Ax Vergaberecht

  • Uferstraße 16, 69151 Neckargemünd
  • +49 (0) 6223 868 86 13
  • mail@ax-vergaberecht.de

VK Bund: Erkennbarkeit eines Vergabeverstoßes muss sich sowohl auf die den Rechtsverstoß begründenden Tatsachenvorgänge als auch auf deren rechtliche Bewertung, und zwar im Sinn eines Vergaberechtsverstoßes, beziehen

vorgestellt von Thomas Ax

Der Rügetatbestand des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB setzt die Erkennbarkeit eines Vergaberechtsverstoßes aus den Vergabeunterlagen voraus. Erkennbarkeit ist an einem objektiven Maßstab zu messen. Dabei ist auf ein durchschnittlich fachkundiges Bieterunternehmen abzustellen, das beim Verständnis der Vergabeunterlagen die verkehrsübliche Sorgfalt aufwendet. Erkennbarkeit muss sich darüber hinaus sowohl auf die den Rechtsverstoß begründenden Tatsachenvorgänge als auch auf deren rechtliche Bewertung, und zwar im Sinn eines Vergaberechtsverstoßes, beziehen. Um einen Rechtsverstoß erkennbar werden zu lassen, muss das betroffene Bieterunternehmen keinen rechtlichen Rat einholen. Der Rechtsverstoß muss sich dem durch die Ausschreibung angesprochenen Bieterkreis aufgrund des bei ihm allgemein vorauszusetzenden rechtlichen Wissens erschließen können (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. Dezember 2017 – Verg 8/17, Beschluss vom 8. März 2017 – Verg 39/16). Eine Rügepräklusion kommt daher nur bei auf allgemeiner Überzeugung der Vergabepraxis beruhenden und ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht. Der Verstoß muss so offensichtlich sein, dass er einem verständigen Bieter bei der Vorbereitung seines Angebots bzw. seiner Bewerbung auffallen muss. Dies ist bei rechtlich komplexen und durch die Rechtsprechung noch nicht vollständig geklärten Fragestellungen zu verneinen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Januar 2014 m.w.N.).  VK Bund, Beschluss vom 18.01.2020 – VK 2-94/19

Gründe:

I.

1. Die Antragsgegnerin (Ag) machte am […] im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb im Supplement zum Amtsblatt der EU[…] gemeinschaftsweit bekannt. Derzeit wird das […] von der Antragstellerin (ASt) betrieben, die bei der Leistungserbringung auch Mitarbeiter der Beigeladenen (Bg) als Unterauftragsnehmerin beschäftigt. Nach erfolgreichem Abschluss des vorliegenden Vergabeverfahrens soll der neue Auftragnehmer den Betrieb des […] fortführen. Die Bg ist am Betrieb des […] beteiligt. An der zugrundeliegenden Ausschreibung hatte sich auch die ASt beteiligt. Die Bg ist zudem empfohlenes Unternehmen des […]. Die ASt ist als „[…]“ für die Ag und u.a. für das […] tätig.

Unter Ziffer III.1.3 („Technische und berufliche Leistungsfähigkeit“) der Bekanntmachung wurden als Eignungskriterium EK 3.1 geeignete Referenzen über früher ausgeführte Aufträge mit den Themenschwerpunkten:

„Kenntnisse der rechtlichen Rahmenbedingungen und praktische Erfahrungen […]“ gefordert.

Als Eignungskriterium EK 3.3 wurde eine „Erklärung zu Interessenkonflikten / zur Neutralität gem. § 46 Abs. 2 VgV“ verlangt.

Hierzu heißt es ergänzend:

„Aufgrund der Leistungspflichten des AN können keine Beratungs- und /oder Unterstützungsleistungen gegenüber Dritten im Themenbereich des […] erbracht werden, insbesondere die Gestaltung der Rahmenbedingungen im deutschen […] betreffend, um eine neutrale Beratung und Durchführung der Maßnahmen zu gewährleisten, es sei denn, eine Interessenkollision ist im Einzelfall ausgeschlossen.

Wenn aus Sicht des AG die Neutralität in Frage steht, weil erhebliches Gefährdungspotential für Interessenkonflikte im Zusammenhang mit der Ausführung der Leistung vorliegt bzw. vorliegen wird, wird der Bewerber von der Teilnahme am weiteren Vergabeverfahren ausgeschlossen. Dies dient der Gewährleistung des allgemeinen Wettbewerbsgrundsatzes und des mit dem vergaberechtlichen Gleichbehandlungsgebot in engem Zusammenhang stehenden Neutralitätsgebots.“

Zur Begründung wird in der Vergabedokumentation ausgeführt (1850-Eignungsmatrix vom 29. Oktober 2019 unter Ziffer 3.3):

„Das […] berät zu den Möglichkeiten der Förderung und zu der Antragstellung. Der Projektträger des Bundesförderprogrammes entscheidet über die Bewilligung dieser Fördermittel. […] und Projektträger arbeiten im Auftrag des […].

Es ist sicherzustellen, dass kein Bieter einen Wissensvorsprung unzulässig ausnutzt. Doppel- oder Folgevergütungen von inhaltlichen zusammenhängenden Leistungen sind auszuschließen.“

Den Vergabeunterlagen war ein von den Teilnehmern am Wettbewerb auszufüllendes Formblatt F.3.3 „Erklärung zu Interessenskonflikten / zur Neutralität“ beigefügt. Unter Ziffer 2 („Erklärung zu eigenen Tätigkeiten des Unternehmens“) gab es die Option a), nach der keine Beratungsdienstleistungen gegenüber Dritten im Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand absehbar bis zum Vertragsende erbracht werden und Option b), unter der dies bejaht werden konnte und nachfolgend eine Darstellung zur Art und Weise eines Ausschlusses einer Interessenskollision gefordert wurde. Unter § 14 Abs. 1 Satz 1 des in den Vergabeunterlagen enthaltenen Rahmenvertrags (Entwurf vom 24. Januar 2019) heißt es:

„Der AN darf ohne Zustimmung des AG zeitgleich keine Dienstleistungen für Dritte mit widerstreitenden Interessen („Interessenkollision“) bis zum Ende der Vertragslaufzeit übernehmen.“

In Absatz 2 heißt es:

„Der AG wird die Zustimmung nach Absatz 1 erteilen, wenn der AN Maßnahmen (z.B. organisatorische, personenbezogene, qualitätssichernde IT-gestützte Maßnahmen) nachweist, die aus Sicht des AG geeignet sind, die zur Vertragserfüllung erforderliche Neutralität sicherzustellen und eine Interessenkollision auszuschließen. Im Falle der Zustimmung werden die Maßnahmen als Leistungspflicht des AN gem. § 5 Absatz 1 aufgenommen und Vertragsbestandteil.“

Nach Ziffer III.2.3 („Für die Ausführung des Auftrags verantwortliches Personal“) der Bekanntmachung besteht die: „Verpflichtung zur Angabe der Namen und beruflichen Qualifikationen der Personen, die für die Ausführung des Auftrags verantwortlich sind.“. Dies hat im Formblatt F-Team zu erfolgen, das dem Angebot als Anlage beizufügen war. Eine Festlegung einer Mindestpersonalstärke, die zur Erfüllung des Auftrags mindestens eingesetzt werden müsste, ist weder in der Bekanntmachung noch in den Vergabeunterlagen enthalten. Unter Ziffer VI.4.3 („Einlegung von Rechtsbehelfen“) der Bekanntmachung heißt es:

„Die Vergabestelle weist ausdrücklich auf die Rügeobliegenheiten der Unternehmen/Bewerber/Bieter sowie auf die Präklusionsregelungen gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 bis Nr. 4 GWB […] hinsichtlich der Behauptung von Verstößen gegen die Bestimmungen über das Vergabeverfahren hin.“

Im Anschluss wird die Bestimmung des § 160 GWB wiedergegeben. In der Leistungsbeschreibung (Bearbeitungsstand vom 30. Juli 2019) wird unter Ziffer 3.1.7 („AP 1.5 Öffentlichkeitsarbeit/Neue Medien“) ausgeführt:

„Das […] soll die Öffentlichkeitsarbeit zum Thema […] verstärken. Zu diesem Zweck sollen in enger Abstimmung mit dem AG Auftritte des […] auf Twitter und Flickr entwickelt, betrieben und ausgebaut werden. Diese Kanäle sollen ein zusätzliches Informationsportal zum […] für den Bürger bieten. Die Kanäle sollen dem […] die Möglichkeit bieten, kurzfristiger und intensiver über seine Aktivitäten zu berichten und dabei breitere Kreise der Bevölkerung anzusprechen.“

Nach Ziffer 3.4.1 der Ausschreibungsbedingungen (vgl. auch II.2.5 der Bekanntmachung) sind mehrere Zuschlagskriterien vorgesehen. Dabei entfallen auf drei qualitative Wertungskriterien 70% der Gewichtungspunkte und auf den Angebotspreis als viertes Wertungskriterium 30% der Gewichtungspunkte. Qualitative Kriterien sind im Einzelnen:

• Wertungskriterium Nr. 1: „Leistungskonzept“ mit den drei Unterkriterien

o 1.1 „Leistungskonzept Vorgehensweise zu Präsenzveranstaltungen“,

o 1.2. „Leistungskonzept Vorgehensweise zum Betriebs einer Auskunftsstelle“ und

o 1.3. „Leistungskonzept zur Öffentlichkeitsarbeit des […]“,

• Wertungskriterium Nr. 2 „Arbeitsorganisation“ mit den Unterkriterien

o 2.1. „Projektmanagement/Personaleinsetzkonzept“ und

o 2.2 „Qualitätssicherung“ sowie

• Wertungskriterium Nr.3 „Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des auftragsbetrauten Personals“ mit dem einzigen Unterkriterium Nr. 3.1 „Fort- und Weiterbildung des eingesetzten Personals“.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind nur die Unterkriterien 1.3 („Öffentlichkeitsarbeit“) sowie 2.1 („Personaleinsatzkonzept“) und 2.2 („Qualitätssicherung“).

Als Anlage zu den Vergabeunterlagen übermittelte die Ag den Bietern eine Übersicht zu den Zuschlagskriterien („Anlage Zuschlagskriterien“).

