vorgestellt von Thomas Ax
Eine Amtsermittlung durch die Vergabekammer ist – unabhängig von einer Begrenzung durch die Rügeobliegenheit – zulässig, wenn ein so schwerwiegender Fehler vorliegt, dass eine tragfähige Zuschlagsentscheidung bei einer Fortsetzung des Verfahrens praktisch nicht möglich ist, etwa weil nur willkürliche oder sachfremde Zuschlagskriterien verbleiben oder das vorgegebene Wertungssystem so unbrauchbar ist, dass es jede beliebige Zuschlagsentscheidung ermöglicht (hier bejaht). Sehen die Vergabeunterlagen vor, dass eine “Fachkommission aus Bauherr, Nutzer und Planer” die Prüfung und Wertung vornimmt, ist diese Zusammensetzung vergaberechtswidrig, da die Wertungsentscheidung nicht vom Auftraggeber auf Dritte delegiert werden kann.
VK Nordbayern, Beschluss vom 28.01.2025 – RMF-SG21-3194-9-39
Sachverhalt:
1. Die VSt schrieb mit Auftragsbekanntmachung vom xxxxxx (TED: xxxx) europaweit die Lieferung von Stühlen für eine Reihenbestuhlung aus.
2. Die Zuschlagskriterien sind der Angebotspreis zu 50 Prozent und die Bewertungskriterien zu 50 Prozent. Es gibt 142 Wertungspunkte. 100 Wertungspunkte für den niedrigsten Wertungspreis (50 Prozent = 50 Punkte) und 42 Wertungspunkte für die Gestaltung / Konstruktion (50 Prozent = 21 Punkte):
Laut Leistungsbeschreibung ist für die Angebotsprüfung ein Stuhl zur Bemusterung bereitzustellen.
3. Die ASt, die BGl und drei weitere Bieter reichten jeweils Angebote ein.
Laut Vergabeunterlagen werden die Angebote durch eine Fachkommission aus Bauherr, Nutzer und Planer gewertet:
“Prüfung und Wertung der Ausstattung:
Die Ausstattung wird durch eine Fachkommision aus Bauherr, Nutzer und Planer anhand der Wertungskriterien überprüft. Hinsichtlich der Bewertung akzeptiert jeder Bieter mit Abgabe seines Angebot die Beurteilungs- und Entscheidungskompetenz der Fachkommission und die daraus resultierende Gesamtpunktvergabe.”
Der Vergabevermerk datiert vom 28.08.2024 und wurde vom externen Dienstleister B….. erstellt. Der Vergabevermerk enthält den Vergabevorschlag, dass der Auftrag an die BGl erteilt werden soll. Zur Begründung wurde auf die Bewertungsmatrix verwiesen.
Die (von der Vergabekammer geschwärzte) Bewertungsmatrix (ohne Bieter 4 u. 5) sieht wie folgt aus:
Die Bewertungsmatrix selbst enthält weder ein Datum noch Informationen zur Fachkommission oder sonstige Vermerke zur Wertung.
Am 12.11.2024 und erneut am 28.11.2024 forderte daher die Vergabekammer die VSt auf alle Vergabevermerke, insbesondere zur Wertung, zu übersenden. Am 04.12.2024 übersandte die VSt eine pdf-Datei “Vergabevorschlag”, in der u.a. die oben genannte Bewertungsmatrix und der Vergabevermerk enthalten sind und teilte mit, dass keine weiteren Unterlagen zur Wertung vorliegen würden.
4. Der Vergabeakte ist zu entnehmen, dass B. mit E-Mail vom 28.08.2024,
10:43 Uhr, mitteilte, dass formal alle Dokumente der BGl vorliegen würden. Es seien noch die Produktdatenblätter digitale Sitzplatznummerierung und manuelle Reihennummerierung sowie das GS-Zertifikat nachzufordern.
B. übersandte am 28.08.2024, 18:51 Uhr, eine weitere E-Mail mit Betreff Vergabeempfehlung an den Projektsteuerer D., mit der Bitte um Plausibilisierung und Weiterleitung an den Bauherrn für den Bauausschuss am 17.09.2024. Als Anlagen waren der Vergabevermerk vom 28.08.2024 und die undatierte Bewertungsmatrix beigefügt. Laut E-Mail werde die BGl noch einen Stuhl nach … liefern zur Bemusterung der Stapelung und Verkettung durch den Nutzer. Dieser sollte bis Anfang nächster Woche eintreffen. Eine Bewertung der ASt in allen Kriterien mit 0 würde an der Reihenfolge nichts ändern.
B. übermittelte am 28.08.2024, 19:11 Uhr, in einer weiteren inhaltsgleichen E-Mail das Ergebnis der Bewertungsmatrix an die VSt.
