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VK Berlin: Nicht zulässig ist es, die Verantwortung für die Vergabe an Dritte vollständig zu übertragen

vorgestellt von Thomas Ax

Der Auftraggeber ist zwar nicht gehindert, sich bei der Vorbereitung und Durchführung des Vergabeverfahrens ganz oder teilweise der Hilfe Dritter zu bedienen, die über einen qualifizierten Sachverstand verfügen. Nicht zulässig ist es dagegen, die Verantwortung für die Vergabe an Dritte vollständig zu übertragen.
VK Berlin, Beschluss vom 14.03.2022 – VK B 2-40/21

Der Antragsgegner ist zwar nicht gehindert, sich bei der Vorbereitung und Durchführung des Vergabeverfahrens ganz oder teilweise der Hilfe Dritter zu bedienen, die über einen qualifizierten Sachverstand verfügen. Nicht zulässig ist es dagegen, die Verantwortung für die Vergabe an Dritte vollständig zu übertragen. Die Regelungen des Vergaberechts verpflichten unmissverständlich den Antragsgegner selbst zu einer Wertungsentscheidung (§ 127 Abs. 1 S. 2 GWB: “eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers”; § 31 Abs. 3 KonzVgV: “Der Konzessionsgeber überprüft”). Die Vergabeakte muss dementsprechend erkennen lassen, dass die zu treffenden Entscheidungen von dem Auftraggeber selbst getroffen wurden und nicht etwa von einem mit der Vorbereitung und Durchführung des Verfahrens beauftragten Ingenieurbüro oder sonstigen Sachverständigen oder Dritten (vgl. dazu insgesamt VK Lüneburg, Beschluss vom 2. November 2018 – VgK-40/2018, IBRRS 2019, 0228 m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben ist sehr fraglich, ob der Antragsgegner vorliegend die erforderliche eigene Wertungsentscheidung getroffen hat. So hat er sich etwa im Absageschreiben vom 5. Oktober 2021 darauf bezogen, dass “sich das Auswahlgremium einstimmig […] entschieden” habe. Auch der im Verfahren vorgelegte Vermerk des Antragsgegners vom 28. Januar 2022 führt zu der Bewertung der Arbeiten nur unter der Überschrift “Bewertung durch das Auswahlgremium” aus. Besonders prägnant sind insofern allerdings die Ausführungen des Antragsgegners im Nachprüfungsverfahren selbst, in dem er mit Schriftsatz vom 12. November 2021 ausgeführt hat “Das Auswahlgremium hat eine Ermessensentscheidung getroffen, die nicht der gerichtlichen Überprüfung unterliegt und die von der Antragsgegnerin auch nicht weiter zu begründen oder zu kommentieren ist”. Dies deutet im besonderen Maße darauf hin, dass sich der Antragsgegner vorliegend möglicherweise überhaupt nicht bewusst gewesen ist, eine eigene Wertungsentscheidung treffen zu müssen. Bereits dies könnte die Vergaberechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung begründen. Die Kammer braucht dies allerdings nicht abschließend zu entscheiden.