In dieser wird das Wertungskriterium 1.3 („Öffentlichkeitsarbeit“) folgendermaßen erläutert:

„Stellen Sie Ihre Konzeption der Öffentlichkeitsarbeit dar:

– Themenfindung und -besetzung, Informationsquellen, Abstimmung mit dem AG

– Kanäle (bspw. Homepage, Print, Social Media) und Einbindung existierender Kanäle des […]

– personelle und technische Möglichkeiten der Herstellung (bspw. Grafik, Programmierung)

– Seminare, Messen und Roadshow als Teil der Öffentlichkeitsarbeit

– Zielgruppen- und Kontaktpflege

– aktive Eigenwerbung zur Förderung der Außendarstellung des […] beim Thema […]“

Als weitere Bewertungsaspekte sind aufgeführt:

– Problem- und Aufgabenverständnis

– Umsetzbarkeit der Herangehensweise

– eigene konzeptionelle Ausführungen

Zur Erläuterung des Wertungskriterium 2.2 („Öffentlichkeitsarbeit“) heißt es:

„Beschreiben Sie Ihre Vorgehensweise bei der Qualitätssicherung bezogen auf den Auftragsgegenstand und die Belastbarkeit der Ergebnisse.

– Konzeption, Einführung und Betrieb standardisierter Abläufe zur Nachweisführung der Behandlung eingegangener Anfragen

– geeignete Konzeption und Einführung von Instrumenten und Maßnahmen zur Qualitätssicherung sowie deren kontinuierliche Anwendung“.

Als weitere Bewertungsaspekte werden genannt:

„- Problemverständnis

– Untersuchungstiefe der Ausführungen

– Praxistauglichkeit“

In der „Beschreibung der Einzelheiten zur Durchführung des Vergabeverfahrens für die Angebotsabgabe (AA)“ (Bewerbungsbedingungen-AA) wird zum Bewertungsmaßstab der Punktewertung bei den qualitätsbezogenen Kriterien unter Ziffer 3.4.1 ausgeführt:

„Die Angaben im Angebot entsprechen aus Sicht des Auftraggebers

– in besonderer Weise den Anforderungen und lassen hinsichtlich der für das jeweilige Kriterium aufgeführten Bewertungsaspekte auf eine sehr gute Qualität/ein sehr hohes Niveau der Auftragsausführung schließen = 4 Bewertungspunkte

– vollumfänglich den Anforderungen und lassen hinsichtlich der für das jeweilige Kriterium aufgeführten Bewertungsaspekte auf eine gute Qualität/ein hohes Niveau der Auftragsausführung schließen = 3 Bewertungspunkte“

Die ASt und die Bg beteiligten sich zunächst am Teilnahmewettbewerb und reichten als Anlage jeweils das Formblatt F.3.3 „Erklärung zu Interessenskonflikten“ ein. In diesem kreuzten beide die Option unter Ziffer 2 lit b.) (Erklärung, dass derzeit oder absehbar Beratungsdienstleistungen gegenüber Dritten angeboten werden) an und legten dar, wie ein grundsätzlich mögliche Interessenskollision im Einzelfall ausgeschlossen würde. Im Rahmen der Eignungsprüfung anhand der Teilnahmeanträge stellte die Ag im Vermerk vom 7. März 2019 (u.a.) unter Ziffer 3.1 fest, dass alle Bieter geeignete Referenzen angegeben hatten und dass alle Bieter im Verhandlungsverfahren berücksichtigt werden sollen. Unter Ziffer 3.3 heißt es:

„Alle Bewerber haben das Formblatt F3.3 abgegeben. Alle Bewerber haben erklärt, dass sie im Vertragszeitraum gegenüber Dritten im Zusammenhang mit den in der Leistungsbeschreibung aufgeführten Leistungen Beratungsleistungen erbringen. Hieraus können gegebenenfalls Interessenkonflikte beim künftigen Auftragnehmer des […] entstehen.

Das […] berät zu den Möglichkeiten der Förderung und zu der Antragstellung. Der Projektträger des Bundesförderprogrammes entscheidet über die Bewilligung dieser Fördermittel.

Zum Zeitpunkt dieses Vergabeverfahrens ist der Bieter [die ASt] parallel mit den o.g. Leistungen im Bereich […] beauftragt.

Die Prüfung der vorliegenden Angebotsunterlagen hat ergeben, dass eine hohe Sensibilität bei allen Bietern zur Vermeidung von Interessenkonflikten vorliegt. Es werden durchweg als geeignet angesehene Maßnahmen zur Vermeidung von potentiellen Interessenkonflikten getroffen, vorrangig durch die Trennung von Geschäftsfeldern im Unternehmen und durch die Einrichtung getrennter Teams. Aus Sicht des Auftraggebers sind die dargestellten Maßnahmen der Bieter zur Vermeidung von Interessenkonflikten ausreichend.“

Am 20. Mai 2019 fand ein Verhandlungstermin zwischen Vertretern der ASt und der Ag statt, an dem auch die stellvertretende Leiterin der Rechtsabteilung der ASt teilnahm. Im Laufe des Gespräches – wie in den übrigen Verhandlungsgesprächen auch – wurde seitens der Ag die Frage gestellt, „ob die Zuschlagskriterien transparent und verständlich formuliert wurden“ (Ergebnisprotokoll der Verhandlungsgespräche vom 5. Juli 2019, Seite 1 unter Nummer 2, vierter Pfeil). Unter Nummer 5 „Ausblick“ wurde vermerkt:

„Bieter sollen ggf. bis Mittwoch, 29.05.2019, 10:00 auf Konkretisierungswünsche in der LB hinweisen.“

In der Folge gaben ASt und Bg jeweils fristgerecht zum Schlusstermin am 31. Juli 2019 ein endgültiges Angebot ab. Die Bg erhöhte im Rahmen des finalen Angebots den zur Auftragsausführung vorgesehenen Personaleinsatz auf ein im Wesentlichen mit dem Angebot der ASt vergleichbares Niveau. Im Vermerk über die Angebotswertung vom 28. Oktober 2019 wurde das Angebot der ASt in den Wertungskriterien 1.3 („Öffentlichkeitsarbeit“) und 2.2 („Qualitätssicherung“) mit drei von vier Punkten bewertet. Zur Begründung der Bewertung unter Ziffer 1.3 wird ausgeführt, dass das Konzept der ASt vollumfänglich, aber nicht in besonderem Maße den Anforderungen gerecht werde, weil es hinter das beste Konzept im Wettbewerb zurückfalle. So fehlten strategische Ansätze und Instrumentarien zur Überprüfung und Aktualisierung des derzeitigen Angebots im Social-Media-Bereich. Weiter heißt es: „Auch im Hinblick auf den Umfang der Social-Media-Kanäle zeigen sich die Konkurrenzangebote überlegen. Das Konzept der [ASt] sieht die Social-Media-Aktivitäten auf [bestimmte Kanäle] beschränkt und sieht „bei Bedarf“ die Einrichtung eines [weiteren Kanals] vor. Die Nutzung von [bestimmten Kanälen] als weiterer Kanäle wird im Konzept nicht vorgesehen.“ Zusätzlich werden die konzeptionellen Vorzüge des besser bewerteten Angebots konkretisiert. Diese Ausführungen wurden aber der ASt zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen anderer Bieter nicht offen gelegt.

Zur Begründung des Wertungskriteriums 2.2 („Qualitätssicherung“) wird erläutert, dass „Problemverständnis als auch die Untersuchungstiefe der Ausführungen im Konzept“ in vollem Umfang den Anforderungen entsprechen. „Lediglich im Kontext der „Praxistauglichkeit“ hätte ein konkreterer Ansatz erfolgen können: So hätte z.B. eine Beschreibung von Konzepten zur projektspezifischen Qualitätssicherungsmaßnahmen die Bewertungseinschätzung noch verbessert. Ein solcher Ansatz zu einer kontinuierlichen Leistungserbringung auf höchstem Niveau würde z.B. beinhalten, dass das Projekt stärker am Interesse des Auftraggebers ausgerichtet wäre. Ein projekt-spezifischer Qualitätssicherungsansatz deckt den gesamten Lebenszyklus eines Projektes ab. Dieser ist weniger schematisch und bleibt dabei in einem höheren Maße flexibel.“ Dazu wird ausgeführt, dass eine Darstellung fehle, wie die Instrumente der Qualitätssicherung in die Prozesse integriert werden. Dies sei in Konzepten eines anderen Bieters besser gelungen. Das Angebot der ASt sei „weit weniger konkret“ und lasse „eine Ablaufstruktur nicht erkennen“. Das Konzept der ASt sei auch weniger dynamisch und praxistauglicher als das eines anderen Bieters, was die Nachweisführung eingegangener Anfragen angehe. Die Unterschiede zum besser bewerteten Angebot werden zusätzlich auch konkret benannt, aus Gründen des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen aber der ASt gegenüber nicht offen gelegt.

Mit Schreiben vom 1. November 2019 teilte die Ag der ASt gem. § 134 GWB mit, dass auf deren Angebot der Zuschlag nicht erteilt werden könne. Beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen (Bg) zu erteilen. Mit zwei Schreiben, jeweils vom 7. November 2019, rügte der Verfahrensbevollmächtigte der ASt den unterlassenen Ausschluss der Bg wegen Bestehens eines Interessenskonflikts gem. § 46 Abs. 2 VgV und wegen Nichterfüllung der Mindestanforderung im Zuschlagskriterium 2.2 mangels erforderlicher Personalstärke für die Erbringung der verfahrensgegenständlichen Leistung, zudem die Verletzung der § 127 Abs. 1, § 97 Abs. 6 GWB, § 58 Abs. 1 und 3 VgV aufgrund fehlerhafter Addition der Bewertungspunkte um 0,06 Punkte zum Nachteil der ASt, sowie Fehler bei der Wertung der Angebote der ASt – hinsichtlich der Zuschlagskriterien 1.3 („Öffentlichkeitsarbeit“) und 2.2 („Qualitätssicherung“) – sowie eine fehlerhafte Wertung des Angebots der Bg hinsichtlich des Zuschlagskriteriums 2.1 („Personaleinsatzkonzept“) und schließlich eine Verletzung des § 127 Abs. 4 Satz 1 und 2 GWB wegen grundlegend fehlerhafter Festlegung der Zuschlagskriterien. Mit Schreiben vom 19. November 2019 wies die Ag die Rügen der ASt zurück. Hierbei führte sie (u.a.) zur Begründung der Wertung des Angebots der ASt hinsichtlich des Zuschlagskriteriums („Qualitätssicherung“) aus:

„Dabei bezieht sich nach allgemeinem Verständnis die Qualitätssicherung als Teil des Qualitätsmanagements auf sämtliche organisatorische Maßnahmen, die der Verbesserung der Prozessqualität, der Arbeitsqualität, und damit der Produkt- und Dienstleistungsqualität dienen. Somit erschließt sich jedem fachkundigen Bieter, worauf es dem Auftraggeber bei der Bewertung dieses Zuschlagskriteriums ankommt. Es wurden spezifisch auftragsbezogene Ausführungen dazu erwartet, wie der potentielle Auftragnehmer eine gleichbleibend hohe Qualität während des gesamten Zyklus der Leistungserbringung sicherstellt.“ (Seite 6 des Schreibens vom 19. November 2019).