Am 02.09.2024 forderte die VSt bei der BGl noch einen weiteren Stuhl für eine Bemusterung der Verkettung und der Stapelung nach. Am gleichen Tag antwortete die BGl der VSt, dass bereits mit B. besprochen worden sei, dass ein zweites Muster kurzfristig hergestellt werden könne. Um dieses exakt und analog zum bereits gefertigten Sondermuster anfertigen zu können, würde die BGl das bereits gelieferte Muster abholen und zusammen mit dem neuen (zweiten) Muster bis spätestens Ende dieser Woche wieder zurück nach ….. liefern.
5. Mit Auftragsschreiben vom 22.10.2024 erteilte die VSt den Zuschlag auf das Angebot der BGl.
6. Mit Bieterinformationsschreiben nach § 134 GWB vom 24.10.2024 teilte die VSt der ASt erstmals mit, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der BGl am 05.11.2024 zu erteilen. Der Zuschlag auf das Angebot der ASt könne nicht erteilt werden, weil ein niedrigeres Hauptangebot vorliege.
7. Mit Schreiben vom 29.10.2024 rügte die ASt den Beschluss der VSt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die BGl ein ungewöhnlich niedriges Angebot abgegeben habe und auch wegen unzulässiger Nachbemusterung auszuschließen sei. Zudem wurde um Klärung gebeten, ob bei der BGl die geforderten GS-Zertifikate vorliegen würden. Andernfalls würde dies ebenfalls einen Ausschlussgrund darstellen.
8. Am 04.11.2024 teilte die VSt mit, dass kein ungewöhnlich niedriges Angebot vorliege und dass die GS-Zeichen Zertifizierung schon vor der Submission bestanden habe.
Bei der BGl sei erst nach Vollendung der Bewertung ein zweiter Musterstuhl angefordert worden. Der zusätzlich abgefragte Musterstuhl habe keine Einflussnahme auf die Zuschlagsentscheidung gehabt, da dieser außerhalb des Bewertungszeitraums im Anschluss an die Bewertung durch ein Fachgremium zur Verfügung gestellt worden sei. Am 26.08.2024 habe der Bemusterungstermin im Fachgremium stattgefunden und die Anfrage für die Bereitstellung sei am 02.09.2024 erfolgt. Die Vergabeempfehlung seitens des Innenarchitekten sei mit Grundlage der Bewertungsmatrix am 28.08.2024 an den Projektsteuerer erfolgt.
Ein zweiter Stuhl sei bei den anderen Bietern nicht nachgefordert worden, da durch diese bereits mehrere Muster bereitgestellt worden seien. Diese seien durch die Bieter zur Verfügung gestellt worden, welches einen Wettbewerbsvorteil darstelle. Im Sinne des Gleichbehandlungsgesetztes sei ein zweiter Musterstuhl von der BGl nachgefordert worden.
9. Mit Schriftsatz vom 04.11.2024 stellte die ASt einen Antrag auf Nachprüfung und beantragt:
1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, den beabsichtigten Zuschlag auf das Angebot der Mitbewerberin ….. zu unterlassen
2. der Vergabestelle aufzugeben, das Vergabeverfahren aufzuheben und gegebenenfalls neu durchzuführen
3. dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin aufzuerlegen
4. den Antragsgegner gem. § 169 Abs. 1 GWB – aufgrund der Dringlichkeit unverzüglich – über den Nachprüfungsantrag zu informieren.
Die BGl habe nach Fristablauf weitere Muster eingereicht. Die nachträgliche Einreichung weiterer Muster stelle eine unzulässige Änderung des Angebots dar. Die BGl sei von der Wertung auszuschließen.
10. Mit einem neuen Bieterinformationsschreiben nach § 134 GWB vom 07.11.2024 teilte der Verfahrensbevollmächtigte der VSt der ASt mit, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag an die BGl am 18.11.2024 zu erteilen. Die BGl habe in den Kriterien Preis, Sitzkomfort, generelle Verarbeitung und Optik ein besseres Ergebnis als die ASt erzielen können. Die ASt habe in den Kriterien mechanische Funktion, sichtbare Metallteile, Stoff und Maße ein besseres Ergebnis als die BGl erzielen können. Die BGl hätte insgesamt eine höhere Gesamtpunktzahl als die ASt in der Wertung erreicht.
11. Mit Schriftsatz vom 11.11.2024 erwiderten die Verfahrensbevollmächtigten der VSt und beantragen:
1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
2. Der Antragstellerin werden die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Gebühren und Auslagen der Antragsgegnerin auferlegt.
3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin war erforderlich.
