nicht nachvollziehbar aufgeklärt. Eine Aufklärung von Preisen kann auch nicht durch eine allgemeine Erklärung durch Wirtschaftsprüfer ersetzt werden. Auch der Wirtschaftsprüfer hat sich hinsichtlich der einzelnen Preise und Kostenstellen nicht konkret geäußert. Zu diesem Vorbringen stellt sich zudem die Frage, ob eine Aufklärung im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens erweitert werden kann. Aus Sicht der Vergabekammer war die Aufklärung zum Zeitpunkt der Ausschlussentscheidung abgeschlossen, sodass die Vergabestelle weiteren Vortrag nicht mehr einbeziehen muss.
142
c) Auf ein Vorliegen von unzulässigen spekulativ überhöhten Preisen als weiteren Ausschlussgrund kommt es vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich an. Diese Frage kann daher im Ergebnis offen bleiben und ist nicht mehr von der Vergabekammer zu entscheiden.
143
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 GWB.
144
a) Die ASt trägt die Kosten des Verfahrens, weil sie mit ihren Anträgen unterlegen ist (§ 182 Abs. 3 Satz 1, 3 u. 5 GWB).
145
b) Die Kostenerstattungspflicht gegenüber der VSt ergibt sich aus § 182 Abs. 4 GWB.
146
c) Die Beigeladene hat keine Anträge gestellt. Sie hat daher das Risiko des Unterliegens nicht getragen und bekommt im Umkehrschluss dazu auch keine Aufwendungen erstattet.
147
d) Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die VSt notwendig (§ 182 Abs. 4 GWB i.V.m. Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG entspr.).
148
Es handelt sich um einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht einfach gelagerten Fall, so dass es der VSt nicht zuzumuten war, das Verfahren vor der Vergabekammer selbst zu führen. Da die ASt rechtsanwaltlich durch eine auf das Vergaberecht spezialisierte Anwaltskanzlei vertreten war, ist es im Sinne einer Gleichstellung auch sachgerecht, dass sich die VSt von einer auf das Vergaberecht spezialisierten Anwaltskanzlei vertreten ließ.
149
e) Die Gebühr war nach § 182 Abs. 2 GWB festzusetzen. Im Hinblick auf die Bruttoangebotssumme der ASt aus dem Angebot (48 Monate, entspr. § 3 Abs. 11 VgV) und unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen personellen und sachlichen Aufwands der Vergabekammer errechnet sich entsprechend der Tabelle des Bundeskartellamtes eine Gebühr in Höhe von …,- €.
150
f) Die von der ASt zu tragende Gebühr in Höhe von …,- € wird mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss von 2.500,- € verrechnet.
151
Für den übersteigenden Betrag von …,- € erhält die ASt eine Kostenrechnung.