Weiter heißt es auf Seite 7:

„Wenn in der Bietermitteilung vom 01.11.2019 zur Erläuterung des Wertungsergebnisses insofern etwas verkürzt ausgeführt wurde, dass zwar „eine proaktive Qualitätssicherung“ beschrieben werde, die aber „aus Sicht des Auftraggebers zu wenige dynamische Impulse“ habe und darüber hinaus „die beschriebenen Systeme zu stark bürokratisiert in einem sich dynamisch entwickelnden Umfeld“ wirkten, so ist dies wie folgt zu ergänzen und erläutern. Zugegebenermaßen konnte hierdurch der Eindruck entstehen, es habe eine „Abwertung‘ des Angebots aufgrund „zu bürokratisierter Prozesse“ stattgefunden. Richtig ist, dass das Angebot im Wettbewerbsumfeld in diesem Kriterium nicht die höchste zu erreichende Bewertungspunktzahl erreicht hat da das Angebot eines Mitbewerbers sehr detailliert und überzeugend einen konkret projektspezifischen Qualitätssicherungsansatz aufzeigt, der neben qualitätssichernden auch qualitätsverbessernde Maßnahmen beinhaltet. Es wird ein agilerer, mithin „weniger bürokratisierter“. und „weniger schematischer“ qualitätsorientierter Ansatz vorgestellt, der insofern „mehr dynamische Impulse“ aufweist, da er kontinuierlich Risiken, Schwächen, Chancen und Stärken erfasst und analysiert und diese auf etablierte Routinen und Best-Practices transformiert. Daher erfüllt ein Konzept, das einen solchen Ansatz detailliert, auftragsbezogen und überzeugend darstellt gemäß der aufgestellten Bewertungsaspekte schlussendlich noch etwas besser die Anforderungen – nämlich „in besonderem Maße“ – und war mithin mit 4 Punkten zu bewerten.“.

Zur Ermittlung der Wertungspunkte und deren Rundung führte die Ag aus, dass dies mittels der bekannt gegebenen „Methode der linearen Interpolation“ erfolgt sei und die von der ASt beanstandete Differenz sich aus einer „Rundungsunschärfe in MS Excel“ ergebe (Ebenda, Seite 10).

2. Mit Schreiben vom 26. November 2019 beantragte die ASt bei der Vergabekammer des Bundes die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag am selben Tag an die Ag übermittelt.

a) Mit ihrem Nachprüfungsantrag macht die ASt geltend, dass das Angebot der Bg auszuschließen sei, weil eine Interessenkollision aufgrund anderweitiger Tätigkeiten der Bg gegenüber Dritten vorliege und die Bg keine zur Leistungserbringung genügende Personalstärke angeboten habe. Überdies seien das Angebot der ASt (hinsichtlich der Zuschlagskriterien 1.3 „Öffentlichkeitsarbeit“ und 2.2 „Qualitätssicherung“) sowie das Angebot der Bg (hinsichtlich des Zuschlagskriteriums 2.1 „Personaleinsatzkonzept“) fehlerhaft gewertet worden und es sei eine unzulässige Abrundung der Gesamtpunktzahl vorgenommen worden. Weiterhin sei durch die intransparente Festlegung der Zuschlagskriterien 1.3 und 2.2 gegen § 127 Abs. 1 GWB i.V.m. § 58 Abs. 1 und 3 VGV, § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB verstoßen worden. Im Einzelnen trägt die ASt vor:

• Die Bg sei gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 8 Alt. 3 GWB i.V.m. § 46 Abs. 2 VgV auszuschließen, weil aufgrund anderweitiger umfassender Dienstleistungs- und Beratungstätigkeit der Bg gegenüber Dritten die Mindestanforderungen an die Neutralitätswahrung nach dem Eignungskriterium 3.3 nicht gewahrt seien. Dies ergebe sich aus den Tätigkeiten der Bg als empfohlenes Unternehmen des […], des Betriebs des […], des Außenauftritts der Bg auf ihrer Webseite bzw. der Eigendarstellung unter Angabe einer Vielzahl von Referenzen, die zum Teil bespielhaft vorgestellt werden sowie einer Stellenanzeige, nach der die Bg im Bereich […] tätig sei. Hieraus ergebe sich eine unauflösbare Interessenskollision, weil nach den Vorgaben im Formblatt F.3.3 die Bg nicht gleichzeitig für die Ag und verschiedene […] tätig werden könne, ohne dass sich daraus ein Interessensgegensatz ergebe. Dies werde auch durch § 14 Abs. 1 Satz 1 des Rahmenvertrags für die ausgeschriebene Leistung bestätigt. Bei der Bg sei es nicht gewährleistet, dass eine Interessenskollision durch geeignete organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen werde, weil es dafür am erforderlichen Personal auf Seiten der Bg mangele, um die unterschiedlichen Projekte ohne Überschneidungen mit jeweils eigenem Personal auszustatten. Die Prüfung des Nichtvorliegens einer Interessenskollision durch die Ag sei überdies entgegen § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 VgV nicht dokumentiert. Der Vermerk vom 7. März 2019 enthalte nur eine pauschale und ungenügende Aussage für alle vier Teilnahmeanträge. Der ASt könne auch nicht entgegen gehalten werden, dass sie sich im Jahr 2018 selbst um den Auftrag zum Betrieb des […] beworben habe, denn die ASt hätte im Zuschlagsfall den Betrieb des […] des Bundes nicht fortgesetzt. Zu einem Interessensgegensatz zwischen Bund und Ländern könne es konkret in Situationen mit „kritischer Medienöffentlichkeit“ kommen. Dies ergebe sich aus einem Protokollauszug der Arbeitsgruppe „Standardisierung“ des […] des Bundes vom 23. März 2016.

• Nach Berechnungen der ASt ergebe sich aus den Angaben der Ag in der Leistungsbeschreibung zu den einzelnen Arbeitspaketen eine

Mindestpersonalstärke von 13, 3 Vollzeitäquivalenten (VZÄ), die von der Bg nicht aufgeboten werden könnte, so dass bestritten werde, dass die Bg im Formblatt FTeam im Auftragsfall ausreichend Personal für die Leistungserbringung zur Verfügung stehen wird. Selbst wenn die Ag keine ausdrückliche Mindestanforderung an die Personalstärke aufgestellt habe, so begründe es doch einen Verstoß gegen § 122 Abs. 1 GWB, wenn das Angebot der Bg nicht auf eine hinreichende Personalstärke von der Ag geprüft wurde. Eine solche Prüfung sei entgegen § 8 Abs. 1 VgV durch die Ag auch nicht in der Vergabeakte dokumentiert worden. Jedenfalls dürfe das Personal der Bg, das aufgrund vertraglicher Verpflichtung gegenüber der ASt für das weitere Projekt „[…]“ eingesetzt sei, nicht für das verfahrensgegenständliche Projekt angeboten werden.

• Selbst wenn davon ausgegangen werden müsse, dass die Bg hinsichtlich der Personalstärke die Mindestanforderungen an die Eignung erfüllt habe, dürfte die Bg jedenfalls im Rahmen der Angebotswertung unter dem Zuschlagskriterium 2.1 („Personaleinsatzkonzept“) nicht besser als mit zwei Punkten bewertet werden. Bei einer besseren Bewertung des Angebots der Bg läge eine fehlerhafte Angebotswertung vor.

• Auch die Bewertung des Angebots der Ag sei fehlerhaft. Die Ausführungen zur Begründung der Bewertung hinsichtlich der Zuschlagskriterien 1.3 („Öffentlichkeitsarbeit“) und 2.2 („Qualitätssicherung“) blieben unklar und seien nicht nachvollziehbar. Hinsichtlich des Zuschlagskriteriums 2.2 gelte dies insbesondere, weil die Qualitätssicherungsmaßnahmen der ASt sachwidrig als zu bürokratisch gewertet würden, weil dies durch zertifizierte Qualitätssicherungsmaßnahmen so vorgesehen sei, um eine gleichförmige und verlässliche Anwendung zu gewährleisten. Fehlerhaft sei die Bewertung zudem, weil zur Begründung der Wertungsdifferenz im relativen Angebotsvergleich zur Bg darauf abgestellt werde, dass deren Angebot „neben qualitätssichernden auch qualitätsverbessernde Maßnahmen“ beinhalte. Mit der Qualitätsverbesserung werde rechtsfehlerhaft ein weiteres Zuschlagskriterium entwickelt, das in den Vorgaben zum Zuschlagskriterium 2.2 („Qualitätssicherung“) nicht angelegt sei und den Anforderungen der DIN EN ISO 9000:2015 3.3.6 widerspreche. In der DIN werde vielmehr zwischen Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung klar getrennt. Die ASt sei nach dieser Norm zertifiziert und betreibe nach diesem Standardablauf seit mehreren Jahren Qualitätssicherung im Rahmen des Bestandsauftrags für die Ag.