Der Nachprüfungsantrag sei unbegründet. Die Anforderung eines zweiten Stuhls bei der BGl sei nach Abschluss des Wertungsvorgangs erfolgt und habe keinerlei Relevanz auf den Wertungsprozess gehabt.
Die Angebotswertung sei am 26.08.2024 erfolgt. Dieses Ergebnis sei von dem externen Dienstleister, der zur Angebotsprüfung eingeschaltet worden sei, als Vergabeempfehlung am 28.08.2024 an die VSt übermittelt worden. Der Zuschlag solle auf das Angebot der BGl erteilt werden. Der Entscheidungsprozess sei damit abgeschlossen gewesen.
Da die Nutzerin, die Betreiberin der ….., die Stühle im Hinblick auf Verkettung und Stapelmöglichkeit habe ausprobieren wollen, sei die BGl am 02.09.2024 gebeten worden, einen zweiten Stuhl zur Verfügung zu stellen.
Nach Zustellung des Nachprüfungsantrages sei offenbar geworden, dass die Vorabinformation vom 24.10.2024 nicht wie in § 134 GWB gefordert, alle Gründe für die Nichtberücksichtigung der anderen Angebote enthalten habe. Daher sei am 07.11.2024 die Vorabinformation wiederholt worden. Zudem sei festgestellt worden, dass die Zuschlagserteilung versehentlich bereits vor Versendung der Vorabinformation erfolgt sei.
12. Mit Schriftsatz vom 18.11.2024 wiederholte und ergänzte die ASt ihre bisherige Rechtsauffassung.
Das Vergabeverfahren leide an schwerwiegenden Verfahrensmängeln. Die ursprüngliche Vorabinformation gemäß § 134 GWB sei unvollständig gewesen, wodurch die Rechte der Bieter erheblich beeinträchtigt worden seien. Zudem sei der Zuschlag vor Ablauf der Wartefrist erfolgt. Auch habe nach Auffassung der ASt der zweite Musterstuhl die Angebotswertung beeinflusst. Zudem begründe eine frühere Zusammenarbeit des externen Dienstleisters B. mit der BGl den Anschein eines Interessenkonflikts. Auch bestünden Zweifel am Vorliegen eines gültigen GS Zeichens der BGl. Eine faire und transparente Vergabe sei nur durch eine Neuausschreibung zu gewährleisten. Dies müsse unter Ausschluss von B. erfolgen.
13. Mit Schriftsatz vom 22.11.2024 wiederholten die Verfahrensbevollmächtigten der VSt ihre Rechtsauffassung. Der zweite Stuhl habe keinen Einfluss auf die bereits abgeschlossene Angebotsauswertung gehabt. Das Angebot der BGl erfülle alle Anforderungen. Der VSt sei keine Geschäftsbeziehung zwischen dem externen Dienstleister und der BGl bekannt.
14. Mit Schriftsatz vom 28.11.2024 wiederholte und vertiefte die ASt ihre bisherige Rechtsauffassung.
15. Am 02.12.2024 wurde die Fa. ….. zum Verfahren beigeladen. Am 04.12.2024 wurde der BGl Akteneinsicht gewährt.
16. Mit Schriftsatz vom 06.12.2024 nahmen die Verfahrensbevollmächtigten der BGl Stellung.
Der Nachprüfungsantrag sei bereits unzulässig, da der ASt die Antragsbefugnis fehle. Der ASt könne kein Schaden entstanden sein, denn das Angebot der ASt belege nach der Wertung nicht den zweiten Rang. Zudem seien die Rügen unsubstantiiert. Die ASt spekuliere ins Blaue hinein, dass das Angebot der BGl die Ausschreibungsanforderungen nicht erfülle und dass die BGl vermeintliche Geschäftsbeziehungen zur Firma B. unterhalte.
Der Nachprüfungsantrag sei auch unbegründet. Die Vorführung eines zweiten Stuhls sei zulässig gewesen. Die BGl habe durch die Vorführung des zweiten Stuhls lediglich die Eigenschaften der angebotenen Stühle hinsichtlich Stapelbarkeit und Verkettung verdeutlicht. Die anderen Bieter hätten im Rahmen der Bemusterung bereits mehrere Muster bereitgestellt gehabt. Dadurch, dass der BGl eine Bemusterung unter Verwendung von mehr als einem Stuhl ermöglicht worden sei, sei eine Gleichbehandlung der Angebote erfolgt. Die Vorführung des zweiten Stuhls sei jedenfalls nach Abschluss der Angebotswertung erfolgt und habe somit keinen Einfluss gehabt. Aus den Vergabeunterlagen gehe hervor, dass sich die Reihenfolge der Angebote selbst dann nicht geändert hätte, wenn das Angebot der BGl in allen Kriterien mit “0” bewertet worden wäre.
Im Übrigen erfülle das Angebot der BGl die Anforderungen und es bestehe keine Geschäftsbeziehung der BGl zur Firma B.. Das seitens der ASt genannte Projekt sei 2011 durchgeführt worden. Die BGl habe in dem Projekt Stühle geliefert, während die Firma B. das Projekt auf Seiten des Auftraggebers begleitet habe.
17. Die Verfahrensbeteiligten haben am 12.12.2024, 13.12.2024 und 16.12.2024 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
18. Die Fünf-Wochen-Frist des § 167 Abs. 1 Satz 1 GWB wurde wegen tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten rechtzeitig verlängert.
19. Im Übrigen wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands auf die Verfahrensakte der Vergabekammer und die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, Bezug genommen.
Begründung
Die erkennende Vergabekammer konnte gemäß § 166 Abs. 1 Satz 3 GWB nach Lage der Akten entscheiden, weil die Verfahrensbeteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt haben.
Gemäß § 168 Abs. 1 Satz 2 GWB ist die Vergabekammer nicht an die Anträge gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Der Nachprüfungsantrag der nicht anwaltlich vertretenen ASt wird anhand ihrer schriftsätzlichen Ausführungen laiengünstig dahingehend ausgelegt, dass die ASt die Feststellung der Unwirksamkeit des bereits geschlossenen öffentlichen Auftrags und die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in den Stand vor Auftragsbekanntmachung begehrt.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet.
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
a) Die Vergabekammer Nordbayern ist für das Nachprüfungsverfahren nach § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 2 Satz 2 BayNpV sachlich und örtlich zuständig.
b) Die VSt ist öffentlicher Auftraggeber nach § 99 Nr. 1 GWB.
c) Bei dem ausgeschriebenen Lieferauftrag handelt es sich um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von § 103 Abs. 2 GWB.
d) Der maßgebliche Schwellenwert nach § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB ist überschritten.
e) Die ASt ist antragsbefugt im Sinne des § 160 Abs. 2 GWB, denn sie hat ihr Interesse an dem öffentlichen Auftrag mit der Abgabe eines Angebotes nachgewiesen und eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend gemacht. Die ASt hat auch dargelegt, dass ihr ein Schaden zu entstehen droht. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes kann die Antragsbefugnis nur einem Antragsteller abgesprochen werden, bei dem eine Rechtsbeeinträchtigung offensichtlich nicht gegeben ist. Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist insoweit die schlüssige Behauptung der Rechtsverletzung erforderlich, aber regelmäßig auch ausreichend (vgl. BGH, B. v. 18.05.2004 – X ZB 7/04). Ob der Rechtsverstoß tatsächlich vorliegt, ist eine Frage der Begründetheit. Die ASt trägt neben dem Verstoß gegen § 134 GWB insbesondere schwerwiegende Verfahrensmängel vor und beanstandet die Angebotswertung. Sie belegt laut Wertungsergebnis der VSt zwar lediglich den dritten Rang. Entgegen der Rechtsauffassung der BGl sind vorliegend jedoch durchaus Umstände ersichtlich, aus denen sich eine Verschlechterung der Zuschlagschancen für die ASt ergeben. Nach Auffassung der Vergabekammer erfolgte der Wertungsvorgang durch die VSt vergaberechtswidrig (siehe unten Ziffer 2.). Die Vergabeverstöße wirken sich damit auf die Rangfolge der Angebote aus und es ist nicht ausgeschlossen, dass das Angebot der ASt auf eine aussichtsreiche Rangstelle vorrückt. Im Rahmen der Zulässigkeit sind an die Antragsbefugnis keine allzu hohen Anforderungen geknüpft.
f) Die ASt hat nicht gegen Rügeobliegenheiten nach § 160 Abs. 3 GWB verstoßen.
aa) Bezüglich der Zuschlagserteilung an die BGl am 22.10.2024 unter Verstoß gegen die Wartepflicht traf die ASt keine Rügepflicht. Der Zweck der Rüge, auf ein vergaberechtskonformes Vergabeverfahren hinzuwirken, konnte nach Zuschlagserteilung nicht mehr erreicht werden. Mit dem Zuschlag wurde das Vergabeverfahren vorläufig beendet (vgl. OLG Düsseldorf, B. v. 12.06.2019 – VII-Verg 54/18).