• Die Abrundung der Gesamtpunktzahl sei unzulässig. Die von der Ag angeführte Erklärung, dass es sich lediglich um eine Rundungsunschärfe der verwendeten Software (MS Excel) handele sei nicht nachvollziehbar. Der ASt könne diesbezüglich nicht die Antragsbefugnis abgesprochen werden, weil diese nicht nachvollziehen könne, ob dies tatsächlich keine Auswirkung auf die Wertungsreihenfolge habe.

• Durch intransparente Festlegung der Zuschlagskriterien 1.3 („Öffentlichkeitsarbeit“) und 2.2 („Qualitätssicherung“) habe die Ag gegen § 127 Abs. 1 GWB i.V.m. § 58 Abs. 1 und 3 VGV, § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB verstoßen. Überdies fehle eine den vergaberechtlichen Anforderungen genügende funktionale Leistungsbeschreibung. Weder aus der vorgegebenen Leistungsbeschreibung noch aus den Vorgaben in der Anlage Zuschlagskriterien sei für einen fachkundigen Bieter erkennbar, was die Ag fordere. Dazu fehle es an spezifischen Vorgaben und die Formulierung von Erwartungshaltungen, so dass die Anforderungen konturenlos seien. Mit dieser Rüge sei die ASt auch nicht präkludiert. Der Verstoß sei erst vom Verfahrensbevollmächtigten der ASt erkannt und dann umgehend gerügt worden. Daher sei es verständlich, dass die Vertreter der ASt, die am Verhandlungsgespräch am 20. Mai 2019 teilnahmen, keinen weiteren Erörterungsbedarf gehabt hätten. Die mit der Angebotserstellung befassten Mitarbeiter der ASt seien weder Volljuristen noch vergaberechtlich geschult gewesen.

• Aufgrund gewährter Akteneinsicht machte die ASt geltend, dass eine fehlerhafte Angabe zur Verlängerung der Bindefrist unter Abschnitt B 2. a) im Anhang zum Vergabevermerk „Angebotswertung/Zuschlag“ (dort Seite 3) dokumentiert wurde. Dort wurde bis zum 30. Dezember und nicht wie tatsächlich erbeten zum 2. Dezember 2019 eingetragen. Dies begründe Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Dokumentation in der Vergabeakte gemäß § 8 Abs. 1 VgV.

Die ASt beantragt:

1. die Ag zu verpflichten, den Zuschlag auf das endgültige Angebot der ASt vom 30. Juli 2019 zu erteilen,

2. hilfsweise, der Ag eine Zuschlagsentscheidung im streitgegenständlichen Vergabeverfahren zu untersagen und die endgültigen Angebote der ASt und der Bg unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu zu werten,

3. weiter hilfsweise, der Ag eine Zuschlagsentscheidung im streitgegenständlichen Verfahren zu untersagen und sie zu verpflichten, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht das Vergabeverfahren in den Stand vor Versendung der Vergabeunterlagen zurückzuversetzen, diese unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu überarbeiten und allen verfahrensbeteiligten Bietern auf der Grundlage der überarbeiteten Vergabeunterlagen erneut Gelegenheit zur Angebotsabgabe zu geben,

4. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der ASt für notwendig zu erklären,

5. der Ag die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der ASt aufzuerlegen und

6. der ASt unverzüglich Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren.

b) Die Ag beantragt:

1. den Nachprüfungsantrag der ASt zurückzuweisen,

2. der ASt die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Ag aufzuerlegen,

3. festzustellen, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Ag notwendig war. Die Ag macht geltend, dass der Nachprüfungsantrag teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet sei:

• Bezüglich der geltend gemachten Unzulässigkeit der Abrundung der Gesamtpunktzahl fehle es bereits an der Antragsbefugnis, da sich an der festgestellten Wertungsreihenfolge nichts ändern würde, selbst wenn das Vorbringen zutreffend wäre.

• Die ASt sei mit ihrer Rüge der mangelnden Transparenz der Zuschlagskriterien und der Leistungsbeschreibung gemäß § 160 Abs. 3 GWB präkludiert, weil diese erst nach Erhalt der Vorinformation über die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Bg die Rüge erhoben habe, obwohl ein etwaiger Verstoß für einen durchschnittlichen Bieter tatsächlich wie rechtlich erkennbar gewesen sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Vergabeverfahren sämtliche Teilnehmer für ihre jeweiligen Projektteams Vergaberechtsexperten benannt hätten, was auch zur Erbringung der Leistung erforderlich gewesen sei, weil Zuwendungen zum […] nach den Allgemeinen Nebenbestimmungen (AN-Best-Gk) zur Beachtung vergaberechtlicher Vorschriften verpflichten. Dies gelte insbesondere auch für die ASt, die im Rahmen ihres Teilnahmeantrags acht Volljuristinnen als Fachkräfte im Sinne der Eignungsanforderungen benannt habe – darunter die stellvertretende Leiterin der Rechtabteilung, die über vergaberechtliche Erfahrung verfüge. Diese habe auch am Verhandlungstermin am 20. Mai 2019 teilgenommen, in dem die ASt keinen Erörterungsbedarf hinsichtlich der Transparenz der Zuschlagskriterien bekundet habe. Hinzu komme, dass sich der vermeintliche Verstoß durch einfache Lektüre der Norm erschlossen hätte, so dass es keiner besonderen vergaberechtlichen Expertise zur Erkenntnis eines Vergaberechtsverstoßes bedurft hätte.

• Die Voraussetzungen für einen Ausschluss nach § 46 Abs. 2 VgV lägen nicht vor. Vielmehr habe die Ag beurteilungsfehlerfrei zu der Einschätzung kommen dürfen, dass bereits kein Interessenskonflikt vorliege. Tatsächlich bestehe kein Interessenskonflikt zwischen den […]. Vielmehr werde in der Leistungsbeschreibung (Ziffer 3.1.1, 3.1.4, 3.1.6) eine Vernetzung aller relevanten Akteure einschließlich der Bundesländer gefordert. Aus der internen Begründung des Eignungskriteriums Nr. 3.3 ergebe sich zudem, dass es der Ag im Wesentlichen um Interessenskonflikte der ASt als Bestandsauftragnehmerin sowohl des streitgegenständlichen Auftrags als auch als Projektträgerin des Bundesförderprogramms gehe. Aus dem von der ASt eingeführten Protokollauszug der Arbeitsgruppe „Standardisierung“ des […] vom 23. März 2016 ergebe sich nichts anderes, weil es bloß um die Teilnahme an Arbeitssitzungen gegangen sei und im Übrigen dem streitgegenständlichen Vertrag eine andere vertragliche Regelung als der Vorgängerregelung zugrunde liege. Im Übrigen hätte die Bg selbst bei grundsätzlicher Bejahung eines Interessenskonflikts ausreichende Abhilfemaßnahmen in ihrem Formblatt F 3.3 angegeben. Soweit die ASt vortrage, dass sie im Falle der Bezuschlagung für das […] den Bestandsauftrag der ASt mit der Ag nicht fortgeführt hätte, sei dies nicht glaubhaft, weil eine derartige Kündigungsmöglichkeit für die ASt dort nicht vorgesehen sei. Bei der Bezugnahme auf § 14 Abs. 1 des Rahmenvertrags interpretiere die ASt den Vertrag fehlerhaft, wie sich aus der Gesamtschau mit Absatz 2 der Regelung ergebe.

• Ein Ausschluss der Bg komme auch nicht wegen fehlender Personalstärke in Betracht, da die Bg ihren Personalansatz im finalen Angebot gegenüber dem Teilnahmeantrag erweitert habe, so dass keine Zweifel an der Eignung der Bg bestünden. Das angegebene Personal sei ausreichend und es gebe auch keine vorgegebene Mindestpersonalstärke in den Vergabeunterlagen, die die Bg unterschritten haben könnte. Dem stehe nicht entgegen, dass die Ag in der Leistungsbeschreibung Kalkulationshilfen zur Bemessung der Personalstärke gegeben habe.

• Die Leistungsbeschreibung sei im Sinne des § 121 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 GWB und § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VgV nach den Grundsätzen der funktionalen Leistungsbeschreibung hinsichtlich der geforderten Öffentlichkeitsarbeit hinreichend bestimmt.

• Die Zuschlagskriterien 1.3. („Öffentlichkeitsarbeit’“) und 2.2 („Qualitätssicherung“) seien im Sinne des § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB hinreichend bestimmt.

• Auch die aufgrund der Zuschlagskriterien durchgeführte Wertung des Angebots der ASt sei nicht zu beanstanden. Die Ag habe ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Dies gelte auch für die Wertung des Angebots der Bg unter dem Zuschlagskriterium 2.1 („Projektmanagement/Personaleinsatz“).

• Die ASt könne auch keinen Dokumentationsverstoß geltend machen. Die Anforderungen hinsichtlich der erforderlichen Dokumentation seien vorliegend erfüllt worden.

c) Mit Beschluss vom 27. November 2019 wurde die Bg zum Verfahren hinzugezogen.

Sie beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag der ASt vom 26. November 2019 zurückzuweisen und

2. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Bg gemäß § 182 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären.

Die Bg trägt vor:

• Unzulässig sei die Rüge intransparenter Zuschlagskriterien, weil diese bereits als verspätet präkludiert sei. Die vermeintlich mangelnde Personalstärke im Angebot der Bg werde unzulässiger Weise „ins Blaue“ hinein gerügt.

• Im Übrigen sei der Nachprüfungsantrag unbegründet. Es liege keine Interessenskollision im Sinne des § 46 Abs. 2 VgV vor. Die ASt gehe bezüglich der geltend gemachten Konfliktfälle von einem unzutreffenden Sachverhalt aus, was im Einzelnen ausgeführt wird. Überdies sei eine Interessenskollision im Einzelfall durch entsprechende Sicherungsmaßnahmen ausgeschlossen. Beurteilungs- oder Ermessensfehler der Ag seien nicht ersichtlich.

• Ein Ausschluss der Bg wegen fehlender Personalstärke komme nicht in Betracht. Die Bg habe die zur Ausführung des Auftrags erforderliche Personalstärke angeboten.

• Die Wertung des Angebots der Bg im Kriterium 2.1. „Projektmanagement/Personaleinsatzkonzept“ sei vergaberechtskonform. Durch die Beteiligung der Bg als Subauftragnehmerin der ASt am weiteren Projekt „[…]“ der Ag ergebe sich keine Beeinträchtigung des streitgegenständlichen Angebots aufgrund paralleler Tätigkeit einiger weniger Teammitglieder.