Bezüglich der Fehlerhaftigkeit des Informationsschreibens vom 24.10.2024, in dem nicht ausreichend über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung des Angebots der ASt informiert wurde, ist ein Verstoß der ASt gegen die Rügeobliegenheit aus § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB nicht festzustellen. Die Rügeobliegenheit wird nur ausgelöst, wenn der Antragsteller eine feststellbare und im Streitfall vom öffentlichen Auftraggeber nachzuweisende positive Kenntnis von den einen Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umständen hat. Darüber hinaus muss er aufgrund laienhafter, vernünftiger Bewertung zugleich die positive Vorstellung von einem Verstoß gegen Vergabevorschriften gewonnen haben (vgl. OLG Düsseldorf, B. v. 12.06.2019 – VII-Verg 54/18). Nach den vorgenannten Maßstäben kann weder eine positive Kenntnis der ASt von dem Fehler des Informationsschreibens noch ein mutwilliges Sich-der-Erkenntnis-Verschließen festgestellt werden. Auch der Umstand, dass sich die ASt spätestens im Zuge ihrer Rüge mit dem Informationsschreiben befasste, reicht nicht aus um zu belegen, dass die ASt den Fehler tatsächlich bemerkt hat. Wäre das der Fall, hätte es nahe gelegen, dass die ASt auch dies gegen die von ihr beanstandete Auftragserteilung an die BGl angeführt hätte.
Im Übrigen hat die ASt die Entscheidung der VSt, den Zuschlag auf das Angebot der BGl am 05.11.2024 zu erteilen, innerhalb von zehn Kalendertagen nach Erhalt des Informationsschreibens gerügt, § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB.
bb) Soweit die BGl vorbringt, dass die Rügen hinsichtlich der seitens der ASt bezweifelten Ausschreibungskonformität des Angebots der BGl sowie bezüglich eines vermeintlichen Interessenskonfliktes nach § 6 VgV nicht hinreichend substantiiert seien, so gehen diese Ausführungen vorliegend fehl. Die genannten Vorwürfe wurden von der ASt erst nach Einreichung des Nachprüfungsantrags erhoben.
Die ASt hat insoweit auch nicht gegen eine Rügepflicht verstoßen. Denn Umstände, aus denen sich derartige Verstöße gegen das Vergaberecht ergeben könnten, sind ihr erst im Nachprüfungsverfahren bekannt geworden. Erst dann hat die ASt von weiteren Details über das Angebot der BGl und den Gründen der VSt für die Nachforderungen bei der BGl sowie der Zusammenarbeit der VSt mit dem externen Dienstleister B. erfahren.
Nach Stellung des Nachprüfungsantrags müssen neu erkannte Verstöße gegen das Vergaberecht nicht mehr gerügt werden. Die Rügeobliegenheit des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB bezieht sich ausdrücklich nur auf vor Einreichung des Nachprüfungsantrags erkannte Verstöße. Zudem kann danach der Zweck der Rügeobliegenheit, ein Nachprüfungsverfahren zu vermeiden, nicht mehr erreicht werden (vgl. OLG Schleswig-Holstein, B. v. 27.10.2022 – 54 Verg 7/22).
g) Die Fristen des § 135 Abs. 2 GWB zur Anbringung des Nachprüfungsantrags – 30 Kalendertage nach der Information der Bieter durch den öffentlichen Auftraggeber über den Abschluss des Vertrags und nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss – sind durch den Nachprüfungsantrag vom 04.11.2024 gewahrt.
h) Der bereits erteilte Zuschlag vom 22.10.2024 steht der Statthaftigkeit des Nachprüfungsverfahrens nicht entgegen im Sinne von § 168 Abs. 2 Satz 1 GWB, da der Nachprüfungsantrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des öffentlichen Auftrags gemäß § 135 GWB gerichtet ist (vgl. OLG Düsseldorf, B. v. 12.06.2019 – VII-Verg 54/18).
2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet.
Die ASt ist durch den Zuschlag auf das Angebot der BGl in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB verletzt. Der an die BGl erteilte Zuschlag ist von Anfang unwirksam, § 135 Abs. 1 Nr. 1 GWB.
Gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 1 GWB ist ein öffentlicher Auftrag von Anfang an unwirksam, wenn der öffentliche Auftraggeber gegen die aus § 134 GWB folgende Informations- und Wartepflicht verstoßen hat und dieser Verstoß in einem Nachprüfungsverfahren festgestellt worden ist.
Die VSt hat gegen § 134 GWB verstoßen (siehe a) und hat darüber hinaus im Vergabeverfahren weitere Vergabeverstöße begangen (siehe b).
a) Der Zuschlag auf das Angebot der BGl verstößt gegen § 134 GWB, da die VSt sowohl die Informationspflicht als auch die Wartepflicht nicht eingehalten hat.