3. Die Vergabekammer hat der ASt am 6. Dezember 2019 Einsicht in die Vergabeakten gewährt, soweit keine geheimhaltungsbedürftigen Aktenbestandteile betroffen waren. Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2019 hat die ASt weitergehende Akteneinsicht beantragt und einen Mangel an Transparenz hinsichtlich des Inhalts der Vergabeakte beanstandet. Mit Schreiben vom 27. Dezember 2019 hat die Vergabekammer der ASt vorab mitgeteilt, dass wegen § 165 Abs. 2 GWB kein weitergehender Anspruch auf Akteneinsicht insbesondere hinsichtlich des Angebots der Bg und dessen Wertung durch die Ag bestünde; weitere Unterlagen zur Verbesserung der Transparenz des Akteninhalts wurden durch die Vergabekammer übermittelt. In der mündlichen Verhandlung am 6. Januar 2019 hatten die Beteiligten Gelegenheit, ihre Standpunkte darzulegen und mit der Vergabekammer umfassend zu erörtern. Mit Verfügung der Vorsitzenden vom 20. Dezember 2019 wurde die Entscheidungsfrist bis zum 24. Januar 2019 verlängert. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist nur teilweise zulässig und im Übrigen unbegründet.

1. Die grundlegenden Sachentscheidungsvoraussetzungen sind gegeben. Allerdings hat die ASt ihrer Rügeobliegenheit nach § 160 Abs. 3 GWB nicht vollumfänglich entsprochen, so dass der Nachprüfungsantrag insoweit unzulässig ist.

a) Der Antrag ist statthaft. Insbesondere ist die Ag öffentliche Auftraggeberin im Sinne von § 99 Nr. 1 Alt. 1 GWB und wird der für Dienstleistungsaufträge zentraler Regierungsbehörden i.S.d. § 106 Abs. 1 und 2 Nr. 1 und Abs. 3 i.V.m. 103 Abs. 4 GWB einschlägige Schwellenwert (Art. 1 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie 2017/2365/EU i.V.m. Art. 4 lit b) der Richtlinie 2014/24/EU) nach der Auftragswertschätzung der Ag (Vergabevermerk „Vergabevorbereitung/Bedarfsträger (Phase 1a)“ vom 4. September 2018, Ziffer 4) und ausweislich der eingereichten Angebote bei weitem überschritten.

b) Die ASt ist gem. § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie eine Verletzung in eigenen Rechten infolge der Wertungsentscheidungen der Ag geltend macht. Das Auftragsinteresse der ASt ist durch die Abgabe eines Angebots hinreichend belegt. Mit ihrer vorprozessualen Rüge und ihrem Nachprüfungsantrag macht die ASt nachvollziehbar geltend, dass sie durch die Ausschlussentscheidung der Ag in ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 6 GWB verletzt sein kann und hierdurch unmittelbar eine Schädigung der ASt drohen könne (vgl. nur OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Dezember 2013 – Verg 22/13 m.w.N.). Hinsichtlich der Rüge der unzulässigen Abrundung der Gesamtpunktzahl kann der ASt nicht die Antragsbefugnis gemäß § 160 Abs. 2 GWB mangels Auswirkung auf die Wertungsreihenfolge abgesprochen werden. Das Fehlen einer Rechtsverletzung ist Gegenstand der Begründetheitsprüfung. Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung reicht es grundsätzlich aus, dass nach der Darstellung des antragstellenden Unternehmens eine Verletzung eigener Rechte möglich erscheint. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes kann die Antragsbefugnis nämlich nur einem Unternehmen fehlen, bei dem offensichtlich eine Rechtsbeeinträchtigung nicht vorliegt (BGH, Beschluss vom 26. September 2006 – X ZB 14/06). Im vorliegenden Fall kann eine Beeinträchtigung der ASt – auch im Zusammenwirken mit den übrigen von der ASt geltend gemachten Wertungsfehlern, die unter Umständen eine Auswirkung auf die Wertungsreihenfolge haben könnten – nicht ohne umfassende Prüfung aller Rügen ausgeschlossen werden, so dass eine Verletzung in eigenen Rechten der ASt i.S.d. § 160 Abs. 2 GWB nicht offensichtlich zu verneinen ist. Der ASt fehlt es allerdings an der Antragsbefugnis, soweit sie mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2019 einen Dokumentationsmangel entgegen § 8 Abs. 1 GWB geltend macht, der darin bestehen soll, dass die Ag eine Bindefristverlängerung bis zum 30. Dezember 2019 dokumentiert habe, obwohl sie lediglich eine Verlängerung bis zum 2. Dezember 2019 von der ASt abgefordert habe. Es ist nicht ersichtlich, wie die ASt hierdurch in eigenen Rechten verletzt sein könnte, selbst wenn man einen Dokumentationsfehler unterstellen würde. Denn dieser bleibt ohne Auswirkung, weil die ASt weiterhin ausweislich ihrer im Verfahren gestellten Anträge – auch über den 30. Dezember 2019 hinaus – an ihrem Angebot festhält. Im Falle der tatsächlichen Nichtverlängerung der Bindefrist durch die ASt würde diese unmittelbar ihren Status als Bieter und damit auch die Antragsbefugnis im vorliegenden Nachprüfungsverfahren gänzlich verlieren. Daher ist eine Rechtsverletzung der ASt aufgrund eines etwaigen Dokumentationsfehlers in jedem Fall ausgeschlossen.

c) Die ASt hat ihrer Rügeobliegenheit nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB nur teilweise genügt. Hinsichtlich der mit Schreiben vom 7. November 2019 erstmals gerügten intransparenten Festlegung der Zuschlagskriterien 1.3 und 2.2 sowie unzureichenden Konkretisierung der Leistungsbeschreibung erfolgte die Rüge entgegen der Obliegenheit aus § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB verspätet, sodass diese bereits präkludiert ist. Auf die Rügeobliegenheit hatte die Ag im Rahmen der Bekanntmachung unter Ziffer VI.4.3 ausdrücklich Bezug genommen, obwohl sie hierzu nicht verpflichtet gewesen wäre (so OLG München, Beschluss vom 19. September 2018 – Verg 6/18). Der Rügetatbestand des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB setzt die Erkennbarkeit eines Vergaberechtsverstoßes aus den Vergabeunterlagen voraus. Erkennbarkeit ist an einem objektiven Maßstab zu messen. Dabei ist auf ein durchschnittlich fachkundiges Bieterunternehmen abzustellen, das beim Verständnis der Vergabeunterlagen die verkehrsübliche Sorgfalt aufwendet. Erkennbarkeit muss sich darüber hinaus sowohl auf die den Rechtsverstoß begründenden Tatsachenvorgänge als auch auf deren rechtliche Bewertung, und zwar im Sinn eines Vergaberechtsverstoßes, beziehen. Um einen Rechtsverstoß erkennbar werden zu lassen, muss das betroffene Bieterunternehmen keinen rechtlichen Rat einholen. Der Rechtsverstoß muss sich dem durch die Ausschreibung angesprochenen Bieterkreis aufgrund des bei ihm allgemein vorauszusetzenden rechtlichen Wissens erschließen können (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. Dezember 2017 – Verg 8/17, Beschluss vom 8. März 2017 – Verg 39/16). Eine Rügepräklusion kommt daher nur bei auf allgemeiner Überzeugung der Vergabepraxis beruhenden und ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht. Der Verstoß muss so offensichtlich sein, dass er einem verständigen Bieter bei der Vorbereitung seines Angebots bzw. seiner Bewerbung auffallen muss. Dies ist bei rechtlich komplexen und durch die Rechtsprechung noch nicht vollständig geklärten Fragestellungen zu verneinen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Januar 2014 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall macht die ASt Unzulänglichkeiten der Zuschlagskriterien 1.3 und 2.2 und der Leistungsbeschreibung geltend, die einem verständigen Bieter sowohl bei der Kalkulation seines Angebots als auch bei der Erstellung der Leistungskonzepte zur Öffentlichkeitsarbeit und Qualitätssicherung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht hätten auffallen müssen, weil dieser gezwungen war, sich mit den Vorgaben konkret auseinanderzusetzen. In tatsächlicher Hinsicht hätte es dem verständigen Bieter im Laufe dieser Auseinandersetzung auffallen müssen, wenn – wie geltend gemacht – die Zuschlagskriterien und die Leistungsbeschreibung derart unkonkret ausgestaltet waren, dass die Erstellung des geforderten Leistungskonzepts stark erschwert bis unmöglich war, weil unklar geblieben wäre, welche Leistung der Auftraggeber begehrt. Dafür, dass eine solche unkonkrete Ausschreibung vergaberechtswidrig sein könnte, bedurfte es auch in rechtlicher Hinsicht keiner komplexen Wertung, um vermeintliche Defizite der Zuschlagskriterien und der Leistungsbeschreibung auch im Rechtssinne als fehlerhaft identifizieren zu können. Die Anforderungen ergeben sich aufgrund § 121 Abs. 1 GWB und 127 Abs. 4 GWB unmittelbar aus dem Gesetz. Hinzu kommt, dass beim vorliegend angesprochenen Bieterkreis eine hinreichende vergaberechtliche Erfahrung vorauszusetzen war, denn alle Bieter haben aufgrund entsprechender Anforderungen in der Leistungsbeschreibung ausweislich der im Formblatt F-Team benannten Projektteams Mitarbeiter mit vergaberechtlicher Expertise benannt. Dies war auch erforderlich, weil die ausgeschriebene Informations- und Beratungstätigkeit auch die Information über Zuwendungen im […] beinhaltete, bei denen aufgrund der Allgemeinen Nebenbestimmungen (AN-Best-Gk) eine Verpflichtung zur Beachtung vergaberechtlicher Vorschriften besteht (vgl. zu einem ähnlichen Fall, in welchem Rechtsanwaltskanzleien mit vergaberechtlicher Expertise als Adressaten des Vergabeverfahrens den objektiven Empfängerhorizont prägten: 2. Vergabekammer des Bundes, Beschluss vom 13. Dezember 2013 – VK 2-125/16).