Zum einen entspricht das Informationsschreiben vom 24.10.2024 nicht den inhaltlichen Anforderungen des § 134 GWB. Der im Schreiben angegebene Grund für die vorgesehene Nichtberücksichtigung des Angebots der ASt – es liege ein niedrigeres Hauptangebot vor – war fehlerhaft. Die VSt hätte stattdessen Angaben zur Wertung mitteilen müssen.
Zum anderen hat die VSt die Wartepflicht nicht eingehalten, denn die Zuschlagserteilung erfolgte bereits vor Versendung der Vorabinformation.
b) Die Zuschlagserteilung unter Verstoß gegen die Informations- und Wartepflicht verletzt die ASt darüber hinaus in ihren Rechten und beeinträchtigt ihre Zuschlagschancen.
Das Vergabeverfahren leidet an derart schwerwiegenden Verfahrensmängeln, dass das Vergabeverfahren in den Stand vor Auftragsbekanntmachung zurückversetzt werden muss (siehe aa). Überdies beanstandete die ASt zu Recht die durchgeführte Angebotswertung als vergaberechtswidrig (siehe bb). Im Übrigen ist über die weiteren Beanstandungen seitens der ASt nicht mehr zu entscheiden (siehe cc).
aa) Die Vergabekammer ist der Auffassung, dass nicht nur die beanstandete Angebotswertung, sondern bereits deren Grundlage, nämlich die Wertungsmatrix und deren Wertungskriterien, sowie die Zusammensetzung der Fachkommission fehlerhaft sind.
Dies hat die ASt zwar weder ausdrücklich gerügt noch im Nachprüfungsantrag geltend gemacht, allerdings ist die Vergabekammer der Ansicht, dass dieser Umstand von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Die Vergabekammer erforscht den Sachverhalt von Amts wegen, § 163 Abs. 1 GWB, wobei die Nachprüfungsinstanzen zu einer umfassenden Rechtmäßigkeitskontrolle nicht verpflichtet sind.
Es ist umstritten, wie weitgehend der Amtsermittlungsgrundsatz des § 163 Abs. 1 GWB durch die Rügeobliegenheit begrenzt wird. Im Allgemeinen wird die Auffassung vertreten, dass Vergaberechtsfehler dann nicht von Amts wegen berücksichtigt werden dürfen, wenn eine entsprechende Rüge nach § 160 Abs. 3 GWB präkludiert wäre oder ist, da eine Rügepräklusion ihren Sinn verlöre, wenn der Mangel dennoch von Amts wegen eingeführt werden könnte (vgl. OLG Düsseldorf B. v. 23.06.2010 – Verg 18/10; OLG Schleswig B. v. 15.04.2011 – Verg 10/10). Im vorliegenden Fall ist schon fraglich, ob die von Amts wegen zu berücksichtigenden Verstöße (Wertungsmatrix und deren Wertungskriterien sowie die
Zusammensetzung der Fachkommission) für die ASt überhaupt erkennbar im Sinne des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB waren. Die Erkennbarkeit muss sich dabei sowohl auf die den Verstoß begründenden Tatsachen als auch auf deren rechtliche Beurteilung beziehen. Der Verstoß muss so offensichtlich sein, dass er einem durchschnittlich erfahrenen Bieter bei der Vorbereitung seines Angebotes auffallen muss. So können von einem durchschnittlich fachkundigen Bieter vertiefte Rechtskenntnisse, die es erlauben, die Vergaberechtskonformität eines Bewertungssystems zu beurteilen, nicht erwartet werden (vgl. OLG Düsseldorf, B. v. 28.09.2022 – VII-Verg 2/22). Es bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, ob eine Rügepräklusion hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Fehler eingetreten ist. Denn eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird in ganz besonders gelagerten Fällen für gerechtfertigt gehalten, nämlich dann, wenn ein so schwerwiegender Fehler vorliegt, dass eine tragfähige Zuschlagsentscheidung bei einer Fortsetzung des Verfahrens praktisch nicht möglich ist, etwa weil nur willkürliche oder sachfremde Zuschlagskriterien verbleiben oder das vorgegebene Wertungssystem so unbrauchbar ist, dass es jede beliebige Zuschlagsentscheidung ermöglicht (vgl. OLG München, B. v. 10.08.2017 – Verg 3/17). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegend Fall machen die Vergaberechtsfehler die Fortsetzung des Vergabeverfahrens unmöglich, weil eine vergaberechtskonforme Wertung der vorliegenden Angebote und ein entsprechender Zuschlag auf der Grundlage der vorliegenden Ausschreibung nicht möglich ist (vgl. OLG Celle, B. v. 02.02.2021 – 13 Verg 8/20).
i. Die Formel zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots ist in sich widersprüchlich und für die Angebotsbewertung ungeeignet.