Weiterhin hat die Ag ausweislich des Ergebnisprotokolls über die mit allen Teilnehmern geführten Verhandlungsgespräche vom 5. Juli 2019 ausdrücklich danach gefragt, „ob die Zuschlagskriterien transparent und verständlich formuliert wurden“ und um „Konkretisierungswünsche“ bezüglich der Leistungsbeschreibung bis 29. Mai 2019 gebeten. Von keinem Bieter wurden grundsätzliche Einwendungen gegen die Verständlichkeit und Transparenz der Zuschlagskriterien erhoben oder Konkretisierungsbedarf angemeldet. Dies gilt insbesondere auch für die ASt, die zum Beleg ihrer Eignung u.a auch auf die stellvertretende Leiterin ihrer Rechtsabteilung und deren vergaberechtliche Expertise abstellte und diese auch als Teilnehmerin des Verhandlungsgesprächs der ASt mit der Ag am 20. Mai 2019 hinzuzog, ohne weiteren Konkretisierungsbedarf bezüglich der Zuschlagskriterien und der Leistungsbeschreibung geltend zu machen. Ob die stellvertretende Leiterin der Rechtsabteilung in der Folge tatsächlich an der Angebotserstellung beteiligt war, ist irrelevant, da es im Rahmen des Rügetatbestands nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB nicht auf das tatsächliche Erkennen im Sinne einer positiven Kenntnis, sondern allein auf die – hier zu bejahende – Erkennbarkeit ankommt. Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass für die ASt gemessen am Maßstab eines verständigen Bieters der vorliegenden Ausschreibung eine unbestimmte Leistungsbeschreibung oder eine nicht hinreichend transparente Festlegung von Zuschlagskriterien bei pflichtgemäßer Auseinandersetzung mit den Vergabeunterlagen sowohl in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht erkennbar gewesen wäre, so dass die die ASt insoweit mit ihrer erst am 7. November 2019 erhobenen Rüge präkludiert ist. Im Übrigen bestehen keine Zweifel an einer rechtzeitigen Rüge.

d) Die ASt hat den Nachprüfungsantrag auch rechtzeitig gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB nach der abschließenden Nichtabhilfeentscheidung der Ag gestellt.

2. Soweit der Nachprüfungsantrag zulässig ist, ist er jedoch unbegründet. Die Entscheidung der Ag, die Bg nicht gemäß § 46 Abs. 2 VgV aufgrund eines Interessenskonfliktes auszuschließen ist nicht zu beanstanden (a). Auch die Wertung des Angebots der ASt hinsichtlich der Zuschlagskriterien 1.3 und 2.2 lässt keinen Beurteilungsfehler erkennen (b). Hinsichtlich des Angebots der Bg geht die ASt von einem unzutreffenden Sachverhalt aus. Aufgrund des tatsächlich angebotenen Personals ist es weder zu beanstanden, dass die Ag die Bg nicht mangels Eignung vom Verfahren ausgeschlossen hat noch war die vorgenommene Bewertung des Angebots der Bg unter dem Zuschlagskriterium 2.1 beurteilungsfehlerhaft (c). Bezüglich der geltend gemachten unzulässigen Abrundung der Gesamtpunktzahl fehlt es an einer Rechtsverletzung (d). Schließlich war der geltend gemachte weitergehende Anspruch auf Akteneinsicht gemäß § 165 Abs. 2 GWB zu versagen (e).

a) Die Entscheidung der Ag, die Bg nicht gemäß § 46 Abs. 2 VgV aufgrund eines Interessenskonfliktes auszuschließen, ist nicht zu beanstanden. Bei der Feststellung der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 VgV steht dem öffentlichen Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Nachprüfungsbehörden nur dahingehend überprüfbar ist, ob von einem zutreffenden und vollständig ermitteltem Sachverhalt ausgegangen wurde, keine sachwidrigen Erwägungen für die Entscheidung herangezogen wurden und nicht gegen allgemein gültige Bewertungsansätze verstoßen wurde (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. März 2017 – Verg 39/16; Beschluss vom 21. Dezember 2011 – Verg 74/11). Im vorliegenden Fall ist es nicht zu beanstanden, dass die Ag weder eine abstrakte Gefahr i.S.d. § 46 Abs. 2 VgV aufgrund der Tätigkeiten der Bg festgestellt hat (aa) noch dass die Ag jedenfalls die angebotenen Sicherungsmaßnahmen zum Ausschluss eines Interessenskonflikts im Einzelfall für ausreichend erachtet hat (bb).

aa) Eine i.S.d. des § 46 Abs. 2 VgV tatbestandsmäßige abstrakte Gefahr einer Interessenskollision, ist im vorliegenden Fall aufgrund der Tätigkeit der Bg nicht erkennbar, so dass es nicht zu beanstanden ist, dass die Ag eine solche nicht festgestellt hat. Dabei waren der Ag die Tätigkeiten der Bg nicht zuletzt aufgrund ihrer Referenzangaben bekannt. Eine Interessenskollision solche ergibt sich weder aus dem parallelen Betrieb des […] durch die Bg noch aus den weiteren von der ASt angeführten Tätigkeiten der Bg. Die ausgeschriebene Tätigkeit der Öffentlichkeitsarbeit zur Förderung des […] durch Vernetzung aller relevanten Akteure und Information einer möglichst breiten Öffentlichkeit lässt einen spezifischen Interessensgegensatz zwischen den […] nicht erkennen. Der Vortrag der ASt, dass sich ein solcher in „Situationen mit kritischer Medienöffentlichkeit“ materialisieren könnte, ist nicht nachvollziehbar. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Ziel einer möglichst flächendeckenden Verfügbarkeit von […] und des verbesserten Anschlusses bislang unterversorgter Regionen […] kongruent ist. Ein Interessensgegensatz könnte allenfalls bei einer ungleichmäßigen Vergabe oder Verwendung von Fördermitteln zwischen […] entstehen. Auf derartige Entscheidungen haben die Betreiber der […] aber keinerlei Einfluss, so dass sich daraus kein Interessenskonflikt der Betreiberin ergeben würde. Die hoheitliche Entscheidung über die Vergabe von öffentlichen Fördermitteln auf […] fällt in die Zuständigkeit anderer Stellen. Eine solche Funktion wird von der ASt als Projektträgerin des Bundesförderprogramms ausgeübt, so dass es nachvollziehbar ist, dass die Ag sowohl bei der Begründung des Eignungskriteriums 3.3 als auch im Rahmen ihrer Eignungsprüfung (Vermerk vom 7. März 2019, Ziffer 3.3) in erster Linie auf das Bestehen eines Interessenskonflikts auf Seiten der ASt abgestellt hat.

Weitergehende Hinweise, aufgrund welcher konkreten Tatsachen sich die abstrakte Gefahr eines Interessenskonflikts zwischen Bund und Ländern in der vorliegenden Fallkonstellation ergeben könnte, werden von der ASt nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass die ASt parallel zu ihrer Tätigkeit auf Bundesebene (im Bestandsauftrag zum Betrieb des […]) selbst ebenfalls auf Landesebene für das […] tätig ist und sich im Jahr 2018 um den Betrieb des […] beworben hatte. Die Einlassung, dass der Betrieb des […] im Jahr 2019 nicht fortgesetzt worden wäre, wenn die ASt den Zuschlag für das […] erhalten hätte, ist nicht glaubhaft, da eine entsprechende Kündigungsmöglichkeit gegenüber der Ag vertraglich nicht vorgesehen war. Ein Interessenskonflikt i.S.d. § 46 Abs. 2 VgV lässt sich auch nicht aus dem Umstand ableiten, dass die Bg als „empfohlenes Unternehmen“ des […] gelistet ist. Aus einer Referenz lässt sich nicht auf einen Interessensgegensatz schließen. Gleiches gilt für die Eigenwerbung der Bg auf ihrer Webseite, im Rahmen von Präsentationen und aufgrund getätigter Analysen zur […]. All dies gehört zum Inbegriff der wirtschaftlichen Betätigung eines Beratungsdienstleisters, der selbstverständlich im Wettbewerb um neue Aufträge auf seine bisherigen Leistungen verweisen darf, ohne dass sich daraus zwangsläufig ein zukünftiger Interessenskonflikt ergäbe.

bb) Darüber hinaus ist die Wertung der Ag, dass die von den Bietern (u.a. der Bg) in den Formblättern F.3.3 dargestellten Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenskonflikten ausreichend sind, nicht als beurteilungsfehlerhaft zu beanstanden. Es ist nicht erkennbar, dass die Ag den Sachverhalt ungenügend erfasst hat, einen fehlerhaften Bewertungsmaßstab angelegt hat oder sich von sachfremden Erwägungen leiten ließ. Ausweislich des Eignungsprüfungsvermerks vom 7. März 2019 hat die Ag die von Bg und ASt eingereichten Formblätter geprüft. Beide haben jeweils die Option 2 lit b. angekreuzt und ausführlich ein Konzept zur Vermeidung von Interessenskonflikten im Einzelfall vorgestellt. Anhaltspunkte dafür, dass die dargestellten organisatorischen und personellen Maßnahmen der Bg nicht ausreichend sein könnten, sind nicht ersichtlich. Die ASt hat diesbezüglich lediglich geltend gemacht, dass die Bg nicht über das erforderliche Personal verfüge, was durch das mit dem Angebot der Bg übermittelte Formblatt F-Team widerlegt wird (siehe hierzu unten lit c.). Die Wertung ist auch konsistent mit den Vorgaben des Rahmenvertragsentwurfs. Aus dem Zustimmungsvorbehalt und der Verpflichtung zur Erteilung der Zustimmung in § 14 Abs. 1 und 2 des Rahmenvertrags ergibt sich, dass ein etwaiger Interessenskonflikt aufgrund von Dienstleistungstätigkeit für Dritte nicht per se zum Ausschluss führen soll. Hinzu kommt, dass die Ag auch der ASt eine hinreichende Darstellung von Sicherungsmaßnahmen zur Vermeidung von Interessenskonflikten bestätigt, obwohl der auf Seiten der ASt aufgrund ihrer Tätigkeit als Projektträgerin des Bundesförderprogramms im Falle einer Bezuschlagung der ASt (fort)bestehende Interessenskonflikt derjenige ist, aufgrund dessen das Eignungskriterium 3.3 von der Ag aufgestellt wurde. Schon deshalb kann sich die ASt – mangels konkreter Anhaltspunkte für Interessenskonflikte der Bg – nicht darauf berufen, dass eine ungleiche Anwendung des Bewertungsmaßstabes zu ihren Lasten erfolgt sei. Für den von der ASt geltend gemachten zwingenden Ausschluss der Bg aufgrund eines Interessenskonfliktes fehlt es daher an jeglichem Anhalt. Aus der von der ASt geltend gemachten parallelen Dienstleistungstätigkeit für Dritte ist ausnahmslos kein Interessenskonflikt ersichtlich, von dem die Ag nicht beurteilungsfehlerfrei ausgehen durfte, dass ein solcher jedenfalls durch die im Formblatt 3.3 benannten Sicherungsmaßnahmen im Einzelfall ausgeschlossen würde.

b) Die Wertung des Angebots der ASt erfolgte beurteilungsfehlerfrei. Auch bei der Angebotswertung steht dem öffentlichen Auftraggeber ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (BGH, Urteil vom 4. April 2017, X ZB 3/17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. März 2017 – Verg 39/16; OLG München, Beschluss vom 17. September 2015, Verg 3/15). Dieser ist von den Nachprüfungsinstanzen nur dahingehend überprüfbar, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde, von einem zutreffenden und vollständig ermitteltem Sachverhalt ausgegangen wurde, keine sachwidrigen Erwägungen der Entscheidung zugrunde gelegt wurden und nicht gegen allgemein gültige Bewertungsansätze verstoßen wurde (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. März 2017 – Verg 39/16). Dies setzt voraus, dass die Wertungen anhand der aufgestellten Zuschlagskriterien vertretbar, in sich konsistent und in diesem Sinne nachvollziehbar sind. Dies gilt insbesondere auch bei der Bewertung qualitativer Zuschlagskriterien im Rahmen eines Konzeptwettbewerbs. In diesen Fällen wird den Bietern bewusst ein kreativer Freiraum zum Wettbewerb um bestmögliche Lösungsansätze eröffnet. Zur Gewährleistung dennoch vergleichbarer Angebote bedarf es hinreichend konkreter Zielsetzungen, die vom öffentlichen Auftraggeber im Rahmen einer funktionalen Leistungsbeschreibung i.S.d. § 121 Abs. 1 Satz 2 GWB vorzusehen sind und die bei der Angebotswertung im Rahmen einer Gesamtschau der Zuschlagskriterien und der übrigen Vergabeunterlagen zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2019 – Verg 56/18). Gemessen an diesen Voraussetzungen ist die Wertung des Angebots der ASt im Bewertungsvermerk vom 28. Oktober 2019 weder hinsichtlich des Zuschlagskriteriums 1.3 („Öffentlichkeitsarbeit“) (aa) noch des Zuschlagskriteriums 2.2 („Qualitätssicherung“) (bb) zu beanstanden.

aa) Die Bewertung des Angebots der ASt unter dem Zuschlagskriteriums 1.3 („Öffentlichkeitsarbeit“) ist nicht als beurteilungsfehlerhaft zu beanstanden, weil sich aus den Vergabeunterlagen mit hinreichender Konkretheit die Zielsetzungen der Ag ergaben und sich die Ag in der Angebotswertung intensiv mit dem Leistungskonzept der ASt auseinandergesetzt hat. Dabei hat sie keinerlei negative Bewertung des Konzepts der ASt vorgenommen, sondern ihr bescheinigt, dass ihr Angebot in vollem Umfang den Anforderungen entspreche. Dies wurde nachvollziehbar mit drei von vier möglichen Punkten bewertet. Weiterhin wurde begründet, dass das Konzept der ASt nicht in besonderer Weise den Anforderungen entspreche und daher nicht mit vier Punkten bewertet werden könne. Letzteres hat die Ag im relativen Quervergleich zu insoweit besser bewerteten Bietern konkretisiert. Die Wertung, dass andere Bieter konkretere strategische Ansätze zur Überprüfung und Aktualisierung der derzeit gebräuchlichen Instrumente zur Öffentlichkeitsarbeit im Social-Media-Bereich vorgestellt haben, ist nicht zu beanstanden. Damit bewegt sich die Ag im Rahmen ihrer funktionalen Zielvorgaben, die sie in der Liste der Zuschlagskriterien transparent vorgegeben hat (vgl. dort Spiegelstrich 2). Diese Zielvorgaben umfassten auch die Weiterentwicklung der Online-Aktivitäten durch effiziente Nutzung verschiedener Kanäle zur Erhöhung ihrer Reichweite in relevanten Zielgruppen. Es ist nachvollziehbar, dass in diesem Rahmen auch die Auseinandersetzung der Bieter mit der Ist-Situation und Konzepte zu deren Weiterentwicklung nicht nur bewertet werden darf, sondern auch konsistent bewertet werden muss. Dies gilt auch für den bewerteten Umfang, in dem die Konzepte eine Nutzung der einzelnen Social-Media-Kanäle vorsehen. Hier hat die Ag Konzepte anderer Bieter besser bewertet, die eine umfangreichere Nutzung vorsahen, als das Konzept der ASt. Die ASt hat sich in ihrem Konzept auch klar dahingehend positioniert, dass sie eine Nutzung bestimmter Kanäle nicht befürworte oder empfehle, weil diese lediglich gruppenorientiert „auf Masse“ abzielten. Die Ag bewertet diesbezüglich ein offeneres Konzept als besser. Allen diesen Wertungen der Ag wohnt ein prognostisches Element inne, auf welche Weise, aufgrund welcher zukünftiger Entwicklungen und aufgrund welchen Nutzungsverhaltens der Zielgruppen die funktionale Zielrichtung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit an besten verwirklicht wird. Auf diese Weise hat die Ag ihre Angebotswertung detailliert begründet und herausgearbeitet, welche Aspekte in den Konzepten der Wettbewerber die Zielsetzungen der Ag besser verwirklichten. Diese Ausführungen werden konkret belegt und sind durchweg konsistent und nachvollziehbar. Logische Brüche, Widersprüchlichkeiten oder die willkürliche Außerachtlassung wertungserheblichen Sachverhalts sind nicht ersichtlich. Soweit die ASt darauf verweist, dass das Konzept der ASt an anderen Stellen durchaus strategische Konzepte und Vorschläge für Neuerungen enthalte, begründet dies keinen Bewertungsfehler der Ag, da die Bewertung nicht in Abrede stellt, dass die ASt die Anforderungen in vollem Umfang erfüllt. Es wird vielmehr bewertet, dass diese Anforderungen von anderen Bietern noch besser – auf besondere Weise – erfüllt werden. Eine solche differenzierende Bewertung der konkurrierenden Konzepte ist Sinn und Zweck des auf der vierten Wertungsebene durchzuführenden Quervergleichs der Angebote.

bb) Auch hinsichtlich des Zuschlagskriterium 2.2 („Qualitätssicherung“) sind keine Beurteilungsfehler feststellbar. Insbesondere hat die Ag – wie von der ASt vorgetragen – nicht nachträglich ein neues, nicht bekannt gemachtes Unterkriterium der „Qualitätsverbesserung“ herangezogen. Zunächst ist festzustellen, dass sich diese Rüge allein auf eine ergänzende Begründung der Wertung des Konzepts der ASt in Relation zu einem besser bewerteten Konzept bezieht, die die Ag auf die Rüge der ASt hin im Rügezurückweisungsschreiben vom 19. November 2019 vorgenommen hat; ausschließlich hier hat die Ag das Stichwort „Qualitätsverbesserung“ genannt. Dafür, dass im Rahmen der Wertung ein neues, nicht zuvor bekannt gemachtes Zuschlagskriterium („Qualitätsverbesserung“) verwendet wurde, fehlt es im insoweit zunächst maßgeblichen Wertungsvermerk vom 28. Oktober 2019 an jeglichem Anhalt. Die darin vorgenommene relative Wertung des Konzepts der ASt im Quervergleich zu einem besser bewerteten Konkurrenzangebot ist nachvollziehbar und bewegt sich Rahmen des festgelegten Wertungsprogramms. So gibt die Ag im Wertungsvermerk vom 28. Oktober 2019 sogar die konkrete Rückmeldung, dass „eine Beschreibung von Konzepten zu projektspezifischen Qualitätssicherungsmaßnahmen“ die Bewertung der ASt verbessert hätte und führt in der Folge aus, aufgrund welcher konkreten Maßnahmen andere Konzepte besser bewertet wurden. Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn die allgemeine Ausführung, dass Prozesse permanent optimiert und angepasst würden nicht als besonders innovativer Ansatz mit voller Punktzahl bewertet wird, wenn es – anders als bei anderen Bietern – an konkreten Festlegungen zur Ablaufstruktur im Einzelnen fehlt. Daran ändert auch nichts, dass die ASt bereits im laufenden Bestandsauftrag eine zertifizierte Qualitätssicherung betreibt. Eine solche Zertifizierung war vorliegend nicht gefordert und sie steht nicht grundsätzlich der Bewertung entgegen, dass die von anderen Bietern vorgestellten Konzeptbewertungen den Zielsetzungen der Ag besser entsprechen.