Laut Vergabeunterlagen sind Zuschlagskriterien der Angebotspreis zu 50 % und die Bewertungskriterien zu 50 %. Laut Formel werden 142 Wertungspunkte vergeben. Maximal 100 Wertungspunkte für den niedrigsten Wertungspreis (50 % = 50 Punkte) und maximal 42 Wertungspunkte für die Gestaltung/Konstruktion (50 % = 21 Punkte).
Eine zu erreichende maximale Punktzahl von 50 Punkten für den Angebotspreis und 21 Punkten für die Bewertungskriterien entspricht allerdings nicht der Vorgabe, dass die Zuschlagskriterien jeweils mit 50 % gewertet werden sollen.
ii. Die Wertungsmatrix zur Bewertung der Musterstühle ist vergaberechtswidrig.
Demnach wird ein Musterstuhl mit 3 Punkten gewertet, wenn die Anforderungen bestmöglich erfüllt sind, mit 2 Punkten, wenn die Anforderungen überdurchschnittlich erfüllt sind, mit
1 Punkt, wenn die Mindestanforderungen erfüllt sind und mit 0 Punkten, wenn die Anforderungen nicht erfüllt sind.
Die Beschreibung bei der Kriteriengruppe “Stoff” lautet: “Der angebotene Stoff entspricht der Ausschreibung in Material, Strapazierfähigkeit und Design”.
Die Beschreibung bei der Kriteriengruppe “Optik” lautet: “Der Stuhl entspricht dem ausgeschriebenen Design in Form, Proportion und Größe”.
Die Beschreibung bei der Kriteriengruppe “Maße” lautet: “Sind die Maße des Stuhls eingehalten? (…)”.
Die Auslegung der Vergabeunterlagen erfolgt nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont eines fachkundigen Bieters (vgl. BayObLG, B. v. 13.06.2022 – Verg 6/22). Aus Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters sind die Vergabeunterlagen dahingehend zu verstehen, dass der Begriff “Anforderungen” als “Mindestanforderungen” zu verstehen ist. Dies ergibt sich für die Vergabekammer aus einer Gesamtschau der Wertungsmatrix und der Beschreibung der Kriterien.
Eine Punkteabstufung hinsichtlich des Erfüllens von Mindestanforderungen ist allerdings nicht zulässig. Ein Angebot das die Mindestanforderungen nicht erfüllt, ist zwingend auszuschließen. Eine Bewertung lediglich mit 0 Punkten genügt nicht.
iii. Die Vergabeunterlagen leiden ferner daran, dass die Angebotswertung durch eine Fachkommission erfolgt, deren Zusammensetzung unzulässig ist.
Laut Vergabeunterlagen wird die Ausstattung durch eine Fachkommission aus “Bauherr, Nutzer und Planer” geprüft und gewertet.
Eine derartige Zusammensetzung ist vergaberechtswidrig. Es ist zwar grundsätzlich zulässig, dass der Auftraggeber externen Sachverstand bei der Angebotsbewertung hinzuzieht, die Wertungsentscheidung muss jedoch vom Auftraggeber selbst getragen werden. Die Wertungsentscheidung kann nicht vom Auftraggeber auf Dritte delegiert werden, weil es sich um eine eigenverantwortlich zu treffende Entscheidung des Auftraggebers handelt (vgl. VK Bund, B. v. 07.12.2022 – VK 1 – 95/22). Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht lediglich um eine Vorbereitung der Angebotsauswertung durch einen externen Dienstleister, dessen Ergebnis sich der Auftraggeber zu eigen machen kann. Vielmehr sollen Externe gemeinsam mit der VSt die Wertungsentscheidung treffen.
bb) Im Übrigen kommt es auf etwaige weitere Fehler der Angebotsprüfung bzw. -wertung nicht mehr an, da wie ausgeführt die Vorgaben des Vergabeverfahrens keine geeignete Basis darstellen für einen korrekten Vergabewettbewerb.
Die Vergabekammer weist die VSt in diesem Zusammenhang dennoch auf weitere festgestellte Vergabeverstöße hin.
i. Die Berechnung der Preispunkte und damit auch der Gesamtpunktzahl erfolgte fehlerhaft.
Laut Vergabeunterlagen werden maximal 100 Wertungspunkte für den niedrigsten Angebotspreis vergeben. Die Gewichtung beträgt 50 %, sodass ein Bieter maximal 50 Preispunkte erhalten kann.