Auch aus den im Rügezurückweisungsschreiben der Ag vom 19. November 2019 ergänzenden Begründung ergibt sich nichts anderes, als dass das konkurrierende Leistungskonzept insofern besser bewertet wurde, als dieses „kontinuierlich Risiken, Schwächen, Chancen und Risiken erfasst und analysiert und diese auf etablierte Routinen und Best-Practices transformiert“. Dieser Ansatz wird als projektspezifischer, qualitätsorientierter und dynamischer bzw. weniger bürokratisiert, weniger schematisch als das Konzept der ASt eingeschätzt. Insofern ist es nicht zu beanstanden, wenn Qualitätssicherung sowohl als laufende Gewährleistung eines gleichbleibend hohen Leistungsniveaus als auch als kontinuierliche Überprüfung des angestrebten Zielerreichungsgrades verstanden wird und Leistungskonzepte, die dies ermöglichen auch entsprechend bewertet werden. Denn dies entspricht nicht nur den Zielvorgaben des Leistungskonzepts im vorliegenden Fall – eine effiziente Öffentlichkeitsarbeit mit möglichst großer Reichweite in relevanten Zielgruppen sicherzustellen -, sondern auch der Lebenserfahrung, dass bei solchen Dienstleistungsaufträgen nicht dauerhaft die gleiche Qualität gewährleistet werden kann, ohne dass fortlaufend evaluiert und im Fall eines Absinkens des Zielerreichungsgrades bzw. der Effizienz der Maßnahmen ein Nachsteuern auch durch qualitätsverbessernde Maßnahmen erforderlich sein kann. Beides lässt sich ohne Überschreitung des Beurteilungsspielraums unter einen ganzheitlichen Oberbegriff der Qualitätssicherung fassen. Dieser Bewertungsmaßstab war auch für alle Bieter hinreichend transparent und konkret in den Vergabeunterlagen aufgrund der funktionalen Zielvorgaben niedergelegt. Dabei gehört es zum Wesen einer funktionellen Ausschreibung mit Konzeptwettbewerb, dass dem Bieter gerade ein kreativer Freiraum im Wettbewerb um bestmögliche Lösungsansätze eröffnet und nicht sachwidrig eingeschränkt werden soll.

c) Sowohl die Bejahung der Eignung der Bg als auch die Wertung ihres Angebotes durch die Bg sind vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Hinsichtlich dieser Rüge geht die ASt offenbar von unrichtigen tatsächlichen Annahmen aus. Anders als von der ASt vermutet, hat die Bg in ihrem finalen Angebot (Formblatt FTeam) eine Anzahl an Personen benannt, die sie im Zuschlagsfall bei der Auftragsausführung einzusetzen beabsichtigt und dabei auch Angaben zum Vollzeitäquivalent des Personaleinsatzes gemacht. Diese Angaben weichen nicht erheblich von der Personalstärke ab, die auch die ASt im Rahmen ihres Angebots angeboten hat. Darüber hinaus ist festzustellen, dass es erstens keine bekannt gemacht Mindestpersonalstärke gibt, die die Bg unterschritten haben könnte und dass es zweitens auch keine Anhaltspunkte für eine beurteilungsfehlerhafte Bewertung des Leistungskonzepts der Bg im Zuschlagskriterium 2.1 („Projektmanagement/Personaleinsatzkonzept“) gibt. Es liegt diesbezüglich auch kein Dokumentationsmangel vor. Die Eignungsprüfung ist im Vermerk vom 7. März 2019 und die Angebotswertung im Vermerk vom 28. Oktober 2019 hinreichend dokumentiert.

d) Aufgrund der von der ASt geltend gemachten Abrundung der Gesamtpunktzahl ist eine Schädigung der ASt ausgeschlossen. Aufgrund des im Bewertungsvermerk der Ag vom 28. Oktober 2019 dokumentierten Abstandes der Gesamtwertungspunkte des Angebots der ASt und der Bg kann die von der ASt gerügte Abrundung um 0,006 Punkte die Wertungsreihenfolge nicht verändern. Nach vorstehender Würdigung der übrigen Rügen ist es ausgeschlossen, dass die ASt aufgrund der Abrundung einen Nachteil erlitten hat. Daher kommt es im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, ob die Abrundung mathematisch oder technisch aufgrund der verwendeten Wertungsmethode oder Software gerechtfertigt war oder nicht.

e) Die von der ASt geltend gemachte weitergehende Akteneinsicht war zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen der Bg gemäß § 165 Abs. 2 GWB abzulehnen. Der ASt wurde insoweit Akteneinsicht in die Vergabeunterlagen gewährt, als diese ihr nicht bereits anderweitig bekannt waren, die Unterlagen entscheidungsrelevant waren und keine Geschäftsgeheimnisse Dritter entgegenstanden. Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2019 begehrte die ASt weitergehende Einsicht in Bestandteile des Angebots der Bg bzw. deren Bewertung. Im Einzelnen betrifft dies Formblatt F 3.3, die Dokumentation zur Prüfung der Auskömmlichkeit des von der Bg angebotenen Personals sowie die Wertung des Angebots der Bg nach den Zuschlagskriterien 1.3, 2.1 und 2.2. Das Formblatt 3.3 ist integraler Bestandteil des Angebots der Bg selbst. Im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens wurde offen gelegt, dass die Bg dort dieselbe Option 2 lit b. angekreuzt und nachfolgend pflichtgemäß Angaben zu Sicherungsmaßnahmen zur Vermeidung eines Interessenskonflikts vorgenommen hat. Diese Maßnahmen unterliegen legitimer Weise dem Geheimschutz. Dagegen besteht kein legitimes Interesse der ASt daran, die von Wettbewerbern vorgesehenen Maßnahmen einzusehen und selbst zu bewerten, weil Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens nur die Prüfung sein kann, ob die Ag ihren Beurteilungsspielraum bei der Eignungsprüfung eingehalten hat. Hierzu ist es nicht erforderlich, dass den Bietern wechselseitig Einsicht in die jeweiligen Konzepte gewährt wird. Vielmehr genügt es, dass die ASt Einsicht in den Vermerk zur Eignungsprüfung vom 7. März 2019 erhalten hat. Aus den oben genannten Gründen war auch die Einsicht in die Wertung des Angebots der Bg zu versagen. Die ASt hat Einsicht in den Wertungsvermerk vom 28. Oktober 2019 erhalten, soweit ihr Angebot betroffen war. Die Wertungen der Angebote der übrigen Bieter wurden zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen geschwärzt. Was die Rüge der mangelnden Personalstärke im Angebot der Bg anbelangt, hat sich die Vergabekammer davon überzeugt, dass aufgrund der tatsächlichen Angaben kein Beurteilungsfehler in der Wertung des Zuschlagskriteriums 2.1 durch die Ag ersichtlich ist. In der Wertung des Angebots der Ag wurden Schwärzungen nur bei der konkretisierenden Bezugnahme auf die Leistungskonzepte ihrer Wettbewerber im Quervergleich vorgenommen, die als Geschäftsgeheimnisse schützenswert waren. In der Interessensabwägung zwischen dem Rechtsschutzinteresse der ASt und dem Geheimhaltungsinteresse der Bg überwiegt letzteres. Hierbei war zu berücksichtigen, dass die Wertung des Angebots der ASt auch mit den vorgenommenen Schwärzungen plausibel und nachvollziehbar blieb und die im Quervergleich besser bewerteten Maßnahmen der Wettbewerber nicht offen gelegt werden konnten, ohne den Wettbewerbsvorteil zu beeinträchtigen. Denn es handelt sich um Arbeits- und Organisationskonzepte, die nicht nur für die ausgeschriebene Dienstleistung relevant sind, sondern in ähnlicher Form auch in weiteren Ausschreibungen wieder in Wettbewerb treten können, so dass deren Offenlegung mit der Gefahr dauerhafter Nachteile im Wettbewerb einherginge (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Juni 2017 – Verg 7/17).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, 2 und 4 GWB, § 80 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 VwVfg. Die ASt trägt als unterliegende Verfahrensbeteiligte die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Nachprüfungsverfahrens (§ 182 Abs. 3 Satz 1 GWB) sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Ag (§ 182 Abs. 4 Satz 1 GWB) und der Bg (§ 182 Abs. 4 Satz 2 GWB). Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Ag war erforderlich. Die Ag verfügt zwar selbst über vergaberechtlichen Sachverstand und die erforderlichen personellen Kapazitäten, um ein Nachprüfungsverfahren führen zu können. Auch hatte der Nachprüfungsantrag Fragen der Eignungsprüfung (Vorliegen einer Interessenskollision), der hinreichenden Bestimmtheit der Grundlagen der Ausschreibung (Leistungsbeschreibung und Zuschlagskriterien) sowie der Konzeptbewertung und damit auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen zum Gegenstand, deren Beurteilung in die originäre Kompetenz der Vergabestelle fallen. Allerdings kann die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Auftraggeber nicht schematisch beurteilt werden, sondern bedarf stets einer einzelfallbezogenen Betrachtung (zu den Grundsätzen über die Notwendigkeit der Hinzuziehung anwaltlicher Vertretung vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31. Januar 2019 – Verg 9/18, m.w.N.). Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem […] gerade angesichts der aktuellen öffentlichen Diskussion über […] um ein Projekt von besonderer politischer Bedeutung für die Ag handelt. Ferner spielte die Erfüllung der Rügeobliegenheit im vorliegenden Verfahren eine maßgebliche Rolle für die Ag, denn die ASt hat erst nach Erhalt der Mitteilung nach § 134 GWB mit Schreiben vom 7. November 2019 eine Rüge ausgesprochen, und zwar auch in Bezug auf die Grundlagen des Vergabeverfahrens (Leistungsbeschreibung, Zuschlagskriterien); wäre der Nachprüfungsantrag insoweit erfolgreich gewesen, so hätte dies die Ag massiv zurückgeworfen mit dem Beschaffungsprojekt, das mit Bekanntmachung vom […] begonnen worden war. Unter Abwägung aller Umstände des konkreten Einzelfalls, auch des Gesichtspunktes der Waffengleichheit mit der ebenfalls anwaltlich vertretenen ASt, ist die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten durch die Ag als notwendig anzuerkennen. Gleiches gilt für die Bg notwendig, die als am Vergabeverfahren beteiligter Bieter – anders als die Vergabestelle – ohnehin nicht über vertiefte Kenntnisse der Eignungsprüfung und Angebotswertung verfügen muss. Aufgrund des Nachprüfungsantrags, mit dem sich die ASt hinsichtlich des begehrten Ausschlusses der Bg aufgrund einer Interessenskollision und der vorgetragenen fehlerhaften Wertung von deren Angebot in einen spezifischen Interessensgegensatz zur Bg stellte, sah sich die Bg legitimer Weise veranlasst, sich ebenfalls anwaltlich vertreten zu lassen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich in diesem Nachprüfungsverfahren Rechtsfragen stellten, deren Komplexität und Schwierigkeiten eine anwaltliche Vertretung auf Seiten Bg notwendig gemacht haben (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2006, X ZB 14/06).

IV.

(…)