Die Vorgehensweise der VSt bei der Angebotswertung entspricht jedoch nicht den genannten Vorgaben. Die Angebotswertung ergibt, dass die erreichten Preispunkte – anders als die Wertungspunkte für die Gestaltung/Konstruktion – nicht mit 50 % sondern zu 100 % gewertet worden sind. So erhielt ein Bieter 100 Preispunkte für den niedrigsten Angebotspreis, obwohl nur maximal 50 Preispunkte vergeben werden durften. Entsprechend wirkte sich dies auch auf die vergebene Gesamtpunkzahl aus. So erhielt ein Bieter 115 Gesamtpunkte, obwohl nur maximal 71 Gesamtpunkte (50 Preispunkte und 21
Wertungspunkte für Gestaltung/Konstruktion) erreichbar waren.
ii. Laut Leistungsbeschreibung ist für die Angebotsprüfung ein Stuhl zur Bemusterung bereitzustellen. Das Kriterium “Mechanische Funktion: Verkettung und Stapelbarkeit” wurde laut Angaben der VSt anhand eines Musterstuhls geprüft und gewertet.
Für die Vergabekammer ist insoweit nicht nachvollziehbar, wie die Fachkommission in der Lage gewesen sein soll, die Verkettung und Stapelbarkeit mithilfe nur eines Musterstuhls zu prüfen und zu bewerten. Die Vergabedokumentation enthält hierzu keine Informationen.
iii. Die Vergabekammer beanstandet auch die ungenügende Vergabedokumentation zur Angebotswertung.
Die Wertungsmatrix enthält kein Datum und es ist nicht erkennbar, welche Personen Teil der Fachkommission waren. Weitere Unterlagen zur Wertung gibt es laut VSt nicht.
Die Vergabekammer ist dadurch nicht in der Lage zu überprüfen, ob die seitens der ASt beanstandete Nachforderung eines zweiten Musterstuhls bei der BGl auf die Angebotswertung Einfluss genommen hat oder nicht. Die schriftsätzlichen Ausführungen der VSt waren vorliegend nicht geeignet, die Dokumentationsmängel auszugleichen.
cc) Nachdem das Vergabeverfahren an den unter Ziffer 2. b) aa) festgestellten grundlegenden Fehlern leidet, die eine vergaberechtskonforme Zuschlagserteilung ausschließen, ist es nicht mehr erforderlich, dass die Vergabekammer über weiteren seitens der ASt behaupteten Vergabeverstöße entscheidet.
Die Vergabekammer merkt allerdings an, dass nach Aktenlage entgegen der Auffassung der ASt ein vermeintlicher Interessenskonflikt nach § 6 VgV im Zusammenhang mit dem externen Dienstleister B. nicht erkannt werden kann.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 GWB.
a) Die VSt und die BGl tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte, weil sie jeweils mit ihren Anträgen unterlegen sind (§ 182 Abs. 3 Satz 1 GWB).
Die Kostenerstattungspflicht gegenüber der ASt ergibt sich aus § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB.
Es entspricht der Billigkeit die BGl an den Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der ASt zu beteiligen, da sie sich mit anwaltlicher Hilfe schriftsätzlich aktiv im Verfahren vor der Vergabekammer mit umfangreichen Ausführungen wesentlich beteiligt hat (vgl. OLG München, B.v. 08.03.2016, Verg 1/16). Durch ihre Mitwirkung versuchte die BGl den Verfahrensausgang zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Die BGl hat in ihrem 9-seitigen Schriftsatz vom 06.12.2024 vertieft ausgeführt, dass der Nachprüfungsantrag sowohl unzulässig als auch unbegründet sei. Durch diese aktive Mitwirkung am Verfahren hat sie sich einem Kostenrisiko ausgesetzt. Im Fall des Obsiegens hätte sie auch ihre Aufwendungen erstattet bekommen. Einer aktiven Beteiligung des Beigeladenen am Vergabenachprüfungsverfahren in Form einer eigenen Antragstellung bedarf es für eine Pflicht zur Kostentragung hingegen nicht (vgl. OLG Rostock, B.v. 21.07.2017, 17 Verg 2/17).
b) Die Gebühr war nach § 182 Abs. 2 und Abs. 3 GWB festzusetzen. Unter Berücksichtigung der Bruttoangebotssumme der ASt und unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen personellen sachlichen Aufwands der Vergabekammer errechnet sich entsprechend der Tabelle des Bundeskartellamts eine Gebühr in Höhe von xxxx,- Euro.
Da ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, wird die Gebühr um xxx,- Euro auf xxxx,- Euro reduziert.
c) Die VSt ist gemäß § 182 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG (in der am 14.08.2013 geltenden Fassung) von der Zahlung der Gebühr befreit.
Sofern der Kostenvorschuss in Höhe von 2.500,- Euro von der ASt einbezahlt wurde, wird dieser nach Bestandskraft dieses Beschlusses an die ASt zurücküberwiesen.
[Rechtsmittelbelehrung]